Kurzmitteilungen

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Zeitschrift für Feldherpetologie 16: 127–134
März 2009
Kurzmitteilungen
Der gemeine Holzbock (Ixodes ricinus) als Parasit der
Zauneidechse (Lacerta agilis) im Stadtgebiet von Bonn
SIMONE MEISTER1, YVONNE MICHEEL1, MONIKA HACHTEL1 & WOLFGANG BÖHME2
Biologische Station Bonn, Auf dem Dransdorfer Berg 76, D-53121 Bonn,
[email protected]; 2Zoologisches Forschungsmuseum Alexander Koenig,
Adenauer Allee 160, D-53113 Bonn, [email protected]
1
The common tick (Ixodes ricinus) as parasit of sand lizards (Lacerta agilis) in Bonn
Although ticks hardly pose a threat to a population of sand lizards, they are not neglectable as
parasites and possible disease vector. While a detailed study on Lacerta agilis during the season
2007 in the urban area of Bonn in addition to population-ecology parameters the affliction by
ticks was documented. The results were assessed and compared to literature values. The proportion of nearly 30 % attacked individuals in the whole population and 1,5 ticks per animal can
be regarded as a moderate affliction rate. An impact on the condition of the reptiles was not
detectable.
Key words: Reptilia, sand lizard, Lacerta agilis, common tick, Ixodes ricinus, parasitism, Germany.
Ein häufig zu beobachtender Parasitismus bei der Zauneidechse (Lacerta agilis) ist der
Befall durch Zecken, der bei einzelnen Individuen massive Formen annehmen kann.
In Deutschland handelt es sich zumeist um den Gemeinen Holzbock (Ixodes ricinus).
Die direkte Schädigung der Wirte durch Zecken ist als gering einzustufen. Lediglich
Sekundärinfektionen von durch Zecken übertragenen Viren, Protozoen oder Bakterien
können einen geringen Anteil an der Gesamtsterblichkeit innerhalb von Populationen
ausmachen (BLANKE 2004).
Während zweier Diplomarbeiten, die in der Saison 2007 im Stadtgebiet von Bonn über
die Zauneidechse erstellt wurden (MEISTER 2008, MICHEEL 2008), konnte auch die
Parasitierung der Tiere untersucht und mit den Daten anderer Autoren verglichen
werden. Aufgrund dessen soll eine Einstufung hinsichtlich der Intensität des Zeckenbefalls in Bonn vorgenommen werden.
An 22 der 76 gefangenen Zauneidechsen konnte der gemeine Holzbock festgestellt
werden. Dies entspricht einer Befallquote von fast 30 %. Die Schmarotzer wurden fast
ausschließlich an der dünnhäutigen Basis der Vorderbeine vorgefunden. Lediglich
eine der befallenen Eidechsen wurde zudem am Kopf parasitiert, ein Jungtier in der
Körpermitte (Abb. 1).
© Laurenti-Verlag, Bielefeld, www.laurenti.de
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Abb. 1: Typischer Zeckenbefall bei Zauneidechsen. Links: junges Männchen, rechts:
juveniles Tier. Fotos: Y. MICHEEL.
Typical affliction of Lacerta agilis with ticks.
Left: young male, right: juvenile.
Innerhalb aller Altersgruppen konnte Parasitismus beobachtet werden, wobei die
meisten betroffenen Tiere (n = 18) adult waren, eines subadult und drei juvenil. Unter
den Adulti befanden sich zehn Weibchen und acht Männchen (Tab. 1). Weder die
Unterschiede in den Befallsraten zwischen den Geschlechtern noch die zwischen den
Altersklassen sind signifikant (χ2-Tests).
Tab. 1: Zeckenbefall an der Zauneidechse. Die Anzahl entspricht der Zahl befallener Individuen der
jeweiligen Altersklassen oder Geschlechter im Vergleich zu allen gefangenen Tieren. KRL = KopfRumpf-Länge, k. A. = keine Angaben. Zeckenbefall, KRL, Masse und Kondition: arithmetische Mittelwerte, in Klammern Extremwerte.
Affliction of Lacerta agilis with ticks. »Anzahl” corresponds to the number of afflicted individuals in
the age classes, respectively sexes by comparison to all caught animals. KRL = head-body length, k. A.
= not specified. Tick affliction, KRL, mass and condition: average values, in brackets extreme values.
Alter
Geschlecht
adult
Anzahl
10 von 20
Zecken pro
befallenem Tier
1,4 (1–2)
8 von 31
1,6 (1–5)
1 von 2
3 von 23
22 von 76
1
1,3 (1–2)
1,5 (1–5)
subadult
juvenil
alle Altersklassen
, , , KRL
in cm
8,4
(6–9,2)
n=8
7,8 (7,7–8) n = 4
k. A.
k. A.
Masse
in g
12,1
(8–15)
Kondition
in g/cm
1,4
(1,1–1,6)
12,3
(11–15,3)
k. A.
k. A.
1,6
(1,4–1,9)
k. A.
k. A.
1,5
(1,1–1,9)
Zeitschrift für Feldherpetologie 16, 2009
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Befallene Exemplare von Lacerta agilis konnten durchgehend vom Mai bis September
und innerhalb des ganzen Untersuchungsgebietes im Stadtgebiet von Bonn beobachtet werden. Der durchschnittliche Befall betrug 1,5 Zecken je Tier (Tab. 1).
Von zwölf der 22 befallenen Tiere liegen Daten zur Größe und Masse und damit zur
»Fitness« der parasitierten Tiere vor (Tab. 1): Ausgedrückt in Masse in g/Kopf-RumpfLänge (KRL) in cm betrug die Kondition bei den Männchen 1,4–1,9 (n = 4), bei den
Weibchen 1,1–1,6 (n = 8). Zu den 37 insgesamt vermessenen und gewogenen adulten
und subadulten Eidechsen waren keinerlei Unterschiede feststellbar.
