V 31 EKG und Wheatstonesche Brücke

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V 31
A)
EKG und Wheatstonesche Brücke
Stichworte zur Vorbereitung
Ohmsches Gesetz, Kirchhoffsche Regeln, Funktionsweise eines Drehspul– und Dreheiseninstruments, Wheatstonesche Brücke, Elektrolyse, elektrolytische Leitfähigkeit,
Membranpotentiale, extrazelluläre Ableitung, intrazelluläre Ableitung von Membranpotentialen, EKG.
B)
Literatur
Gerthsen, Meschede: Gerthsen Physik
Rainer Klinke, Stefan Silbernagl: Lehrbuch der Physiologie. Stuttgart, New York:
Thieme, 3. Aufl. 2001.
Stefan Silbernagl, Agamemnon Despopoulos: Taschenatlas der Physiologie. Stuttgart, New York: Thieme / München: Deutscher Taschenbuchverlag, 5. Aufl. 2001.
Robert F. Schmidt, Gerhard Thews, Florian Lang: Physiologie des Menschen. Berlin,
Heidelberg: Springer, 28. Aufl. 2000.
Christian Hick, Astrid Hick: Physiologie. München, Jena: Urban & Fischer, 3. Aufl.
2000.
Otto H. Gauer, Kurt Kramer, Richard Jung: Physiologie des Menschen. Bd. 3: Wolfgang Trautwein, Otto H. Gauer, Hans P. Koepchen: Herz und Kreislauf. München:
Urban & Schwarzenberg, 1972. Kapitel: Wolfgang Trautwein: Erregungsphysiologie
des Herzens.
Eberhard L. Betz: Herz und Blutkreislauf. Heidelberg: Spektrum Akademischer Verlag, 1991.
C)
Motivation
Der vorliegende Versuch soll Ihnen die physikalischen Grundlagen von Elektrokardiogrammen (EKG) nahebringen. Ein Kardiogramm (kardia = Herz) ist eine graphische
Darstellung des zeitlichen Verlaufs der Aktionspotentiale des Herzens. Es zeigt den
Herzzyklus mit Hilfe des vom Herzen erzeugten elektrischen Feldes auf.
Beim EKG wird das vom Herz erzeugte elektrische Feld an der Körperoberfläche
(Haut) vermessen – genauer gesagt mißt man die durch das elektrische Herzfeld
erzeugte Potentialdifferenz (Spannung) zwischen zwei Ableitungspunkten“ an der
”
Hautoberfläche.
Zunächst werden die Begriffe elektrisches Feld, elektrische Spannung bzw. elektrisches Potential und elektrischer Dipol eingeführt und erklärt.
Im Anschluß wird das von den Herzmuskelfasern erzeugte elektrische Feld als elektrisches Dipolfeld identifiziert und die verschiedenen Möglichkeiten ( Ableitungen“),
”
dieses Feld zu messen, aufgezeigt.
116
D)
Grundlagen
1.
Elektrische Ladung, Feld und Potential
1.1
Elektrische Ladung
Schon in der Antike machte man die Beobachtung, daß Bernstein (griech. elektron),
wenn er mit einem trockenen Tuch gerieben wird, kleine Wollflocken anzieht. Es
muß also eine Kraft zwischen dem Bernstein und der Wolle wirken. Die Ursache dieser Kraft schreibt man einer elektrischen Ladung zu. Elektrische Ladungen können
sowohl positiv als auch negativ sein.
Elektrische Ladungen sind immer an Materie gebunden. Da Materie aus kleinsten Teilchen
besteht, muß auch die Ladung gequantelt sein. Freie Ladungen existieren in der Natur daher immer nur als ganzzahlige Vielfache der Ladung −e eines Elektrons bzw. +e eines
Protons, der sogenannten Elementarladung e.
1.2
Elektrische Kraft
Wie schon im vorigen Abschnitt erwähnt, üben elektrische Ladungen Kräfte aufeinander aus. Gleichnamige Ladungen stoßen einander ab, ungleichnamige ziehen
einander an. Die Stärke der Kraft nimmt quadratisch mit dem Abstand r zwischen
den Ladungen ab. Außerdem ist die Kraft dem Produkt Q · q der beiden Ladungen proportional. Die Richtung der Kraft zeigt entlang der Verbindungslinie der
Ladungen. Dies ist das sogenannte Coulombgesetz:
F =
1 Qq
.
4 π ε0 r 2
(1)
ε0 ist eine Naturkonstante, die sogenannte Dielektrizitätskonstante.
Wie jede Kraft bewirkt auch die elektrische Kraft, daß die entsprechende Masse m
gemäß dem 2. Newtonschen Axiom eine Beschleunigung a erfährt:
F =m·a .
(2)
Sowohl Kraft als auch Beschleunigung sind Vektoren, d.h. sie haben außer einem
Betrag und einer Einheit auch eine Richtung. Und zwar erfolgt die Beschleunigung
in die gleiche Richtung, in welche die Kraft zeigt.
1.3
Elektrisches Feld, elektrische Feldstärke
Statt zu sagen, daß die Ladung Q direkt eine Kraft auf die unter Umständen weit
entfernte Ladung q ausübt, stellt es sich als zweckmäßig und richtiger heraus, diese
Fernwirkung auf eine Nahwirkung zurückzuführen. Dazu führt man das elektrische
Feld ein, das von der Ladung Q erzeugt wird. Die Ladung q wechselwirkt dann ganz
lokal mit dem von Q hervorgerufenen elektrischen Feld am Ort der Ladung q. Das
elektrische Feld am Ort x ist charakterisiert durch die elektrische Feldstärke E an
117
diesem Ort, E(x). E ist einfach der Quotient aus der Kraft F , die eine Ladung q
erfährt, und dieser Ladung q:
F
.
