NITROFILMDEPOT laxeNburg INHALT Vorwort Seite 5 Nitrofilmdepot Laxenburg Das Projekt Seite 6 Nitrofilmdepot Laxenburg Projektdaten Seite 16 Informationen + Impressum Seite 19 3 VORWORT Mit der Fertigstellung des neuen Nitrofilm-Depots hat das Filmarchiv ältesten Nitrofilme Japans trotz schwierigster klimatischer Bedingungen Austria am Standort Laxenburg ein zukunftsweisendes Konservierungs- überlebt haben. Kombiniert wurde die außergewöhnliche Gebäudehülle und Restaurierungszentrum für das audiovisuelle Kulturerbe Österreichs mit einem zukunftsweisenden Energiekonzept – der gesamte Energie­ geschaffen. Zusammen mit dem 2004 eröffneten zentralen Sicher­ bedarf des Depots wird mit Sonnenstrom abgedeckt, womit in Laxenburg heitsfilmdepot und dem Aufbau der digitalen Filmrestaurierung ist es ein veritables Solarfilmarchiv entstanden ist. in den letzten Jahren gelungen, vor den Toren Wiens eine höchsten technischen und ästhetischen Standards genügende filmarchivarische Kompromisslos wurde aus der Funktion heraus der Außenauftritt des Infrastruktur zu realisieren, die nun selbst vorbildhaft auf internationale Gebäudes konzipiert: Ein Filmdepot als kraftvoller, ja fast kontemplativer Archivprojekte wirkt. Ort, der in klarer und purer Form die kulturelle Dimension der Arbeit des Filmarchiv Austria vermittelt. Beziehungsreich in die Naturkulisse Das Nitrofilmdepot öffnet der Kunstarchivierung neue Perspektiven. eingebettet, leuchtet das Nitrofilmdepot wie eine Kunsthalle des Films Schon längst verschüttete Traditionen der Filmaufbewahrung verbinden in der Landschaft – den Eingang zu diesem Lichtspielarchiv bildet ein sich mit den modernsten Erkenntnissen ökologisch nachhaltiger Bau­- rotes Kinoportal, eine in Architektur gegossene Einladung, die histo­ ­kultur. Basis für die Planung war der weitreichende Einsatz erneuerbarer rischen Bilderwelten immer wieder aufs Neue zu entdecken. Baustoffe und Energiesysteme. Als erstes Filmarchivgebäude der Welt wurde das Nitrofilm-Depot in Laxenburg in Massivholzbauweise errichtet Ernst Kieninger – die Inspiration dazu lieferten japanische Holzboxen, in denen die Wien und Laxenburg, September 2010 5 Nitrofilmdepot Laxenburg DAS PROJEKT Nitrofilmsammlung NitrofilmarchIvierung Die Nitrofilmsammlung ist der historisch älteste Bestand des Film­ Im Filmarchiv Austria lagern zur Zeit etwa 30 000 Rollen Nitrofilm archiv Austria, der den Kernbereich des filmischen Kulturerbes mit einer Gesamtlänge von etwa 6 Millionen Meter. Das entspricht der Österreichs bildet. Die ältesten archivierten Nitrofilmaufnahmen Laufzeit von etwa 2.400 Kinospielfilmen oder der Länge des Nils, dem stammen direkt von den Gebrüdern Lumière aus dem Jahr 1895, dem längsten Fluss der Erde; der Anteil am Gesamtbestand beträgt ca. ­ offiziellen Gründungsjahr des Kinos, die »jüngeren« Bestände bein­ 10 Pro­zent. Nitrofilm ist eine leicht brennbare und chemisch instabile halten so wesentliche Dokumente wie Aufnahmen von der Befreiung Substanz, die fortwährenden autokatalytischen Zersetzungsprozessen Österreichs 1945 oder die Original-Filmberichte der Staatsvertrags- unterliegt – im Endstadium verbleibt von den Filmrollen nur mehr Unterzeichnung. In der Sammlung finden sich Tausende österreichische braunes Pulver. Nur durch kontrollierte, klimatisierte Lagerung kann Spiel- und Dokumentarfilme aus den ersten 50 Jahren der Filmge­ dieser Entwicklung Einhalt geboten werden. Für die Zwecke der Nitro­ schichte, eine international bedeutende Sammlung zum frühen Kino, filmarchivierung wurde 1968 in Laxenburg ein eigener Nitrofilmbunker das weltweit größte Laufbildarchiv zur Geschichte der Donaumonar­ errichtet – die erste diesbezügliche