Wer hat Angst vor Heidi Klum? Implizite Assoziationen zu Models in der Werbung Bachelorarbeit Verfasst von Céline Forestier Dozent Prof. Dr. sc. nat. Jürg Hari Ort, Datum Winterthur, 27. Mai 2011 Eingereicht an der School of Management ZHAW Vorwort Die vorliegende empirische Studie ist basierend auf meiner Bachelorarbeit entstanden, die ich an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) in Winterthur verfasst habe. Ich möchte mich bei all den Menschen bedanken, die mich in meiner Arbeit unterstützt und sie letztendlich ermöglicht haben. Dabei gilt mein besonderer Dank Herrn Prof. Dr. sc. nat. Jürg Hari, der mich während der gesamten Zeit der Entstehung unterstützt und begleitet hat. Er hat die Idee dieser Arbeit mit integriertem IAT ins Leben gerufen. Vor allem bei den statistischen Auswertungen mittels SPSS 14 war ich auf seine Hilfe und Unterstützung angewiesen, welche er mir geduldig entgegengebracht hat. Ein besonderer Dank gebührt auch meinem Freund Daniel Moser für seine tatkräftige Unterstützung bei der Entwicklung der Werbebilder. Als Photoshop-Talent hat er mir die Entwicklung der entstandenen Werbebilder überhaupt ermöglicht. Ich bedanke mich auch gebührend bei meinem Bruder Jérome Forestier, der mir als Informatiker bei allen technischen Problemen Beistand geleistet hat. Zudem möchte ich mich ganz herzlich bei allen Testpersonen bedanken, die sich Zeit genommen haben, den expliziten Fragebogen sowie den Impliziten Assoziationstest durchzuführen. Ohne diese Offenheit wären die beiden Tests nicht zustande gekommen. I Management Summary Es ist stets eine Herausforderung, den Erfolgsfaktor Werbung gewinnbringend einzusetzen, da die Konsumenten durch die stetig steigende Informationsflut immer schwieriger werblich zu erreichen sind. Unternehmen bewerben ihre Produkte oftmals mit Models, die als Kommunikatoren die Rezipienten positiv beeinflussen und die Werbeeffektivität steigern sollen. Dabei werden grösstenteils hoch attraktive und extrem schlanke weibliche Models eingesetzt. Diese vermitteln das heutige Schönheitsideal “dünn, sportlich und jugendlich“. Die Attraktivität der Models ist als visueller Kontakt die erste und wichtigste Interaktion zwischen dem Kommunikator und dem Rezipient. Sie erhöht die Aufmerksamkeit und die Wahrscheinlichkeit, dass das Werbebild betrachtet und die Botschaft verinnerlicht wird. Jedoch wurde über die letzten Jahre vermehrt Kritik laut, dass die Models unnatürlich dünn seien und so als Werbebotschafter und Vorbilder sowohl bei den Frauen, als auch bei den Männern eine verzerrte Wahrnehmung des weiblichen Körperbildes auslösen. Dove lancierte 2004 die Kampagne “Initiative für wahre Schönheit“ als Gegenmassnahme des Schlankheitswahns. Sie bewarben ihre Produkte als erstes Unternehmen mit molligen und normal attraktiven Models. Die Kampagne fand grossen Anklang und die Strategie wurde bis heute beibehalten. In der Marketingliteratur beweisen verschiedene Studien, dass hoch attraktive und extrem schlanke Models negative Gefühle bei Frauen auslösen und eine negative Einstellung gegenüber der Werbeanzeige und dem Produkt nach sich ziehen. Andere Studien verwiesen wiederum auf das Gegenteil. Alle bisherigen Studien zu diesem Thema wurden basierend auf expliziten Selbstberichten, wie Fragebogen oder Interviews, durchgeführt. Da explizite Tests bewusst beeinflusst werden können, eignen sie sich nicht für Studien über ethisch sensible Themen. Die Antworten könnten zu Gunsten der molligen Models und der gesellschaftlichen Erwünschtheit manipuliert werden, da niemand die molligen Menschen diskriminieren möchte. Dies ist bei einem Vorgehen, das implizite Einstellungen und Assoziationen misst, nicht möglich. Der bekannteste und in der Sozialpsychologie am häufigsten eingesetzte Test ist der Implizite Assoziationstest (IAT). In der vorliegenden Studie wurde anhand dieses Verfahrens in Erfahrung gebracht, welche Art Models tatsächlich bevorzugt werden und bessere Werbeergebnisse erzielen. Das Ergebnis fiel klar zu Gunsten der dünnen Models aus. Unternehmen sollten demnach dem Trend, vermehrt mollige und durchschnittlich attraktive Models bei der Marketingkommunikation einzusetzen, nicht folgen. II Inhaltsverzeichnis Vorwort............................................................................................................................................ I Management Summary................................................................................................................. II Inhaltsverzeichnis ........................................................................................................................ III Abbildungsverzeichnis................................................................................................................. V Tabellenverzeichnis..................................................................................................................... VI Anhangsverzeichnis ................................................................................................................... VII 1 Einleitung................................................................................................................................... 1 2 Models in der Werbung als Schönheitsideale ........................................................................... 4 2.1 Abgrenzung der Begriffe..................................................................................................... 4 2.1.1 Schönheit ..................................................................................................................... 4 2.1.2 Ideal ............................................................................................................................. 4 2.1.3 Werbung....................................................................................................................... 4 2.1.4 Model ........................................................................................................................... 5 2.1.5 Attraktivität ................................................................................................................... 5 2.1.6 Wahrnehmung.............................................................................................................. 5 2.2 Schönheitsideale im Wandel der Zeit ................................................................................. 5 2.2.1 Die 20er Jahre.............................................................................................................. 6 2.2.2 Die 30er Jahre.............................................................................................................. 6 2.2.3 Die 50er Jahre.............................................................................................................. 6 2.2.4 Die 60er Jahre.............................................................................................................. 6 2.2.5 Die 70er und 80er Jahre .............................................................................................. 7 2.2.6 Das heutige Schönheitsideal........................................................................................ 7 2.3 Prägung und Verinnerlichung des Schönheitsideals .......................................................... 8 2.4 Schönheitsideale in speziellen Kulturen ............................................................................. 9 2.5 Gesellschaftliche Rolle der Medien .................................................................................. 10 2.5.1 Ökonomische und psychologische Funktion der Werbung ........................................ 10 2.5.2 Erfolgreich werben ..................................................................................................... 11 2.5.3 Nachahmungseffekt durch Attraktivität ...................................................................... 11 2.5.4 Halo-Effekt ................................................................................................................. 12 2.5.5 Stereotyp.................................................................................................................... 13 2.6 Einfluss der Models auf die Selbstwertschätzung der Frau.............................................. 14 2.6.1 Omnipräsenz der Medien........................................................................................... 15 III 2.6.2 Körperkult................................................................................................................... 16 2.7 Die Wirkung von Models in der Werbung. Ein Vergleich bisheriger Studienergebnisse... 17 2.7.1 Studienergebnisse negativer Auswirkungen von dünnen Models.............................. 17 2.7.2 Diskrepanz zwischen dem Model und der Rezipientin............................................... 18 2.7.3 Studienergebnisse positiver Auswirkungen von dünnen Models ............................... 19 2.7.4 Match-up-Hypothese.................................................................................................. 21 2.7.5 Involvement................................................................................................................ 21 2.7.6 Massnahmen gegen den Schlankheits-Stereotyp...................................................... 22 3 Implizites und explizites Wissen.............................................................................................. 24 3.1 Impliziter Assoziationstest (IAT) ....................................................................................... 24 3.2 Funktion und Beispiel eines IAT ....................................................................................... 25 3.3 Verwendete Stimuli im IAT ............................................................................................... 28 3.4 Zusammenhang zwischen expliziten und impliziten Testergebnisse ............................... 29 3.5 Individuelle Ergebnisabhängigkeiten ................................................................................ 31 4 Forschungsfrage und Formulierung der Hypothesen .............................................................. 32 5 Methodik.................................................................................................................................. 34 5.1 Aufbau des Impliziten Assoziationstests .......................................................................... 34 5.2 Aufbau des expliziten Fragebogens ................................................................................. 37 6 Analyse der Ergebnisse .......................................................................................................... 38 6.1 Ergebnisse des expliziten Tests ....................................................................................... 38 6.1.1 Binomialtest................................................................................................................ 39 6.2 Ergebnisse des impliziten Tests ....................................................................................... 42 6.2.1 T-Test bei einer Stichprobe........................................................................................ 