Aerodynamik Advanced PPL-Guide Band 2 © AirCademy Ltd. | All rights reserved. 2 | Strömung am Tragflügel Advanced PPL-Guide 2.1 Betrachtung am Profilquerschnitt Der Querschnitt eines Tragflächenprofils besitzt meist eine runde Vorderkante und läuft nach hinten spitz zu. Durch dieses spitze Zulaufen kann die Luft an der Hinterkante fast parallel abströmen. Es zeigt sich, dass dieses selbstverständlich erscheinende Phänomen entscheidend für die Auftriebserzeugung ist. Hinsichtlich des Widerstands wäre eine spitze Vorderkante ähnlich ideal, allerdings nur in einem eng eingegrenzten Bereich des Anströmwinkels. Verschiedene Flugzustände erfordern aber unterschiedliche Anströmwinkel, daher ist die Vorderkante rund, um den Luftstrom auch bei verschiedenen Anströmwinkeln geschmeidig teilen zu können. Um Auftrieb zu erzeugen, bedarf es einer Druckdifferenz zwischen Profilober- und Unterseite. Diese lässt sich dadurch erzeugen, dass ein Körper gegen über der Strömung etwas „gekippt“ wird – dieses Kippen wird Anstellen genannt. Die Stärke des Auftriebs wird maßgeblich durch die „Stärke“ des Kippens – den Anstellwinkel – bestimmt. 2.1.1 Auftrieb durch Kippen Das Kippen zur Auftriebserzeugung funktioniert nicht nur bei einer Stromlinienform. Auch ein einfaches Brett kann „fliegen“, wenn es schräg von unten angeströmt wird. So schaffen es beispielsweise Windböen, Häuser abzudecken oder Pappen auf der Straße umherfliegen zu lassen. Auch beim Autofahren kann mit diesem Effekt experimentiert werden, indem die flache Hand (Daumen abgespreizt) zunächst so aus dem Fenster gehalten wird, dass der Daumen in Fahrtrichtung zeigt, wodurch die Fahrtwindströmung direkt auf die Handkante trifft. Für den Wind sieht „über“ der Hand genauso aus wie „unter“ der Hand, es wird kein Auftrieb erzeugt. (fast 90°), wird sie nicht mehr nach oben, sondern nach hinten gedrückt und statt Auftrieb wird nur noch Widerstand produziert. Abb. 9 illustriert die Druckverteilung, die sich einstellt, wenn ein flacher Körper (wie die Hand) gegenüber der Luftströmung geneigt wird. Oberhalb entstehen Bereiche mit sehr geringem Druck (blau), unterhalb ist höherer Druck zu finden. Der erhöhte Druck auf der Unterseite und insbesondere der reduzierte Druck auf der Oberseite erzeugen eine nach oben gerichtete Kraft: Auftrieb. Wird die Hand aber gekippt, so dass der Daumen etwas nach oben zeigt, ist sofort zu spüren, wie die Hand nach oben gezogen wird. Das „Anstellen“ der Hand gegenüber der Strömungsrichtung sorgt für unterschiedliche Strömungen über und unter der Hand: Es wird Auftrieb erzeugt. Abb. 9: Druckverhältnisse bei einem gegenüber der Luftströmung geneigten „Brett“: Unterdruck auf der Oberseite (blau) und erhöhter Druck auf der Unterseite (rot) erzeugen eine nach oben gerichtete Kraft: Auftrieb 2.1.2 Abb. 8: Wird die Handfläche im Fahrtwind so „angestellt“, dass sie von schräg unten angeströmt wird, ist der Druck über der Hand geringer als unter ihr: Die Hand erzeugt Auftrieb und wird spürbar nach oben gedrückt. Ab einem bestimmten Winkel ist die Auftriebswirkung schließlich maximal. Wird die Hand zu steil angestellt 14 Auftrieb am Tragflügelprofil Das Beispiel mit der Hand im Fahrtwind zeigt, dass es zur Auftriebserzeugung ausreicht, einen