Digital Enterprise AG im KMU Magazin

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Strategie & Management
Digitalisierung
Über den richtigen Umgang
mit einem neuen Normalzustand
Die Digitalisierung und die damit verbundene digitale Transformation gehören zu den meist
diskutierten Themen. Daraus abgeleitete Szenarien spielen zwischen Hype, Veränderungsdruck und Unsicherheit. Ein nüchterner Blick hilft, das unternehmerische Koordinatensystem
zu justieren.
››Marcel Stocker
Über digitale Themen wird in den letz­ten Monaten so viel geschrieben, philosophiert und wachgerüttelt, dass viele
dem Thema schon fast überdrüssig sind.
«Digital ist das nächste grosse Ding!»,
heisst es. Dabei liegen Hysterie und Euphorie oft eng beieinander. Wer das objektiv betrachtet, erkennt nüchtern: Digital ist das neue Normal.
Eine Begriffsklärung
Wichtig ist, zwischen der Digitalisierung
und der digitalen Transformation zu unterscheiden. Obwohl beide Begriffe oft synonym verwendet werden, beschreibt die
Digitalisierung einen Prozess, in welchem
wir schon seit der «Internet-Revolution»
stecken: digitale Technologien im Unternehmen implementieren, Prozesse effizienter und das Kundenerlebnis besser gestalten. Neu an der Digitalisierung ist die
Vielfalt der Möglichkeiten aufgrund der
Informatik und die damit immer schneller drehende Innovations-Spirale.
Vor diesem Hintergrund wird die Agilität,
mit welcher ein Unternehmen die Digitalisierung weiter vorantreibt, zentral. Es
geht nicht mehr nur darum, grosse Bro-
KMU-Magazin Nr. 3, März 2017
cken wie die Einführung von ERP-Systemen zu stemmen, sondern weitere digitale Elemente schrittweise in die Prozesse
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einzufügen. Begünstigt wird diese Entwicklung durch immer besser und flexibler werdende Schnittstellen, die es er­
lauben, neue Lösungen mit bestehenden
zu verbinden.
kurz & bündig
Die Digitalisierung beschreibt den
Prozess, in welchem wir uns seit
der «Internet-Revolution» befinden. Die digitale Transformation
geht einen Schritt weiter und adaptiert das Geschäftsmodell oder
die Organisation eines Unternehmens an die Anforderungen des
digitalisierten Umfelds.
Wenn man die digitale Transformation angeht, beginnt man mit
der Reduktion auf Kern-Kompetenzen sowie den Kern-Nutzen
und baut darauf neu auf.
Eine detaillierte, mehrjährige Planung des Geschäftsmodells wird
zunehmend schwieriger. Die strategischen Ziele sowie die Leitplanken haben eine wichtige Leuchtturm-Funktion, deren Umsetzung
muss künftig aber agil angegangen werden.
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Zwei Beispiele von Digitalisierungs-Projekten, welche die Vertriebsaktivitäten
unterstützen: Eine Applikation, die es
Verkaufsmitarbeitern erlaubt, Informationen aus verschiedenen Quellen wie ERP
und CRM zentral dargestellt abzurufen.
Auch Änderungen und Aufträge können
in dieser Applikation erfasst werden.
Anschliessend werden die Daten über
Schnittstellen wieder in die entsprechenden Programme übertragen. Ein weiteres
Beispiel ist der Aufbau einer Self-ServicePlattform für den Aftersale. Kunden finden online Videos und Anleitungen, welche sie bei der Nutzung eines Produktes
unterstützen, und können bei Bedarf via
Chat ergänzende Informationen bei einem Mitarbeitenden abfragen.
Strategie und Ziele festlegen
Die digitale Transformation geht einen
Schritt weiter und adaptiert das gesamte
Geschäftsmodell oder die Organisation
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Strategie & Management
des Unternehmens an die Anforderungen
eines digitalisierten Umfelds. Hier handelt es sich um Themen, welche die strategische Ausrichtung eines Unternehmens beeinflussen. Auch hier empfiehlt
sich ein agiles Vorgehen bei der Umsetzung, wie beispielsweise die Schaffung
von Testmärkten. Vorher gilt es aber, Strategie und Ziele festzulegen.
