TRAINING Text & Fotos: Martin Donat RUHIG BLUT! B L U T- S C R E E N I N G F Ü R S P O R T L E R U N D S E I N E BEDEUTUNG FÜR DIE TRAININGSSTEUERUNG Dass Blut für den menschlichen Köper extrem wichtig ist, braucht man nicht zu erklären. Es transportiert Nährstoffe, Abfallprodukte des Stoffwechsels und den so wichtigen Sauerstoff. Ohne Blut läuft rein gar nichts. Im Zusammenhang mit Sport findet Blut immer wieder Erwähnung, wenn es ums Thema Doping geht. Tatsächlich kann die Zusammensetzung des Bluts aber viele wichtige Informationen liefern, die man als Sportler für die Nahrungsaufnahme und Trainingssteuerung nutzen kann. Genau deshalb bietet unser Trainingsexperte Stephan Nüsser ein sogenanntes BlutScreening an, wie es unter anderem auch am Olympiastützpunkt Köln durchgeführt wird. Aber was für Informationen liefert uns das Blut? Zum einen gibt es Aufschluss über unsere Ernährung: Ernähren wir uns gut? Bekommt unser Körper alles, was er benötigt? Oder gibt es Mangelerscheinungen? 74 Zum anderen verrät uns die Zusammensetzung des Bluts, ob unser Training Sinn ergibt. Diverse Inhaltsstoffe geben Aufschluss darüber, ob man seinem Körper genug Zeit für die Regeneration gibt, ob man für bestimmte Belastungen gerüstet ist oder auch ob man zum Beispiel. einen bislang unbemerkten Entzündungsherd in sich trägt. „Dabei geht dieses Screening deutlich über das hinaus, was man von einem normalen Blutbild beim Hausarzt kennt“, verrät mir Stephan. „Dort werden unter anderem das Hämoglobin, die roten Blutkörperchen, die Leukozyten oder das Hämatokrit ermittelt. Das passiert in unserem Test auch, doch darüber hinaus prüfen wir noch viel mehr Parameter. Im Grunde kann man Hunderte von Parametern testen, das ist am Ende eine Geldfrage. Ich beschränke mich auf diejenigen, die für Sportler am meisten Sinn machen.“ mountainbike rider 074-075_training 180 G.indd 74 09.02.16 16:30 Blutwerte und Training Einer der wichtigsten Werte ist laut Stephan Nüsser das Eisen. Mindestens genauso wichtig ist das Ferritin, das ist die Speicherform von Eisen. Wenn dieser „Eisenspeicher“ fast leer ist, kann man sicher sein, dass ein Eisenmangel ins Haus steht, auch wenn der eigentliche Eisenwert noch im grünen Bereich ist. Beides sind Werte, die bei Sportlern wie Motocrossern oder auch Downhillern oft im Argen liegen: „Das liegt vermutlich an der hohen mechanischen Belastung der Muskulatur durch Vibrationen oder starke harte Schläge. Dadurch entsteht ein hoher Wiederaufbau-Bedarf roter Blutkörperchen, für die Eisen wichtig ist“, so Stephan. Creatinkinase (CK-Nac) ist ein Stoff, der freigesetzt wird, wenn Muskelzellen kaputtgehen, wie es etwa bei einem Mus­kelkater oder einer Prellung der Fall ist, oder nach langer mechanischer Be­ las­tung, also zum Beispiel nach einem Marathon. „Interessanterweise aber auch bei einem sich ankündigenden Herz­in­farkt, weshalb dieser Wert oft von Nicht-Sportmedizinern falsch in­ter­ pre­tiert wird. Bei Sportlern hat man hier teilweise extrem hohe Werte, die aber auch schnell wieder sinken. Creatinkinase ist sozusagen ein Indikator für die Trainingsintensität.“ Harnstoff hingegen ist ein Abbauprodukt des Eiweißstoffwechsels. Wenn ein Sportler zum Beispiel eine sehr hohe Eiweißaufbaurate hat (Extrembeispiel Bodybuilder), dann hat der in der Regel auch erhöhte Harnstoffwerte. Wenn der Wert zu hoch ist, kann man sagen, dass die Belastung zu hoch ist und der Körper nicht mehr nachkommt mit der Regeneration. Somit ist Harnstoff ein Indikator für den Trainingsumfang. GOT, GPT, yGT sind drei Leberwerte. An ihnen sieht man, ob mit der Leber alles in Ordnung ist. Die Leber reagiert zum Beispiel auf Entzündungen oder Infektionen. Sie wird aber auch durch den Abbau der oben genannten Creatinkinase beansprucht. Das heißt: Hat man ein intensives Training absolviert, wird nicht nur der Creatinkinasewert erhöht sein, sondern