(3)
E=
q
E ist dann nach Gleichung (2) unabhängig von der Größe von q. Zur Veranschaulichung eines elektrischen Feldes verwendet man die elektrischen Feldlinien, welche
in Richtung des elektrischen Feldes verlaufen, welches wiederum die Richtung der
Kraft auf eine positive Probeladung hat. Die Feldlinien starten daher an positiven
Ladungen und enden auf negativen. Die Dichte der Feldlinien ist ein Maß für die
Stärke des elektrischen Feldes an diesem Ort.
In Abbildung 1 ist der Verlauf der elektrischen Feldlinien für den Fall einer positiven
und einer negativen Ladung +Q bzw. −Q sowie eines elektrischen Dipols, d.h.
einer Anordnung aus zwei gleich großen Ladungen mit unterschiedlichen Vorzeichen,
welche sich in einem gewissen Abstand voneinander befinden, dargestellt.
■
✛
✠
✻
✉
❄
✒
+Q
✲
❘
■
✛
❄
❘✉
✠
✲
✛−Q
■
✒✻
✠
✣
✉
❫
+Q
❘❲✉✠
✲
✛−Q
✗
✒■
Abb. 1: Elektrische Feldlinien bei einer positiven Punktladung (links),
einer negativen Punktladung (Mitte) und einem Dipol (rechts)
1.4
Arbeit
Als Arbeit W bezeichnet man allgemein das Produkt aus der Kraft in Wegrichtung
und dem Weg s. Wenn man z.B. eine Last mit der Masse 10 kg um 1 m anheben will,
muß man die Arbeit 98,1 Joule (1 Joule = 1 J = 1 Nm) aufbringen, da eine Masse
m im Schwerefeld der Erde die Gewichtskraft F = m · g mit der Erdbeschleunigung
g = 9,81 sm2 erfährt und in diesem Fall der Weg parallel zur Kraftrichtung verläuft,
also W = F s gilt. Im allgemeinen zeigt aber die Kraft nicht in Wegrichtung, dann
ist nur die entsprechende Komponente der Kraft ausschlaggebend. Man hat dann
die Formel W = F s cos α mit dem Kosinus des Winkels α zwischen Kraft und Weg
zu verwenden. (Hierfür hat sich in der Mathematik der Begriff des Skalarprodukts
F · s eingebürgert, so daß man schreiben kann: W = F · s.)
Doch damit noch nicht genug der Komplikationen, schließlich ist die Kraft bzw. die Kraftkomponente in Wegrichtung im allgemeinen nicht entlang des gesamten zurückgelegten
Weges konstant, etwa wenn man eine Last zuerst nach oben befördert und danach noch
horizontal bewegt. In solch einem Fall muß man den Weg in kleine Abschnitte unterteilen und die entsprechenden Beiträge der Arbeit aufsummieren. Im Grenzfall infinitesimal
kleiner Wegabschnitte erhalten wir dann die Arbeit entlang des Weges von einem Punkt
P0 zu einem Punkt P1 als Integral
W =
Dieser Ausdruck ist allgemeingültig.
ZP1
P0
F · ds .
(4)
Speziell im Fall elektrischer Kräfte hat man dann als F eben die Coulombkraft zu
wählen.
118
1.5
Potentielle Energie
Hebt man eine Masse um eine Höhe h über den Erdboden, um sie danach fallen zu
lassen, so ist die Geschwindigkeit, die sie dann am Boden erreicht, größer, wenn h
höher war. Die Masse hat dann auch eine größere kinetische Energie Wkin = 21 m v 2 .
Da Energie in der Natur nie erzeugt (oder vernichtet) wird, muß die Energie in
anderer Form vorgelegen haben, als sich die Masse in der Höhe h in Ruhe befand.
Und zwar muß diese andere Energieform auch in größerer Höhe einen höheren Wert
haben. Man spricht dann von der potentiellen Energie. Solch eine potentielle Energie
gibt es nicht nur im Gravitationsfeld, sondern auch in elektrischen Feldern. Die potentielle Energie gegenüber einem Bezugspunkt P0 (im Falle des Gravitationsfeldes
ist P0 z.B. ein Punkt auf der Erdoberfläche) ist gerade gleich der Arbeit, die man
von außen aufbringen muß, um den Körper von P0 aus an den entsprechenden Ort
P1 zu bringen:
Wpot = −
ZP1
F ds .
(5)
P0
(Das Minuszeichen stammt quasi daher, daß wenn man eine Masse gegen eine Kraft bewegen möchte, das Produkt aus Kraft und Weg negativ ist, man aber natürlich eine positive
Arbeit geleistet haben möchte.)
Möchte man z.B. eine positive Probeladung q im elektrischen Feld eines Plattenkondensators (vgl. Abb. 2) vom Punkt P0 auf der negativen Kondensatorplatte zum
Punkt P1 befördern, so muß man gegen die Coulombkraft eine Arbeit W verrichten.
Die Ladung q besitzt dann im Punkt P1 gegenüber der negativen Kondensatorplatte
die potentielle Energie Wpot , ähnlich wie ein Stein in der Höhe h über dem Erdboden
die potentielle Energie Wpot, Grav. = m g h besitzt.
Wpot = −
ZP1
P0
P2
F ds = −q
ZP1
P0
E ds =: q · ϕP0 (P1 )
(6)
+Q
+
− U
E
P1
q❥
❄ ❄ ❄ ❄ ❄
P0
−Q
Abb. 2: Elektrisches Feld eines Plattenkondensators
1.6
(Elektrisches) Potential
Wie wir gerade in Gleichung (6) gesehen haben, läßt sich die potentielle Energie im
elektrischen Feld als Produkt aus der Probeladung q und einem von q unabhängigen
119
Ausdruck
P
Z
Wpot
= − E ds
ϕP0 (P) =
q
(7)
P0
schreiben. ϕP0 (P) wird als elektrisches Potential bezeichnet.