flachen Gegenstand gegenüber der Anströmrichtung etwas zu neigen. Die Frage ist allerdings: wie viel Auftrieb und wie viel Widerstand erzeugt dieser Körper? Hier bietet ein Tragflügelprofil ein optimales Verhältnis aus viel Auftrieb und wenig Widerstand. Abb. 10 zeigt den Stromlinienverlauf an einem Tragflügelprofil, das gegenüber der Anströmrichtung etwas © airCademy PPLAER-AC-300 Standard Edition 2 | Strömung am Tragflügel geneigt ist. Die Strömung wird durch das Profil geteilt: ein Teil strömt über die Oberseite, ein anderer Teil entlang der Unterseite der Profilform. „Auftrieb“ bedeutet, dass sich Druckverhältnisse einstellen, die zu einer nach oben gerichteten Kraft führen. Hierzu muss der Druck auf der Oberseite geringer sein als auf der Unterseite, damit das Profil nach oben gedrückt wird. Abb. 11 zeigt die Druckverhältnisse, die sich beim Umströmen eines Tragflügelprofils einstellen. Prinzipiell sind es dieselben wie beim Umströmen eines „Bretts“ – für Auftrieb ist also nicht eine bestimmte „Form“ notwendig. Das Tragflügelprofil hat gegenüber dem Brett jedoch den Vorteil, mehr Auftrieb bei weniger Widerstand zu erzeugen. Außerdem ermöglicht die runde Vorderkante viele unterschiedliche Anströmwinkel für die Auftriebserzeugung. Für ein Flugzeug ist diese Möglichkeit essentiell, um bei unterschiedlichen Geschwindigkeiten stets die notwendige Menge Auftrieb zu erzeugen. Zirkulation: das „Geheimnis“ der Auftriebserzeugung Das Stromlinienbild um ein Tragflügelprofil (Abb. 2-3) sieht so „intuitiv richtig“ aus, dass sich einige interessante Fragen zunächst gar nicht, und dann erst nach längerer Überlegung stellen. Abb. 10: Stromlinien um ein Tragflügelprofil: das Profil teilt die Strömung, wobei die Stromlinien oberhalb zusammenrücken und die Luft beschleunigt wird. Unterhalb nimmt der Abstand der Stromlinien zu und die Luft strömt langsamer. Die unterschiedlichen Strömungsgeschwindigkeiten erzeugen eine Druckdifferenz, welche die Tragfläche nach oben drückt. Dies kann anhand der „Breite“ der Strömröhren, also dem Abstand zwischen benachbarten Stromlinien veranschaulicht werden: Beim Umströmen des oberen Profilbereichs sind die Abstände der Stromlinien geringer als in der ungestörten Strömung. Nach Bernoulli wird hierdurch eine erhöhte Strömungsgeschwindigkeit bewirkt. Die Luft wird also beschleunigt und der statische Druck fällt – es entsteht Unterdruck auf der Profiloberseite, insbesondere im Bereich oberhalb der Vorderkante, denn dort sind die Strömungslinien besonders stark verengt. Zum Beispiel: Warum strömt die Luft an der spitzen Hinterkante parallel zur Oberfläche ab, statt ähnlich der Vorderseite etwas um die Spitze herum zu strömen und einen „hinteren Staupunkt“ auf der Oberseite zu erzeugen? Durch die Symmetrie der Stromlinien würden die Stromlinien oberhalb und unterhalb des Bretts dieselbe Verengung und Erweiterung erfahren und zu keiner resultierenden Kraft führen: dann wird kein resultierender Auftrieb erzeugt, sondern nur ein Drehmoment. Abb. 12 zeigt ein solches „unnatürliches“ Strömungsbild. Abb. 12: „unnatürliche“ Stromlinien um ein angeströmtes „Brett“: die Luft staut sich auf der Unterseite nahe der Vorderkante, die Stromlinien oberhalb der Vorderkante und