Geht man die digitale Transformation aus
Produktsicht an, so geht es zuerst darum,
das Produkt oder die Dienstleistung auf
ihren Kern-Nutzen zu reduzieren. Beim
Autohändler ist das beispielsweise die
Mobilität, beim Gärtner ist es der gepflegte Garten. Diesen Kern-Nutzen gilt
es, in der für den Kunden optimalsten Art
und Weise zu erbringen, wobei sich dank
digitalen Hilfsmitteln und Tools oft völ­lig neue Möglichkeiten ergeben – dann,
wenn man den Mut hat, traditionelle
Muster und Prozesse zu ersetzen. Ein Beispiel dafür ist Catch-a-Car von Amag und
Mobility: In gewissen Städten können
Autos für die Fahrt von A nach B genutzt
werden, ohne sie vorgängig zu reservieren oder wieder an den Ausgangort zurückbringen zu müssen. Möglich wurde
dieser Service durch die Technologien
Smartphone, mobiles Internet und GPS.
Den Kern-Nutzen, die Mobilität, hat man
befreit vom Besitz eines Autos und fixen
Standorten.
Geht man die digitale Transformation aus
der Organisations-Perspektive an, so beginnt man auch mit deren Reduktion auf
Kern-Aufgaben und Kompetenzen. Am
Beispiel des vorgängig erwähnten Gärtners kann dies die Ausführung von anspruchsvollen Gartenarbeiten und die
Vorratshaltung von Pflanzen und professionellem Werkzeug sein. Der Gärtner
baut eine Online-Plattform für die Vermittlung von Hobby-Gärtnern für ein­
fachere Arbeiten im Garten auf, denen er
Material ausmietet und sie mit entsprechenden Pflanzen beliefert. Er kann so
seine Maschinen besser auslasten und
sich einen Kundenkreis erschliessen, welcher sich keinen professionellen Gärtner
leisten will.
Agilität statt Big Bang
Die digitale Innovationsspirale dreht sich
und eine detaillierte, mehrjährige Planung wird immer schwieriger oder verkommt zum Glaskugel-Lesen. Auch wenn
strategische Ziele und Leitplanken noch
immer eine wichtige Leuchtturm-Funk-
tion haben, muss deren Umsetzung agil
angegangen werden. Über Jahre dauernde Mega-Projekte riskieren in diesen
Zeiten immer mehr, am Ziel vorbeizu­
schiessen. Unterteilen Sie ein Projekt deshalb in möglichst viele Teilprojekte, von
welchen Sie jedes einzeln lancieren können. Dieses Vorgehen erlaubt es Ihnen,
schon früh Erfahrungen am Markt zu
sammeln und diese für die weiteren Teilprojekte zu nutzen. Neue Ideen und Technologien können laufend ins Projekt integriert werden.
Ein bildliches Beispiel: Sie haben das strategische Ziel, zwei Städte verkehrstechnisch miteinander zu verbinden. Anstatt
in jahrelanger Arbeit eine Autobahn zu
bauen, eröffnen Sie schon nach wenigen
Wochen einen Feldweg für ausgesuchte
Einwohner. So haben Sie bereits erste zufriedene Nutzer und lernen vielleicht,
dass die Qualität des Feldwegs den SUVfahrenden Städtern sogar genügt, aber
die Kapazität des Weges zu gering ist.