Der Wert des elektrischen Potentials hängt noch von der Wahl des Bezugspunktes
P0 , an dem das Potential den Wert 0 haben soll, ab. Üblicherweise wird hierfür das
Unendliche gewählt.
1.7
Elektrische Spannung
Wird in Abbildung 2 die Probeladung q von irgendeinem Punkt A zwischen den
Platten zu einem anderen Punkt B bewegt, so muß hierfür diejenige Arbeit aufgebracht werden, die gleich der Differenz der potentiellen Energien an den beiden
Punkten ist:
W = Wpot (B) − Wpot (A) = q ϕ(B) − q ϕ(A) = q · (ϕ(B) − ϕ(A)) =: q · U .
(8)
Die Potentialdifferenz U := ϕ(B) − ϕ(A) wird als Spannung zwischen den beiden
Punkten A und B bezeichnet.
1.8
Äquipotentialflächen bzw. -linien
Eine Fläche, deren Punkte alle das gleiche Potential haben, nennt man Äquipotentialfläche. Interessiert man sich nur für die Verhältnisse in einer bestimmten Ebene
im Raum, so ergibt sich als Schnittlinie einer Äquipotentialfläche mit dieser Ebene
eine sogenannte Äquipotentiallinie.
Da alle Punkte einer Äquipotentialfläche dasselbe Potential haben, zwischen ihnen
also keine Spannung herrscht, ist keine Arbeit nötig, um eine elektrische Ladung auf
einer Äquipotentialfläche zu verschieben. Daher darf die elektrische Kraft also keine
Komponente in Richtung der Äquipotentialfläche haben. Die Äquipotentialflächen
stehen daher immer senkrecht auf den elektrischen Feldlinien!
Im Plattenkondensator sind beispielsweise die Äquipotentialflächen parallel zu den
beiden Kondensatorplatten.
Abbildung 3 zeigt den Feldlinien- und Äquipotentiallinienverlauf eines elektrischen
Dipols im unendlichen Raum bzw. in einer mit einem Elektrolyten gefüllten Wanne
aus einem Isolatormaterial.
120
Abb. 3: Feldlinien (schwach gezeichnete Linien) und Äquipotentiallinien
(dicke Linien) eines elektrischen Dipols im unendlichen Raum (oben)
bzw. in einer Elektrolyt-gefüllten Isolatorwanne (unten).
2.
Ohmsches Gesetz und Kirchhoffsche Regeln
2.1
Elektrische Stromstärke
Legt man an einen Draht eine Spannung U an, so bewegen sich im Draht Ladungen,
es fließt ein elektrischer Strom. Die elektrische Stromstärke I gibt die pro Zeiteinheit
durch einen Leiterquerschnitt fließende Ladungsmenge an:
I=
q
.
t
121
(9)
2.2
Elektrischer Widerstand und Ohmsches Gesetz
Die Stromstärke ist umso größer, je größer die angelegte Spannung ist:
I ∼U .
(10)
Als Proportionalitätskonstante, die noch abhängt von der Länge, dem Querschnitt
und dem Material des Drahtes, führt man den elektrischen Widerstand R ein. Damit
lautet Gl. (10):
U =R·I .
(11)
Dies ist das Ohmsche Gesetz. Der Ohmsche Widerstand eines Drahtes ist proportional
zu dessen Länge l und umgekehrt proportional zu seiner Querschnittsfläche A.
R=ρ
l
.
A
(12)
Die materialabhängige Größe ρ heißt spezifischer Widerstand.
2.3
Knotenregel
Die Knotenregel (vgl. V 11) ist die erste der beiden Kirchhoffschen Regeln.
Sie besagt, daß die Summe der an einem Verzweigungspunkt ankommenden Ströme
gleich der Summe der von dort abgehenden Ströme ist (siehe Abb. 4a). Dies ist einfach eine Folge der Ladungserhaltung und der Tatsache, daß sich die Ladung nicht
an dem Verzweigungspunkt ansammeln kann.
U1
R1
I2✒
I1✲
U1 + U2 = U0
U2
R2
I3❘
I1 = I2 + I3
U0
a)
b)
Abb. 4: Die Kirchhoffschen Regeln: a) Knotenregel, b) Maschenregel
2.4
Maschenregel
Die Maschenregel (vgl. V 11) ist die zweite Kirchhoffsche Regel. Sie sagt aus, daß
in jeder Masche‘ eines Stromkreises die Summe der Spannungsabfälle an den dort
’
vorhandenen Widerständen gleich der Summe der Spannungen ist, die durch die in
dieser Masche vorhandenen Spannungsquellen erzeugt werden (siehe Abb. 4b).
Aus den beiden – uns schon von Flüssigkeitsströmen (Versuch 11) her bekannten –
Kirchhoffschen Regeln folgen die Gesetzmäßigkeiten für die sich bei Reihen- und
Parallelschaltung ergebenden Gesamtwiderstände:
122
2.5
Reihenschaltung von Widerständen
R1
R2
Abb. 5: Reihenschaltung von 2 Widerständen
Werden die Widerstände R1 , R2 , ... hintereinandergeschaltet ( in Reihe geschaltet“),
”
so fließt durch jeden Widerstand der gleiche Strom I, und die Spannungsabfälle an
den einzelnen Widerständen addieren sich zur angelegten Spannung U. Daher ist der
Gesamtwiderstand der Anordnung gleich der Summe der einzelnen Widerstände:
Rges = R1 + R2 + ... .
2.6
(13)
Parallelschaltung von Widerständen
R1
R2
Abb. 6: Parallelschaltung von 2 Widerständen
Werden die Widerstände R1 , R2 , ... parallelgeschaltet, so liegt an jedem Widerstand die gleiche Spannung U an, während sich die einzelnen Stromstärken zur Gesamtstromstärke I addieren. Daher ist der Kehrwert des Gesamtwiderstandes dieser
Anordnung gleich der Summe der Kehrwerte der Einzelwiderstände:
1
1
1
=
+
+ ... .