43 6.2.2 T-Test bei zwei unabhängigen Stichproben............................................................... 45 6.3 Korrelation der expliziten und der impliziten Resultate ..................................................... 46 6.3.1 Varianzanalyse .......................................................................................................... 48 6.3.2 Scheffé-Test............................................................................................................... 49 7 Diskussion und Ausblick.......................................................................................................... 51 7.1 Kritische Beurteilung des Impliziten Assoziationstest (IAT).............................................. 52 7.1.1 Objektivität ................................................................................................................. 52 7.1.2 Validität ...................................................................................................................... 53 7.1.3 Reliabilität................................................................................................................... 54 7.2 Handlungsempfehlung für die Gestaltung von Werbung .................................................. 54 Literaturverzeichnis ....................................................................................................................... 56 Anhang .......................................................................................................................................... 62 IV Abbildungsverzeichnis Abbildung 1 Rolls Royce Werbebilder (links mollig, rechts dünn) .............................................. 36 Abbildung 2 Piaget Werbebilder (links mollig, rechts dünn) ....................................................... 36 Abbildung 3 Hawaiian Tropic Werbebilder (links mollig, rechts dünn) ....................................... 37 Abbildung 4 En Gedi Werbebilder (links mollig, rechts dünn) .................................................... 37 Abbildung 5 Testergebnisse aus dem expliziten Fragebogen.................................................... 38 V Tabellenverzeichnis Tabelle 1 Aufteilung der Testpersonen nach Geschlecht........................................................... 34 Tabelle 2 Ergebnisse der expliziten Befragung als Binomialverteilung...................................... 39 Tabelle 3 Binomialtest der expliziten Ergebnisse mit Signifikanzniveau von α=0.05 (5 Prozent) .. .................................................................................................................................... 40 Tabelle 4 Binomialtest der expliziten Ergebnisse der männlichen Testpersonen mit Signifikanzniveau von α=0.05 (5 Prozent) ............................................................................. 41 Tabelle 5 Binomialtest der expliziten Ergebnisse der weiblichen Testpersonen mit Signifikanzniveau von α=0.05 (5 Prozent) ............................................................................. 42 Tabelle 6 Kolmogorov-Smirnov-Anpassungstest ....................................................................... 43 Tabelle 7 Kennzahlen der normalverteilten Parameter gemäss Kolmogorov-SmirnovAnpassungstest ..................................................................................................................... 43 Tabelle 8 Einstichproben T-Test der impliziten Ergebnisse mit Signifikanzniveau von α=0.05 (5 Prozent) ............................................................................................................................. 44 Tabelle 9 Einstichproben T-Test der impliziten Ergebnisse der männlichen Testpersonen mit Signifikanzniveau von α=0.05 (5 Prozent) ............................................................................. 45 Tabelle 10 Einstichproben T-Test der impliziten Ergebnisse der weiblichen Testpersonen mit Signifikanzniveau von α=0.05 (5 Prozent) ............................................................................. 45 Tabelle 11 Levene-Test auf Varianzhomogenität der unabhängigen Stichproben..................... 46 Tabelle 12 T-Test zweier unabhängigen Stichproben. Test der Mittelwertdifferenz der männlichen und weiblichen Testpersonen mit einem Signifikanzniveau von α=0.05 (5 Prozent) ............................................................................................................................. 46 Tabelle 13 Einstichproben T-Test der impliziten Ergebnisse der drei Gruppen ......................... 48 Tabelle 14 Einfaktorielle Varianzanalyse der drei Gruppen ....................................................... 49 Tabelle 15 Scheffé-Test der drei Gruppen. Die Mittelwerte weisen keinen signifikanten Unterschied auf und können in einer Untergruppe zusammengefasst werden. .................... 50 VI Anhangsverzeichnis Anhang A: Kurzanleitung für den expliziten und den impliziten Test ............................................ 62 Anhang B: Expliziter Fragebogen ................................................................................................. 63 Anhang C: Auswertung Expliziter Fragebogen ............................................................................. 67 Anhang D: Auswertung IAT Scores............................................................................................... 68 Anhang E: Wahrheitserklärung ..................................................................................................... 69 Anhang F: Herausgabeerklärung .................................................................................................. 70 VII Einleitung 1 Einleitung “Wer hat Angst vor Heidi Klum?“ – gibt man diesen Satz bei Google ein, resultieren über 185'000 Ergebnisse. Man könnte dies schon fast als “geflügeltes Wort“ bezeichnen. Das Thema um die Schönheit und den damit verbundenen Schönheits- und Schlankheitswahn ist ein heiss diskutiertes Phänomen. Die superschlanken Models, deren Antlitz uns allerorts von den Bildern im Fernsehen, in Zeitschriften und von Plakaten entgegenstrahlt, stehen zunehmend in der Kritik. Die Mannequins rund um die Welt stöckeln schweren Zeiten entgegen. Vor allem die dürren Laufstegmodels haben in der nahen Vergangenheit für Furore gesorgt. Aber auch die weniger ausgehungerten Vertreterinnen der Branche verbreiten laut Psychologen einen krankmachenden Schlankheitswahn. So steht auch Heidi Klum mit ihrer Reality-Show Germany's Next Topmodel, kurz GNTM, in der Kritik. Ziel der 2006 erstmalig ausgestrahlten Show ist es, das neue deutsche Topmodel zu entdecken, welches in die Fussstapfen von Heidi Klum treten soll. Dabei werden aus allen Bewerberinnen 20 Kandidatinnen ausgewählt, die sich wöchentlichen Herausforderungen in Form von Fotoshootings stellen müssen. Über 3 Millionen junge Mädchen und Frauen in Deutschland, Österreich und der Schweiz verfolgten jeden Donnerstag Abend die Geschehnisse (Dandl, 2010). Am Ende jeder Sendung wird jeweils diejenige Kandidatin, welche die schwächste Leistung gezeigt hat, von der Jury nach Hause geschickt. Die Jury bilden die “Modelmama“ Heidi, sowie zwei weitere Juroren, meist Designer oder Fotografen. Germany's Next Topmodel strahlt zur Zeit die sechste Staffel aus. Keine der bisherigen fünf Gewinnerinnen hat den internationalen Durchbruch à la Heidi Klum im Jahre 1998 geschafft. Seit dem Ende der 90er Jahre zählt Heidi Klum zu den international erfolgreichsten Models und vermarktet sich hervorragend. Deutschlands “Herzeigefrau“ wurde 2004 zur schönsten Frau des Landes gewählt (Zitt, 2008: 76). Mit ihrer Reality-Show GNTM gerät sie erstmals in der Öffentlichkeit in Kritik. „Du bist zu dick“; mit diesen Worten wurde bereits in der ersten Staffel 2006 ein Mädchen mit einem BMI von 18.6 (52 kg bei einer Körpergrösse von 1.76 m) nach Hause geschickt (Zitt, 2008: 76). Mediziner und Psychologen reagierten darauf alarmiert und warnten vor der Show, da die vielen jungen Zuschauerinnen in eine Essstörung getrieben werden könnten. Die Modelbranche hat durchaus auch ihre dunklen Seiten. Im September 2006 schockte der Tod des 22-jährigen Uruguayanischen Models Luisel Ramos an der Modewoche in Montevideo, der Hauptstadt Uruguays. Um vor der grossen Show noch ein paar Kilos abzunehmen, hat sie tagelang nichts gegessen und ist infolge eines Herz-Kreislauf-Versagens hinter der Bühne tot zusammengebrochen (Zitt, 2008: 79). Die Schlagzeilen gingen um die Welt. Noch im gleichen Monat reagierte Spaniens Gesundheitsministerin Elena Salgado und erteilte ein Laufstegverbot 1 Einleitung an der internationalen Madrider Modemesse für Models mit einem BMI von unter 18. Laut der World Health Organisation (WHO) liegt der BMI von normalgewichtigen Personen zwischen 18,5 und 25 (NZZ, 2010). Bei der Berechnung des Body-Mass Index (BMI) wird das Gewicht durch die Körpergrösse in Meter im Quadrat dividiert (kg/m2). Eine Richtlinie dieser Art wurde erstmals weltweit angesetzt. Da bei der Madrider Modemesse die Models vom Staat bezahlt werden, war es überhaupt möglich diese Anordnung durchzusetzen (NZZ, 2010). Über 30 Prozent der Models, welche im vergangenen Jahr die neueste Mode an der Madrider Modemesse präsentierten, durften nun nicht mehr auf den Laufsteg. Die Models sollen ein physisch gesundes Image vermitteln. Gemäss einer Schätzung des spanischen Gesundheitsministeriums leiden bereits über eine Million Spanierinnen an Mager- und Brechsucht. Die Ministerin Elena Salgado ist überzeugt, dass die dünnen Models als Schönheitsideale und Vorbilder die jungen Mädchen in die Essstörung treiben (Zitt, 2008: 81–82). Kurz nach der Anordnung in Madrid drängten auch die britische und italienische Ministerin dem Beispiel der Spanier zu folgen. Jedoch ohne Unterstützung der Organisatoren und Designer der Modeschauen (Zitt, 2008; 86). Bei diesen beiden Modeveranstaltungen, welche zu den weltweit best etablierten gehören, werden die Models von den Designern selbst bezahlt. Daher können diese auch eigenwillig entscheiden (NZZ, 2010). Solange also die Designer zu dünne Mädchen buchen, und ihnen so den lukrativen Zutritt zu den Laufstegen eröffnen, werden Mädchen Anreize haben, zu hungern. Das sind die Befürchtungen der Psychologen und Gesundheitsämter. Und dies nicht zu unrecht. Im Oktober 2006 wurde das stark untergewichtige Topmodel Kate Moss bei den British Fashion Awards zum Model des Jahres gekürt. Im gleichen Monat stirbt das erfolgreiche brasilianische Fotomodel Ana Carolina Reston im Alter von 21 Jahren an den Folgen von Magersucht (Zitt, 2008; 89). Ein weiterer denkwürdiger Fall in der Welt des Schlankheitswahns war das Anorexie-Model Isabelle Caro. Sie ist im November 2010 im Alter von 28 Jahren an den Folgen ihrer Magersucht, an der sie seit ihrem 13. Lebensjahr litt, gestorben. Um die Mädchen in der Aussenwelt zu warnen, wohin das Modediktat der Schlankheit und der Hungerkuren im Extremfall führen kann, hat sie in Zusammenarbeit mit dem Fotografen Oliviero Toscani ein Plakat veröffentlicht, auf dem sie nackt, in ihrer extremen Magerkeit, posiert. Als Folge dieser Kampagne haben immerhin mehrere Modehäuser beschlossen, für ihre Modeschauen oder Werbebilder keine allzu mageren Models mehr zu beschäftigen (NZZ, 2010). Zu dünne Models werden von allen Seiten kritisiert, da sie einen schlechten Einfluss auf die weiblichen Jugendlichen und Frauen im Allgemeinen haben sollen. Obwohl diese negativen Auswirkungen nicht entkräftet werden können, steht für die Designer und werbenden 2 Einleitung Unternehmen der ökonomische Gedanke ihrer Modeschauen und Werbungen im Vordergrund. Nämlich ihre Erzeugnisse erfolgreich an den Mann, beziehungsweise an die Frau zu bringen. Ob nun weniger dünne und somit gesellschaftlich erwünschtere Models eine ebenso gute Werbewirkung aufweisen ist fraglich. Wohl lösten bisherige Kampagnen dieser Art in der Öffentlichkeit positive Reaktionen aus. Ob diese aber auch die angestrebte Nachfrage auslösen, gilt es näher zu untersuchen. In der vorliegenden Studie wird vorab erläutert, wie es überhaupt zum aktuellen Schönheitsideal gekommen ist und was es in unserer Gesellschaft und Kultur bewirkt. Anschliessend wird in einer empirischen Studie anhand eines Persönlichkeitstests untersucht, welche Art Models tatsächlich mehr ansprechen und die gewünschte Werbewirkung erzielen. 