Leseprobe Kuckertz Grundlagen – Wechselstrom ELEKTROTECHNIK / ELEKTRONIK Studienbrief 2-050-1002 2. Auflage 2007 HDL HOCHSCHULVERBUND DISTANCE LEARNING Verfasser: Prof. Dipl.-Ing. Heinz Kuckertz Professor für Elektrotechnik und Regelungstechnik im Fachbereich Produktions- und Verfahrenstechnik an der Fachhochschule Braunschweig / Wolfenbüttel Der Studienbrief wurde auf der Grundlage des Curriculums für das Studienfach „Elektrotechnik / Elektronik“ verfasst. Die Bestätigung des Curriculums erfolgte durch den Fachausschuss „Grundständiges Fernstudium Wirtschaftsingenieurwesen“, dem Professoren der folgenden Fachhochschulen angehörten: HS Anhalt, FHTW Berlin, TFH Berlin, HTWK Leipzig, HS Magdeburg-Stendal, HS Merseburg, HS Mittweida, FH Schmalkalden, FH Stralsund, TFH Wildau und WH Zwickau. Redaktionsschluss: August 2007 2., aktualisierte Auflage 2007 2007 by Service-Agentur des Hochschulverbundes Distance Learning mit Sitz an der FH Brandenburg. Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung und des Nachdrucks, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form ohne schriftliche Genehmigung der Service-Agentur des HDL reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Service-Agentur des HDL (Hochschulverbund Distance Learning) Leiter: Dr. Reinhard Wulfert c/o Agentur für wissenschaftliche Weiterbildung und Wissenstransfer e. V. 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und Ausschaltvorgang bei der Induktivität ........................................................... 15 Einschaltvorgang im Stromkreis mit einer Induktivität ................................................ 16 Ausschaltvorgang im Stromkreis mit einer Induktivität ............................................... 19 2 Wechsel- und Drehstrom ........................................................................................... 20 2.1 2.1.1 2.1.2 2.2 2.2.1 2.2.2 2.2.3 2.2.4 2.2.5 2.3 2.3.1 2.3.2 2.3.3 2.4 2.4.1 2.4.2 2.4.3 2.5 2.5.1 2.5.2 2.5.3 2.5.4 2.6 Wechselstrom .............................................................................................................. 21 Erzeugen einer Wechselspannung................................................................................ 21 Definitionen und Zeigerdarstellung ............................................................................. 23 Wechselstromwiderstände ........................................................................................... 28 Ohmscher Widerstand ................................................................................................. 28 Induktiver Blindwiderstand ......................................................................................... 29 Kapazitiver Blindwiderstand ....................................................................................... 30 Reihenschaltung von Wechselstromwiderständen ........................................................ 32 Parallelschaltung von Wechselstromwiderständen ....................................................... 