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Gegenwärtige und zukünftige Anwendungen von Supraleitern
Einführung
Ein supraleitendes Material, welches für technische Anwendungen von Interesse ist, sollte vor
allem eine hohe Sprungtemperatur, eine möglichst große kritische Stromdichte Ic sowie eine
hohe kritische Magnetfeldstärke Hc aufweisen.
So groß die Euphorie durch die Entdeckung der Supraleitung auch war, so schnell setzte eine
gewisse Ernüchterung ein. Zu den ersten Supraleitern gehörten Metall wie Blei, Niob oder
Aluminium. Zum einen hatten diese Materialien sehr kleine Sprungtemperaturen und zum
anderen konnten nur sehr kleine Ströme transportiert werden. Dies liegt daran, dass die
Supraleitung schon bei sehr kleinen magnetischen Feldern zerstört und der Stoff
normalleitend wird. Jeder elektrische Strom der durch einen Leiter fließt, erzeugt aber ein
Magnetfeld, welches der Stromstärke proportional ist.
Der Durchbruch kam mit der Entwicklung supraleitender Metalllegierungen, die enorm hohe
Stromstärken tragen können. Einer der im Magnetbau am häufigsten verwendeten Supraleiter
ist die Verbindung Niob-Titan (NbTi). Da diese Verbindung eine Sprungtemperatur (Tc) von
nur 10 K besitzt, muss diese jedoch mit flüssigem Helium gekühlt werden. Bei einer
Temperatur von 4,2 K können jedoch Ströme von mehr als 10.000 A pro mm2 durch NbTi
geleitet werden.
Durch die Entwicklung der Hochtemperatursupraleiter, welche eine 10-mal höhere
Sprungtemperatur als die bislang bekannten Verbindungen aufweisen, brach eine neue Welle
der Euphorie auf diesem Gebiet aus. Nun war Supraleitung bei Temperaturen möglich, die
durch flüssigen Stickstoff billig und technisch leicht erreicht werden konnte. Jedoch auch hier
zeigten sich schnell Nachteile dieser Supraleiter.
Verbindungen wie YBCO-123 (YBa2Cu3O7-x), Bi-2223 (Bi2Sr2Ca2Cu3O8) oder Bi-2212
(Bi2Sr2CaCu2O5) bestehen aus vielen unterschiedlichen Elementen. Sie sind daher teuer und
sehr schwer herzustellen. Außerdem handelt es sich um Keramiken und damit um sehr spröde
Verbindungen, die sich nicht so leicht bearbeiten lassen wie Metalle. Ursprünglich nahm man
daher an, dass diese spröden Verbindungen nicht zu Drähten verarbeitet werden können. Ein
langer Traum der Supraleiterforschung, die Herstellung von Drähten, die Strom über große
Strecken verlustfrei transportieren können, schien nicht in Erfüllung zu gehen.
Ein
weiteres
Problem
stellt
die
schlechte
Stromtragfähigkeit
dar.
Die
Hochtemperatursupraleiter bestehen aus einer Vielzahl von Kristalliten, die eine von der
Orientierung der Kristallite abhängige elektrische Leitfähigkeit zeigen. Die einzelnen
Kristallite können im supraleitenden Zustand sehr hohe elektrische Ströme transportieren. Um
den Strom jedoch über größere Strecken transportieren zu können, müssen Kontakte zwischen
den Kristalliten hergestellt werden. Dazu müssen diese eine vergleichbare Größe und eine
gleiche Orientierung (Textur) aufweisen. Mittlereile wurden auf diesem Gebiet jedoch enorme
Fortschritte verzeichnet, sodass inzwischen auch supraleitende Drähte hergestellt und
verwendet werden können.
Supraleitende Kabel und Bandleiter
Supraleitende Kabel sind für den Transport elektrischer Energie vor allem in Ballungszentren
gedacht. Im Gegensatz zu konventionellen Kupferkabeln sind diese kompakter und somit
platzsparend, können höhere Leistungen übertragen und auf Grund der geringeren Verluste
Energie einsparen. Dabei kann ein einzelner supraleitender Draht mit einem Querschnitt von
1mm² rund 100 bis 200 A Strom verlustfrei transportieren. Dies entspricht einer Stromdichte
von 100 bis 200A/mm2. Im Vergleich dazu werden Kupferdrähte mit einer Stromdichte von
etwa mit 2 bis 3A/mm2 betrieben. Supraleitende Drähte können daher etwa die 100-fache
Stromdichte tragen, oder benötigen bei gleicher Stromdichte nur 1/100 des Querschnitts eines
Kupferdrahts.