Rges
R1 R2
(14)
Speziell für die Parallelschaltung von zwei Widerständen folgt daraus wieder (wie
in Versuch 11):
R1 · R2
(15)
Rges =
R1 + R2
3.
Wheatstonesche Brückenschaltung
Zur präzisen Messung von Widerständen sowie zur Messung der Spannung von
Spannungsquellen mit hohem Innenwiderstand verwendet man die Wheatstonesche
Brückenschaltung. Hierbei wird jeweils ausgenutzt, daß an einem Widerstand, durch
den kein Strom fließt, nach dem Ohmschen Gesetz auch keine Spannung abfällt. Dies
ist insbesondere im Fall der Vermessung hochohmiger Spannungsquellen entscheidend, da andernfalls gar nicht die volle Spannung der Quelle, sondern die um den
Spannungsabfall an ihrem Innenwiderstand verminderte gemessen würde.
Der Aufbau der Wheatstoneschen Brückenschaltung für die beiden Anwendungszwecke ist in Abb. 7 dargestellt.
123
B
Rx
IR
I0
ID
B
I
=0
Ux
Rn
S
l1
I
=0
S
l2
l1
U0
U0
a) Wheatstonesche Brücke: Messung eines unbekannten Widerstands Rx
b) Wheatstonesche Brücke: Messung einer Quellspannung mit hohem Innenwiderstand Ri
Abb. 7: Aufbau der Wheatstoneschen Brückenschaltung
3.1
Messung eines unbekannten Widerstands Rx
Ein Meßdraht mit der Länge l = l1 + l2 (vgl. Abb. 7, links) und der Querschnittsfläche A = π r 2 wird parallel zu der Reihenschaltung der Widerstände Rx und Rn
geschaltet. An diese Parallelschaltung wird eine Spannungsquelle U0 angeschlossen.
Rx ist der zu messende Widerstand, Rn ein bekannter, aber austauschbarer Widerstand. Über den Meßdraht kann ein Schleifkontakt S verschoben werden, der über
ein empfindliches Amperemeter (Nullinstrument) mit dem Punkt B verbunden wird.
Im allgemeinen liegt zwischen S und B eine Spannung, die aber durch Verschieben
des Schleifers zu Null gemacht werden kann. Dies erkennt man an der Stromlosigkeit
des Nullinstruments. S befinde sich dann im Abstand l1 vom linken Ende des Schleifdrahtes. Wenn die Spannung zwischen B und S Null ist, ist der Spannungsabfall U1
an l1 gleich dem Spannungsabfall Ux an dem unbekannten Widerstand Rx .
Es gilt:
U1 = Ux
und
U2 = Un ,
l2 = I · R ,
l1 = I · R
ID · ρ · A
ID · ρ · A
R
x
R
n
wobei ρ der spezifische Widerstand, A die Querschnittsfläche des Schleifdrahtes und
IR bzw. ID die Ströme durch Rx und Rn bzw. durch den Schleifdraht sind. Durch
Division der beiden unteren Gleichungen folgt:
also
Rx = Rn ·
l1
l1
= Rn ·
l2
l − l1
(16)
Der bekannte Widerstand Rn sollte etwa dieselbe Größe wie der unbekannte Rx
haben (Ω, kΩ, MΩ). Der Abgleichpunkt S liegt dann in der Nähe der Drahtmitte,
wodurch der Meßfehler bei der Bestimmung von Rx minimiert wird (vgl. E) 1.1.3).
124
3.2 Messung der Spannung einer Spannungsquelle mit hohem Innenwiderstand
Hierzu wird der reduzierte Wheatstonesche Brückenaufbau nach Abb. 7, rechts aufgebaut. Die unbekannte Spannung Ux wird dadurch gemessen, daß man sie mit der
bekannten Spannung U0 vergleicht. Das Strommeßgerät zeigt den Wert 0 an, wenn
Ux = U1 ist. U1 ist bei bekanntem U0 aus dem Verhältnis der Längen l1 /l zu berechnen:
l1
(17)
Ux = · U0
l
Um nach dieser Kompensationsmethode (sog. Poggendorffsche Kompensationsmethode) einen genauen Wert für die Spannung Ux zu erhalten, ist es notwendig, ein
Strommeßgerät mit möglichst hoher Empfindlichkeit zu verwenden. Der Vorteil der
Methode liegt darin, daß an dieses Meßgerät bezüglich Genauigkeit und Linearität
nur sehr geringe Anforderungen gestellt werden müssen.
125
4.
Physikalische Grundlagen des Elektrokardiogramms
4.1
Elektrische Vorgänge in einer Herzmuskelfaser
Das Herz ist nichts anderes als ein sich periodisch kontrahierender und entspannender Muskel. Muskeln sind aus kleinen Muskelfasern aufgebaut. Die elektrischen
Vorgänge in einer solchen Muskelfaser bei der Kontraktion bzw. Relaxation werden anhand von Abb. 8 erklärt. Wer sichergehen möchte, eine physiologisch korrekte Darstellung zu bekommen, sei aber besser auf ein Physiologiebuch verwiesen!
Abb. 8 ist in 5 Teilbilder unterteilt. Das zylinderförmige Gebilde ganz unten soll eine
Herzmuskelfaser darstellen. Ein Teilausschnitt der Oberfläche ist im oberen Teil
der Abbildung vergrößert dargestellt. Die Oberfläche der Faser hat Einstülpungen
(transversale Tubuli), und das knochenförmige‘ Gebilde in der Muskelfaser (longi’
tudinaler Tubus) zwischen zwei transversalen Tubuli dient als Ca2+ -Reservoir.