37 Wechselstromnetze mit veränderlicher Frequenz ......................................................... 39 Reihenschwingkreis..................................................................................................... 39 Tiefpass ....................................................................................................................... 41 Hochpass ..................................................................................................................... 43 Leistung im Wechselstromkreis ................................................................................... 45 Wirkleistung................................................................................................................ 45 Blindleistung ............................................................................................................... 47 Leistung bei gemischten Wechselstromverbrauchern, Scheinleistung .......................... 48 Drehstrom-Netz ........................................................................................................... 54 Erzeugen der Dreiphasenwechselspannung .................................................................. 54 Das Drehstromnetz ...................................................................................................... 55 Ströme und Drehstromverbraucher .............................................................................. 57 Leistung, Arbeit und Leistungsfaktor im Drehstromnetz.............................................. 63 Frequenzanalyse .......................................................................................................... 64 Antworten zu den Kontrollfragen und Lösungen zu den Übungsaufgaben .......................... 69 Literaturverzeichnis ................................................................................................................ 72 Grundlagen – Wechselstrom Elektrotechnik / Elektronik Verzeichnis der Formelzeichen Physikalische Größe Formelzeichen Einheit Physikalische Einheit Kapazität C 1 F = 1 As/V Farad Leistungsfaktor cos ϕ Frequenz f 1 Hz = 1/s Hertz, 1/Sekunde Resonanzfrequenz f0 1 Hz = 1/s Grenzfrequenz fg 1 Hz = 1/s Zeitlich veränderlicher Strom i A Gleichstrom, Effektivwert des Wechselstroms I A Stromzeiger I A Amplitude des Wechselstroms î A Strom durch Induktivität im eingeschwungenen Zustand I∞ A Effektivwert des Kondensatorstroms IC A Ampere Zeitlich veränderlicher Strom am Kondensator iC A Einschaltstromstoß am Kondensator iC0 A Ausschaltstromstoß am Kondensator iC0a A Effektivwert des Wechselstroms Ieff A Gesamtstrom Iges A Zeitlich veränderlicher Strom durch die Induktivität iL A Effektivwert des Stroms durch Induktivität IL A Drehstrom: Strom im Außenleiter, bei Y- oder ∆-Schaltung IL, ILY, IL∆ A Leiterströme im Drehstromnetz IL1, IL2, IL3 A Strom durch Widerstand IR A Strangstrom bei Y- oder ∆-Schaltung IStrY, IStr∆ A Induktivität