Speziallageranlage Österreichs. chie, das gleichzeitig ein audiovisuelles Basisarchiv zur Geschichte Mit­ 40 Jahre nach der Errichtung war die technische Infrastruktur dieses teleuropas bildet, sowie umfassende Produktionskonvolute historischer Bunkers allerdings nicht mehr zeitgemäß, die geforderten strengen Wochenschauen, Industrie-, Werbe-, und Tourismusfilme oder auch eine Klimakonditionen konnten nicht mehr erfüllt werden. Aufgrund der umfassende Sammlung mit Filmdokumenten der österreichischen verstärkten Repatriierungsbemühungen des Filmarchiv Austria, der Regionen, welche die Kultur- und Zeitgeschichte des Landes eindrucks­ Rückholung österreichischer Filme aus internationalen Archiven, war voll dokumentieren. in der Zwischenzeit auch die Kapazität des Nitrofilm­bunkers restlos ausgeschöpft, sodass ein Neubau immer dringender notwendig wurde. Mit Unterstützung des Landes Niederösterreich und danach auch des Kulturministeriums wurde ab 2005 mit der Planung eines neuen und technisch zukunftsweisenden Nitrofilmdepots begonnen. 6 daS Neubauprojekt während die leitidee in wenigen Sekunden skizziert war, erforderte die wirklichkeitserprobung einige jahre der analyse, expertise und vor ausgangspunkt des projektes »Nitrofilmdepot neu« war die analyse allem aufwendige Simulationen: denn ein filmarchiv aus Holz gab es zahlreicher internationaler filmarchivgebäude. in japan fand sich dazu noch nirgends. ein umfassendes forschungsprojekt in Zusammenarbeit ein interessantes detail, das zu einem grundmotiv für die weitere mit der tu graz, das themen wie bauphysik, wärmetechnik und brand­ planung werden sollte: in einer filmbox aus Holz hat sich dort in schutz wissenschaftlich bearbeitete, bestätigte schließlich die kleine schwierigen klimatischen Verhältnissen eines der seltenen filmmateria­ archivsensation aus japan – ein Holzfilmarchiv macht auch technisch lien der pionierjahre über 100 jahre in bestem Zustand erhalten. es Sinn und übertrifft die konventionellen bautechnologien in vielen handelte sich dabei um das original­Negativ eines films über das parametern. So weist ein massiver Holzbau bessere dämm­ und begräbnis eines japanischen Herrschers aus 1910. der Zusammenhang brandschutzwerte als eine vergleichbare Stahlbeton­konstruktion mit der lagerung in einer Holzkiste schien evident. diese hat offen­ auf. durch die lange und sorgfältige trocknung des Holzes lässt sich sichtlich feuchtigkeits­ und temperaturpuffernd gewirkt. Zudem dürfte überdies das problem der baufeuchte vollständig eliminieren. damit die hölzerne box Schadstoffe, die bei der Nitrofilmalterung anfallen, war die entscheidung gefallen, das neue Nitrofilmdepot in laxenburg absorbiert haben. offensichtlich fungiert Holz als ideale Speicher­ als erstes Vollholz­filmarchiv der welt zu errichten. hülle für filme! damit war eine initialzündung gesetzt: Holz sollte als dominierender baustoff für ein ganzes filmarchiv in betracht gezogen der depotneubau sollte in diesem Zusammenhang zu einem ökologischen werden. ein baustoff, der aus den in unmittelbarer Nähe liegenden Vorzeigeprojekt für den kunst­ und kulturbereich mit überregionaler niederösterreichischen und steirischen wäldern gewonnen werden kann Strahlkraft avancieren. dabei wurden technisch und architektonisch und der sich in enger stofflicher Verwandtschaft mit den historischen völlig neue wege beschritten: das archivgebäude selbst ist in massiv­ laufbildern befindet: denn Nitrofilm basiert selbst auf Zellulose, dem holzbauweise (36 cm wandstärke mit brettschichtverdübeltem, mond Hauptbestandteil von Holz. geschlägertem Holz) errichtet. Zusammen mit der zusätzlich aufge­ brachten wärmedämmung und der vorgesetzten