unterhalb der Hinterkante sind verengt. Es wird kein Auftrieb erzeugt, nur Drehmoment. Die Antwort ist, dass dies in absolut reibungsfreier Strömung auch so wäre – die aber immer vorhandene Reibung lässt die Strömung in solch engen Radien nicht zu, daher strömt die Luft ober- und unterhalb des Profils parallel zur Hinterkante ab. Nur oberhalb des Bretts sind nun die Stromlinien verengt, also entsteht auch nur dort Unterdruck. Unter dem Brett sorgen größere Stromlinienabstände für erhöhten Druck im vorderen Bereich. Unterdruck auf der Oberseite und erhöhter Druck auf der Unterseite geben einen resultierenden Auftrieb. Abb. 13 zeigt die tatsächlichen zu beobachtenden Stromlinien an demselben „Brett“. Abb. 11: Druckverhältnisse beim umströmten Tragflügelprofil: deutlich sind der Unterdruck (blau) auf der Profiloberseite und der erhöhte Druck (rot) unterhalb des Profils zu erkennen. Im direkt angeströmten Bereich der Vorderkante staut sich die Luft und erzeugt dort besonders hohen Druck. PPLAER-AC-300 © airCademy 15 2 | Strömung am Tragflügel Advanced PPL-Guide thematiker Martin Wilhelm Kutta). Die Natur macht das allerdings von ganz allein. Die Stromlinien zeigen auch, dass die Strömung vor dem Brett etwas nach oben und hinter dem Brett nach unten abgelenkt wird. Dieser „Upwash“ bzw. „Downwash“ sorgt für eine Impulsübertragung nach unten, wodurch das Brett letztlich Auftrieb erfährt und nach oben gedrückt wird. Abb. 13: Tatsächliches Stromlinienbild um ein angeströmtes „Brett“: Die Stromlinien oberhalb der Vorderkante sind verengt, an der Hinterkante fließt die Luft parallel zum Brett ab. Da nur oberhalb des Bretts eine Verengung der Stromlinien stattfindet, entsteht Auftrieb. Wozu diese Überlegungen, wenn sich die Natur letztlich sowieso für die Variante mit paralleler Abströmrichtung entscheidet? Hierzu sind die Geschwindigkeiten der Luftteilchen oberhalb und unterhalb des Bretts zu untersuchen. Entgegen der naheliegenden Interpretation des Stromlinienbildes fließen an der Hinterkante nicht dieselben Luftteilchen zusammen, die an der Vorderkante getrennt wurden. Im „unnatürlichen“ Fall mit hinterem Staupunkt auf der Brettoberseite wäre dies so. Wird der hintere Staupunkt von der Oberseite an die hintere Spitze verlagert, fehlt oben etwas Luftmasse und die Luftteilchen auf der Oberseite werden zusätzlich zur umgebenden Strömung beschleunigt. Auf der Unterseite hingegen wird die Strömung „gebremst“. Gegenüber der ungestörten Strömung bewegen sich die Luftteilchen auf der Oberseite also schneller, auf der Unterseite langsamer. Die Luftteilchen auf der Oberseite erreichen das Brettende somit früher als die Luftteilchen, die entlang der Unterseite geströmt sind. Abb. 14 illustriert den Vorgang. In diesen Beispielen wurde bewusst keine Profilform für die Beschreibung verwendet. Dadurch würde vielleicht der Eindruck vermittelt, dass die Zirkulation und die Auftriebserzeugung mit der Profilform zusammen hängen – das ist nicht der Fall: auch ein einfaches Brett fliegt, wenn es passend in eine Luftströmung gehalten wird. Die Profilform bietet allerdings viele praktische Vorteile, insbesondere die Fähigkeit, Auftrieb in einem weiten Bereich von Anströmwinkeln zu erzeugen. Abb. 15 zeigt qualitativ die