Zur Herstellung von supraleitenden Kabeln mit einer Stromtragfähigkeit von mehr als 1000
A, werden mehrere einzelne supraleitende Drähte mit Hilfe einer Verseilmaschine zu sog.
Drillleitern (auch Röbelleiter genannt) miteinander verflochten (transponiert). Das
Transponieren bewirkt einerseits einen flexiblen, biegsamen und damit wickelbaren Verbund
und vermindert andererseits das Auftreten von Wirbelströmen im Betrieb. Derartige Drillleiter
zeichnen sich durch eine hohe Flexibilität aus und können trotz der darin eingebetteten
Keramik des Hochtemperatursupraleiter gebogen werden, ohne dass der Supraleiter-Draht
dabei beschädigt wird.
Die Verwendung supraleitender Kabel hat bereist begonnen. Im Jahre 2001 ist in Kopenhagen
ein Kabel auf der Basis von (Bi, Pb)-2223 in Betrieb genommen worden, welches auf 2 kA
und 36 kV ausgelegt ist. In den USA sind weitere derartige Kabel im Aufbau, die mit
flüssigem Stickstoff gekühlt werden und das Dreifache an elektrischer Energie transportieren
können als die herkömmlichen Kabel.
Magnetic Levitation Train (MAGLEV)
Eine weitere Anwendung ist die sogenannte Magnetschwebebahn MAGLEV (Magnetic
Levitation). Wenn die Bahn in Bewegung ist, induzieren supaleitende Magnete an der
Unterseite in den metallischen leiterschleifen Wirbelströme, die mit zunehmender
Geschwindigkeit zunehmen. Die aus diesen Wirbelströmen resultierenden Magnetfelder sind
denen der Supraleitermagnete entgegengesetzt. Ist die Geschwindigkeit der Bahn genügend
groß, beginnt diese zu Schweben. Ein derartiger Zug ist beispielsweise in Dubai geplant.
Kurzschlussstrombegrenzer
Eine weitere Anwendung ist die Herstellung von Kurzschlussstrombegrenzern. Hierbei
handelt es sich um elektronische Sicherungen, die im Falle eines Defektes den im Stromnetz
auftretenden
Kurzschlussstrom
begrenzen.
Im
Gegensatz
zu
herkömmlichen
Strombegrenzern reduzieren supraleitende Strombegrenzer den Kurzschlussstrom innerhalb
weniger
Millisekunden.
Dadurch
kann
beispielsweise
die
Überdimensionierung
konventioneller Bauteile verhindert werden. Das supraleitende Bauelement wird einfach so
dimensioniert, dass die im Kurzschlussfall auftretende Stromstärke die kritische Stromstärke
überschreitet, sodass der Supraleiter normalleitend wird und einen ohmschen Widerstand
aufweist. Durch die dabei auftretende Widerstandserhöhung wird der Strom begrenzt. Sobald
der Normalzustand wieder eingetreten ist, wird der Stromfluss durch den Übergang in den
supraleitenden Zustand wieder freigegeben.
Mit diesem Prinzip lassen sich Kurzschlussströme in Energienetzen reduzieren. Dies erlaubt
es verschiedene Netze besser miteinander zu verbinden, effizinenter auszulasten und auch
andere Netzkomponenten einzusparen.
In diesem Strombegrenzern werden beispielsweise sprialförmige Schaltelemente aus dem
Hochtemperatursupraleiter YBa2Cu3O7-x (YBCO-123) verwendet. Die aus dünnen HTSSchichten strukturierten Spiralen sind noch mit einer dünnen Deckschicht aus Gold bedeckt.
Damit die notwendigen Strom- und Spannungswerte eines derartigen Strombegrenzers
eingestellt werden können, sind mehrere solcher Schaltelemente in Reihe und Serie
miteinander verbunden werden. Da die Schaltelemente mit flüssigem Stickstoff gekühlt
werden müssen, befinden sich diese in einem Kryostaten. Hierzu ist der Kryostat mit einer
Kältemaschine verbunden, die den flüssigen Stickstoff auf einer konstanten Temperatur von
etwa 77 K hält. Derartige Strombegrenzer mit einer Schaltleistung von 1 MVA werden
beispielsweise von der Firma Siemens hergestellt.