lächenholzfassade 9 werden Dämmwerte im Passivhausstandard erreicht. Der Wand- und Der Strombedarf des Gebäudes wird zu 100 Prozent mit einer Photo­ Deckenaufbau bildet eine Speichermasse mit extremen Trägheitswerten. voltaikanlage am Dach des Gebäudes bedeckt. Im Vergleich zu einem Dadurch können selbst bei Ausfall der Kühlanlage auch im Hochsommer herkömmlichen Kühlhaus lässt sich der Energieaufwand und damit die über mehrere Wochen niedrige Temperaturen gehalten werden. Ein CO2-Belastung dramatisch reduzieren. Systemisch kann das Nitrofilm­ entsprechender Testlauf im Sommer 2010 bestätigte diese für die depot Laxenburg als Null-Emissionsgebäude dargestellt werden. sichere Konservierung des Archivgutes wesentliche Eigenschaft. Mit der Realisierung dieses Projektes wird die Nutzung von zukunfts­ Basierend auf allen internationalen Erfahrungswerten wurde beim weisenden Baustoffen und hocheffizienten Energiesystemen konsequent neuen Nitrofilmdepot ein low-tech/low-risk-Konzept realisiert. Die vorangetrieben. Durch sorgfältig aufeinander abgestimmte nachhaltige Grundlage dafür liefert die mächtige Massivholz-Gebäudehülle, die Technologien und die integrative Nutzung erneuerbarer Energieres­ einen Großteil der thermischen Lasten abpuffert. Kern des zukunfts­ sourcen eröffnen sich neue ökologische und ökonomische Perspektiven weisenden und größtenteils autarken Energiekonzepts ist eine effiziente für die Kunst- und Kulturarchivierung. Die anspruchsvolle Klimaanlage Kälteanlage. Die gesamte damit verbundene technische Infrastruktur des Nitrofilmdepots Laxenburg verzeichnet dabei einen geringeren wurde außerhalb der eigentlichen Filmdepots verlegt, im unmittelbaren Energiebedarf als etwa ein durchschnittliches Einfamilienhaus. Bereits Archivbereich finden sich lediglich die Luftein- und -auslässe sowie 2009 wurde das Konzept mit dem Österreichischen Solarpreis aus­ eine explosionssichere Beleuchtung. Dadurch sollen die aus möglichen gezeichnet. Haustechnik-Defekten (z.B. Kurzschluss) resultierenden Brand-Risken eliminiert werden. Die Kälteanlage regelt Temperatur und Luftfeuchtig­ Die neuen Depotflächen mit einer Kapazität von 70 000 Filmrollen keit in getrennten Systemkreisen, als Ist-Werte sind 3 bis 4 Grad Tem­ ermöglichen die optimale Archivierung der bestehenden Nitrofilm­ peratur und 40 Prozent Luftfeuchtigkeit definiert, wobei täglich ein sammlungen des Filmarchiv Austria wie auch des Österreichischen vollständiger Wechsel der Raumluft erfolgt. Filmmuseums. Zudem können nun auch die in internationalen Partner­ archiven bereits lokalisierten bzw. dort zwischengelagerten Film­be­stände zügig nach Österreich geholt werden. 10 Architektur hier angehobene Dach den Eingang – ein rot leuchtendes Kinoportal – frei. Damit ist das festliche Entree zu den Reliquien der Filmarchivie­ Der Anspruch für die architektonische Umsetzung des neuen Nitrofilm­ rung in Österreich markiert. Unmittelbar neben dem Gebäude wurde ein depots war durchaus ambitioniert: Ein aufs Wesentliche reduzierter, Biotop angelegt, das die Funktion des von der Feuerwehr geforderten hochkonzentrierter Aufbewahrungsort sollte entstehen, ein Gebäude, Löschteichs erfüllt. Der solar betriebene kleine Bachlauf symbolisiert das eher die Anmutung einer Kunsthalle denn eines Lagers ausstrahlt, hier die Programmatik des Gesamtprojektes: Die Filmhalle als purer das den Spirit der japanischen Holzbox in den großen Maßstab über­ und zeitloser Kunstspeicher, der – autark im Betrieb – tief in lokalen setzt und das ehrgeizige ökologische und technische Konzept integriert. Energie- und Stoffkreisläufen wurzelt. Ein Gebäude, das seine Funktion selbstverständlich und gelassen