gleichen Strömungsverhältnisse um eine Profilform. Abb. 15: Unterschiedliche Strömungsgeschwindigkeiten oberund unterhalb eines Tragflügelprofils: die Luftteilchen auf der Oberseite bewegen sich schneller als auf der Unterseite, was unterhalb zu erhöhtem und oberhalb zu reduziertem Druck führt: Auftrieb. Abb. 14: Unterschiedliche Strömungsgeschwindigkeiten oberund unterhalb eines „Bretts“: die Verengung der Stromlinien beschleunigt die Luftteilchen, wogegen die Luftteilchen auf der Unterseite gebremst werden. Die Luftteilchen auf Oberund Unterseite (jeweils farblich markiert) finden daher nicht mehr zusammen, und die zusätzlichen Geschwindigkeitskomponenten erzeugen eine Zirkulation. Alle diese Geschwindigkeitskomponenten, die zusätzlich zur umgebenden Strömung auftreten, lassen sich durch eine Zirkulation um das Brett beschreiben. „Zirkulation“ meint allerdings nicht, dass die Luft im Kreis um die Fläche herumströmt – gemeint sind lediglich zusätzliche Geschwindigkeitskomponenten, die sich mit der umgebenden Strömung zum beobachteten Strömungsbild überlagern. Und wie viel Zirkulation produziert so ein Brett? Genau so viel, dass die Strömung parallel zur Hinterkante abströmen kann. Bei der mathematischen Beschreibung geht diese Vorgabe als „Kutta-Bedingung“ ein (benannt nach dem deutschen Ma- 16 © airCademy PPLAER-AC-300 2 | Strömung am Tragflügel höher die Luftdichte, umso größer werden auch Auftrieb und Widerstand. 2.3.3 Lilienthal´sches Polardiagramm Um den Betriebsbereich eines Tragflügelprofils abzubilden, werden zu jedem Anstellwinkel die Auftriebsund Widerstandsbeiwerte in ein Diagramm eingetragen. Daraus ergibt sich das Lilienthal’sche Polardiagramm. Bei der Betrachtung der Polare fällt zunächst auf, dass der Widerstandsbeiwert cD immer größer als Null ist. Dies ist verständlich, denn egal wie ein Profil im Luftstrom gehalten wird – Luftwiderstand wird es immer erzeugen. Ebenso bemerkenswert ist, dass der Auftriebsbeiwert sowohl positive als auch negative Werte annehmen kann. Der Bereich möglicher negativer Werte ist allerdings kleiner als der für positive Werte, weil ein normales Tragflügelprofil für den „aufrechten“ Horizontalflug optimiert ist und nicht für den Rückenflug. Ein völlig symmetrisches Profil hätte gleiche Auftriebsbeiwerte (mit unterschiedlichen Vorzeichen) für positive und negative Anstellwinkel. Advanced PPL-Guide Zu den charakteristischen Punkten einer Polare gehört zum Beispiel Punkt 4 des Diagramms. Dieser Punkt kann grafisch konstruiert werden, indem eine Ursprungstangente an die Polare anlegt wird. So ergibt sich der Punkt, an dem das Verhältnis von Auftriebsund Widerstandsbeiwert maximal ist: cL max cD Eine Gerade durch den Ursprung und jeden anderen Punkt der Polare ergäbe eine „flachere“ Gerade, wobei das Verhältnis von Auftriebs- und Widerstandsbeiwert kleiner wäre. Der Winkel, den die Ursprungstangente mit der cL-Achse bildet, ist eng mit dem Gleitwinkel eines Flugzeugs verbunden, das ohne Motorkraft im Segelflug gleitet. Der zu Punkt 4 gehörige Anstellwinkel entspricht daher einer für ein Flugzeug charakteristischen Geschwindigkeit, der Geschwindigkeit für bestes Gleiten. Jede andere Geschwindigkeit erfordert im Gleitflug einen anderen Anstellwinkel. Es