3 Models in der Werbung als Schönheitsideale 2 Models in der Werbung als Schönheitsideale 2.1 Abgrenzung der Begriffe 2.1.1 Schönheit Der Begriff Schönheit bezieht sich auf Äusserlichkeiten. Im Falle eines Menschen also auf die Eigenschaften des Gesichts und des Körperbaus wie beispielsweise die Grösse, der Schlankheitsgrad oder die Gesichtszüge. Eine eindeutige Aussage ist auf Grund der unendlich vielen Kombinationen einzelner Elemente der menschlichen Erscheinung kaum möglich (Praxmarer, 2001: 12). Was als schön gilt, wird einem aus den Primär- und Sekundärerfahrungen auf dem Lebensweg mitgegeben, wobei letztere von der medial kommunizierten Schönheitsnorm geprägt wird (Glässel, 2010: 40). Das persönliche Schönheitsempfinden ändert sich mit den wechselnden Schönheitsnormen. Denken wir nur an die Mode; mit der Kleidung, die wir vor zehn Jahren noch als chic empfunden hatten, würde sich heute niemand mehr freiwillig in der Öffentlichkeit zeigen wollen (Posch, 1999: 15). Schönheit ist also keine Geschmackssache, sondern wird über die verschiedenen Altersgruppen und sozialen Klassen hinweg sehr ähnlich beurteilt. 2.1.2 Ideal Ein Ideal ist nach Duden (2006: 521) ein im Geiste vorschwebendes Muster der Vollkommenheit; ein im höchsten Wert erkanntes Ziel. Etymologisch betrachtet stammt das Wort Ideal von Idee ab, was soviel bedeutet wie Vorstellung, Gedanke oder Einfall (Posch, 1999: 35). 2.1.3 Werbung Eine allgemeingültige Aussage ist auf Grund der Weitläufigkeit kaum möglich. Die Kernaussage der verschiedenen Definitionen kann wie folgt zusammengefasst werden: Werbung wird als Kommunikationsprozess verstanden, der einen Sender, einem Empfänger, eine Botschaft und ein Medium umfasst. Dieser Prozess soll die Verhaltensänderungen in sämtlichen Erlebnis- und Verhaltensebenen beeinflussen (Mayer, 1993: 2). Die Werbung ist ein Teilinstrument des Marketing-Mixes (Mayer, 1993: 4) und ist in mehrere Bereiche unterteilt. So sind unter anderem die klassische Mediawerbung, die Public Relations, das Sponsoring, sowie Messen, Events und das Direktmarketing zu unterscheiden. In der vorliegenden Arbeit steht die klassische Mediawerbung im Vordergrund, welche sich durch die Vermittlung von Informationen über ein bestimmtes Objekt durch ein oder mehrere Kommunikationsmittel definieren lässt (De Pasquale und Leschnikowski, 2007: 6). 4 Models 2.1.4 in der Werbung als Schönheitsideale Model Models sind Personen, die berufsmässig und zu Werbezwecken für fotografische und filmische Aufnahmen posieren oder die neueste Mode auf dem Laufsteg präsentieren. Sie entsprechen weitgehend dem Schönheitsideal und sind demnach hoch attraktiv. Sie sind professionelle Vermittler bestimmter Rollenbilder, Verhaltensmuster und die dadurch kommunizierten Normen und Werte. In der vorliegenden Arbeit wird auch das Synonym “Kommunikator“ verwendet. Welche gesamtgesellschaftlichen Folgen der Einsatz von stereotypschlanken Körperdarstellungen in der Werbung haben könnte, lässt sich bislang nur vermuten (Koch und Hofer, 2008: 199). 2.1.5 Attraktivität Die Attraktivität hat verschiedene Dimensionen, wie Vertrautheit, Ähnlichkeit oder Beliebtheit, und gilt als Motivationsfaktor zur sozialen Interaktion mit einer Person (De Pasquale und Leschnikowski, 2007: 24). Die in der vorliegenden Arbeit erwähnte Attraktivität bezieht sich auf die physische Attraktivität, also auf die äussere Erscheinung einer Person. 2.1.6 Wahrnehmung Die Wahrnehmung ist ein Prozess der Aufnahme und Verarbeitung von Reizen aus der Umwelt durch einen oder mehrere Wahrnehmungssinne (Sehsinn, Gehör, Tastsinn, Geruchs- oder Geschmackssinn). Dabei wird dem visuellen Sinn die grösste Bedeutung zugeschrieben, da durch ihn etwa 90 Prozent aller sensorischen Informationen übermittelt werden (Mayer, 1993: 59). Da in dieser Studie speziell die Wirkung von Werbeanzeigen untersucht werden soll, bezieht sich im Folgenden der Begriff Wahrnehmung auf die visuelle Wahrnehmung. 2.2 Schönheitsideale im Wandel der Zeit Die Frau gilt allgemein als das schöne Geschlecht. Im Hinblick auf physische Attraktivität wird dieser Geschlechterunterschied weithin als naturgegeben akzeptiert (Freedman, 1989: 13). Dies hat zur Folge, dass Frauen primär über ihr Aussehen und nicht über ihr Handeln definiert werden. Ein Mangel an Schönheit bedeutet zugleich einen Mangel an Weiblichkeit. Frauen wurden schon immer mit Rollenzwängen konfrontiert und beschäftigen sich obsessiv mit ihrem Aussehen (Freedman, 1989: 15). Im Laufe der Jahrhunderte änderte sich die Schönheitsvorstellung mehrere Male (Zitt, 2008: 68). Folgend eine Übersicht beginnend bei der “femme fatale“ der 20er Jahre: 5 Models 2.2.1 in der Werbung als Schönheitsideale Die 20er Jahre Im ersten Weltkrieg wurden viele Frauen zur Selbstständigkeit gezwungen, da die männlichen Versorger ausfielen. Dies war der Beginn des Strebens gegen die Abhängigkeit der Frau (Posch, 1999: 39). Der Emanzipationsausbruch zeichnete sich durch Bubiköpfe und kurze Röcke aus (Freedman, 1989: 53). Rundungen galt es jedoch zu vertuschen. So schnürten sich die Frauen die Brüste ein und strebten eine gertenschlanke Figur an, um ein knabenhaftes Aussehen zu vermitteln (Posch, 1999: 39). Die Frau der 20er Jahre wollte sich endgültig von der traditionellen Rolle als Hausfrau und Mutter distanzieren. 2.2.2 Die 30er Jahre Bereits kurz nach dem ersten Weltkrieg trat das Unabhängigkeitsstreben wieder in den Hintergrund. Erwerbstätig waren wieder die Männer, während sich die Frauen um den Haushalt kümmerten. Auch die weiblichen Körperformen wurden wieder betont anstatt kaschiert. Der üppige Körper war wieder erwünscht. Der totale Rückschlag der weiblichen Emanzipation war der Nationalsozialismus durch die Machtergreifung Hitlers. Weiblichkeit wurde mit Mütterlichkeit gleichgesetzt und auf die Rolle der Hausfrau reduziert (Wilk, 2008: 66). Frauen wurden aus qualifizierten Berufen verdrängt und ein Universitätsstudium war ausschliesslich dem Mann vorbehalten (Posch, 1999:41). 2.2.3 Die 50er Jahre Nach dem zweiten Weltkrieg war Beleibtheit ein Zeichen von Wohlstand, Gesundheit und Attraktivität. Die weiblichen Rundungen wurden mit der Wespentaille zusätzlich betont. Die enge Taille und die gebauschten Röcke waren das Markenzeichen des von Dior gegründeten “New Look“ (Zitt, 2008: 69). Mit dem Einzug der Fernsehapparate in fast alle Haushalte, begann die Durchdringung des menschlichen Bewusstseins durch die Medien (Zitt, 2008: 77). Die Stars des grossen Hollywood beeinflussten die kleine Alltagswelt der Menschen (Posch, 1999: 42). Marilyn Monroe und Brigitte Bardot wurden als Schönheitsideale verehrt. Schlank waren die Filmschönheiten schon, aber dennoch hatten sie üppige Kurven und eine Kleidergrösse von 40 bis 42 (Posch, 1999: 42), was heute bereits als mollig bezeichnet würde. Es galt zu dieser Zeit vor allem weiblich zu sein. 2.2.4 Die 60er Jahre Dem Thema Schönheit und physische Attraktivität kam zu dieser Zeit eine sehr grosse Bedeutung zu. Die ersten Schönheitsratgeber bezüglich Schlankheitskuren, Mode, Kosmetik und Frisuren kamen auf den Markt und bestimmten das Themenspektrum der Frauenzeitschriften, was schon 6 Models in der Werbung als Schönheitsideale sehr an die heutige Zeit erinnert. Jedoch lag das Idealgewicht deutlich über dem heutigen, obwohl schon damals vom Hunger leiden für die gute Figur gesprochen wurde (Posch, 1999: 44). Die Frauen besuchten Schminkkurse um ihren Attraktivitätsgrad zu steigern. Überhaupt waren kosmetische Produkte nicht mehr sozial exklusiv und ausschliesslich der Oberschicht vorbehalten (Wilk, 2008: 65). Make-up gewann an Popularität. 1965 wurde der Minirock modern und das Model Twiggy (übersetzt: dünnes Zweiglein), mit bürgerlichem Namen Leslie Hornby, machte vor, wie dünn die Beine zum Mini zu sein hatten. Twiggy wog bei einer Grösse von 1.67m nur 41 Kilogramm. Mit ihrer stark untergewichtigen Figur war sie als Kindsfrau bekannt (Posch, 1999: 46). Die 16-jährige wurde zum Idol der Massen und feierte als erstes Model weltweite Erfolge (Zitt, 2008: 70). Der Markt für Verschönerungsprodukte wurde überschwemmt und gewann zunehmend an Bedeutung. Das Schönheitsideal der 60er Jahre war sozusagen der Vorbote der heutigen superdünnen Idealfigur. 2.2.5 Die 70er und 80er Jahre Schönheit wurde eine Sache der eigenen Definition. Lange Haare und nackte Körper wurden zum Symbol für Liebe und Frieden (Posch, 1999: 46). Szenegruppen wie Punks stellten sich mit ihrem ausgefallenen Styling gegen den allgemeinen Druck, in ein von der Mode vorgegebenes Gesellschaftsbild zu passen. Die Freiheitsbewegung erlöste die Frauenwelt vom Druck einem gewissen Ideal zu entsprechen. Dies hielt jedoch nicht lange an. Denn schon mit der Fitnesswelle und dem Aerobic-Boom in den 80er Jahren galt schlank und muskulös als schön. Jane Fonda etablierte sich als Inbegriff für Bodystyling und liess durch ihre Aerobic-Sendungen Menschen in aller Welt vor den Fernsehapparaten mitturnen (Posch, 1999: 46). Das Motto “Körper machen Leute“ dominiert seitdem die Werbeindustrie (Wilk, 2008: 50). 