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PRAXIS
BIOGAS JOURNAL
| 5_2016
Neues Verfahren soll Geflügelkot
leichter vergärbar machen
Die Geflügelproduktion ist eine der größten Agroindustriezweige der Welt mit schnellem
Wachstum. Gleichzeitig ist dieses Wachstum aber auch mit einer Reihe von Umweltproblemen behaftet. Eines der wichtigsten Umweltprobleme ist der Anfall großer Mengen
von Geflügelkot. Es bedarf neuer, wirtschaftlich nachhaltiger Lösungen, um dieses
Problem zu beherrschen.
Von M.Sc. (Econ.) Minna Leppikorpi und Dr. Sci. Ilkka Virkajärvi
M
ist und Kot wurden in der Regel als
unerwünschtes Nebenprodukt in der
Viehhaltung und Geflügelzucht eingestuft. In Wirklichkeit jedoch ist Mist
eine wertvolle Nährstoffquelle, ein Bodenverbesserungsmittel und kann als begehrte erneuerbare Energiequelle Verwendung finden. Infolge der
ständigen Ausweitung der Geflügelproduktion fallen
in diesem Zweig inzwischen weltweit jährlich etwa 2,1
Milliarden (Mrd.) Tonnen Kot an. Diese Menge stellt
eine große und bisher nahezu ungenutzte Quelle für die
Erzeugung von Biogas dar.
Im Vergleich zu Energiepflanzen (zum Beispiel Mais),
Biogasproduktion aus Geflügelkot erfordert eine Vergärungstechnologie, mit der hohe Anteile – bis zu 100
Prozent – Geflügelkot verarbeitet werden können.
FOTOS: DUCTOR CORP.
Vergärungstechnologie Ductor®
Ductor®-Anlage:
1. Wasserrecycling.
2. Stickstoffrecycling.
3. Phosphorrecycling.
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die für die Biogaserzeugung eingesetzt werden, besitzt
Geflügelkot ein sehr hohes Biogaspotenzial. Bisher ist
es jedoch nur möglich, begrenzte Mengen an Biogas
aus Geflügelkot herzustellen. Die Hauptursache dafür
ist die sehr hohe Stickstoff-Konzentration im Substrat.
Der im Kot enthaltene Stickstoff wird zu Ammoniak
umgesetzt, das bereits in geringen Konzentrationen
die Bildung von Biogas hemmen kann. Eine effektive
Das Unternehmen Ductor Corporation in Finnland
beschäftigt sich bereits seit dem Jahr 2009 mit der
Umwandlung von hoch stickstoffhaltigen Substraten zu
Ammoniak (Ammonifikation). Anfänglich bestand das
Ziel darin, den Stickstoff durch Recycling einer sinnvollen Wiederverwertung zuzuführen. Doch rasch wurde klar, dass dieser Prozess günstig auf Biogasanlagen
eingesetzt werden könnte. Die Kerntechnologie für die
Ammonifikation von Stickstoff wurde 2011 entwickelt
und im Labormaßstab angewendet. Die entsprechende
Pilotanlage entstand 2014. Heute liefert das Unternehmen seinen patentrechtlich geschützten Prozess
zur Entfernung von biologischem Stickstoff (NRP) an
Kunden in aller Welt. Die ersten Anlagen in Deutschland entstehen im Spätsommer 2016.
Im Zuge der Untersuchungen verschiedener Optionen
zur Ammonifikation von organischem Stickstoff stießen
die Forscher auf eine natürliche Mikrobenpopulation.
Durch Anwendung spezieller Drücke konnte eine neue,
leistungsstarke Mikrobenpopulation entwickelt und
anschließend patentiert werden. Diese natürliche, genetisch nicht veränderte Population wurde mit unterschiedlichen Substraten geprüft. Selbst Federn lassen
sich mit diesen Mikroben innerhalb von 14 Tagen ammonifizieren und verflüssigen.
Leichter umsetzbare Substrate erfordern eine kürzere
Zeit, zum Beispiel Geflügelkot, der fünf Tage benötigt.
Der Fermentationsstufe, in der organischer Stickstoff
aus der festen Phase in die flüssige Ammoniakphase
überführt wird, schließt sich eine Strippingphase an, in
der das Ammoniak als Ammoniumsalz anfällt, wie zum
Beispiel als Ammoniumsulfat.