auch die Leberwerte. Wenn diese Werte nicht im Normbereich liegen, sollte man das Training entsprechend anpassen. So kann man zum Beispiel schnell herausfinden, ob man seinem Körper even­tuell zu viel zumutet, und überlegen, ob man seine Leis­tung nicht insgesamt steigern kann, indem man dem Körper mehr Zeit für Regeneration einräumt. Blutwerte und Ernährung Stefan ist ein Freund des „Clean Eating“: „Es ist meiner Meinung nach extrem wichtig, frische, hochwertige Produkte zu sich zu nehmen und auf sogenanntes Processed Food mög­lichst zu verzichten, also viel frisches Gemüse, gutes Fleisch und ‚echte‘, selbst gemachte Saucen oder Dressings statt Tiefkühlpizza, Fast Food und Konserve. Damit hat man schon mal eine sehr gute Grundlage. Normalerweise kann man über die ‚normale‘ Ernährung den Bedarf decken, auch wenn man viel trainiert. Wenn wir bei diesem Test ei­ nen Mangel entdecken, ist es aber oft schwierig, die­sen über die normale Ernährung kurzfristig zu beheben. Das heißt: Stellen wir etwa einen Eisenmangel fest, wird man wohl nicht umhinkommen, mit einer entsprechenden Nahrungsmittelergänzung nachzuhelfen. Nach hartem Training können Eiweißprodukte (Shakes) Sinn machen und bei langem Ausdauertraining ist es absolut zu empfehlen, viel zu trinken und dem Wasser Elektrolyte beizumengen.“ Ob wir an einem Mangel leiden, zeigen unter anderem diese Blutparameter: Cholesterin ist der Indikator für Blutfette. Bei einer zu fett­reichen Ernährung kann dieser Wert schon mal aus dem Ruder laufen. Kalium, Natrium, Kalzium und Magnesium sind Elekt­ro­lyte, die für die Muskelfunk­ti­ on wichtig sind. Mit dem Screening kann man frühzeitig Mangelerschei­ nun­gen fest­stellen und bei Bedarf entsprechende Nah­ rungs­mittelergänzungen zuführen. Grundsätzlich sollte jeder, der lange Trainingseinheiten absolviert, ausreichend trinken und gegebenenfalls sein Wasser mit Elektrolyten anreichern. Blutwerte und Gesundheit Last but not least seien noch zwei Parameter erwähnt, die gegebenenfalls auf eine Erkrankung hinweisen können. TSH ist der Wert für das Schilddrüsenhormon. Daran sieht man, ob eine Schilddrüsenüber- oder -unterfunktion vor­handen ist. Das kommt häufig vor und bleibt oft un­be­ merkt, weil die Symptome eher diffus sind. Dennoch kann eine Fehlfunktion der Schilddrüse die Leistungsfähigkeit des Körpers stark beeinflussen. Wenn man die Fehlfunk­ti­ on kennt, kann sie gut behandelt werden. CRP ist ein Entzündungsindikator. Wenn man im Körper eine Entzündung hat, wäre dieser Wert erhöht. 01 Blutbild XXL: Stephan Nüsser testet in seinem Trainingszentrum SNDC das Blut seiner Sportler auf die für den Sport wichtigsten Inhaltsstoffe, die wertvolle Schlüsse auf Ernährung und Trainingseffizienz zulassen 02 Ein kleiner Pikser, das war’s dann auch schon, den Rest erledigt das Labor 03 Zwei Röhrchen Blut liefern interessante Erkenntnisse über unseren Körper Martin und die Blutwerte Dieses Mal muss ich bei meinem Besuch in Stephans Praxis nicht schwitzen. Dieses Mal muss ich nur meinen Arm hinhalten und bekomme von der netten Dame in Weiß ein bisschen Blut abgenommen. Schon am nächsten Tag liegt das Ergebnis vor. Durchaus erfreulich: Bis auf einen eher un­bedeutenden Wert für die Glykose liegen alle anderen im Normbereich. Man könnte also sagen: Ich bin kerngesund und überlaste mich nicht. Aus dem Ergebnis folgen nun weder grobe Änderungen meiner Ernährung (ich ernähre mich im Übrigen vegetarisch) noch meines Trainings. Wenig spektakulär, aber immerhin ein gutes Zeichen da­für, dass ich alles einigermaßen richtig mache. Es ist immer gut zu wissen, dass man gesund und alles im grünen Bereich ist. Allein dafür hat sich dieser kleine Pikser gelohnt. Mehr Infos und eine individuelle Trainingsbetreuung bietet unser Trainingsexperte Stephan Nüsser an: www.sndc.de mountainbike rider 074-075_training 180 G.indd 75 75 09.02.16 16:30