2.2.6 Das heutige Schönheitsideal Der Trend, der bis heute anhält, begann in der zweiten Hälfte der 80er Jahre. Noch nie war der Idealkörper eines Models so weit von einem durchschnittlichen Frauenkörper entfernt (Posch, 1999: 47) und so stark untergewichtig wie heute (Glässel, 2010: 42). Models und Schauspielerinnen sind im Durchschnitt magerer als 95 Prozent der weiblichen Bevölkerung und befinden sich damit in einem eindeutigen Untergewichtsbereich (Deuser, Gläser und Köppe, 1995: 34). Das aktuelle Schönheitsideal zeichnet sich durch eine extrem schlanke, sehnige Figur aus. Dies ist für die grosse Mehrheit der Frauen rein biologisch unmöglich zu erreichen (Pompper und Koenig, 2004: 91). Abgesehen von der kurzen Zeit als Twiggy die Idealfigur vorgab, war das 7 Models in der Werbung als Schönheitsideale Schönheitsideal in der Geschichte noch nie so abgemagert wie heute. Es gilt gegen die von der Natur aus guten Gründen mitgegebenen Kurven und Fettpolster anzukämpfen, um dem Schönheitsideal zu entsprechen. Der Körper gewinnt zunehmend an Bedeutung und dient in einem gewissen Grad als Massstab der gesellschaftlichen Platzierung und sozialer Anerkennung (Wilk, 2008: 65). Schlankheit wird mit Schönheit gleichgesetzt. Um diese hyperschlanke Idealfigur zu erreichen, werden uns von der Schönheitsindustrie überall im täglichen Leben unzählige Hilfsmittel zur Abmagerung und Verschönerung angeboten. Dies reicht über Kosmetik und Schlankheitspillen hin bis zur Schönheitschirurgie (Posch, 1999: 49). Von den Titelbildern der Frauenzeitschriften locken stets die neuesten Diättips und Fitnessübungen, um den Körper in Form zu halten. Die Hoffnung der Leserinnen wird nicht zuletzt dadurch erweckt, dass zugesichert wird, alles sei ganz einfach und Ergebnisse könnten innert kürzester Zeit erreicht werden. Es gilt um jeden Preis so lange wie nur möglich seine Jugendlichkeit zu behalten und seinen Körper zu konservieren. Im Gegensatz zu früher hat eine dickere Frau in der heutigen Zeit keine Chance mehr als Inbegriff von Erotik gehalten zu werden. Schlanksein ist heute die Grundvoraussetzung für Attraktivität. Gewichtsobsession ist eine bei den Frauen am meisten verbreitete Störung (Freedman, 1989: 174). 2.3 Prägung und Verinnerlichung des Schönheitsideals Wie bereits erwähnt, wird das individuelle Schönheitsempfinden von den Primär- und Sekundärerfahrungen geprägt. Letztere werden durch die Werbung und Umwelt kommuniziert und gewinnen zunehmend an Relevanz. Während die Menschen vor den Massenmedien von unmittelbaren Sinneswahrnehmungen geprägt wurden, werden sie heutzutage in ein medial vorgegebenes Gesellschaftsbild eingezwängt. Die Rezeption der medialen Bilder als Ersatz der Wirklichkeit ist bereits selbstverständlich geworden (Zitt, 2008: 34). Obwohl die Wahrnehmung der Attraktivität subjektiv ist, besteht ein gewisser Konsens, da bereits im Kindesalter Standards für Attraktivität verinnerlicht werden (Praxmarer, 2001: 12). So erfahren kleine Mädchen schon sehr früh was Schönheit bedeutet. In fast jedem Märchen widerfährt den schönen und schlanken Mädchen etwas Gutes. Die weniger schönen werden oftmals als böse dargestellt oder spielen sonst keine besondere Rolle. Die gute Fee ist wunderschön, die böse Hexe ist hässlich. Die weltweit bekannte Plastikpuppe Barbie wurde 1959 erstmals auf der New Yorker Spielwarenmesse ausgestellt (Posch, 1999: 57) und ist nach wie vor eines der beliebtesten Mädchenspielzeuge. Ihr Körper ist perfekt geformt; unendlich lange Beine, extrem schlanke Taille 8 Models in der Werbung als Schönheitsideale und ein wohlproportionierter Busen. Barbie hat neben der tollen Figur alles was ein Mädchen sich erträumen kann. Sie ist hübsch, hat tolle Kleider, schöne Autos und einen attraktiven Partner. Barbie hätte als Mensch die Masse 99-48-84. Was soviel bedeutet wie 99cm Brustumfang, 48cm Taillenumfang und 84cm Hüftumfang und somit völlig ausserhalb der Norm liegt. Wenn man bedenkt, dass alle zwei Sekunden irgendwo auf der Welt eine Barbiepuppe verkauft wird (Posch, 1999: 58), ist die Sorge begründet, welche sich Psychologen in dieser Hinsicht machen. Nämlich dass die Mädchen zum Schluss kommen könnten, dass Barbie alles hat weil sie so gut aussieht und so werden möchten wie ihre Lieblingspuppe (Schmidt, 1993: 14). Menschen lernen durch das Beobachten anderer Personen. Attraktive Menschen (auch Kinder) kommen besser an und andere Personen interessieren sich häufiger für sie. Sie werden freundlicher behandelt (Praxmarer, 2001: 58). Fühlt man sich von einer bestimmten Person angezogen, ruft das die Motivation der Nachahmung hervor (Praxmarer, 2001: 44). Inwiefern ein Kind diese Botschaft verinnerlicht, hängt nicht nur von seiner Beziehung zu Barbie ab, sondern auch von seinem Umfeld und von den Erfahrungen, die es macht (Posch, 1999: 59). So ist die Sorge in den USA um die Entwicklung der Mädchen berechtigt, da sich vor allem dort Misswahlen für Kinder grosser Beliebtheit erfreuen. Sie Sorge um Schönheit setzt im weiblichen Leben viel früher ein als angenommen (Posch, 1999: 64). Überhaupt ist in den USA der Schönheitswahn extrem weit fortgeschritten. Allein die Diätindustrie verschlingt in etwa das gleiche Budget wie die Erziehung, Ausbildung und die sozialen Dienste (Zitt, 2008: 128). In der Pubertät gewinnt die weibliche Schönheit zunehmend an Relevanz. Der Wunsch nach personalen Vorlagen spielt in dieser Lebensphase der ausgeprägten Identitätssuche, wie sie die Jugend zweifelsohne darstellt (Wegener, 2010: 185), eine sehr grosse Rolle. Die Suche nach dem eigenen Ich ist aber nicht ausschliesslich im Jugendalter ein Thema. Das Bedürfnis nach Identitätsarbeit kann auch in anderen Phasen des Lebens, insbesondere in Umbruch- und Umstrukturierungsphasen, auftreten (Schramm und Hartmann, 2010: 201). 2.4 Schönheitsideale in speziellen Kulturen In einer Gesellschaft und Kultur bestehen nicht nur genaue Vorstellungen darüber, wie sich Menschen in einem gewissen sozialen Umfeld zu verhalten haben, sondern auch, wie sie auszusehen haben (Leiss, Line und Jhally, 1990: 215). „Mit dem Begriff ‚Schönheitsidealʼ wird eine bestimmte Vorstellung von Schönheit während eines Zeitraums innerhalb einer Kultur verbunden. In der Regel bezieht sich dieser Begriff auf das Aussehen eines menschlichen Körpers.“ (Zitt, 2008: 121) Was Menschen als ästhetisch, angenehm oder schön empfinden, hat nicht nur mit der individuellen Wahrnehmung zu tun, sondern ist kulturabhängig (Hoffmann und Mikos, 2010: 230). 9 Models in der Werbung als Schönheitsideale Auffallend ist, dass dicke Frauenkörper vor allem in Kulturen bevorzugt werden, in denen genügend Nahrung nicht selbstverständlich ist und dickere Menschen ein Zeichen von Reichtum bedeuten (Zitt, 2008: 122). Dick zu sein bedeutet in diesen Kulturen Sozialprestige. Magerkeit hingegen steht für Mangel, Not und Hässlichkeit (Waldrich, 2004: 63). Es gibt auch zahlreiche Beispiele für sehr ausgefallene Modetrends, die als Inbegriff von Schönheit gelten. So verlängern beispielsweise die Frauen in Burma ihre Hälse durch Metallreifen und in Ostafrika verzieren Massai-Frauen ihre Glatzen. Dies würde in unserer Gesellschaft wohl niemals als schön empfunden werden. Genau so wenig wie unser Schönheitsideal die Burmesinnen und Massai-Frauen überzeugen könnte (Posch, 1999: S. 15). Jedoch ist kaum eine Kultur so körperbesessen und körperfixiert wie die westlichen Welt (Waldrich, 2004: 7). 2.5 Gesellschaftliche Rolle der Medien 2.5.1 Ökonomische und psychologische Funktion der Werbung Die Medien erfüllen als Kommunikationsmassnahmen in erster Linie zwei Funktionsbereiche. Einerseits haben sie ökonomische und andererseits diverse psychologische Funktionen. Die ökonomische Funktion beinhaltet zunächst die Arbeitgeberfunktion der Werbewirtschaft. Ausserdem steuert sie die Nachfrage, beschleunigt den Güteraustausch und kurbelt so die Wirtschaft an. Aus Sicht der Unternehmen leistet die Werbung, als Instrument des MarketingMixes, einen wichtigen Beitrag zur Sicherung des Bestands und zur Ausweitung der Marktchancen (Mayer, 1993: 13). Zu den psychologischen Funktionen gehört unter anderem die Sozialisationsfunktion, welche individual- und sozialpsychologische Veränderungsprozesse in Verhaltensbereichen umfasst. Im Rahmen dieser Sozialisationsprozesse entstehen neue Normen und Gewohnheiten im alltäglichen Leben der Konsumenten. So etwa vermitteln uns die Medien was in Mode ist, welche Lebensmittel zu verwenden sind und wie man sich als moderner Mensch die Freizeit zu gestaltet hat. Diese Prägung kann als eine Art “funktionale Erziehung“ auch ungeplant und unabsichtlich stattfinden (Mayer, 1993: 14). In Bezug auf Personendarstellungen in der Werbung, beruht die Verhaltensänderung auf der Nachahmung des vom Model vorgeführten Verhaltens und somit auch der äusseren Erscheinung (Mayer, 1993: 15). Dieser Aspekt ist für die vorliegende Arbeit von besonderer Bedeutung, da untersucht werden soll, inwiefern die Models in der Werbung ein Schönheitsideal vorgeben und so die Menschen beeinflussen. Die Medien sind zwar nur ein Teil der Kommunikations- und Indoktrinationsvorrichtung in der heutigen Kommunikationsgesellschaft, jedoch übermitteln sie die gültigen Körperideologien deutlicher, Kommunikationskanäle jemals dazu in der Lage wären (Waldrich, 2004: 133). 10 als die übrigen Models 2.5.2 in der Werbung als Schönheitsideale Erfolgreich werben Der Erfolgsfaktor Werbung ist für ein Unternehmen immer schwieriger gewinnbringend einzusetzen, da die stetig steigende Informationsflut zu einem veränderten Informationsverhalten der Konsumenten führt und diese immer schwieriger werblich zu erreichen sind. Es sind hohe gestalterische Ansprüche gefragt. Ein wesentlicher Punkt ist die Wahl der Kommunikatoren, welche den Erfolg eines Produkts massgeblich beeinflussen können (Praxmarer, 2001: 3). Die Gestaltung der Werbung sowie deren Strategie, wie sie sich um die Aufmerksamkeit von Rezipienten bemüht, ist vom gesellschaftlichen Kontext abhängig, in dem sie steht. Um erfolgreich zu werben, muss man sich den kulturellen Mustern, Werten und Ideen des Publikums anpassen. Werbung ist somit ein wichtiger Kulturträger. Die Werbung ist aber nicht nur der Spiegel einer Kultur, sondern übt auch selbst Einfluss auf diese Kultur aus und wirkt so am gesellschaftlichen Wandel mit (Holtz-Bacha, 2008: 9). Die Frauenbilder, die durch die Werbung verbreitet werden, sind somit nicht nur ein Abbild der kulturellen Gesellschaft, sondern haben in ihrer Sozialisationsfunktion stets auch einen prägenden Charakter auf Ein- und Vorstellungen der Rezipienten und vermitteln Norm- und Wertvorstellungen (Holtz-Bacha, 2008: 6). Medien sind ein selbstverständlicher Bestandteil des Lebens. Die alltägliche Nutzung von Medien lässt sich durch die Omnipräsenz nicht vermeiden. Wir sind ständig und überall mit Werbung konfrontiert. Die Medien wirken nicht nur auf die Lebenswelt, sondern auch auf die Persönlichkeit eines Menschen. Oder anders ausgedrückt: Menschen lassen die Beeinflussung durch Medien bewusst zu (Hoffmann und Mikos, 2010: 1). 