wird sich dann auf der Polare von Punkt 4 weg bewegt, der Winkel mit der cLAchse wird größer und damit auch der Gleitwinkel, wobei größer hier schlechter bedeutet (steilerer Gleitpfad). Aufgrund dieses Zusammenhangs wird das Verhältnis aus cL und cD auch Gleitzahl genannt. Der Kehrwert dieser Gleitzahl heißt Gleitverhältnis. Eine große Gleitzahl bedeutet kleinen Gleitwinkel und damit gutes Gleiten. Je größer die Gleitzahl ist, umso weiter kann ein Flugzeug ohne Motorkraft aus einer gegebenen Höhe gleiten. Segelflugzeuge besitzen die besten Gleitzahlen und erreichen dabei Werte von 60 und mehr (Gleitverhältnis 1/60). Weitere charakteristische Punkte der Polare sind: Punkt 5: Hier erreicht der Auftriebsbeiwert seinen höchsten Wert, ein Flugzeug mit diesem (großen) Anstellwinkel kann also bereits bei geringer Geschwindigkeit genügend Auftrieb erzeugen, um horizontal zu fliegen. Noch geringere Geschwindigkeiten würden noch größere Anstellwinkel erfordern. Dann beginnt die Strömung allerdings abzureißen, was den Auftriebsbeiwert plötzlich stark verringert. Punkt 5 entspricht also der geringst möglichen Fluggeschwindigkeit. Diese Situation wird normalerweise bei Start oder Landung erreicht. Der Gleitwinkel an diesem Punkt ist eher schlecht. Abb. 19: Lilienthal’sches Polardiagramm: Aufgetragen sind hier Auftriebs- und Widerstandsbeiwert in Abhängigkeit des Anstellwinkels α. Der Widerstandsbeiwert ist stets größer als Null. Der Auftriebsbeiwert kann sowohl positiv als auch negativ sein. 22 Punkt 3: An diesem Punkt ist der Widerstandsbeiwert minimal. Das Gleitverhältnis ist allerdings schlechter als bei Punkt 4, da auch der Auftriebsbeiwert sogar mehr als der Widerstandsbeiwert abgenommen hat. Diese © airCademy PPLAER-AC-300 Standard Edition 2 | Strömung am Tragflügel Situation wird für schnelles Gleiten genutzt, wenn das beste Gleitverhältnis nicht erforderlich ist. Punkt 2: An dieser Stelle ist der Auftriebsbeiwert null, womit der Auftrieb bei diesem Anstellwinkel verschwindet. In dieser Situation hält das Flugzeug keine Kraft mehr in der Luft, es befindet sich im Sturzflug und produziert nur noch Widerstand. Punkt 1: Hier hat der Auftriebsbeiwert einen so großen negativen Wert erreicht, dass bei entsprechender Ge- schwindigkeit das Flugzeug auf dem Rücken horizontal fliegen kann. Im Profilquerschnitt betrachtet wird das Profil von oben angeströmt und erzeugt Abtrieb. Dieser Abtrieb am Profil zeigt im Rückenflug nach oben und hält das Flugzeug in der Luft. Der Anstellwinkelbereich für negativen Auftrieb ist im Vergleich zum Bereich für normale Auftriebserzeugung deutlich eingeschränkt – eine Ausnahme bilden hier Kunstflugzeuge mit oft symmetrischer Profilform. Résumé Kapitel 2.3 Auftrieb und Widerstand Ein Tragflügelprofil hat bei ansonsten gleichen Bedingungen gegenüber anderen Körpern den geringsten Luftwiderstand Während des Fluges lässt sich der Auftrieb durch Änderung des Anstellwinkels verändern In den Auftrieb gehen die Größen Auftriebsbeiwert, Quadrat der Geschwindigkeit, Luftdichte und Querschnittsfläche ein Je höher die Luftdichte, umso größer sind auch Auftrieb und Widerstand Die am Tragflügel erzeugte Luftkraft ist die resultierende Vektorsumme von Auftriebs- und Widerstandskraft. Sie