kommuniziert und in einen spannungsvollen Dialog mit der umgeben­ Mit dem Neubau des Nitrofilmdepots in Laxenburg verschmelzen den Naturkulisse tritt. Ein Laufbildarchiv als Zukunftsspeicher, ein Geschichte und Vision geradezu paradigmatisch an einem Ort. Das auf Kunstdepot, das mit großzügiger Geste zu immer neuen Formen des Nitrofilm aufgespeicherte filmische Erbe, der älteste und besonders kulturellen Gebrauchs seiner Archivalien einlädt. wertvolle Kernbestand des Filmarchivs, kann hier – in einem der innova­ tivsten Filmdepots der Gegenwart – weit in die Zukunft tradiert werden. Aus einem kleinen Architektenwettbewerb wurde der Entwurf von Ernst Michael Jordan ausgewählt. Die Planung integriert die technische Komponente der südseitig ausgerichteten Solar-Elemente in eine schlüssige architektonische Gesamtlösung. Die Dachkonstruktion ist als »schräger Deckel« aus Streckmetall über der Vollholz-Gebäudehülle situiert und vermittelt die Assoziation eines geöffneten Filmtransport­ behälters. Das luftig über dem Baukörper schwebende Dachmodul beschattet den hölzernen Archivkern und trägt andererseits die optimal platzierte Photovoltaikanlage zur Stromerzeugung. Nordseitig gibt das 13 Nitrofilmdepot Laxenburg Projektdaten BauherrFilmarchiv Austria, Wien/Laxenburg Grafik/DesignPerndl&Co., Wien; Grafikdesign Chalupnik, Linz Idee + ProjektleitungMag. Ernst Kieninger PlanungAtelier Jordan, St. Valentin: Ing. Ernst Michael Jordan, Thomas Wimmer MAS BauphysikTU Graz, Institut für Hochbau und Bauphysik: Univ.-Prof. Dr. Dr. Peter Kautsch Bauweise Holz massiv Nutzfläche ca. 250 m2 Errichtungskosten 0,75 Mio. Euro Lagerkapazität 70 000 Filmdosen GebäudesimulationenTU Graz, Institut für Wärmetechnik: BauzeitOktober 2007 bis August 2010 Univ.-Prof. DI Dr. Wolfgang Streicher, HauptfördererBundesministerium für Unterricht, Kunst DI Dr. Hermann Schranzhofer und Kultur, Niederösterreichische HaustechnikplanungGMI Architekten, Liechtenstein/Wien: Landesregierung/Kulturabteilung DI Michael Berger, DI Elisabeth Brandstetter FinanzierungspartnerFFG-Forschungsförderungsgesellschaft/ BaumeisterarbeitenFa. Lauggas, Himberg/Eisenstadt Bundesministerium für Verkehr, Innovati­ HolzbauFa. Thoma Holz, Goldegg/Salzburg on und Technologie; Bundesministerium Holzbau, MontageYbbstaler Holzbau, Waidhofen/Ybbs für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und MetallbauFa. Grossenberger, Amstetten Wasserwirtschaft; VDFS – Verwertungs­ GlasarbeitenFa. Gusenbauer, Tragwein gesellschaft der Filmschaffenden; FAF – Kühl- und KlimatechnikFa. Menerga, Mühlheim/Ruhr und Salzburg Fachverband der Film- und Musikindustrie; HeiztechnikFa. Stadler Energiesysteme, Steyr Marktgemeinde Laxenburg ElektrotechnikFa. Hobiger, Elektro- und Solartechnik PhotovoltaikFa. Pan Ökoteam, Harmannstein RegaltechnikForster Metallbau, St. Peter in der Au GartengestaltungIng. Thomas Schreieck 15 Allgemeine Informationen FILMARCHIV AUSTRIA AUDIOVISUELLES ZENTRUM WIEN Obere Augartenstraße 1, 1020 Wien , T +43 1 216 13 00, F +43 1 216 13 00-100 [email protected] FILMARCHIV AUSTRIA ZENTRALFILMARCHIV LAXENBURG Parkweg 89, 2361 Laxenburg/Niederösterreich T +43 2236 714 40, F +43 1 2236 714 40-4 [email protected] LAXENBURG , R ich tu ng n Mü ch d en or f FILMARCHIV AUSTRIA METRO KINO Johannesgasse 4, 1010 Wien A22 Kassa: T +43 512 18 03, Büro: 512 18 03-15 [email protected] A1 www.filmarchiv.at WIEN A21 A4 ABFAHRT WIENER NEUDORF , A2 , Impressum: Medieninhaber und Herausgeber: Filmarchiv Austria, Obere Augartenstraße 1, 1020 Wien Redaktion, Texte: Ernst Kieninger Fotos: Matthias Partmann, Gerald Zugmann Grafik: Perndl + Co, Grafikdesign Peter Chalupnik Druck: alwa & deil, Wien LAXENBURG 19