L 1 H = 1 Vs/A Henry Windungszahl N Drehzahl n 1/min 1/Minute Leistung P W Watt Zeitlich veränderliche Leistung P(t) W Abgegebene Leistung P ab W Elektrische (Wirk-)Leistung P el W Mechanische Leistung P mech W Wirkleistung eines Stranges bei Y- oder ∆-Schaltung P StrY, P Str∆ W Verlustleistung PV W Blindleistung Q 1 var = 1 VA Blindleistung bei kapazitiver Last QC 1 var = 1 VA Blindleistung bei induktiver Last QL 1 var = 1 VA Widerstand R 1 Ω = 1 V/A Kupferwiderstand RCu Ω Widerstand der Entladestrecke Rent Ω 4 Voltampere reaktiv Ohm Elektrotechnik / Elektronik Grundlagen – Wechselstrom Physikalische Größe Formelzeichen Einheit Physikalische Einheit Scheinleistung S VA Voltampere (sprich: Vau-A) Zeit t s Periodendauer T s Ausschaltzeitkonstante Ta s Einschaltzeitkonstante Te s Sekunde Spannungszeiger U V Amplitude der Wechselspannung û V Spannung, klein: zeitlich veränderliche Spannung U, u V Batteriespannung UB V Spannung am Kondensator uC V Effektivwert der Wechselspannung Ueff V Drehstromnetz: (Außen-)Leiterspannung UL V Effektivwert der Spannung an der Induktivität UL V Zeitlich veränderliche Spannung an der Induktivität uL V Leiterspannungen im Drehstromnetz UL1, UL2, UL3 V Drehstromnetz: Sternspannung (Spannung zwischen Außenleiter und Neutralleiter) ULN V Spannungsabfall am Widerstand UR V Drehstromnetz: Strangspannung, Strangspannung bei Y-Schaltung UStr, UStrY V Strangspannungen an den Strängen u, v, w u u , u v, u w V Verstärkung V Energie, Arbeit W Ws Wattsekunde Blindarbeit WB vars Voltamperesekunde Kapazitiver Blindwiderstand XC Ω Induktiver Blindwiderstand XL Ω Sternschaltung Y Scheinwiderstand (Betrag) Z Ω Gesamt-Scheinwiderstand (Betrag) Zges Ω Kreisfrequenz, Winkelgeschwindigkeit ω 1/s Dreieckschaltung ∆ Magnetischer Fluss Φ Phasenverschiebung ϕ Wirkungsgrad η Kreisfrequenz bei Resonanz ω0 Nullphasenwinkel des Stromes ϕi Nullphasenwinkel der Spannung ϕu Maximalwert (Amplitude) des magnetischen Wechselflusses Φ max Zu berechnende (unbekannte) Größe Index x Vs Volt Voltsekunde 1/s Vs 5 Grundlagen – Wechselstrom 2.2 Elektrotechnik / Elektronik Wechselstromwiderstände Bei den folgenden Betrachtungen wird immer ein Strom i = 2 ⋅ I ⋅ sin ωt durch einen Wechselstromwiderstand geschickt. Dieser Strom liegt im Zeigerdiagramm zum Zeitpunkt t = 0 waagerecht. Der Nullphasenwinkel ϕi ist also ϕi = 0. 2.2.1 Ohmscher Widerstand Zu jedem Zeitpunkt gilt das Ohmsche Gesetz: u = R ⋅i . (2.16) Wenn ein Strom i R = 2 ⋅ I R ⋅ sin ωt durch R fließt, gilt also u R = R 2 ⋅ I R ⋅ sin ωt = 2 ⋅ R ⋅ IR ⋅ sin ωt . (2.17) Vergleicht man Gl. (2.17) mit Gl. (2.14) ergibt sich: UR = R ⋅ IR (2.18) und ϕu = 0. Damit ist R= UR . IR (2.19) Am ohmschen Widerstand sind U und I in Phase (ϕ = 0). Die Verhältnisse am ohmschen Widerstand zeigt Bild 2.9: uR iR IR UR Schaltzeichen B π 2 IR 2π π ωt 3π 2 Liniendiagramm UR Zeigerdiagramm Bild 2.9 Ohmscher Widerstand im Wechselstromkreis B 2.3 Ein Wechselstrom (50 Hz) mit I = 2 A fließt durch einen