Deshalb schieben Sie das geplante Asphaltieren zeitlich auf und bauen eine
zweite Spur. Schlussendlich landen Sie
dennoch bei der Autobahn, doch Sie gewinnen auf dem Weg dorthin bereits zufriedene Kunden und haben zudem Er-
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Von Unfällen in der Freizeit oder auf dem
Arbeitsweg kann auch Ihr Unternehmen
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KMU-Magazin Nr. 3, März 2017
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Strategie & Management
Die Konkurrenz wird also grösser, während die Kunden gleichzeitig besser in­
formiert sind und höhere Ansprüche an
Produkt und Service entwickeln. Wer in
digitalisierten Märkten Kunden gewinnen und halten will, muss diesen Faktoren Rechnung tragen und sein Angebot
konsequent auf die Kunden und deren Bedürfnisse ausrichten. Das bedingt aber,
dass man seine Kunden und deren aktuelle Bedürfnisse kennt und sie in die Entwicklung neuer Produkte mit einbezieht.
Hier ist wiederum Agilität gefragt: Umfassende Studien und Befragungen sind
viel weniger aufschlussreich als persönliche Gespräche mit Kunden oder die Beobachtung eines Anwenders.
Oftmals wird in diesem Zusammenhang
Henry Ford zitiert: «Wenn ich die Menschen gefragt hätte, was sie wollen, hätten sie gesagt schnellere Pferde.» Natürlich stimmt es, dass die Vorstellungskraft
der Kunden diesbezüglich eingeschränkt
ist, da sie die Möglichkeiten gar nicht kennen. Deshalb sind Prototypen so wichtig,
mit welchen Sie den Kunden schon sehr
früh die Idee vom neuen Produkt zeigen
und deren Reaktionen abholen können.
Gerade bei digitalen Produkten sind Prototypen relativ einfach realisierbar. Denn
für den Anfang reichen schon einfache
Skizzen.
fahrungswerte gesammelt, wo Ausfahrten sowie Rastplätze am optimalsten zu
platzieren sind.
Der Kunde im Mittelpunkt
Digitalisierung steht für Transparenz,
Individualisierung, Effizienz sowie den
Abbau von geografischen Grenzen. Als
bereits bekanntes Beispiel kann der Gebrauchtwagenmarkt dienen.
KMU-Magazin Nr. 3, März 2017
Früher hat man bei den umliegenden
Händlern sowie in den Tageszeitungen
nach einem einigermassen passenden
Auto gesucht. Heute findet man das landesweite Angebot (Abbau von Grenzen)
online und mit einigen wenigen Klicks
(Effizienz) in einer Vielfalt, welche es
erlaubt, die persönliche Wunsch-Ausstattung zu wählen (Individualisierung)
und dabei auch noch den besten Preis
(Transparenz) zu erzielen.
Lassen Sie dabei nicht ausser Acht, dass
für den Kunden auch der ganze Prozess
der Entscheidungsfindung sowie der Aftersale zum Produkt gehört. Hier eröffnen sich aufgrund der Digitalisierung
eine Vielzahl neuer Informations- sowie
Kommunikationskanäle. Und der Kaufentscheid entwickelt sich oftmals nicht
zu Bürozeiten. Nur wer rund um die Uhr
Informationen online verfügbar hat, digitale Kanäle für Anfragen offenhält und
diese auch rasch und professionell beantwortet, wird vom Kunden überhaupt in
seine Auswahl mit einbezogen. Dieser Anspruch hält sich auch nach dem Kauf. Bei
Fragen und Problemen will der Kunde
rasch und direkt eine Lösung. Er erwartet auch, dass man ihn und sein Produkt
erkennt und er sein Problem nicht mehr-
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Strategie & Management
mals vortragen muss. Auch dabei helfen
digitale Hilfsmittel wie Self-Service-Portale und CRM-Systeme.
Effizienzsteigerung
«Dank» der Frankenstärke, hohen Personalkosten und weiteren Faktoren waren
wir in der Schweiz schon immer motiviert, unsere Prozesse auf Effizienz zu
trimmen, um die Margen in einem kompetitiven Umfeld zu sichern. Die Digita­
lisierung führt diese Tradition nun in die
nächste Runde: Sie ermöglicht die Prozesse bezüglich der Qualität, der Benutzerfreundlichkeit sowie der Geschwindigkeit nochmals entscheidend zu optimieren. Die einzelnen Aufgaben können
automatisiert werden, wobei sogenannte
Bots in Verbindung mit künstlicher Intelligenz in naher Zukunft die Spanne der
automatisierbaren Tätigkeiten nochmals
entscheidend verbreitern können.