2.5.3 Nachahmungseffekt durch Attraktivität Bereits das AIDA Modell (A=Attraction, I=Interest, D=Desire, A=Action), das auf Lewis (1898) zurückgeht, zeigt auf, wie wichtig das Erlangen von Aufmerksamkeit durch das Werbemittel ist. Denn ohne die Aufmerksamkeit kann der Konsument kein Interesse und letztendlich keinen Wunsch entwickeln, das beworbene Produkt zu kaufen. Auch die darauf aufbauenden, später entwickelten Modelle wie das Assoziations-Modell der Werbekommunikation von Preston (1982), beschreiben die Aufmerksamkeit als erste wichtige Hürde zur Erreichung von Werbewirkung. Menschliche Werbepersonen erhöhen die Aufmerksamkeit des Werbeobjekts, da Menschen stark an ihresgleichen interessiert sind (Praxmarer 2001: 36). Da sich der Rezipient nur über die leicht zugänglichen Attribute mit der Werbefigur auseinander setzen kann, kommt diesen sichtbaren Eigenschaften eine herausragende Bedeutung zu. Eine wichtige sichtbare Eigenschaft ist die physische Attraktivität (Praxmarer, 2001: 2). Attraktive Models rufen hohe Aufmerksamkeit hervor und erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass das Werbebild betrachtet und die Botschaft verinnerlicht wird (Praxmarer, 2001: 36). Fühlt man sich von einer Person angezogen, ruft das die 11 Models in der Werbung als Schönheitsideale Motivation der Nachahmung hervor, mit welcher bestimmte Denk- und Verhaltensweisen auf die eigene Person übertragen werden sollen. Die positive Einstellung gegenüber der Werbefigur und der Wunsch nach dessen Nachahmung überträgt sich auf das beworbene Produkt und fördert somit die Kaufabsicht, was letztendlich das Ziel jeder Werbung ist (Praxmarer, 2001: 46). Werbung, die emotionale Motive präsentiert, erregt unsere Aufmerksamkeit. Dies trifft sowohl auf negative, als auch auf positive Motive zu. So ist beispielsweise Schockwerbung eine bekannte Strategie der Aufmerksamkeitsproduktion (z.B. Benetton). Es geht also nicht nur darum, dass Medienangebote gefallen, sondern dass sie sich von anderen abgrenzen und so auffallen (Zurstiege, 2008: 111). Demzufolge können auch ausserordentlich unattraktive Kommunikatoren durchaus hohe Aufmerksamkeit erreichen. Jedoch ist dies allein nicht ausreichend, da wie oben erläutert der Nachahmungswille und somit die Übertragung dieser positiven Einstellung auf das Produkt fehlt (Praxmarer, 2001: 49). Nach Kelman und Herbert (1961) ist die physische Attraktivität einer Person Voraussetzung für die anziehende Wirkung und die Nachahmung, da niemand einer unattraktiv empfundenen Person ähnlich sein möchte (Praxmarer, 2001: 44). 2.5.4 Halo-Effekt Eine weitere bedeutende Möglichkeit zur Einflussnahme durch die Werbefigur ist die Glaubwürdigkeit, welche sich aus den Elementen Kompetenz und Vertrauenswürdigkeit zusammensetzt (Praxmarer, 2001: 23). Die soziale Umwelt ist zu komplex, um jede einzelne Person detailliert bewerten zu können. Personen bilden oberflächliche Urteile über Individuen. Der Eindruck einer andern Person wird unmittelbar bei der ersten Begegnung oder beim ersten visuellen Kontakt festgelegt. Von diesem ersten Eindruck wird dann auf ein Gesamturteil geschlossen. Durch die Wahrnehmung einer angenehmen Eigenschaft, wird ein positives Urteil gebildet. Da die physische Attraktivität die erste wahrgenommene Eigenschaft ist, hat sie bei der Gesamtbeurteilung einer Person einen starken Einfluss (Praxmarer, 2001: 53). Der Halo-Effekt besagt, dass die Wahrnehmung beim Betrachten attraktiver Menschen dermassen verzerrt wird, dass der Person in beinahe jeder Hinsicht positive Charaktereigenschaften zugeschrieben werden (Ebner, Gathmann und Wiedermann, 2002: 187). Werbebilder sind meist gestellte und rein fiktive Situationen, welche die Beeinflussung der Konsumenten zum Ziel haben. Sie zeigen daher nicht nur auf wie man selbst an die erträumte Schönheit und Idealmasse gelangt, sondern versprechen zudem soziale Vorteile eines schönen weiblichen Körpers. Ein perfektes Aussehen soll demnach dazu verhelfen, im sozialen Umfeld erfolgreich zu sein (Glässel, 2010: 8). Schönheit wird in den Medien mit sozialen Komponenten wie Anerkennung, Beliebtheit, emotionaler Sicherheit und beruflichem Erfolg in Verbindung 12 Models in der Werbung als Schönheitsideale gebracht (Leiss, Kline und Jhally, 1990: 246). Obwohl dieses Versprechen kaum je einlösbar ist, vermittelt die Werbung den Glauben, die einem Model zugeschriebenen Eigenschaften und Emotionen beim Kauf eines Produkts auf die Rezipientinnen zu übertragen (Glässel, 2001: 30). Der Effekt unterscheidet sich beim Einsatz von prominenten Models wie Schauspielerinnen oder Sängerinnen. Bei Models dieser Art ist die physische Attraktivität nicht das einzige Attribut, das beim ersten visuellen Kontakt hingezogen wird, um sich ein Urteil über das Model zu bilden. Die Rezipienten haben sich über die ihnen meist bekannten Persönlichkeiten bereits durch Medienberichte ein Bild gemacht. Hat eine prominente Person beispielsweise durch viele Skandale Schlagzeilen gemacht, spielen diese negativen Assoziationen automatisch eine Rolle bei der Betrachtung der Werbeanzeige. Da kann ein Model noch so attraktiv sein. Der Halo-Effekt hat hier keine Wirkung. Dem attraktiven Model werden also nicht automatisch positive Eigenschaften zugeschrieben, da man die Prominente bereits aus den Medien kennt und Vorurteile ihr gegenüber hat. Wenn der Rezipient negative Gefühle gegenüber der prominenten Persönlichkeit hat, wird kaum ein Nachahmungseffekt stattfinden (Praxmarer, 2001: 148). 2.5.5 Bei Stereotyp der Werbebildgestaltung überdurchschnittlich schönes werden Stereotypen äusseres eingesetzt, Erscheinungsbild welche sich durch ein auszeichnen, die dann als gesellschaftliche Trends und Klischees verbreitet werden (Glässel, 2010: 35). Stereotypen sind Vereinfachungsstrategien, welche Menschen verwenden; eine gelernte Einstellung gegenüber einer bestimmten Kategorie von Personen, indem von einer Eigenschaft auf andere geschlossen wird. Sie kategorisieren Personen und Ereignisse zu einem bestimmten Typ, je nach dem wie bestimmte Elemente einer Personengruppe wahrgenommen werden. Diese festgelegten Meinungen und Erwartungen sind oftmals falsch oder zumindest stark verzerrt. Beim “Beauty-isgood-Stereotype“ werden attraktiven Personen, auf Grund des Halo-Effekts, positivere Eigenschaften zugeschrieben als weniger attraktiven (Praxmarer, 2001: 50). Dieser Stereotyp ist sehr einflussreich, denn er wird durch unmittelbar sichtbare Information wahrgenommen. Da die beiden Elemente Kompetenz und Vertrauenswürdigkeit positive und erwünschenswerte Eigenschaften sind, werden diese eher attraktiven Personen zugeordnet (Praxmarer, 2001: 52). Visuelle Reize lösen dementsprechend emotionale Assoziationen aus, welche das Konsumentenverhalten bestimmen (Petri, 1991: 15). Assoziationen sind Verknüpfungsvorgänge im Gehirn, bei denen bestimmte psychische Bewusstseinsinhalte miteinander in Verbindung gebracht werden. Zu jedem abstrakten Begriff, wie beispielsweise Schönheit, schwebt einem eine bildliche Vorstellung im Kopf vor (Petri, 1991: 6). 13 Models in der Werbung als Schönheitsideale Stereotypen können als Komplexitätsreduktion hilfreich sein. Jedoch ist diese Verallgemeinerung mit Vorsicht zu geniessen, da sie mit Vorurteilen zur Diskriminierung bestimmter gesellschaftlicher Gruppen beitragen (Holtz-Bacha, 2008: 10). Schönheit wird also zum zentralen Element eines Werbemittels, da der Rezipient insbesondere die äussere Erscheinung der abgebildeten Person wahrnimmt. Andere Werte sind auf den ersten Blick nicht zugänglich (Praxmarer, 2001: 11). Durch die Medienkonsumation wird ein individuelles Schönheitsempfinden geprägt (Hoffmann und Mikos, 2010: 128). Hinsichtlich der Sozialisationsfunktion der Werbung, die Frauen auf nur wenige und realitätsfremde Stereotypen reduziert und so potentielle Wirkung auf das Selbst- und Fremdbild der Frauen ausübt, geraten die Medien zunehmend in Kritik (Vennemann und Holtz-Bacha, 2008: 76). Werbung regt also nicht nur zum Kauf von Produkten an, sondern trägt ebenso zur Verbreitung gesellschaftlicher Trends, Klischees und Stereotypen bei (Posch, 1999:108). 2.6 Einfluss der Models auf die Selbstwertschätzung der Frau Die Selbstwertschätzung eines Menschen ist vor allem wichtig für dessen Wohlbefinden. Menschen mit hoher Selbstwertschätzung neigen weniger zu Depressionen und sind im Umgang mit Belastungen resistenter. Menschen mit niedriger Selbstwertschätzung sind häufig unsicher hinsichtlich ihrer Leistungsfähigkeit und leiden oft unter Stimmungsschwankungen (Schütz, 2005: 1). Menschen ziehen ihre Selbstwertschätzung aus unterschiedlichen Quellen. Faktoren wie Fähigkeiten, Wissen, Attraktivität oder Sportlichkeit liegen an vorderster Stelle (Schütz, 2005: 15). Besonders gefährdet ist die Selbstwertschätzung, wenn sie von Bestimmungsgrössen abhängt, die vergänglich sind. Beispielsweise Sportlichkeit und Attraktivität. In der vorliegenden Arbeit wird der Fokus auf die Selbstwertquelle Attraktivität gelegt. Attraktive Frauen ziehen die Selbstwertschätzung in ihrer Jugend oftmals aus ihrem ansehnlichen Erscheinungsbild. Nimmt die Attraktivität mit zunehmendem Alter ab, kann dies zu massiven Selbstwerteinbussen führen (Schütz, 2005: 17). Vor allem im Jugendalter hat das Aussehen eine besondere Bedeutung bezüglich der Wahrnehmung der eigenen Person (Schütz, 2005: 52). Es besteht ein enger Zusammenhang zwischen einem positiven Körperbild und psychischer Zufriedenheit (Waldrich, 2004: 115). Die Selbstwertschätzung wird aber nicht nur bei Jugendlichen oft durch den Vergleich mit anderen abhängig gemacht. Da die Werbung in unserer massenmedialen Gesellschaft als Orientierungshilfe dient, vergleichen sich die Frauen aller Altersklassen mit den Werbemodels (Glässel, 2010: 64). Vorwiegend aber wird der Körperkult, und insbesondere der Schlankheitswahn, auf die Altersklasse zwischen 15 und 35 Jahren bezogen (Waldrich, 2004: 14 Models in der Werbung als Schönheitsideale 35). Der Vergleichsprozess hat dennoch vorwiegend für junge Menschen, welche mehr Bedarf an kritischem Denken haben als Erwachsene, schwerwiegende Folgen. Zudem erleben die Mädchen während der Pubertät einen körperlichen Wandel, bei dem es zur erkennbaren Umgestaltung der Körperproportionen kommt. Diese Veränderungen vollziehen sich in relativ kurzer Zeit und werden von den Mädchen unter dem Einfluss des kulturellen Schlankheitsdiktats als eine Art Schock erlebt. Zu derselben Zeit steht “Model“ an der Spitze der Traumberufe von Mädchen, was die Akzeptanz des Körperwandels zusätzlich erschwert (Waldrich, 2004: 113). Durch hochentwickelte Bildbearbeitungsprogramme werden die abgebildeten Models nochmals perfektioniert und entfernen sich immer weiter von der Realität (Zitt, 2008: 34). Dies macht es den jungen Mädchen und Frauen praktisch unmöglich die Figur und das Aussehen des nachgeeiferten Idols zu erreichen. Mit Vehemenz steht regelmässig zur Diskussion, ob die mediale Darstellung so genannter Magermodels, insbesondere für junge Frauen, als eine Art Vorbild dienen könnte und negative Wirkungen nach sich ziehen könnte (Koch und Hofer, 2008: 197). Da der Schlankheit-Stereotyp mit angenehmen Persönlichkeitsmerkmalen assoziiert wird, sind beleibtere Menschen sehr stark von Minderwertigkeitsgefühlen bedroht. Besonders bei Frauen werden überflüssige Pfunde geächtet (Posch, 1999: 151). Dick sein wird mit Hässlichkeit assoziiert, während schlank sein Schönheit bedeutet (Posch, 1999: 49). 