ohmschen Widerstand mit R = 75 Ω. Welcher Spannungsabfall entsteht dabei? Lösung: Gemäß Gl. (2.18) ist U R = R ⋅ I R = 75 28 V ⋅ 2 A = 150 V . A Elektrotechnik / Elektronik 2.2.2 Grundlagen – Wechselstrom Induktiver Blindwiderstand Gemäß Gl. (1.11) gilt für jeden Zeitpunkt für die stromdurchflossene Induktivität: uL = L⋅ di L . dt (1.11) Wenn ein Wechselstrom i L = 2 ⋅ IL ⋅ sin ωt durch die Induktivität strömt, entsteht eine Spannung uL (Ableiten nach t): u L = 2 ⋅ L ⋅ I L ⋅ ω cos ωt oder (2.20) π u L = 2 ⋅ ω ⋅ L ⋅ I L ⋅ sin(ωt + ) . 2 (2.21) (vgl. mit Gl. (2.5) u. (2.6)) Durch Koeffizientenvergleich mit Gl. (2.14) erhält man UL = ω ⋅ L ⋅ IL . Das Verhältnis (2.22) UL bezeichnet man als induktiven Blindwiderstand XL: IL XL = UL = ω⋅ L = 2π ⋅ f ⋅ L . IL (2.23) Die Induktivität stellt einen frequenzabhängigen Blindwiderstand dar, π der eine Phasenverschiebung zwischen Strom und Spannung von ϕ = + 2 verursacht (siehe Bild 2.10). Deutlich ist zu sehen, dass die Spannung π dem Strom um den Winkel ϕ = + = 90° vorauseilt. Das Schaltzeichen 2 und die Verhältnisse am induktiven Blindwiderstand sind ebenfalls in Bild 2.10 gezeigt. uL UL iL IL UL Schaltzeichen Bild 2.10 π 2 2π π 3π 2 Liniendiagramm + π 2 IL ωt Zeigerdiagramm Induktiver Widerstand im Wechselstromkreis 29 Grundlagen – Wechselstrom B B 2.4 Elektrotechnik / Elektronik Eine Induktivität von L = 30 mH liegt an einer Wechselspannung (50 Hz) von U = 230 V. Wie groß ist der induktive Blindwiderstand und Vs welcher Strom fließt ( 1 H = 1 )? A Lösung: Mit Gl. (2.23) ist 1 Vs X L = ω ⋅ L = 2π ⋅ f ⋅ L = 2π ⋅ 50 ⋅ 30 ⋅10 −3 = 9,42 Ω s A und I L = Ü Ü 2.1 UL 230 V = = 24,4 A . X L 9,42 Ω An einer Induktivität liegt eine Spannung von 5 V mit 10 kHz. Dabei fließt ein Strom von 10 mA. Berechnen Sie den Blindwiderstand und die Induktivität L! 2.2.3 Kapazitiver Blindwiderstand Wird ein Kondensator an eine Wechselspannung gelegt, so werden seine Elektroden abwechselnd ständig umgeladen. Dies entspricht einem Wechselstrom in den Kondensatorzuleitungen. Zwischen diesem Strom iC und der Kondensatorspannung besteht gemäß Gl. (1.1) zu jedem Zeitpunkt die Beziehung: iC = C⋅ du C . dt (1.1) Mit iC = 2 ⋅ IC ⋅ sin ωt ist damit du C = rieren wird daraus uC = 2 ⋅ uC = 2 ⋅ 1 2 ⋅ IC ⋅ (sin ωt) dt . Durch IntegC IC ⋅ (− cos ωt ) oder ωC IC π ⋅ sin(ωt − ) . ωC 2 Der Koeffizientenvergleich (s. Gl. (2.14)) ergibt: U C = Den Quotienten XC = (2.24) IC . ωC (2.25) UC bezeichnet man als kapazitiven Blindwiderstand XC: IC UC 1 1 . = = IC ωC 2πf ⋅ C (2.26) Der Kondensator stellt einen frequenzabhängigen Blindwiderstand XC dar, der eine Phasenverschiebung zwischen Strom und Spannung von π verursacht (siehe Bild 2.11). Deutlich ist zu sehen, dass die ϕ=− 2 π Spannung gegenüber dem Strom um den Winkel ϕ = − = −90° phasen2 30 Elektrotechnik / Elektronik Grundlagen – Wechselstrom verschoben ist. Beim Kondensator eilt also der Strom der Spannung voraus. Das Schaltzeichen ist ebenfalls in Bild 2.11 gezeigt. iC IC 2π π 2 UC