Synchronmaschinen
Synchronmaschinen können sowohl als Generator als auch als Motor eingesetzt werden.
Derartige Maschinen mit einer Leistung von 4 MVA werden beispielsweise von Siemens
hergestellt. Die Erregerwicklung im rotierenden Teil der Maschine besteht aus BiSrCaCuODrähten, der stehende Teil aus einer normalleitenden Ständerwicklung aus Kupfer. Die
supraleitende Spule wird mit einem geschlossenen Kühlsystem auf einer Betriebstemperatur
von etwa 30K gehalten. Durch den Einsatz supraleitender Spulen wird die Maschine im
Vergleich zu konventionellen Maschinen deutlich kleiner, leichter und besser im
Wirkungsgrad.
Mögliche Einsatzfelder dieser supraleitende Maschinen befinden sich beispielsweise beim
Schiffbau, wo es besonders auf Platz-, Gewichts- und Energieeinsparung ankommt. Dabei
können diese Maschinen sowohl als Motor zum Antrieb des Schiffs aber auch als Generator
zur Energieerzeugung verwendet werden.
Diese Maschinen können auch als Kraftwerksgeneratoren eingesetzt werden. Durch den im
Gegensatz zu herkömmlichen Generatoren wesentlich verbesserten Wirkungsgrad (ca. 0.5%1%) können bei einem großen Generator mit einer Leistung von 100 bis 900 MVA erhebliche
Mengen an Primärenergie und damit Kohlenstoffdioxid eingespart werden.
Transformatoren
Aus Supraleitern können auch Transformatoren mit einer Leistung von rund 1 MVA gefertigt
werden, die im Schienenverkehr verwendet werden können. Im Gegensatz zu herkömmlichen
Transformatoren zeichnen sich diese durch einen sehr hohen Wirkungsgrad aus, wodurch
erheblich Mengen an Energie eingespart werden können. So besitzt ein konventioneller
Bahntransformator einen Wirkungsgrad zwischen 90% und 95%, wohingegen ein
supraleitender Transformator einen Wirkungsgrad von rund 99% aufweist, wobei der
Energieaufwand für die Kühlung bereits berücksichtigt ist. Im Gegensatz zu herkömmlichen
Transformatoren betragen die Verluste daher nur rund ein Zehntel wenn supraleitende
Transformatoren verwendet werden.
Ein von der Firma Siemens entwickelter Transformator auf der Basis von Supraleitern und
einer Leistung von 1 MVA besitzt wie konventionelle Transformatoren auch einen Eisenkreis.
Die Wicklungen bestehen jedoch aus supraleitenden BiSrCaCuO-Drähten, die mit flüssigem
Stickstoff auf Temperaturen von 65 bis 77K gekühlt werden.
Die Oberspannungswicklung des Transformators besitzt einen Nennstrom von 40A bei einer
Spannung von 25kV (25kV x 40A = 1000kVA = 1MVA). Die Unterspannungswicklungen
des Transformators, besitzen einen Nennstrom von 2x360A bei einer Spannung von 1.4 kV
besitzen. Wegen des höheren Stroms werden diese Wicklungen aus HTS-Drillleiter
hergestellt.
Der supraleitende Transformator befindet sich in einem inneren Kessel, der mit flüssigem
Stickstoff gefüllt ist. Diese Anordnung ist von einem äußeren Kessel umgeben, wobei der
Bereich zwischen innerem und äußerem Kessel wie bei einer Thermoskanne zur thermischen
Isolierung evakuiert ist.
Drosseln
Drosseln dienen dazu in elektrischen Anlagen und Netzen definierte Induktivität zu liefern.
Im Gegensatz zu Transformatoren besitzen diese nur eine Wicklung aus BiSrCaCuODrähten. Derartige Drosseln können beispielsweise in elektrischen Zügen als sogenannte
„Traktionsdrossel“ verwendet werden.