kann durch Variation des Anstellwinkels oder des Einstellwinkels verändert werden Gleitflugpolare nach Lilienthal Stellt den Zusammenhang von Auftriebs- und Widerstandsbeiwert bei unterschiedlichen Anstellwinkeln grafisch dar Es sind insbesondere die Punkte abzulesen für den Rückenflug: der Auftriebsbeiwert ist hier negativ. Geringst mögliche Fluggeschwindigkeit: Auftriebsbeiwert ist maximal, aber auch der Widerstand ist hoch und der Gleitwinkel dadurch schlecht. bestes Gleiten: der Punkt ergibt sich als Tangente durch den Ursprung an die Polare. Weitere Erhöhung des Anstellwinkels bewirkt größeren Auftrieb und auch größeren Widerstand, bei Annäherung an die Überziehgeschwindigkeit besteht die Gefahr, dass sich der Auftrieb plötzlich stark verringert PPLAER-AC-300 © airCademy 23 Standard Edition 2 | Strömung am Tragflügel als beispielsweise eine zum Ende hin schmal zulaufende Fläche. Zudem kann mit Hilfe von Winglets die Strömung so umgelenkt werden, dass der induzierte Widerstand verringert wird (vgl. Kapitel 2.5.3). Anders als die schädlichen Widerstandsformen steigt der induzierte Widerstand nicht mit zunehmender Fluggeschwindigkeit, sondern nimmt ab. Der Grund hierfür ist der bei hohen Geschwindigkeiten abnehmende Anstellwinkel. Da die Auftriebskraft quadratisch mit der Geschwindigkeit steigt (vgl. Kapitel 2.3.2), reicht bei hohen Geschwindigkeiten schon ein kleinerer (vom Anstellwinkel abhängiger) Auftriebsbeiwert, um den notwendigen Auftrieb zu erzeugen. Die Luft wird zwar abgelenkt, aufgrund der hohen Geschwindigkeit wird allerdings sehr viel Luft nur ein wenig abgelenkt. Bei geringen Geschwindigkeiten muss dagegen nur wenig Luftmasse sehr stark abgelenkt werden. Langsam fliegende Flugzeuge erzeugen somit kräftigere Wirbel. Diese Situation ist typischerweise bei Start und Landung zu finden. 2.4.3 Gesamtwiderstand Der gesamte Luftwiderstand eines Luftfahrzeugs wird aus der Summe aller einzelnen Widerstandsarten gebildet. Hierzu gehören die schädlichen Widerstandsformen wie Formwiderstand, Reibungswiderstand und Interferenzwiderstand sowie der induzierte Widerstand. Abb. 24: (a) Strömung um die Tragfläche eines im Startlauf rollenden Luftfahrzeuges, (b) einsetzende Zirkulation beim Rotieren, (c) durch die Zirkulation unterstützte Strömung mit Auftriebsbildung nach dem Abheben. Einflussgrößen Wie stark diese Wirbel ausgebildet sind, hängt unter anderem von der Stärke der Auftriebserzeugung ab. Ein großes und schweres Luftfahrzeug muss großen Auftrieb erzeugen und zieht daher eine besonders starke und gefährliche Wirbelschleppe hinter sich her. Hinter kleinen Sportflugzeugen bilden die Wirbel jedoch kaum eine Gefahr für nachfolgende Luftfahrzeuge. Jedes Flugzeug wird daher entsprechend seiner Masse in eine der Wirbelschleppenkategorien Light (L), Medium (M) oder Heavy (H) eingeteilt, damit beispielsweise ein Radarlotse anhand der Flugpläne die Abstände aufeinander folgender Maschinen entsprechend vorgeben kann (vgl. Band 7: Verhalten). Neben der Stärke des Auftriebs wird der induzierte Widerstand auch durch die Form des Tragflügelendes beeinflusst. Eine abrupt „abgeschnittene“, rechteckige Fläche erzeugt deutlich mehr induzierten Widerstand PPLAER-AC-300 Abb. 25: Zusammensetzung