Mit dem NRP-Verfahren lassen sich über 60 Prozent
des Stickstoffs aus den organischen Abfallstoffen wiedergewinnen. Da der biologische Stickstoff entzogen
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5_2016
Ductor®-Fermentationstechnologie: In den
hellgrünen Behältern
findet die Reduktion
des Stickstoffs statt.
wird, bevor die Umsetzung zu Biogas erfolgt, wird der
Einsatz von stark stickstoffhaltigen organischen Abfällen für die Biogasproduktion möglich. Die NRP ist
eine erfreuliche Nachricht für den Biogassektor, der
seit langer Zeit mit hohen Betriebskosten konfrontiert
ist. Zu den Vorteilen für die heutigen und die künftigen
Biogaserzeuger zählen Verbesserungen der Wirtschaftlichkeit des Anlagenbetriebs, höhere Betriebsstabilität
sowie soziale und Umweltvorteile.
Würden Biogaserzeuger in der EU die teure Maissilage
durch kostengünstigen Geflügelkot als Substrat ersetzen, könnte dies zu einer Verbesserung der Wirtschaftlichkeit im Wert von etwa 1 Mrd. Euro führen. Gleichzeitig würden die CO2-Emissionen um 1,5 Mio. Tonnen
reduziert und mehr als 811.000 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche für sozial und ökologisch nachhaltige
Verwendungszwecke, zum Beispiel die Erzeugung von
Nahrungsmitteln, freigesetzt.
Potenzial des Nährstoffrecyclings
Das Ammoniumsulfat aus dem NRP-Prozess ist ein einsatzfertiger N-Dünger. Mit jeder Tonne Geflügelkot fallen etwa 80 Kilogramm (kg) Ammoniumsulfat an. Das
entspricht 20 kg Ammoniumstickstoff. Würden die 2,1
Mrd. Tonnen Geflügelkot nach dem NRP-Prozess verarbeitet, ließen sich damit über 30 Mio. Barrel Öl jährlich
einsparen, da das Haber-Bosch-Verfahren 3.600 Kilojoule pro Kilogramm (kJ/kg) Ammoniak benötigt. Das
Haber-Bosch-Verfahren verbraucht insgesamt rund 2
Prozent des Weltenergiebedarfs.
Außerdem ist im Digestat aus der Biogasproduktion auf
Grundlage von Geflügelkot das Verhältnis Stickstoff zu
Phosphor geringer. Damit wird der Einsatz als Dünger
einfacher, da Stickstoff und Phosphor nun getrennt
entsprechend dem Bedarf der Kultur eingesetzt werden
können. Auf diese Weise schließt das NRP-Verfahren
den Nährstoffkreislauf: Stickstoff und Phosphor vom
Feld aufs Feld. Weitere Vorteile des Biogasprozesses
sind die Hygienisierung des Kots sowie die Verhinderung des Auswaschens von Nährstoffen in das Grundwasser und in Fließgewässer.
Die Rolle von Biogas im Kampf gegen den
Klimawandel
Am 12. Dezember 2015 wurde in Paris das neue Klimaabkommen beschlossen. Die internationale Gemeinschaft hat sich schließlich auf verbindliche Ziele
zur Begrenzung der globalen Erwärmung auf 2 Grad
Celsius (idealerweise auf 1,5 Grad) bis Ende dieses
Jahrhunderts verständigt. Emissionen von Treibhausgasen sind ein Grund für den Anstieg der Lufttemperatur. Landwirtschaft und Viehzucht sind bedeutende
Quellen für Treibhausgasemissionen.
Die Biogasproduktion kann Nebenprodukte aus der
Landwirtschaft und Abfälle für die nachhaltige Produktion Erneuerbarer Energien einsetzen. Durch Erfassen
des Methans aus Mist leistet die Biogasproduktion
einen Beitrag zum Schutz der Atmosphäre vor schädlichen Emissionen von Gas, das wesentlich zum Klimawandel beiträgt. Durch den Einsatz von Biogas verringert sich der Verbrauch an fossilen Brennstoffen in
einer der Umwelt dienlichen Weise.
Autoren
Minna Leppikorpi und
Dr. Sci. Ilkka Virkajärvi
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