So werden beispielsweise Kundendienstanfragen bezüglich Kontostand oder Liefertermin von einem Bot beantwortet. Die
Mitarbeiter kümmern sich um die anspruchsvolleren Aufgaben, überwachen
die Prozesse und prüfen Abweichungen.
Dabei kann auch das Erkennen von Abweichungen mit künstlicher Intelligenz
automatisiert werden. Im Produktionsbereich wird diese Entwicklung von der immer günstiger werdenden Sensortechnik
unterstützt. So kann eine komplette Produktion vollautomatisch auf Toleranzen
geprüft werden, was eine Qualitätssteigerung gegenüber manueller Stichproben erlaubt.
tition ist kaum sinnvoll, da sie neben den
hohen Kosten eine Unternehmung stark
beansprucht und die Möglichkeiten der
Individualisierung trotzdem nur unwesentlich verbessert. Viel sinnvoller ist die
Nutzung der Schnittstellen dieser Systeme, über welche individuelle SoftwareLösungen für Teilprozesse angebunden
werden können.
Diese sogenannten Lean-Enterprise-Applikationen sind schlank, auf ihren jeweiligen Einsatz optimiert und kostengünstig zu realisieren. So kann beispielsweise
ein Handelsunternehmen eine Applikation für den Telefon-Verkauf nutzen, über
welche Mitarbeitende aus dem ERP-System die aktuellen Preise und Bestände
der Waren beziehen. Die Auftragskalkulation sowie die Frachtpapiere werden direkt in der Applikation erstellt, bevor die
Daten via Schnittstelle wieder zurück ins
ERP exportiert werden. Solche flexiblen
Software-Lösungen erhöhen die Effizienz
und Benutzerfreundlichkeit eines Prozesses erheblich, ohne dass kostspielige Anpassungen an den Kernsystemen vorgenommen werden müssen.
Fazit
Unter dem Begriff der Digitalisierung findet man somit altbekannte Themen wie
Effizienzsteigerung, Kundenfokus und Innovation wieder. Jedoch mit dem Unterschied, dass das Tempo digital beschleunigt wird und die Adaptionen deshalb als
stetig laufender Prozess betrachtet werden müssen. Gleichzeitig gilt es, die Augen offenzuhalten für grundlegende Veränderungen, welche eine Transformation
des Geschäftsmodelles erlauben, um die
Marktposition nachhaltig zu sichern oder
auszubauen. «
Veranstaltung
Digital Enterprise Forum Lucerne
«Digitalisierung im KMU – jetzt mal konkret!»
KMU-Führungskräfte, welche digitale Themen aktiv angehen wollen, können
sich am 2. Mai 2017 im KKL Luzern von Keynotes und konkreten Praxisbei­
spielen inspirieren lassen. Daneben treffen sie auch Partner für die Umsetzung
ihrer eigenen Projekte.
Informationen und Anmeldung unter: www.defl.ch
Porträt
Marcel Stocker
Geschäftsführer, Digital Enterprise AG
ERP und die Digitalisierung
In den letzten Jahren wurden in vielen
Unternehmen mächtige Systeme eingeführt, allen voran die ERP-Systeme. Diese
bilden die Kernprozesse eines Unternehmens ab und sind zu dessen Rückgrat
geworden. Die Kehrseite der Medaille besteht allerdings darin, dass sie schwerfällig und kostspielig anzupassen sind. Oftmals kommt deshalb der Wunsch auf, ein
ERP-System auszutauschen. Diese Inves-
Kontakt
[email protected], www.digitalenterprise.ch
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