2.6.1 Omnipräsenz der Medien Der westliche Durchschnittsmensch wird rund zwölf Mal am Tag mit dem Anblick eines Models konfrontiert. Sie sind die Repräsentanten der Schönheit und machen Schönheit zum Konsumgut (Posch, 1999: 60). Auch wenn wir diese Bilder nicht bewusst konsumieren, begegnen sie uns unweigerlich in Zeitschriften, an Plakatwänden und in der Fernsehwerbung (Posch, 1999: 67). Körperbilder und Schönheitsideale werden quasi öffentlich inszeniert (Posch, 1999: 100). Endlos lange Beine, makellose Haus und vor allem dünn wie nie zuvor. Gemäss der Theorie sozialer Vergleiche (Festinger, 1954: zitiert nach De Pasquale und Leschnikowski, 2007: 28) haben Menschen die Gewohnheit, sich mit ihren Mitmenschen bezüglich ihrer Fähigkeiten oder Eigenschaften zu vergleichen. Die Folgen des Vergleichs sind stark von dem Vergleichsstandard abhängig. Das Heranziehen eines hohen Vergleichsstandards, ein sogenannter Aufwärtsvergleich, kann in negativen Effekten resultieren (De Pasquale und Leschnikowski, 2007: 29). Bei dieser Flut an Bildern identifizieren sich Frauen nicht mehr mit realen, greifbaren Personen, sondern mit den medial kommunizierten Schönheitsikonen, wobei 15 Models in der Werbung als Schönheitsideale das Model den Vergleichsstandard setzt. Mit diesem Vergleich und der damit verbundenen Unterlegenheit werden negative Gefühle hervorgerufen. Er lässt die vergleichenden Frauen ihre eigene Attraktivität meist schlechter bewerten, als diejenige des meist künstlich erschaffenen Vergleichsobjekt. Dies löst Neid, Frustration und Selbstzweifel aus (De Pasquale und Leschnikowski, 2007: 31). Mit der heutigen Allgegenwärtigkeit der Medien, ist es für rezipierende Frauen schwierig, ein positives Selbstwertgefühl aufzubauen. Die Frau auf dem Werbebild ist immer schöner (Glässel, 2001: 53). 2.6.2 Körperkult Durch den propagierten Körperkult wächst für viele Frauen die Relevanz der Schönheit zu einem zentralen Lebensinhalt heran (Bauernfeind, Fauster und Lang, 2002: 83). Die ständige Auseinandersetzung mit Vorbildern aus der Werbung beeinflusst unsere Verhaltens- und Denkweisen (Posch, 1999: 108). Durch den psychischen Druck, dem Ideal zu entsprechen, sind Frauen bereit sich auf die zahlreichen Kosmetikprodukte und Diäten einzulassen (Posch, 1999: 116). Dieses ganze Geflecht von Schönheitsnormen würde nicht funktionieren, wenn die Frauen nicht mitmachen würden. Aber in ihren Köpfen spielt sich seit früher Kindheit ein Schönheits- und Schlankheitskult ab (Posch, 1999: 124). Der Körper bindet uns an ein Geschlecht und teilt uns ein limitiertes Mass an Schönheit, Intelligenz und Gesundheit zu (Waldrich, 2004: 19). Jedoch scheint das Aussehen heutzutage nicht mehr naturgegeben, sondern ist mit der nötigen Disziplin optional gestaltbar. Neben den alltäglichen verschönernden Massnahmen wie Kleidung, Kosmetik, Sport oder Diäten, ist in den letzten Jahren die Nachfrage nach Schönheitsoperationen gestiegen (Koch und Hofer, 2008: 202). Der immer stärker werdende Wunsch nach dem perfekten Gesicht und der Idealfigur, sowie die übermässige Beschäftigung mit einem eingebildeten Mangel in der äusseren Erscheinung, lassen das Geschäft der plastischen Chirurgie weltweit blühen (Zitt, 2008: 138). Erschreckend ist dabei die Anzahl junger Frauen, die sich bereits einer Schönheitsoperation unterziehen. In den USA haben sich im Jahr 2007 über 7ʼ000 Mädchen unter 18 Jahren die Brüste vergrössern lassen (ASAPS, 2008). Die verrückte Selbstverständlichkeit aus den USA, Schönheitsoperationen zum Schulabschluss oder zum Geburtstag zu schenken, scheint sich auch in Europa durchzusetzen (Zitt, 2008: 129). In Bezug auf den Körper erscheint heute alles möglich. Folglich wird der Eindruck erweckt, dass Frauen, die dem Schönheitsideal nicht entsprechen, dies selbst verschuldet haben. So setzen die omnipräsenten Werbebilder die Frauen enorm unter Druck, obwohl sie kaum realistische Optionen bieten (Glässel, 2008: 226) 16 Models in der Werbung als Schönheitsideale Nur etwa fünf Prozent der weiblichen Bevölkerung weist überhaupt die biologischen Voraussetzungen auf, den heutigen Idealkörper annähernd zu erreichen (Glässel, 2010: 8). Dies führt zu Unzufriedenheit, Verunsicherung und letztendlich zu Minderwertigkeitsgefühlen, welche die Mädchen und Frauen bis in eine psychische Depression oder Essstörung treiben kann. Die Frau der heutigen Gesellschaft lehnt ihren Körper dermassen ab wie nie zuvor (Posch, 1999: 97). In Westeuropa haben fast 50 Prozent der Mädchen zwischen elf und dreizehn Jahren bereits eine Diät gemacht. Etwa 40 Prozent dieser Mädchen und der weiblichen Jugendlichen bis neunzehn Jahre, welche normal- oder sogar untergewichtig sind, fühlen sich zu dick (Kabera, 1999: zitiert nach Zitt, 2008: 128). „Ach, könnten doch alle Mädchen und Frauen einige der so beneideten ʼBeautiesʻ, die von den Glanzcovern der Modemagazine retuschiert herunterstrahlen, einmal privat erleben: ungeschminkt, ungestylt, dürr, bleich, frustriert, essgestört, hungernd, erbrechend, elend, einsam... Das wäre sicher hilfreich, um dieses ʼSchönheitsidealʻ der jungen Generation wieder etwas in die Nähe der Realität zu rücken.“ (Worm, 1998: 135) 2.7 Die Wirkung von Models in der Werbung. Ein Vergleich bisheriger Studienergebnisse 2.7.1 Studienergebnisse negativer Auswirkungen von dünnen Models Eine Studie mit über 2000 Probandinnen ergab, dass sich bei denjenigen Frauen, die schlanke Models betrachteten, eher ein Effekt der unmittelbaren Körperunzufriedenheit zeigte, als bei denjenigen Probandinnen, die durchschnittlichen Models oder nicht personalen Medienbildern ausgesetzt waren. Ausserdem seien Frauen unter 19 Jahren und Frauen, die vormals schon mit Essstörungen konfrontiert waren, stärker empfänglich für diese negativen Effekte (Groesz, Levine und Murnen 2002: 7). Schlanke und übernatürlich attraktive Models ziehen demnach negative Effekte nach sich, deren Intensität vom Alter und der Anfälligkeit der Probandinnen abhängt (Koch und Hofer, 2008: 202). Die Korrelation zwischen der Häufigkeit der Mediennutzung und der Unzufriedenheit des eigenen Körpers und den daraus resultierenden Essstörungen erwies sich in verschiedenen Studien als positiv. Frauen, die vermehrt Magazine lesen oder hohen Fernsehkonsum vorweisen, leiden auch häufiger an Essstörungen (Koch und Hofer, 2008: 204). Auch Glässel ging der Forschungsfrage nach, inwieweit die Models in der Werbung das Selbstbild der Frauen beeinflussen. Dabei hat sie in zahlreichen Interviews aufgefordert, das aktuelle Schönheitsideal zu beschreiben, um herauszufinden, inwieweit sich dieses internalisiert hat. Die Beschreibung fiel bei den meisten sehr ähnlich aus. Die perfekte Frau sollte gross und 17 Models in der Werbung als Schönheitsideale schlank, teilweise sogar mager sein und lange Haare haben. Sie ist jung, sportlich und ihre Schönheit soll natürlich und makellos wirken. Besonders auffällig war die Tatsache, dass alle Interviewten das Kriterium schlank nannten. Zudem betonten rund die Hälfte der Frauen diesen Aspekt besonders stark und mit negativer Sinngebung, wie dürr oder ausgehungert (Glässel, 2008: 235). 2.7.2 Diskrepanz zwischen dem Model und der Rezipientin Eine erfolgreiche Produktvermarktung ist von der Stärke des Nachahmungswillens des Rezipienten abhängig. Wie bereits erwähnt, löst Attraktivität den Wunsch aus, so zu sein wie das Model auf der Werbeanzeige. Die erste Voraussetzung zur Nachahmung ist also die erwünschte Ähnlichkeit. Praxmarer (2001) und De Pasquale (2007) haben in ihren Studien nachgewiesen, dass der Nachahmungseffekt als mögliche Einstellungsbildung bei Rezipienten am stärksten dann auftritt, wenn der Kommunikator ein realistisches Vorbild darstellt; das heisst, die Distanz zwischen Betrachter und Model sollte nicht allzu gross sein (Praxmarer, 2001: 63). Demnach ist die Aussage, dass das Model möglichst attraktiv sein soll, um eine positive Wirkung auf die Kaufabsicht auszulösen, mit Vorsicht zu geniessen. Es braucht eine gewisse wahrgenommene Ähnlichkeit zwischen dem Model und der Rezipientin, damit sich die Rezipientin mit dem Model identifizieren kann. Eine mangelnde wahrgenommene Ähnlichkeit könnte eine zu grosse Distanz zwischen dem Model und der Rezipientin auslösen, was den Nachahmungseffekt möglicherweise unterbricht oder verringert (De Pasquale und Leschnikowski, 2007: 26). Ein extrem attraktives Model könnte demnach zu einer zu starken Distanzwahrnehmung und zu einem geringeren Nachahmungseffekt führen (Praxmarer, 2001: 63). Die tatsächliche Diskrepanz zwischen dem Model und dem Beobachter darf also laut dieser Studienergebnisse nicht zu gross sein, da die Models sonst als nicht realistische Vorbilder und daher nicht als nachahmenswert gelten. Je besser sich eine Person mit einer anderen identifizieren kann, desto eher ahmt sie diese nach (Praxmarer, 2001: 74). De Pasquale und Leschnikowski haben in ihrer Studie im Hinblick auf die Wirkung von Werbemodels dargelegt, dass je grösser die Diskrepanz der verglichenen Eigenschaft ausfällt, die Rezipientinnen eher negative Gefühle entwickeln. Je höher also die Rezipientinnen die Attraktivität des Models einschätzten, desto stärker war ihre negative Einstellung gegenüber der Werbung und schlussendlich auch gegenüber der Marke. Hingegen wurden bei durchschnittlichen Models, bei welchen die Rezipientinnen eine höhere Ähnlichkeit wahrnahmen, positive Gefühle gegenüber der Werbung und der Marke gemessen. Dieselben Wirkungen erwiesen sich bei dieser Studie bezüglich des Selbstwertgefühls der Frauen; während 18 Models in der Werbung als Schönheitsideale ein hoch attraktives Model negative Selbstwertgefühle auslöste, waren diese bei den normal attraktiven Models positiv. 2.7.3 Studienergebnisse positiver Auswirkungen von dünnen Models Viele Studienergebnisse belegen, dass sich Frauen nach dem Betrachten von Schönheitsidealen auf Werbebildern schlechter und dicker fühlen. Ironischerweise haben andere Studie genau das Gegenteil bewiesen. Nämlich dass sich die Frauen, nachdem sie dem Anblick von Schönheitsidealen ausgesetzt waren, sogar dünner und attraktiver gefühlt haben (Myers und Biocca, 1992: 126). Auch Praxmarer hat in einer ihrer Studien von 2006 den Ansatz widerlegt, dass hoch attraktive Models Frustrationen und andere negative Gefühle bei den Rezipientinnen auslösen, da anscheinend das Model als Vergleichsstandard zu hoch ist und unerreichbar wirkt. Ihre Studie zeigte, dass sich sowohl die Rezipientinnen, welche sich selbst als unattraktiv bezeichnen, als auch diejenigen, welche ein gesundes Selbstbewusstsein geniessen, eher auf die extremen Medienschönheiten ansprechen, als auf durchschnittliche Models (Praxmarer, 2006: 103). Dies wird damit begründet, dass einem dem Schönheitsideal entsprechenden Stereotypen automatisch positive Charaktereigenschaften zugeschrieben werden. Darunter auch die Glaubwürdigkeit, welche sich aus den Elementen Kompetenz und Vertrauenswürdigkeit zusammensetzt. Diese Einstellungen sollen zum Nahahmungseffekt und schlussendlich zum Kauf des Produktes anregen. Laut verschiedener Studien, darunter diejenige von De Pasquale und Leschnikowski sowie eine frühere Studie von Praxmarer aus dem Jahr 2001, kann der Nachahmungseffekt durch eine zu grosse Diskrepanz zwischen dem Model und der Rezipientin abgeschwächt werden, wodurch das Werbeziel verfehlt wird (Bower und Landreth, 2001: 3). In der Studie von 2006 untersuchte Praxmarer diese Gegebenheiten nochmals. Darauf basierend stellte sie zwei Hypothesen auf. Die erste besagte, dass die Attraktivität eines Models einen positiven Einfluss auf die Einstellung der Rezipientin gegenüber der Werbeanzeige hat. Diese positive Einstellung gegenüber der Werbeanzeige, löst eine positive Einstellung gegenüber dem beworbenen Produkt und letztendlich Kaufabsicht aus. Die zweite Hypothese greift den negativen Aspekt von attraktiven Werbemodels auf und legt dar, dass durchschnittliche Rezipientinnen, welche eine zu grosse Diskrepanz zwischen der eigenen Attraktivität und derjenigen