Die Kurve A zeigt die zeitliche Spannungsänderung UA entlang der Muskelfaseroberfläche, die bei jedem Herzschlag auftritt. Die Kurve B stellt den dazugehörigen
zeitlichen Verlauf der Potentialdifferenz (Spannung) UB des Zellinneren zur Oberfläche der Faser dar. Der momentane Zustand von UA bzw. von UB des Herzens ist in
den 5 Teilbildern durch eine Vergrößerung der Strichdicke der Kurven angedeutet.
Nachfolgend werden die Teilbilder erklärt:
Ruhezustand: Die Oberfläche ist polarisiert, d.h. zwischen dem Zellinneren und
der Oberfläche liegt eine Potentialdifferenz UB von −90 mV. Entlang der Oberfläche mißt man keine Spannung, UA = 0 mV.
Erregungsbeginn: Kommt von rechts der Erregungsreiz, so beginnt sich der rechte
Teil der Oberfläche dadurch umzupolarisieren, daß Ca2+ -Ionen freigesetzt werden. Dieser Bewegungsabschnitt wird auch Depolarisation genannt. Entlang
der Faseroberfläche mißt man kurzzeitig eine Spannung UA bis zur Vollerregung.
Vollerregung: Die Umpolarisierung der Zellmembran ist beendet, zwischen dem
Zellinneren und der Oberfläche mißt man eine Spannung UB von +30 mV. Die
Ca2+ -Ionen sind vollständig ins Zellinnere verteilt und die Muskelfaser hat sich
kontrahiert. Eine Spannung entlang der Faseroberfläche ist nicht abzugreifen.
Erregungsrückbildung: Die sogennante Ca-Pumpe sammelt die Ca2+ -Ionen wieder ein, wodurch sich die Zelloberfläche wiederum umpolarisiert. Man nennt
diesen Ablauf auch Repolarisation. Entlang der Oberfläche mißt man eine
Spannungsdifferenz UB , welche sich vom Depolarisationsabschnitt folgendermaßen unterscheidet: umgekehrtes Vorzeichen, der Absolutbetrag ist kleiner,
aber die Dauer der Erregungsrückbildung ist größer.
Vollständige Ruhephase: UA und UB entsprechend dem Ruhezustand.
Die zeitweilig meßbare Spannung entlang der Muskelfaseroberfläche, während Depolarisations- und Repolarisationsphase, stellt einen elektrischen Dipol dar, zwei
ungleichnamige Ladungen, die sich in einem gewissen (festen) Abstand voneinander
befinden.
126
A
mV
a)
Ruhezustand
30
B
-90
UA = 0
UB = −90 mV
Ruhezustand
kein Dipolvektor
b)
Erregungsbeginn
(Depolarisation)
UA > 0
UB > −90 mV
Dipolvektor
Depolarisation
c)
Vollerregung
(vollständige Depolarisation)
UA = 0
UB = 30 mV
kein Dipolvektor
Vollerregung
d)
Erregungsrückbildung
(Repolarisation)
UA < 0
UB < 30 mV
Repolarisation langsamer als
Depolarisation ⇒ kleiner Dipolvektor
Repolarisation
e)
wie a) Ruhezustand
(vollständige Repolarisation)
UA = 0
UB = −90 mV
Ruhezustand
kein Dipolvektor
Abb. 8: Elektrische Vorgänge bei der Kontraktion und Relaxation
einer Herzmuskelfaser
127
4.2
Integraler Dipolvektor
Das elektrische Feld des Herzens entsteht durch eine Überlagerung vieler Feldkomponenten, die von den Dipolen der einzelnen Herzmuskelfasern herrühren. Jede
Herzmuskelfaser wirkt beim Übergang vom Ruhezustand zur Vollerregung und umgekehrt als Dipol, weil die erregte Stelle der Membranaußenseite negativ gegenüber der unerregten Membranaußenseite geladen
ist und somit durch einen Dipolvektor dargestellt werden kann. Bei der erregten
Herzmuskelfaser und der Herzmuskelfaser im Ruhestand gibt es keinen Dipolvektor,
eine erregte Herzmuskelfaser bzw. eine Herzmuskelfaser im Ruhestand kann somit
im EKG nicht beobachtet werden.
Ein elektrischer Dipol wird als Vektor symbolisiert, dessen Länge entsprechend der
Größe der zwei ungleichnamigen Ladungen und dem Abstand zueinander gewählt
ist und dessen Richtung entlang der Verbindungslinie zum positiven Pol hin zeigt.
Während der Erregung des Herzens bilden mehrere Milliarden von Einzelfasern entsprechend viele elementare Dipolvektoren, deren Wirkungen nach außen sich allerdings, da sie in der Mehrzahl entgegengesetzt zueinander gerichtet sind, zum großen
Teil aufheben. Alle Dipoleinzelvektoren summieren sich zu jedem Zeitpunkt zu einem Integralvektor (vgl. Abb.9). Dieser Integralvektor verändert aber periodisch
seinen Betrag und seine Richtung.
Integralvektor R
Einzelvektoren
(Dipole)
(resultierender Dipol)
✄✗
✄
✄
✓
✄
✓ ✂
✄ 4
1 ✓2 ✂
✄
✓
✂ ❳
✓
❳❳
✂
❳❳❳
✌
✂
✴
✓
③
3
1 ✓
✂
2✂
✓❈
✓ ❈
✓
✓
✴
✓
✂
✂
✌❳
✄
❳❳
❳❳❳
③✄
3
❈R
❈
❈
❈❲
✄✗
✄
✄
✄
4
Abb. 9: Prinzip der Vektoraddition
4.3 Zuordnung der Erregungsphasen des Herzens zu bestimmten Abschnitten des EKGs
Die Abb. 10 ist in 8 Teilbilder unterteilt. Sie zeigen jeweils
• die einzelnen Erregungszustände des Herzens, wobei der momentane integrale
Dipolvektor in das Herz eingezeichnet wurde. Die Schraffierungen bedeuten:
grau: nicht erregte Bereiche
schwarz: erregte Bereiche
weiß: Bereiche abklingender Erregung
• die Verbindungslinie (Einhüllende) der Dipolvektorspitzen in frontaler Projektion bis zur momentanen Erregungsphase des Herzens.
