Thema 20 – Stalinismus GSPB-Matura 2015 DER STALINISMUS I. VORGESCHICHTE: LAGE RUSSLANDS ZUR JAHRHUNDERTWENDE soziale Rückständigkeit; Massenarmut; soziale Spannungen; Gewaltherrschaft der Zaren; revolutionäre Stimmung in ganz Russland; Zarenreich erlangte im 19. Jahrhundert größte Ausdehnung; umfasste rund 1/6 der gesamte Erdoberfläche; Kapitalanhäufung bei dünn besiedelter Oberschicht (= Zaren, Adel und Kirche); Zar Alexander II. schaffte 1861 Leibeigenschaft (England oder Frankreich schon um 1700) ab; Zar hatte alleinige Herrschaft im Reich inne; 1881 wurde Alexander bei einem Anschlag getötet 1903 Parteitag der Kommunisten in London: Bildung von (radikalen) Bolschewiki und (gemäßigte) Menschewiki, Wladimir Ilitsch Ulijanow (Lenin) führt Bolschewiki Dann russische Niederlage im Krieg gegen Asien um Vorherrschaft in Ostasien; verschärfte Lage der Arbeiter; Kälte und Hunger; erstes Zusammentreten der Sowjets (= Arbeiterräte); 1905 Erste Revolutionäre Bewegung: unter dem Druck der Arbeiter gab der Zar Presse, -Rede und Versammlungsfreiheit; Volksvertretung (= Duma) eingerichtet; Im Winter 1916/17 war die Lage der russischen Bevölkerung verzweifelt: Ernteerträge gingen um die Hälfte zurück Mangel an Arbeitskräften und Zugtieren Bis zu -42°C keine Kohlenlieferungen Von 20.000 Lokomotiven im Land war die Hälfte zerstört Dadurch häuften sich Hungerstreiks und Bauernaufstände und die Forderung nach sofortigem Beenden des Krieges. Die Regierung, bestehend aus Günstlingen der Zarin, konnte diese Probleme nicht meistern. Am 25. Februar 1917 kam es zu einem Generalstreik. Die Streikenden wurden vom Militär und einem Notkomitee der Duma unterstützt. Die Streikenden wählten Räte und am 28. Februar war Petrograd im Besitz der Revolution. Folgen: Regierung wurde abgesetzt Zar musste abdanken Hausarrest Duma bildete neue Regierung Russland war auf dem Weg zur Demokratie Macht wurde zwischen provisorischer Regierung und dem Petrograder Sowjet aufgeteilt. Wichtige Probleme, wie die Beendigung des Krieges, sowie die Arbeiter- und Bauernfrage wurden nicht behandelt. Sie sollten später von einer verfassungsgebenden Versammlung behandelt werden. Die Bolschewiken bildeten in dieser Zeit nur eine Minderheit. Am 16. April 1917 jedoch kehrt Lenin, auf Betreiben der deutschen Obersten Heeresleitung nach Russland zurück. Deutschland wollte, dass Lenin eine Revolution auslöst und Russland dadurch den Krieg beenden muss. In seinen „Aprilthesen“ forderte Lenin die „sofortige Beendigung des Krieges“ und „alle Macht den Räten“. Im Sommer scheiterte ein Putschversuch führte zu vorübergehendem Machtgewinn der Regierung und Lenin musste fliehen. Im Herbst 1917 hatten die Bolschewiken dann aber die Initiative in den meisten Sowjets an sich gerissen und versprachen sofortige Lösung der Probleme. Lenin und Trotzki gründeten das „Revolutionskomitee“ und die „Roten Garden“. 1 Thema 20 – Stalinismus GSPB-Matura 2015 II. OKTOBERREVOLUTION & BÜRGERKRIEG Der Oktoberaufstand war ein geplanter Umsturz von einer kleinen Gruppe organisiert, die die leicht lenkbare Massen ausnützte. Am 25. Oktober 1917 nahmen die Roten Garden alle strategisch wichtigen Punkte in Petrograd ein und besetzten Redaktionen und Postämter. Am Abend ergriffen die Bolschewiken, von Trotzki gelenkt, die Macht, ohne auf Widerstand zu stoßen Regierungsmitglieder wurden festgenommen. Der „Allrussische Sowjetkongress“ legalisierte die Revolution noch am selben Tag und setzte einen „Rat der Volkskommissare“ unter der Leitung Lenins ein. Menschewiken und Sozialrevolutionäre („Menschewiki“, die Mehrheit in den Räten) verließen aus Protest den Kongress. Daraufhin setzte der verbleibende Kongress den „Rat der Volkskommissare“ als neue Regierung ein. Lenin verkündet die Dekrete über den Frieden, über die Enteignung von Grund und Boden, über die Aufhebung der Todesstrafe und über die Rechte der Völker Russlands. Im Dezember 1917 fanden die ersten – und für 80 Jahre letzten – freien und gleichen Wahlen in Russland zur Nationalversammlung statt. Die Sozialrevolutionäre und die Menschewiken erlangten die Mehrheit, die Bolschewiken nur 168 der 703 Mandate. Als die Nationalversammlung den Antrag auf bedingungslose Anerkennung der Macht der Sowjets ablehnte, ließ Lenin die Abgeordneten auseinandertreiben, Demonstrationen wurden aufgelöst. Nun hatte die bolschewistische Partei (seit März 1918 