des Models wahrnehmen, eine negative Einstellung gegenüber der Werbeanzeige entwickeln. Diese negative Einstellung überträgt sich auf das Produkt und wirkt sich negativ auf die Kaufabsicht aus (Praxmarer, 2006: 104). Die Studie konzentrierte sich auf die Attraktivität des Gesichts und wurde mit den zwei 19 Models in der Werbung als Schönheitsideale prominenten Tennisspielerinnen Anna Kournikova und Jana Novotna als Werbemodels durchgeführt. Dabei entspricht die junge, attraktive Anna Kournikova eindeutig stärker dem Schönheitsideal als Jana Novotna. Als Testpersonen kamen lediglich diejenigen Frauen in Frage, welche beide Tennisspielerinnen kannten. Die Testpersonen wurden anhand ihrer Wahrnehmung der eigenen Attraktivität in Gruppen eingeteilt. Alle Gruppen, bis auf eine, haben positiver auf die Werbeanzeige mit dem attraktiveren Model reagiert. Sogar diejenige Gruppe von Frauen, welche sich selbst im tiefsten Grad der Attraktivität eingestuft hatte, zeigte positive Reaktionen und eine positive Einstellung gegenüber dem attraktiveren Werbemodel. Auch die Kaufabsicht war bei der Werbeanzeige mit Anna Kournikova höher (Praxmarer, 2006: 107). Die Analyse der Ergebnisse ergab, dass das attraktivere Model positivere Effekte auf die Einstellung der Rezipientinnen hatte. Somit kann die erste Hypothese bestätigt werden. Die zweite Hypothese muss verworfen werden, da selbst die durchschnittlichen bis nicht attraktiven Rezipientinnen eine positivere Einstellung gegenüber der Werbeanzeige mit dem attraktiveren Model hatten, als gegenüber derjenigen mit dem normal attraktiven (Praxmarer, 2006: 109). Die Theorie, dass eine zu hohe Diskrepanz der Attraktivität der Rezipientinnen gegenüber der Attraktivität des Werbemodels zu weniger Nachahmungseffekt führt oder gar negative Gefühle auslöst, kann nicht bestätigt werden. Praxmarer (2006: 110) zieht aus ihrer Studie den Schluss, dass die kontrovers diskutierte Wirkung der hoch attraktiven Models wahrscheinlich eher einen ethischen Hintergrund hat, als effektive Einflüsse auf die Werbewirkung. Zur Diskussion steht in der Studie von Praxmarer (2006) insbesondere der Einsatz von prominenten Persönlichkeiten, der eine objektive Bewertung der Models erschwert. Da es in der Studie um die Wirkung der Attraktivität geht, sollten möglichst alle Störfaktoren eliminiert werden. Ein prominenter Kommunikator erweist sich als Störfaktor, da die Rezipienten sich aus den Medienberichten bereits ein Bild dieser prominenten Person gemacht haben. Wenn spezifisch die Wirkung der physischen Attraktivität als erste Interaktion untersucht werden soll, dürfen keine anderen Assoziationen gegenüber der Werbeperson vorliegen. Praxmarer hat zwar die Testpersonen vorab auf diese Vorurteile befragt und es hat sich keine Tendenz gezeigt, ob die prominenten Tennisspielerinnen durch Schlagzeilen besonders positiv oder negativ aufgefallen wären. Trotzdem reicht eine explizite Befragung dieser Art nicht aus, da die Rezipientinnen womöglich keinen bewussten Zugang zu den Vorurteilen und Assoziationen gegenüber einer prominenten Person haben. 20 Models 2.7.4 in der Werbung als Schönheitsideale Match-up-Hypothese Die Match-up-Hypothese besagt, dass das beworbene Produkt und das Image des Kommunikators zusammenpassen sollen. Demnach wären attraktive Werbepersonen nur bei attraktivitätsrelevanten Produkten, wie beispielsweise Körperpflegeprodukten wirkungsvoll. Bei attraktivitätsirrelevanten Produkten hingegen, hätten attraktive Kommunikatoren keine Wirkung. Diese Hypothese wird jedoch nicht theoretisch begründet (Praxmarer, 2001: 78). Auf Grund der bereits erwähnten Effekte von attraktiven Werbepersonen, wie etwa höhere Aufmerksamkeit, stärkere Interaktionswilligkeit und Nachahmungseffekt, wird in dieser Studie davon ausgegangen, dass diese unabhängig des beworbenen Produktes wirken. Die Unabhängigkeit der Wirkung von physischer Attraktivität in Bezug auf beworbene Produkte hat auch Praxmarer in ihrer Studie bestätigt. Die hochattraktive Tennisspielerin Anna Kournikova und die normal attraktive Jana Novotna wurden jeweils für die Werbeanzeige eines Lippenstifts, was ein attraktivitätsrelevantes Produkt ist, und für die eines Staubsaugers, was ein attraktivitätsirrelevantes Produkt ist, als Model verwendet. Die Ergebnisse unterschieden sich nicht. Bei beiden Produkten hat das attraktivere Model positivere Gefühle bei den Rezipientinnen ausgelöst und entsprechende Auswirkungen auf die Einstellung gegenüber der Werbung und gegenüber dem Produkt nach sich gezogen (Praxmarer, 2006: 109). Die Forschungslage zur Wirkungsfrage von dünnen und höchst attraktiven Werbemodels gestaltet sich diffus. Zum einen verweisen die Studienergebnisse auf negative Wirkungen, andererseits zeigen einige Ausnahmen aber auch positive Effekte. Mögliche negative Wirkungen sind verzerrte Wahrnehmungen des eigenen Körpers und dadurch Unzufriedenheit, negative Gefühle wie Schuld, Scham oder gar depressive Auswirkungen, welche wiederum das Selbstwertgefühl beeinflussen (Koch und Hofer, 2008: 200). 2.7.5 Involvement Die Wirkung eines attraktiven Models kann je nach Involvementgrad des beworbenen Produkts variieren. Allgemein bedeutet Involvement, inwiefern der Rezipient motiviert ist, sich gedanklich mit der angebotenen Information auseinanderzusetzen (Praxmarer, 2001: 69). Das Produktklasseinvolvement ist einer der wichtigsten und in der Literatur am häufigsten berücksichtigte Involvementbegriff (Praxmarer, 2001: 70). Beim Produktklasseinvolvement sind die verschiedenen Produktbereiche mit unterschiedlichen Involvements der Nachfrager verbunden (Praxmarer, 2001: 69). Wenn sich ein Nachfrager also mit einem Produktkauf stärker auseinandersetzt, hat er ein höheres Involvement. Ein Beipiel für hohes Involvement (HighInvolvement) ist beispielsweise der Kauf eines Autos, da diese Art Produktkauf mit höheren 21 Models in der Werbung als Schönheitsideale Ausgaben verbunden ist und man sich daher stärker damit beschäftigt. Ein weiteres Merkmal für ein Produkt mit hohem Involvement ist, dass eine Fehlentscheidung in Zukunft negative Folgen mit sich bringen könnte (Praxmarer, 2001: 124). High-Involvement liegt demnach vor, wenn ein Kauf mit relativ hohen Risiken verbunden ist und dem Konsument genügend Zeit für die Entscheidungsfindung zur Verfügung steht (Mayer, 1993: 56). Dagegen gehören alltägliche Verbrauchsgüter wie zum Beispiel Toilettenpapier zu den Low-Involvement-Produkten. Zur Wirkung der physischen Attraktivität eines Models in Abhängigkeit des Involvements des beworbenen Produkts, können keine eindeutigen Annahmen abgeleitet werden (Praxmarer, 2001: 125). Gemäss verschiedenen Studien sollte die Attraktivität bei hohem Produktklasseinvolvement keinen Einfluss auf die Kaufentscheidungen haben, da sich der Konsument sehr stark mit dem Produkt auseinandersetzt, und nicht mit dessen Vermarktung. Allerdings haben bisherige Befunde gezeigt, dass das Produktklasseinvolvement für einen Produktbereich nicht für alle Nachfrager gleich empfunden wird und somit nicht eindeutig abschätzbar ist. Daher kann die Attraktivität sehr wohl einen Einfluss haben. Das Gegenteil bewies die Studie von Caballero und Solomon (1984: 21), die in US-amerikanischen Supermärkten die Absatzzahlen für die Produkte Bier und Gesichtstücher in Abhängigkeit der physischen Attraktivität des Kommunikators untersucht hat. Bier wird als High-Involvement-Produkt eingestuft, die Gesichtstücher dagegen wurden als Low-Involvement-Produkte bezeichnet, da hier der Käufer kein Fehlkaufrisiko wahrnehmen dürfte. Obwohl der Effekt der Attraktivität vor allem bei Low-Involvement-Produkten wirken sollte, führte im Produktbereich Gesichtstücher der Einsatz des unattraktiven Models zu höheren Absatzzahlen, als das attraktivere. Dies könnte durch die besondere Auffälligkeit des unattraktiven Models begründet werden, welche Aufmerksamkeit auf sich zieht (Praxmarer, 2001: 108). Da die Wirkung der Attraktivität in Abhängigkeit des Involvements nicht eindeutig bestimmt werden kann, wird das Produktklasseinvolvement in der vorliegenden Studie nicht berücksichtigt. 2.7.6 Massnahmen gegen den Schlankheits-Stereotyp Die öffentliche Sorge um die mögliche schädliche Wirkung der Darstellung von zu schlanken Werbemodels ist durchaus berechtigt. Bisherige Studien legen nahe, dass negative Effekte für bestimmte Rezipientinnen unter bestimmten Umständen eintreten können. Jedoch gibt es auch Studien, die das Gegenteil behaupten. So können, auf Grund der teils zustimmenden, teils widersprüchlichen Ergebnissen, die Befürchtungen nicht mit Klarheit bestätigt oder entkräftet werden (Koch und Hofer, 2008: 216). Es steht die Frage im Vordergrund wie die Rezipientinnen die in der Werbung dargestellten Frauentypen wahrnehmen und ob die Werbemodels auf reale Frauen ansprechend wirken. Fakt ist, dass immer mehr Gegenbewegungen unternommen werden, um dem vermittelten 22 Models in der Werbung als Schönheitsideale Schönheitsideal entgegenzuwirken. Das wohl prominenteste Beispiel dafür ist die Kampagne vom Kosmetikhersteller Dove im Frühjahr 2004 (Koch und Hofer, 2008: 197). Sie bewarben Körperpflegeprodukte mit molligen, respektive durchschnittlichen Models und nannten die Kampagne “Initiative für wahre Schönheit“ (Koch und Hofer, 2008: 198). Ein gesellschaftlicher Wandel gegen die Magermodels sollte so ausgelöst werden und fand durchaus Anklang. Vennemann und Holtz-Bacha untersuchten im Frühjahr 2007, wie Frauen im Werbefernsehen dargestellt werden und wie die Rezipientinnen die Werbefrauen wahrnehmen (Vennemann und Holtz-Bacha, 2008: 76). Die “Dove-Frau“ wurde im Vergleich am positivsten wahrgenommen, da sie sich von anderen Werbefiguren bewusst abgrenzt und nicht in eine strikt einzuhaltende Schönheits- und Figurnorm gezwängt wird. Die gelebte Natürlichkeit sorgt für hohe Akzeptanz der Rezipientinnen (Vennemann und Holtz-Bacha, 2008: 93). Obwohl das Aussehen der DoveModels von der untersuchten Gruppe negativ bewertet wurde, wirken sie auf die Teilnehmerinnen glaubwürdig. Die gesamte Kampagne erhält eine positive Bewertung, da sie das richtige Produkt für jeden Typ Frau präsentiert. Man schliesst sich der Botschaft von Dove an, dass jeder auf seine Art attraktiv sein kann. (Vennemann und Holtz-Bacha, 2008: 100). Bei der Studie von Glässel wurde mit weiblichen Versuchspersonen Interviews über die weibliche Schönheit geführt, um herauszufinden, inwieweit die Werbung die Selbstwahrnehmung der Frau beeinflusst und verzerrt und wie der eigene Körper wahrgenommen wird. Dabei wurden den Frauen Werbebilder mit verschiedenen Models gezeigt. Die Analyse der Ergebnisse schliesst darauf, dass die grosse Mehrheit spontan Werbungen mit realistischen Models (Dove) nannten, als sie gefragt wurden, welche Werbung ihnen besonders gut gefällt. Dagegen lehnten sie Werbung mit superschlanken und überaus schönen Models ab (Glässel, 2010: 132–134). Es besteht nach wie vor Forschungsbedarf, was die Wirkung von physischer Attraktivität der Werbefiguren angeht. Zwar wird davon ausgegangen, dass attraktive Models die Einstellungen der Rezipienten verbessern, aber unter welchen Bedingungen dies gilt, steht noch offen. Ferner muss auch in Betracht gezogen werden, dass sich eine hohe Attraktivität auch negativ auswirken, ja sogar störend sein kann (Praxmarer, 2001: 3). 