π 3π 2 ωt uC Schaltzeichen Bild 2.11 IC π − 2 UC Liniendiagramm Zeigerdiagramm Kapazitiver Widerstand im Wechselstromkreis Merke: Schnelle LUCI! Bei L eilt U voraus, bei C eilt I voraus. B 2.5 Ein Kondensator mit C = 100 nF liegt an einer Wechselspannung von 10 V bei 10 kHz. Berechnen Sie den kapazitiven Blindwiderstand und den Kondensatorstrom! M B Lösung: Aus Gl. (2.26): XC = IC = Ü 2.2 1 1 s⋅V = = = 159,2 Ω 3 ωC 2πf ⋅ C 2π ⋅10 ⋅10 ⋅100 ⋅10 −9 As UC 10 V = = 62,8 mA . X C 159,2 Ω An einem Kondensator liegt eine Spannung von 10 V mit 1 kHz. Dabei wird ein Strom von 0,1 mA gemessen. Berechnen Sie den kapazitiven Blindwiderstand und die Kapazität! Ü 31 Grundlagen – Wechselstrom 2.2.4 Elektrotechnik / Elektronik Reihenschaltung von Wechselstromwiderständen Reihenschaltung von ohmschem Widerstand und induktivem Blindwiderstand Spule I Bild 2.12 I Spule Eine Spule (Bild 2.12) stellt elektrisch eine Reihenschaltung aus dem ohmschen Widerstand der Wicklung (Kupferwiderstand RCu) und einer Induktivität L mit dem Blindwiderstand XL dar (siehe Bild 2.13). I Bild 2.13 RCu L UR UL Ersatzschaltbild der Spule In dieser Ersatzschaltung werden die beiden Bauteile von demselben Strom durchflossen, deswegen wird im folgenden Zeigerdiagramm der Stromzeiger I zum Bezugszeiger, er wird am einfachsten waagerecht gezeichnet (Bild 2.14). Uges UL φ UR Bild 2.14 I Zeigerdiagramm der Spannungen und Ströme Durch den Strom I entsteht an RCu ein Spannungsabfall UR, der gemäß Gl. (2.17) und Bild 2.9 in dieselbe Richtung zeigt wie der Stromzeiger I. Am induktiven Blindwiderstand XL entsteht ein Spannungsabfall UL, der gemäß Gl. (2.21) und Bild 2.10 dem Stromzeiger I um + 90° voreilt. Die Gesamtspannung ergibt sich aus der Summe der beiden Einzelspannungen, wobei hier Zeigergrößen addiert werden: U ges = U R + U L . 32 Elektrotechnik / Elektronik Grundlagen – Wechselstrom Den Betrag der Gesamtspannung errechnet man (Satz des Pythagoras) zu 2 2 U ges = U ges = U R + U L . (2.27) Da der Stromzeiger I als Bezugszeiger mit waagerechter Lage gewählt wurde, ist ϕi = 0 und die Phasenverschiebung ϕiu (= Winkel von I zu Uges) zwischen I und Uges kann einfach als ϕ ohne Index angegeben werden. Aus Bild 2.14 entnimmt man auch die Winkelbeziehungen: tan ϕ = U UL und cos ϕ = R . U ges UR (2.28) Aus diesen Winkelbeziehungen lässt sich über die Umkehrfunktionen (arctan bzw. arccos) die Phasenverschiebung ϕ einfach bestimmen. B 2.6 Eine Spule mit RCu= 31 Ω und L = 88 mH liegt an einer Wechselspannung mit 50 Hz. Dabei fließt ein Strom I = 5,61 A. B Berechnen Sie die Spannungen UR, UL und Uges sowie die Phasenverschiebung ϕ und zeichnen Sie das Zeigerdiagramm der Spannungen und Ströme! Lösung: Um das Zeigerdiagramm zeichnen zu können, bestimmt man zuerst die Beträge der einzelnen Teilspannungen: U R = R Cu ⋅ I = 31 Ω ⋅ 5,61 A = 173,9 V , U L = X L ⋅ I = 2 πf ⋅ L ⋅ I = 27,6 Ω ⋅ 5,61 A = 155 V mit Gl. (2.20) U ges = U 2R + U 2L = 233 V mit Gl. (2.21) tan ϕ = UL = 0,89 folgt ϕ = 41,7° . UR Das Zeigerdiagramm kann nun maßstäblich gezeichnet werden (Bild 2.15). Uges UL φ UR Bild 2.15 I Spannungsdiagramm zu Beispiel B 2.6 Werden im Spannungsdiagramm die Spannungszeiger durch den Strom I U U dividiert, so ergibt sich gemäß R = R und X L = L das ZeigerdiaI I gramm der Wechselstromwiderstände (Bild 2.16). 