• die typische EKG-Kurve (Ableitung II nach Einthoven, siehe 4.4) bis zur momentanen Erregungsphase des Herzens
128
Die Teilbilder sind zudem mit großen Buchstaben, entsprechend ihrer momentanen
Erregungsphase, markiert:
P–Welle:
PQ–Strecke:
PQ–Intervall:
QRS–Gruppe:
ST–Strecke:
T–Welle:
Erregungsausbreitung über beide Vorhöfe
Vorhöfe als Ganzes erregt
Zeit, die die Erregung braucht, um vom Sinusknoten
bis zu den Purkinje-Endverzweigungen zu gelangen.
Überleitungszeit = Zeitraum vom Beginn der Vorhoferregung
bis zum Beginn der Kammererregung
Erregungsausbreitung über beide Ventrikel fällt zusammen
mit der Erregungsrückbildung in den beiden Vorhöfen
Vollerregung des Kammermyokards
Erregungsrückbildung der Kammermuskulatur
Abb. 10: Zuordnung der Erregungsphasen des Herzens zu bestimmten
Abschnitten des EKGs
129
4.4 Verschiedene EKG-Kurven entsprechend den Ableitungen nach
Einthoven
Die Ableitungsschemata I, II, III nach Einthoven sind in Abb. 11 dargestellt. In
Abb. 12 sind die jeweiligen EKG-Signale der verschiedenen Ableitungen skizziert
und ihr Zustandekommen schematisch aufgezeigt.
Abb. 11: Ableitungen nach Einthoven
I
t
II t
t III
Abb. 12: Zusammenhang zwischen den EKG-Signalextremwerten (der
verschiedenen Ableitungen I, II und III) und der charakteristischen
Kurve.
130
Stark vereinfachend kann man sagen, daß das EKG-Signal eine Projektion der
zeitlichen Abfolge des integralen Dipolvektors auf die Verbindungslinie
der beiden Ableitungselektroden ist. (Physikalisch ist das aber nicht ganz korrekt, da, wie wir in den Modellversuchen E) 2. sehen werden, auch eine Abhängigkeit
der Signalhöhe vom Abstand der beiden Elektroden zueinander sowie vom Abstand
der Elektrode vom Dipol vorhanden ist. Außerdem muß der Dipol-nächste Punkt
auf der Verbindungslinie zwischen den Elektroden gerade der Mittelpunkt der Verbindungslinie sein.)
In Abb. 12 ist der Zusammenhang der Extremwerte der 3 möglichen EKG-Kurven
nach Einthoven mit der charakteristischen Kurve – der Einhüllenden der zeitlichen
Abfolge der Dipolvektorspitzen in frontaler Projektion, vgl. Abb. 10 – hergestellt.
Obwohl die Extremwerte nur linear miteinander verbunden wurden, kann man den
charakteristischen Verlauf der EKG-Kurven eindeutig erkennen.
Üblich ist die bipolare Ableitung II nach Einthoven. Das EKG zeigt dann etwa
folgenden Verlauf:
Abb. 13: EKG: Ableitung II nach Einthoven.
131
E)
1.
Versuchsdurchführung und -auswertung
Wheatstone-Brücke
Die Gesamtlänge des Meßdrahtes beträgt l = l1 + l2 = 100 cm.
1.1
Messung von unbekannten Widerständen Rx und Ry
Es wird die Wheatstonesche Brückenschaltung nach Abbildung 7, links aufgebaut.
1.1.1 Widerstandsmessung: Messen Sie die Widerstände Rx und Ry . Tauschen Sie hierzu jeweils den Vergleichswiderstand Rn so lange aus, bis die Abgleichstelle des Schleifers S nahezu in der Mitte des Drahtes liegt.
1.1.2 Widerstandsmessung von Reihen- und Parallelschaltung: Messen
Sie den Gesamtwiderstand der Reihen- und Parallelschaltung der Widerstände Rx
und Ry , und vergleichen Sie die Ergebnisse mit den aus den einzelnen Meßwerten
aus 1.1.1 berechneten Gesamtwiderständen.
1.1.3 Bestimmung des relativen Fehlers ∆Rx /Rx bei verschiedenen Abgleichpunkten: Um welchen Prozentsatz ändert sich das Ergebnis einer Widerstandsbestimmung, wenn man am Meßdraht (100 cm lang) um 1 mm falsch abgelesen
hätte, d.h. wie groß ist der relative Fehler ∆Rx /Rx ,
a) wenn man das Minimum von I (also I = 0) bei l1′ = 511 mm statt bei l1 =
510 mm findet?
b) wenn man das Minimum von I (also I = 0) bei l1′ = 991 mm statt bei l1 =
990 mm findet?
Hinweis: ∆Rx ist der absolute Fehler, also ∆Rx = Rx′ − Rx .
1.2 Messung der Spannung einer Spannungsquelle mit hohem Innenwiderstand
1.2.1 Messung mit der Wheatstone-Brücke: Hierzu wird die reduzierte
Wheatstone-Brücke nach Abb. 7, rechts aufgebaut. Messen Sie damit die Spannung
Ux .
1.2.2 Messung mit einem Drehspulinstrument: Versuchen Sie die Spannung Ux mit dem Drehspulinstrument mit 2,5 V Vollausschlag zu messen. Der Innenwiderstand dieser Geräte beträgt 2500 Ohm. Der Ausschlag wird sehr gering
sein, da der Innenwiderstand der Spannungsquelle wesentlich größer ist als der des
Meßgerätes.