Der Zeckenbefall an Lacerta agilis wurde bereits von verschiedenen Autoren beschrieben. Die Ergebnisse variieren zum Teil beachtlich. So stellte JANSEN (2002) bei allen
Individuen einer Zauneidechsen-Population im Spessart Parasiten fest und konnte an
einzelnen Tieren bis zu 101 Parasiten beobachten. LAC et al. (1972) fanden hingegen in
der Slowakei an lediglich 17,6 % der gefangenen Individuen durchschnittlich 4,1
Zecken vor. Die Resultate aus Bonn sind mit einer Befallquote von 28,9 % der Gesamtpopulation und durchschnittlich 1,5 Zecken je Tier als mittelstarker Befall einzustufen. Die Ergebnisse sind am ehesten mit denen von BAUWENS et al. (1983) zu vergleichen, bei deren Untersuchungen in den Niederlanden 3,8 bis 71,4 % der gefundenen Zauneidechsen mit durchschnittlich 0,06 bis 3,81 Parasiten befallen waren. Diese
stark unterschiedlichen Befallquoten können auf geografischen, klimatischen, jahreszeitlichen und jährlichen Schwankungen der Zeckenvorkommen basieren.
Oft wird eine höhere Parasitierung bei männlichen Tieren konstatiert. Man vermutet
die Gründe dafür in deren erhöhter Mobilität im Vergleich zu den Weibchen (JANSEN
2002). KURANOVA et al. (2003) stellten fest, dass in der von ihnen beobachteten Population nahe Tomsk in Russland die Männchen ein durchschnittlich 2,4-mal größeres
Territorium besaßen als die weiblichen Exemplare. Allein das vermehrte Umherstreifen der männlichen Zauneidechsen erhöht die Chance auf ein Zusammentreffen mit
Parasiten (JANSEN 2002).
Unsere Daten zeigen jedoch eine geringfügig höhere, allerdings nicht signifikante
Parasitierung der Weibchen. Als mögliche Ursache könnten die unterschiedlichen
KRL in Betracht kommen: Die betroffenen weiblichen Exemplare der untersuchten
Gegend übertreffen die befallenen männlichen Tiere in diesem Parameter um durchschnittlich 0,5 cm; allerdings handelt es sich – eventuell aufgrund der geringen Stichprobe – um keinen signifikanten Unterschied. Auch JANSEN (2002) konnte eine vermehrte Parasitierung von Tieren mit größeren KRL beobachten. Er vermutet, dass eine
größere KRL, die zugleich eine größere Körperoberfläche bedeutet, dem Parasiten
eine größere Angriffsfläche bietet.
Die Körperstellen, an denen die Parasiten sich festsetzten, entsprechen den Literaturangaben (RAHMEL & MEYER 1988, JANSEN 2002, BLANKE 2004). Es wurde beinahe ausschließlich die Basis der Vorderbeine besetzt, wo die Zauneidechsen die Parasiten
weder durch Kratzen noch mit dem Maul entfernen können. Allerdings gelingt es den
Zauneidechsen anscheinend, gelegentlich einige Exemplare von Ixodes ricinus zu
fressen, bevor diese sich an einer günstigen Stelle festbeißen können. Bei Untersuchungen an Lacerta agilis im Freiland fanden ECKHARDT & RICHTER (1997) heraus, dass
1,8 % der Nahrung aus Zecken bestehen.
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Literatur
BAUWENS, D., H. STRIJBOSCH & A. H. P. STUMPEL (1983): The lizard Lacerta agilis and L. vivipara as
hosts to larvae and nymphs of the tick Ixodes ricinus. – Holarctic Ecology 6: 32–40.
BLANKE, I. (2004): Die Zauneidechse. – Bielefeld (Laurenti).
ECKHARDT, V. & K. RICHTER (1997): Ein neuer Nachweis von Kannibalismus bei Lacerta agilis L. im
Freiland. – Die Eidechse 8: 60–61.
JANSEN, M. (2002): Zeckenbefall bei Lacerta agilis, Linnaeus, 1758 und Zootoca vivipara (Jacquin, 1787)
im Spessart. – Salamandra 38: 85–94.
KURANOVA, V. N., S. V. PATRAKOV, N. A. BULAKHOVA & O. A. KRECHETOVA (2003): The experience
of studying spatial and temporal niche segregation for sympatric species of lizards – Lacerta agilis
and Lacerta vivipara. – Abstracts of the 12th Ordinary General Meeting Societas Europaea Herpetologica (SEH): 93–94.
MEISTER, S. (2008): Populationsökologie und Verbreitung der Zauneidechse (Lacerta agilis Linnaeus,
1758) im Stadtgebiet von Bonn. – Diplomarbeit Universität Bonn, unveröff.
MICHEEL, Y. (2008): Die Zauneidechse (Lacerta agilis Linnaeus, 1758) im Stadtgebiet von Bonn. –
Verbreitung, Gefährdung und Schutzkonzept. – Diplomarbeit Universität Osnabrück, unveröff.
LAC, J., D. CYPRICH & M. KIEFER (1972): Zeckenartige (Ixodidae) als Parasiten unter den ökologischen
Bedingungen der Slowakei. – Zoologicke Listy, Brno 21: 133–144.
RAHMEL, U. & S. MEYER (1988): Populationsökologische Daten von Lacerta agilis argus (Laurenti, 1768)
aus Niederösterreich. – Mertensiella 1: 220–234.
Eingangsdatum: 8.8.2008
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