kommunistische Partei) die alleinige Macht und begann die marxistische Vorstellung von der klassenlosen Gesellschaft zu verwirklichen. Zunächst sicherten sie aber ihre Macht und den Bestand Russlands, der durch Unabhängigkeitserklärungen vieler Völker gefährdet war. Die Gegner der Bolschewiken - die „Weißen“- begannen ihren Kampf gegen die „Roten“. Sie wurden gegen von britischen, japanischen, amerikanischen und französischen Truppen unterstützt. Jedoch hatten die Weißen kein einheitliches Ziel. Trotzki gelang es ein Heer mit allgemeiner Wehrpflicht für Bauern und Arbeiter aufzustellen und nach ungeheuer verlustreichen Kämpfen gewannen die Roten den Bürgerkrieg durch den Terror der Tscheka (neue politische Polizei) und Zugeständnisse an die Bauern und Nationalitäten. 1922 wurde die „Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken“ (UdSSR) gegründet. Durch den Bürgerkrieg und die Revolution starben ca. 11.5 Millionen Russen. Während des Krieges bauten die Bolschewiken den Staat um: Durch den „Kriegskommunismus“ übernahmen der Staat alle wichtigen Produktions- und Verteilungsfunktionen, die Industrie verstaatlicht und man versuchte die Versorgung der Städte vergeblich durch Zwangseintreibung von Getreide und Vieh zu sichern. Dies ruinierte die Bauern. Die Mitglieder der alten Führungsschicht wurden getötet und die Partei setzte sich in Militär und Bürokratie durch. Die gewählten Räte wurden entmachtet. Nachdem alle anderen Parteien verboten waren, wurden auch Fraktionen innerhalb der KPdSU verboten. 1922 lag Russland völlig danieder. Immer mehr Unruhen zwangen Lenin seinen Kurs zu korrigieren und er setzte die „Neue Ökonomischen Politik“ anstelle des Kriegskommunismus ein. Dies führte dazu, dass in der Landwirtschaft, dem Handwerk und Handel Privatbesitz und Marktwirtschaft in gewissem Umfang wieder eingeführt wurden, sich die Versorgungslage verbesserte und die Bauern mit der Partei ausgesöhnt wurden. Kultur und Wissenschaft wurden ebenfalls wieder gefördert, jedoch blieb das Machtmonopol der KPdSU bestehen. 2 Thema 20 – Stalinismus GSPB-Matura 2015 II. DER STALINISMUS Stalin (Jossif Wissarionowitsch Dschugaschwili) baute den Parteiapparat weiter aus, was ihm im Machtkampf um die Führung nach Lenins Tod (1924) als Sieger hervorgehen ließ. Als man bemerkte, dass eine „Weltrevolution“ nicht stattfinden werde, entmachtete Stalin seinen Widersacher Trotzki und baute den „Sozialismus in einem Lande auf“. Zur Schaffung des Sozialismus musste die UdSSR industrialisiert werden. Als 1927 die Getreideversorgung den Inlandsbedarf nicht decken konnte, wollte Stalin den Durchbruch zum Sozialismus erzwingen. Dazu kollektivierte er die Landwirtschaft und beschleunigte die Industrialisierung. Innerhalb von zehn Jahren verwandelte Stalin die UdSSR vom Agrarstaat zum Industriestaat. Schwerindustrie, Energieversorgung und das Transportnetz wurden unter enormen Zeitdruck ausgebaut. Auch Bildung und Forschung wurden enorm gefördert. Negative Nebeneffekte waren: Die Ausbeutung von Arbeitskräften Der Raubbau an Ressourcen Erzwungener verzicht der Bevölkerung an Konsumgütern Ab 1928 waren die „5-Jahres-Pläne“ wirksam. Parallel dazu wurde die Landwirtschaft kollektiviert. Die Bauern wurden in Kolchosen (Produktionsgenossenschaften) und Sowchosen (Staatsbetrieb) zusammengeschlossen. Der Privatbesitz an Grund und Boden wurde wieder abgeschafft und die Kollektivierung wurde mit großer Härte durchgesetzt. Die Kulaken, die bis jetzt die Versorgung des Landes sicherten, wurden „als Klasse liquidiert“ zwei bis drei Millionen Bauern wurden sofort getötet oder kamen nach Sibirien. Da die Kolchosen am Anfang nicht genügend produzieren konnten, folgte eine weitere Hungersnot, die 1932/33 weit über fünf Millionen Menschen das Leben kostete. In dieser Zeit führte Stalin auch die schrecklichen Methoden des „Staatsterrors“ ein. In den 30er Jahren fielen den großen „Säuberungen“ die Mitkämpfer der Revolutionszeit, die Spitzen der Armee und der Bürokratie, die Elite der nichtrussischen Nationalitäten und zahlreiche Vertreter der russischen Intelligenz zum Opfer. Über eine Million Parteimitglieder wurden liquidiert! Zur Zeit von Stalins Tod 1953 befanden sich etwa 15 Millionen Gefangene in Straflagern, bis dahin waren mehrere Millionen Gefangene in Lagern umgekommen. Ziele des Stalinismus siehe Streifzüge durch die Geschichte Seite 25.1 3