SMES-Speicher (Superconducting Magnetic Energy Storage)
Eine mögliche Anwendung in der Energietechnik sind die sogenannten SMES-Speicher
Superconducting Magnetic Energie Storage). Dabei wird Energie in großen supraleitenden
Ringen gespeichert. Da der elektrische Strom direkt gespeichert wird, kann man die sonst
unvermeidlichen Verluste bei der Umwandlung elektrischer Energie in andere Energieformen
umgehen und einen hohen Wirkungsgrad erreichen. Die gespeicherte Energie lässt sich dabei
in wenigen Sekunden abrufen.
SQID-Sensoren (Superconducting Interference Device)
Eine
weitere
nützliche
Anwendung
von
Supraleitern
sind
die
SQID-Sensoren
(Superconducting Intereference Device), mit deren Hilfe sehr schwache Magnetfelder
detektiert werden können. Diese werden daher beispielsweise in Geräten eingebaut, mit denen
sich magnetische Eigenschaften von Stoffen untersuchen lassen (Squid-Magnetometer).
Dieses Sensoren lassen sich auch zum Messen von Variationen des Erdmagnetfeldes
einsetzen und ermöglichen so das Auffinden von Bodenschätzen oder Archeologischer
Ausgrabungsstätten. Auch die winzigen Magnetfelder, welche von Muskeln im menschlichen
Herz verursacht werden, lassen sich messen und SQID-Sensoren finden daher auch in der
Herzdiagnostik Anwendung.
Kernspintomographie
Bei der Kernspintomographie (Magnetresonanztomographie) handelt es sich um ein ein
bildgebendes Untersuchungsverfahren, mit dem das Körperinnere eines Menschen dargestellt
werden kann. Mit diesem Verfahren lassen sich besonders gut die Weichteile, wie
beispielsweise das Gehirn darstellen. Es können auch Informationen über die Lage und die
Ausdehnung eines Tumors oder über die Änderung der Durchblutung in einem Hirnbereich
erhalten werden. Wie bei der Computertomographie werden eine Reihe von Bildern
aufgenommen um den untersuchten Körperabschnitt in visuelle Längs- oder Querschichten zu
zerlegen. Das Gerät nimmt dabei viele Einzelbilder auf, die anschließend begutachtet werden
können.
Mit Hilfe dieser Technik lassen sich genaue Bilder von Organen erhalten, ohne dass der
Mensch beispielsweise schädlicher Röntgenstrahlung wie bei konventionellen
Röntgenuntersuchungen ausgesetzt wird. Hierzu wird der Patient einen starkem Magnetfeld
ausgesetzt, welches die im Körper befindlichen Wasserstoffatome ausrichtet. Durch
Bestrahlung mit Radiowellen nehmen die Wasserstoffatome Energie auf und werden dadurch
etwas von ihrer Vorzugsrichtung abgelenkt. Nach Abschalten der Radiowellen kehren die
Wasserstoffatome in ihre Ausgangsposition zurück und geben dabei die ursprünglich
aufgenommene Energie in Form schwacher Radiowellen wieder ab. Diese abgeschwächten
Signale werden von Antennen aufgefangen und durch ein computergestütztes
Rechenverfahren in ein Bild umgesetzt
Zur Bildgebung werden möglichst leistungsfähige Magnet verwendet, die beispielsweise aus
konventionellem Niob-Titan-Supraleiter hergestellt werden können. Diese Magnete werden
mit flüssigem Helium auf 4.2 K gekühlt um in der Patientenbohrung ein Magnetfeld von
mehreren Tesla zu erzeugen.
Kommunikationstechnik
Die Kommunikationstechnik bildet noch einen anderen wichtigen Anwendungsbereich von
Supraleitern. Aus einkristallinen dünnen Filmen können winzige GHz-MikrowellenSchaltkreise für die Empfangs- oder Sendestufen von Satelliten- oder Mobilfunksystemen
hergestellt werden. Ein aktuelles Beispiel sind miniaturisierte Band-Filter, die z. B. die bisher
gebräuchlichen schweren und großen Komponenten auf Fernsehsatelliten ersetzen können.
Neben den Supraleiterfilmen werden auch kostengünstige und zuverlässige Kühlsysteme
benötigt, welche die tiefen Temperaturen erzeugen. Damit derartige Systeme rentabel werden,
zählt jedes Grad, bei dem die Supraleiter noch gute Hochfrequenzeigenschaften aufweisen:
Jedes eingesparte Kilogramm Satellitengewicht, spart rund 50.000 Dollar beim Raketenstart.
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