33 Grundlagen – Wechselstrom Elektrotechnik / Elektronik Z XL φ R Bild 2.16 Widerstandsdiagramm Den Gesamtwiderstand bezeichnet man als Scheinwiderstand Z der Schaltung: Z= U ges I . (2.29) Dabei ist: 2 2 Z = R + XL , tan ϕ = B B 2.7 XL R und cos ϕ = . R Z (2.30) (2.31) Es werden die Zahlen aus dem Beispiel B 2.6 übernommen: Dann ist RCu = 31 Ω und X L = 2 π f ⋅ L = 2π ⋅ 50 ⋅ 88 Ω = 27, 6 Ω . Mit Gl. (2.31) ergibt sich 2 Z = R Cu + X L2 = 312 + 27, 6 Ω = 41,5 Ω . Damit ist gemäß Gl. (2.29) U ges = Z ⋅ I = 41,5 Ω ⋅ 5,61 A = 232,8 V und tan ϕ = Ü Ü 2.3 XL 27,6 = = 0,89 . R Cu 31 Eine Spule nimmt beim Anschluss an eine Gleichspannung U = 12 V einen Gleichstrom von I = 0,12 A auf. Bei Anschluss an eine Wechselspannung von U = 24 V mit 50 Hz fließt ein Wechselstrom von 0,15 A. a) Berechnen Sie den Kupferwiderstand RCu! b) Berechnen Sie den Scheinwiderstand Z! c) Berechnen Sie XL und die Induktivität L! d) Bestimmen Sie den Phasenwinkel ϕ! 34 Elektrotechnik / Elektronik Grundlagen – Wechselstrom Reihenschaltung von ohmschem Widerstand R, Induktivität L und Kapazität C In diesem Abschnitt beginnen wir aus Gründen der Anschaulichkeit gleich mit einem Beispiel: B 2.8 Eine Reihenschaltung aus R = 500 Ω, L = 200 mH und C = 3 µF liegt an einer Wechselspannung 24 V mit 400 Hz (siehe Bild 2.17). I Uges Bild 2.17 ~ R L C UR UL UC B Reihenschaltung von Wechselstromwiderständen a) Entwerfen Sie das Zeigerdiagramm der Ströme und Spannungen (ohne Maßstab)! b) Berechnen Sie die einzelnen Wechselstromwiderstände und den Scheinwiderstand der Gesamtschaltung! c) Berechnen Sie den Strom durch die Reihenschaltung und die einzelnen Spannungsabfälle! d) Bestimmen Sie die Phasenverschiebung ϕ und cos ϕ! Lösung: Zu a): Analog zu Beispiel B 2.6 nimmt man I als Bezugszeiger. Dann ergibt sich Bild 2.18: Hier sind die Zeiger UR und UL wie in Beispiel B 2.6 konstruiert: Der Zeiger UC zeigt nach „unten“, da er gegenüber dem Stromzeiger I nacheilt. UL UC Uges φ UR I Bild 2.18 Spannungsdiagramm der Reihenschaltung 35 Grundlagen – Wechselstrom Elektrotechnik / Elektronik Die vektorielle Addition ergibt (s. Bild 2.18): U ges = U R + U L + U C . (2.32) Dabei ist U ges = U ges = U R2 + (U L − U C ) 2 , tan ϕ = (2.33) UL − Uc U und cos ϕ = R . UR U ges (2.34) Mit Division der Spannungszeiger durch den Strom I erhält man das Zeigerdiagramm der Wechselstromwiderstände (Bild 2.19): XL XC Z φ R Bild 2.19 Widerstandsdiagramm der Reihenschaltung Der Scheinwiderstand ergibt sich zu Z = Z = R 2 + (X L − X C )2 , tan ϕ = (2.35) XL − Xc R und cos ϕ = . Z R (2.36) Zu b): Mit den genannten Zahlenwerten ist R= 500 Ω, X L = 2πf ⋅ L = 2π ⋅ 400 ⋅ 0, 2 Ω = 502 Ω XC = 1 106 = Ω = 133 Ω . 