1.2.3 Messung mit einem Digitalvoltmeter: Messen Sie Ux mit einem Digitalvoltmeter, und vergleichen Sie Ihr Ergebnis mit dem der Messung mit Hilfe der
Wheatstone-Brücke.
132
2.
Modellversuche zur Demonstration der Entstehung eines
EKG
Unserem Modell liegen folgende Äquivalenzen zugrunde:
Dipol
sich drehender, zeitlich
variierender Dipol
Leitungswasser
Meßspitzen
⇔
Integralvektor
⇔
⇔
Körpergewebe
Ableitelektroden
⇔
periodische Erregung des Herzens
2.1 Potentialverteilung eines zeitlich konstanten Dipols im begrenzten
elektrolytischen Trog
Zum besseren Verständnis der Enstehung der EKG-Kurven sollen Sie die Äquipotentiallinien eines zeitlich konstanten Dipols unter Zuhilfenahme des Wheatstoneschen
Brückenschaltungsaufbaus vermessen.
Die Körperflüssigkeit, genauso wie z.B. Leitungswasser, enthält Ionen. Beide Flüssigkeiten leiten deshalb in geringem Maß den elektrischen Strom. Bringt man einen
elektrischen Dipol, d.h. zwei auf unterschiedlichem Potential liegende Elektroden, in
eine solche Flüssigkeit, die von einem Isolator eingeschlossen ist, so verändert sich
dadurch der Verlauf der Feld- und Äquipotentiallinien gegenüber dem im unendlich
ausgedehnten freien Raum befindlichen Dipol ein wenig: Die Isolatorwände drücken‘
’
die Feldlinien zusammen (siehe Abb. 3).
Die Flüssigkeit stellt ein sehr hochohmiges Widerstandsfeld dar. Die von den Meßspitzen abgetastete Spannung wird also von einer Quelle mit sehr hohem Innenwiderstand geliefert. Deshalb muß zur Potentialverteilungsmessung eines Dipols der in
Abb. 14 dargestellte Versuch aufgebaut werden:
Meßsonde
Abgleichinstrument
Plastikwanne
Abb. 14: Versuchsaufbau zur Messung der Potentialverteilung eines
Dipols in einem elektrolytischen Trog mit Hilfe des Wheatstoneschen
Brückenschaltungsaufbaus.
133
2.1.1 Versuchsaufbau: Auf dem Boden der Kunststoffwanne befindet sich unter einer Glasscheibe eine Folie mit Rasterlinien im cm–Abstand. Der Dipol wird
so auf die Nullinie gestellt, daß er mit seinen Elektroden an den Punkten (−4,0)
und (+4,0) zu liegen kommt. Die Kunststoffwanne wird mit Leitungswasser gefüllt.
Der Wasserspiegel soll etwa in der Mitte der Elektroden sein. Verwenden Sie die
Wechsel spannungsquelle mit dem eingebauten Abgleichinstrument mit der Aufschrift Medizinerpraktikum“.
”
2.1.2 Versuchsdurchführung: Die Meßsonde wird zunächst auf einen Ausgangspunkt auf der Verbindungslinie zwischen den Dipolelektroden gestellt, dann
wird die Brücke durch Verschieben des Drahtschleifers S abgeglichen. Der Wert von
l1 ist zu notieren. Anschließend werden weitere Punkte durch Verschieben der Sonde
aufgesucht, bei denen die Brücke in der zuvor gemachten Einstellung abgeglichen
bleibt. Es reicht, wenn Sie hierbei in einem der vier Quadranten suchen. Die Koordinaten dieser Punkte sind zu notieren.
Dann wird die Sonde auf einen anderen Ausgangspunkt auf der Verbindungslinie
der Elektroden gestellt, und das ganze Verfahren wird wiederholt. Dies macht man
insgesamt für 4 verschiedene Ausgangspunkte und somit für 4 verschiedene Äquipotentiallinien (vgl. Abb. 3).
2.1.3
Auswertung:
• Die Punkte der einzelnen Äquipotentiallinien sind in ein Diagramm auf Millimeterpapier einzutragen und miteinander zu verbinden. Spiegeln Sie den Verlauf zweimal (an der Verbindungslinie der beiden Elektroden sowie an ihrer
Mittelsenkrechten). Bestätigen Sie, daß die Äquipotentiallinien senkrecht auf
die Begrenzungen des elektrolytischen Trogs zulaufen.
• Berechnen Sie aus den Abgleichstellen l1 die Potentialwerte der Äquipotentiallinien:
l
− l1
U0 .
ϕ= 2
l
Gehen Sie hierbei von einer angelegten Spannung U0 = 4 V aus.
2.2
Rotierender Dipol mit konstantem Betrag (Demonstrationsversuch)
Um unser Modell vom Herzen zu vervollständigen, müssen wir den Dipol von 2.1
rotieren lassen und auch seinen Betrag zeitlich ändern. Ersteres werden wir in diesem Versuchsteil tun, das zweitere erst in 2.3.
Die zwischen verschiedenen Stellen der Körperoberfläche abgreifbare Potentialdifferenz wird im wesentlichen bestimmt von der Größe des Integralvektors und seiner
Richtung in Bezug zu den Ableitungspunkten A und B (vgl. dazu Abb. 15).
134
Abb. 15: Potentialverteilung eines Dipols bei endlicher Ausdehnung des
elektrolytischen Trogs.
Im linken Teilbild ist die gemessene Potentialdifferenz zwischen den
beiden Elektroden beispielsweise 3 V.
Im rechten Teilbild, bei dem der das Potentialfeld erzeugende Dipol um
45◦ gedreht ist, beträgt sie nur noch 2 V.