des Gesamtwiderstands: Der schädliche Widerstand steigt mit zunehmender Fluggeschwindigkeit, der induzierte Widerstand sinkt dagegen. Es existiert daher eine Geschwindigkeit, bei welcher der Gesamtwiderstand minimal ist. Diese Widerstandsformen unterscheiden sich in der Abhängigkeit von der Fluggeschwindigkeit. Während die schädlichen Widerstandsformen mit zunehmender © airCademy 27 4 | Steuerung des Luftfahrzeuges Advanced PPL-Guide Abb. 61: Die manuelle Trimmung erfolgt bei der PA 28 mittels eines Trimmrades zwischen den vorderen Sitzen. Abb. 60: Getrimmtes Höhenruder: Bei einem kopflastigen Flugzeug wird die Nulllage des Höhenruder in der Position „leicht gezogen“ mit Hilfe des Trimmruders fixiert. Das Trimmruder schlägt dabei entgegen dem Höhenruder aus und drück es so in die gewünschte Position. Wie weit das Höhenruder nach oben ausgelenkt wird, hängt von der Auslenkung des Trimmruders ab. Im Endeffekt lässt sich damit aber die Position „etwas gezogen“ fixieren, so dass der Pilot das Höhenruder nicht selbst permanent gezogen halten muss. Die Trimmhebel- oder Trimmräder im Cockpit sind so angeordnet, dass sich das Trimmruder nach oben (Richtung kopflastig) bewegt, wenn der Hebel oder das Rad nach vorne bewegt wird (und umgekehrt). Neben einem Trimmruder gibt es auch Konstruktionen, bei denen eine im Flug verstellbare Höhenflosse das Austrimmen des Flugzeugs um die Querachse erlaubt. Die Trimmung am Höhenruder ist für jedes Flugzeug unverzichtbar, weil sie für unterschiedliche Beladungen und Geschwindigkeiten ständig angepasst werden muss. Jedes Flugzeug besitzt daher im Cockpit eine Bedienung für die Höhenrudertrimmung. Die Trimmung von Quer- und Seitenruder ist nicht immer vom Cockpit aus möglich. In einigen Fällen sind an den Rudern einfache Bleche („Bügelkanten“) montiert, die einmal eingestellt werden und für alle Fluglagen als geeignete Trimmung funktionieren. Beispielsweise wird eine Giertendenz nach links durch Biegen der Bügelkante am Seitenruder nach links behoben. Abb. 62: Bei der PA 28 Archer III kann die elektrische Trimmung auch direkt am Steuerhorn betätigt werden. 4.4.4 Limitierungen Im Zusammenhang mit der Ruderwirkung ist zu beachten, dass bei besonders hohen oder niedrigen Geschwindigkeiten aus aerodynamischen Gründen keine vollen Ruderausschläge mehr erlaubt sind. Es besteht dabei die Gefahr, dass ein voller Ruderausschlag die Strömung zum Abreißen bringt. Zudem können diese Limitierungen aber auch mit der Festigkeit der Flugzeugkonstruktion zusammenhängen. Geringe Geschwindigkeiten Im Langsamflug sind der Anstellwinkel und damit der Auftriebsbeiwert groß, um bei der geringen Fluggeschwindigkeit den notwendigen Auftrieb zu erzeugen. Im Lilienthal’schen Polardiagramm liegt dieser Flugzustand in der Nähe des maximalen Auftriebsbeiwertes bei. Ein weiteres schlagartiges Erhöhen des Anstellwinkels, wie es zum Beispiel das Ziehen des Höhenruders bis zum Anschlag zur Folge hätte, ließe die Strömung abreißen und den Auftrieb zusammenbrechen. Auch der Querrudereinsatz ist im Langsamflug mit Bedacht vorzunehmen, da ein Querruderausschlag nach unten eine Erhöhung der Profilwölbung und damit eine direkte Erhöhung des Anstellwinkels bedeutet. 64 © airCademy PPLAER-AC-300