2πf ⋅ C 2π ⋅ 400 ⋅ 3 Damit ergibt sich aus Gl. (2.35): Z = R 2 + (X L − X C ) 2 = 500 2 + (502 − 133) 2 Ω = 621 Ω . Zu c): Mit Gl. (2.28) ergibt sich I = U ges Z = 24 V = 38,6 mA . 621 Ω Zu d): Aus tan ϕ = X L − X c 502 − 133 = = 0,738 ergibt sich R 500 ϕ = 36,4° und cos ϕ = 0,8 . 36 Elektrotechnik / Elektronik Ü 2.4 Grundlagen – Wechselstrom Eine Reihenschaltung aus R = 10 kΩ, L = 31,8 mH und C = 1 nF liegt an einer Wechselspannung 10 V mit 20 kHz. a) Berechnen Sie den Gesamtscheinwiderstand, den Strom und den Gesamtphasenwinkel ϕ! Ü b) Zeichnen Sie das maßstäbliche Zeigerdiagramm der Widerstände! Hat die Reihenschaltung insgesamt kapazitiven oder induktiven Charakter? 2.2.5 Parallelschaltung von Wechselstromwiderständen Iges IR U Bild 2.20 R IL L IC C Parallelschaltung von Wechselstromwiderständen Bild 2.20 zeigt die Parallelschaltung eines ohmschen Widerstandes, eines induktiven und eines kapazitiven Blindwiderstandes. Alle Schaltungselemente liegen an derselben Spannung U. Zum Entwickeln des Zeigerdiagramms nimmt man daher den Spannungszeiger U als Bezugszeiger. Die Lage der einzelnen Stromzeiger IR, IL, IC erhält man gemäß der Abschnitte 2.1, 2.2 und 2.3 bzw. der Merkregel „Schnelle LUCI“ (s. Abschn. 2.3): IR ist in Phase mit U; IL ist nacheilend gegenüber U; IC ist voreilend gegenüber U. Unter Beachtung dieser Einzelvorschriften ergibt sich das Zeigerdiagramm in Bild 2.21. Iges IC φ U IR IL Bild 2.21 Stromdiagramm der Parallelschaltung 37 Grundlagen – Wechselstrom Elektrotechnik / Elektronik Da im Wechselstromkreis Zeigergrößen addiert werden, lautet die Knotenregel: I ges − I R − I L − I C = 0 oder (2.37) I ges = I R + I L + I C , (2.38) dabei ist I ges = I 2R + (I L − I C ) 2 (2.39) und I R = tan ϕ = B B 2.9 U , R IL − IC , IR IL = U U , IC = XL XC (2.40) IR . I ges (2.41) cos ϕ = Die Schaltelemente aus Beispiel B 2.8 werden parallel geschaltet und an die Spannung 24 V / 400 Hz angeschlossen. Dann fließen folgende Ströme: IR = U 24 V U 24 V = = 48 mA , I L = = = 47,8 mA X L 502 Ω R 500 Ω IC = U 24 V = = 180,5 mA . X C 133 Ω Damit ergibt sich das in Bild 2.21 dargestellte maßstäbliche Zeigerdiagramm: Da IC > IL, eilt der Zeiger Iges dem Spannungszeiger U voraus; die Phasenverschiebung ϕ (von Iges nach U gemessen) ist also negativ. Dies zeigt auch die Rechnung über den Tangens: tan ϕ = I L − IC = −2,76 oder ϕ = –70,1°. IR Da ϕ < 0, hat die Gesamtschaltung kapazitiven Charakter. M Achtung: Bei der Parallelschaltung können Einzelströme größer sein als der Gesamtstrom (wie hier im Beispiel B 2.8/B 2.9 gezeigt)! Dies liegt daran, dass die beiden Energiespeicher Induktivität L und Kapazität C ihre Energien direkt miteinander austauschen. Ü Ü 2.5 Eine Parallelschaltung aus R = 100 kΩ und C = 1,6 nF liegt an einer Spannung 10 V / 1 kHz. a) Zeichnen Sie die Schaltung! b) Berechnen Sie die Zweigströme, den Gesamtstrom und den Phasenwinkel! c) Entwerfen Sie das Zeigerdiagramm der Spannungen und Ströme! 38