Um die Richtungsänderung des Dipolintegralvektors zu simulieren, bringen wir nun
einen rotierenden elektrischen Dipol in den elektrolytischen Trog. An beliebigen
Stellen werden zwei Meßspitzen in die Elektrolytflüssigkeit eingetaucht — sie entsprechen den Ableitungselektroden bei der EKG–Aufnahme. Das Signal wird auf
dem Schirm eines Oszilloskops beobachtet.
2.2.1
Aufgaben
1. Skizzieren Sie das auf dem Bildschirm des Oszilloskops beobachtete Signal
und erklären Sie sein Zustandekommen mit Hilfe des in Abb. 15 gegebenen
Potentiallinienbildes.
2. Wie verändert sich das Meßsignal, wenn man die Spitzen, bei konstantem Abstand zueinander, weiter vom Dipol entfernt in die Elektrolytflüssigkeit eintaucht?
3. Wie verändert sich das Meßsignal, wenn man den Abstand der Spitzen zueinander vergrößert/verkleinert?
2.3 Rotierender Dipol mit zeitlich sich änderndem Betrag (Demonstrationsversuch)
Dieser Versuchsteil soll die Simulation des EKGs darstellen. Wie in Abb. 10 gezeigt,
kann man den Erregungsablauf des Herzens charakterisieren durch einen Integralvektor, der seinen Betrag und seine Richtung zeitlich ändert. In unserem Experiment soll die rotierende Dipolanordnung die Richtungsänderung simulieren. Der sich
zeitlich ändernde Betrag wird dadurch simuliert, daß nacheinander jeweils nur für
kurze Zeit Impulse an die Elektroden angelegt werden. Natürlich entspricht das nicht
einer exakten Nachbildung der zeitlichen Veränderung des resultierenden Dipolvektors des Herzens. Man erhält ein Oszillogramm, das Ähnlichkeiten zu dem später
135
aufgenommenen EKG aufweist. Das Auslösen der Impulse entspricht etwa einer Stellung des Integralvektors, der den Erregungsphasen QRS des Herzens entspricht (vgl.
Abb. 10).
2.3.1
Aufgabe
• Skizzieren Sie das auf dem Bildschirm des Oszilloskops beobachtete Signal und
erklären Sie sein Zustandekommen.
3.
Aufnahme eines Elektrokardiogramms (EKG):
Zusammenfassung: Das EKG ist eine Aufzeichnung der zeitlich veränderlichen
Potentialdifferenzen, die durch die Ausbreitung und Rückbildung der Erregung des
Herzens entstehen. Bei der Erregungsausbreitung (Ausbreitung der Depolarisation) und Erregungsrückbildung (Repolarisation) des Herzens entsteht ein zeitlich
veränderliches Potentialfeld, das auch an der Körperoberfläche nachweisbar ist. An
verschiedenen Stellen der Körperoberfläche können durch Elektroden Potentialdifferenzen abgegriffen werden.
Diese Potentialdifferenzen (≈ 1 mV) müssen, um von einem Y–T–Schreiber oder
einem Oszilloskop registriert werden zu können, zuerst verstärkt werden. Die Spannungsquelle Körper hat einen sehr hohen Innenwiderstand und einen hohen Übergangswiderstand zwischen Körperoberfläche und Elektroden, deshalb muß der Vorverstärker einen hohen Eingangswiderstand besitzen. Der Verstärker muß folgende
Anforderungen erfüllen:
1. hoher Eingangswiderstand
2. Frequenzfilterung zur Unterdrückung von Störeinstrahlung (z.B. 50 Hz)
3. etwa 100fache Verstärkung
4. galvanische Trennung des Vorverstärkers von den Registriergeräten zur Gewährleistung der elektrischen Sicherheit für die Versuchsperson
Die Verbindung zwischen Körper und Verstärkereingang wird mit Elektroden hergestellt. Hierzu werden die Elektroden gemäß ihrer Kennzeichnung angeschlossen.
Wichtig für die Registrierung ist ein möglichst geringer Übergangswiderstand zwischen Haut und Elektroden. Dies wird durch die Verwendung eines Elektroden–Gels
erreicht.
3.1
Aufgaben:
1. Aufnahme und Beschriftung eines EKGs
2. Vergleich der Ableitungsformen I, II und III miteinander (wieso sind z.B. die
großen Zacken nicht exakt untereinander?)
3. Bestimmung der Herzfrequenz
136
F)
Fragen
31.1 Warum ändert sich bei der Messung eines unbekannten Widerstandes die
Abgleichstelle der Wheatstoneschen Brücke nicht, wenn die Spannung U0
kleiner oder größer wird?
31.2 Hat die Spannung U0 keinerlei Einfluß auf die Genauigkeit des Meßergebnisses bei der Widerstandsmessung?
31.3 Sie besitzen ein Amperemeter mit einem Vollausschlag von 100 μA und
einem Innenwiderstand von 6000 Ω und möchten es zu einem Vielfachmeßgerät ausbauen. Die Meßbereiche (Vollausschlag) sollen 10 V, 100 V,
1000 V, 10 mA und 100 mA sein. Welche Widerstände müssen Sie sich
dazu besorgen? Zeichnen Sie die Schaltung auf.
31.4 In der Physiologie und in der Medizin tritt oft das Problem auf, Spannungen oder Spannungsabläufe von Spannungsquellen mit hohem Innenwiderstand zu messen. Nennen Sie ein oder zwei Beispiele.
31.5 Auf welcher physikalischen Grundlage beruht das EKG?
31.6 Warum verwendet man zur Vermessung der Potentialverteilung eines Dipols in E) 2.1 den Wheatstoneschen Brückenschaltungsaufbau?
31.7 Was passiert, wenn in E) 2.1 statt der Wechselspannung Gleichspannung
an die Elektroden des Dipols angelegt wird?
137
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