23 Implizites und explizites Wissen 3 Implizites und explizites Wissen Das explizite Gedächtnis umfasst alle Inhalte, die dem Bewusstsein direkt zugänglich sind und sprachlich berichtet werden können. Es wird auch das deklarative Gedächtnis genannt. Dazu gehören beispielsweise Wissen, Fakten, Daten sowie Erinnerungen aus der persönlichen Lebensgeschichte. Das implizite oder nondeklarative Gedächtnis bezieht sich auf diejenigen Inhalte, welche dem Bewusstsein nur schwer oder gar nicht zugänglich sind. Implizite Gedächtnisinhalte sind die Ergebnisse zahlreicher Lernvorgänge, wie beispielsweise das Sprechen und motorische Fähigkeiten wie das Fahrradfahren oder das Schwimmen (Winkel, Petermann und Petermann, 2006: 37). Diese Lernvorgänge finden ohne Beteiligung des Bewusstseins und ohne gezielte Lernabsicht statt (Winkel et al., 2006: 209). Ist implizites Wissen einmal erworben, bleibt es über lange Zeiträume erhalten und ist nur schwer löschbar (Winkel et al., 2006: 211). „Von implizitem Gedächtnis spricht man, wenn Verhalten durch frühere Erfahrungen beeinflusst wird, ohne dass bewusste Erinnerungen an diese Erfahrungen vorhanden sind.“ (Perrig, 1996: zitiert nach Winkel et al., 2006: 37) Das Interesse der Forschung an diesem unbewussten Verhalten ist in den letzten Jahren deutlich angestiegen (Winkel et al., 2006: 209). Die Inhalte des impliziten Gedächtnis können durch indirekte Gedächtnistests eruiert werden (Winkel et al., 2006: 38). Implizites Wissen steuert das Verhalten bei Entscheidungen oder Auswahlverfahren. Die Testperson kann das Resultat des impliziten Wissens nicht beeinflussen. Im Gegensatz dazu könnte sie sich bei einem direkten expliziten Test dumm stellen, indem sie weniger sagt als sie weiss (Winkel et al., 2006: 212). Implizite Assoziationen sind demnach auf früheren Erfahrungen basierende Verknüpfungen im Gehirn, die ein bestimmter Stimulus hervorruft, ohne dass eine bewusste Erinnerung oder Erklärung dieser Erfahrungen vorliegt. 3.1 Impliziter Assoziationstest (IAT) Die Forschung in der kognitiven Psychologie hat in den letzten 30 Jahren grosse Fortschritte gemacht. Allerdings hat Fragebogenmassnahmen man sich festgehalten. dabei Diese in hohem erweisen sich Masse als an einfache traditionellen und relativ kostengünstige Methoden zur Erfassung von Einstellungen. Jedoch bestehen auch Vorbehalte aufgrund der leichten Verfälschbarkeit zu Gunsten der sozialen Erwünschtheit (Wentura und Degner, 2006: 53). Die Methoden wurden in den letzten Jahren weiterentwickelt. Diejenigen Verfahren, die Verhaltensindizes nutzen, um auf Gedächtnisprozesse zu schliessen, erleben zur Zeit geradezu einen Boom (Wentura und Degner, 2006: 51). Der im Jahr 1998 erstmals 24 Implizites und explizites Wissen vorgestellte Implizite Assoziationstest (Greenwald, McGhee und Schwartz, 1998: 1464) ist ein Gedächtnistest, der die impliziten Assoziationen betreffend Einstellungen oder Vorurteilen basierend auf Reaktionszeiten misst. Schon seit den 80er Jahren haben die Wissenschaftler ein Augenmerk auf die Reaktionszeit als Indiz für implizite Prozesse und Einstellungen (Greenwald, Maison und Bruin, 2004: 406). Doch kein anderes Verfahren hat in der Geschichte der Psychologie in so kurzer Zeit eine derartige Aufmerksamkeit erlangt, wie der Implizite Assoziationstest (Gawronski und Conrey, 2004: 118). Der IAT ist zu einem sehr wichtigen Element der Persönlichkeits- und Sozialpsychologie geworden, welche letztendlich das Konsumentenverhalten bestimmen. Er bestimmt automatische Assoziationen zwischen bipolaren Zielobjekten (z.B. “schwarze“ und “weisse“ Bevölkerung) und bipolaren Eigenschaften (z.B. “gut“ und “schlecht“) durch eine Allokationsaufgabe (Dimofte, 2010: 925). Die höchste Aufmerksamkeit erlangen dabei die Stereotypen und das gesundheitsbezogene Verhalten. Zum letzteren gehören die Wahl der Lebensmittel, Alkohol- oder Zigarettenkonsum (Greenwald, Banaji, Nosek und Lane, 2007: 78). Es wird angenommen, dass implizite Verfahren wie der IAT spontanes Verhalten messen, während explizite Tests primär das kontrollierte Verhalten vorhersagen sollten (Gawronski und Conrey, 2004: 120). Der IAT vermag vor allem diejenigen Aspekte vorherzusagen, die mit herkömmlichen Fragebogenverfahren nur schwer erfasst werden können. So beispielsweise spontane Verhaltensmuster, wie nonverbales Verhalten (Gawronski und Conrey, 2004: 123). 3.2 Funktion und Beispiel eines IAT Da der IAT die impliziten Assoziationen und Einstellungen misst, liegt er im Gegensatz zum klassischen Fragebogen keinen expliziten Selbstberichten zu Grunde. Die Testperson kann also das Ergebnis nicht bewusst beeinflussen. Gemäss aktuellem Forschungsstand ist der IAT ein brauchbares Instrument, um generelle Assoziationen und speziell implizite Präferenzen in Bezug auf zwei dichotome Merkmale zu messen (Friese et al., 2006: 728). Er bestimmt die impliziten Werte anhand der Messung von Reaktionszeiten, über die indirekt auf die Persönlichkeitsmerkmale geschlossen werden kann (Gawronski, 2006: 53). Der IAT wird anhand einer Software an einem Computer durchgeführt, um die Messung der Reaktionszeiten zu gewährleisten. Die Standardversion des IAT besteht aus fünf Blöcken. Drei dieser Blöcke dienen zur Übung, die zwei weiteren sind ausschlaggebend für die Messung des in Frage stehenden Persönlichkeitsmerkmals (Gawronski, 2006: 55). Es gilt, bestimmte Stimuli in Form von Bildern oder Begriffen an je zwei bipolare Kategorien mittels Tastenkombination zuzuordnen. Auf dem Bildschirm erscheinen oben rechts und oben links jeweils eine Kategorie. 25 Implizites und explizites Wissen Der Test soll am Beispiel “Blumen“ und “Insekten“ veranschaulicht werden (Greenwald et al., 2007: 62). Im ersten Block erscheinen in der Mitte nacheinander Abbildungen von Blumen oder Insekten als Stimuli, welche durch das Antippen der Taste “e“ der linken Kategorie (Blumen) und durch die Taste “i“ der rechten Kategorie (Insekten) zugeordnet werden sollen. Die Bilder erscheinen zufällig, also in einer immer wieder anderen Reihenfolge. Es folgen nie zwei genau gleiche Stimuli aufeinander. Die Zuordnung der Stimuli soll möglichst rasch und fehlerfrei erfolgen. Im Falle eines Fehlers wird dies mit einem roten Kreuz auf dem Bildschirm gekennzeichnet. Die Testperson wird auf diese Weise aufgefordert, den Fehler zu korrigieren, indem die richtige Taste angetippt wird. Im zweiten Block werden die Kategorien durch “Gut“ und “Schlecht“ ersetzt. Nun erscheinen in der Mitte des Bildschirms gute Begriffe wie beispielsweise Freude, Erfolg oder Lachen und andererseits schlechte Begriffe wie Böse, Übel oder Grausam. Nach dem gleichen Prinzip wie im ersten Block die Bilder zugeordnet wurden, sollen nun die Begriffe den Kategorien zugeteilt werden. Block eins und Block zwei dienen der Übung der vorgegebenen Tastenbelegungen. Der dritte Block ist der erste der fünf Blöcke, der für die Messung der persönlichen Einstellung gegenüber den Stimuli bestimmt ist. Hier werden die vier Kategorien kombiniert. Auf der linken Seite erscheinen die Kategorien “Blumen“ und “Gut“, die rechte Seite ist für die Kategorien “Insekten“ und “Schlecht“ vorgesehen. Nun erscheinen durcheinander die Bilder aus Block eins und die Begriffe aus Block zwei. Die Bilder werden wiederum den Kategorien “Blumen“ und “Insekten“ zugeordnet, die Begriffe den Kategorien “Gut“ und “Schlecht“. Der vierte Block entspricht dem ersten, nur sind dabei die Kategorien vertauscht; das heisst die Kategorie “Blumen“ steht nun auf der rechten und die Kategorie “Insekten“ auf der linken Seite. Im fünften und letzten Block, welcher wiederum zur Messung des Persönlichkeitsmerkmals verwendet wird, werden die Kategorien schliesslich so kombiniert, dass auf der linken Seite die Kategorien “Insekten“ und “Gut“ und auf der rechten Seite die Kategorien “Blumen“ und “Schlecht“ stehen. In allen fünf Blöcken werden die Reaktionszeiten jeder einzelnen Zuteilung gemessen und erfasst. Hat die Testperson eine starke Assoziation zwischen den beiden Kategorien, die auf der gleichen Seite stehen (z.B. “Blumen“ und “Gut“), beträgt die Reaktionszeit normalerweise zwischen 400 und 600 Millisekunden. Ist die Assoziation nicht gegeben, fällt die Reaktionszeit 200 bis 300 Millisekunden länger aus (Gladwell, 2005: 81). Ist die Summe der Reaktionszeiten im dritten Block kürzer als diejenige des fünften Blocks, hat die Testperson stärkere positive, implizite Assoziationen gegenüber Blumen als gegenüber Insekten. Es ist ihr demnach leichter gefallen die Stimuli einzuordnen, wenn die Kategorien “Blumen“ und “Gut“ auf der gleichen Seite standen und 26 Implizites und explizites Wissen somit derselben Taste zugehörten. Entgegengesetzt dazu benötigte die Person mehr Zeit wenn die Kategorie “Blumen“ und die Kategorie “Schlecht“ auf derselben Seite aufgeführt waren. Die Testperson hat also eine Präferenz für Blumen. Im gegenteiligen Fall überwiegen die positiven impliziten Assoziationen gegenüber Insekten. Dies könnte bei einer Person der Fall sein, die eine hohe Affinität zu Insekten hat, weil sie sich vielleicht beruflich oder als Hobby mit ihnen beschäftigt und daher eine Präferenz für Insekten hat. Die Präferenz ist von der individuell wahrgenommenen Kompatibilität der Kategoriekombinationen (“Insekten“ mit “Gut“ oder “Insekten“ mit “Schlecht“) abhängig. Wie stark diese Präferenz ausfällt, wird anhand der Standardabweichung (SD=Standard Deviation) der Summe aller Reaktionszeiten (RZ) in Block drei und Block fünf bestimmt. Der IAT misst demnach die Stärke von automatisch aktivierten Assoziationen im Gedächtnis (Greenwald et al., 1998: 1464). Diese Stärke wird mit dem Parameter “D“ bezeichnet. Die Formel für “D“ lautet: ∑ RZ Block 5 − ∑ RZ Block 3 ⎛ ⎞ ⎜ SD ⎜∑ RZ Block 3 + ∑ RZ Block 5⎟⎟ ⎝ ⎠ Die Division der Differenz zweier Werte durch die Standardabweichung erinnert stark an die € Messung der Effektstärke “d“, die auf Cohen (1977) zurückgeht. Cohen's “d“ misst die Effektgrösse für Mittelwertunterschiede und dessen praktische Relevanz. Der Unterschied des hier vorliegenden Parameters “D“ und dem der Effektstärke “d“ ist, dass die Standardabweichung als Divisor in der Formel für “D“ von der Summe aller Werte in Block drei und Block fünf, unabhängig von deren Zugehörigkeit, berechnet wurde, während die Standardabweichung für die Berechnung von “d“ die Zugehörigkeiten der beiden Mittelwerte unterscheidet (Greenwald, Banaji und Nosek, 2003: 201). Alle Reaktionszeiten unter 300 und über 3'000 Millisekunden werden automatisch ausgeschlossen und nicht in die Berechnung miteinbezogen, da sie ungewöhnlich hoch oder tief sind. Hingegen werden die Reaktionszeiten, welche durch eine nötige Korrektur eines Fehlers länger ausfallen, miteinbezogen (Greenwald et al., 2003: 197). Dies ist der Hauptunterschied im Vergleich zu anderen Methoden, welche das implizite Wissen anhand von Reaktionszeiten eruieren (Greenwald et al., 2003: 201). Eine Studie von Greenwald verglich die Inklusion der Fehlerzeiten im Gegensatz zu dessen Ausschluss. Die Analyse der Ergebnisse zeigte einen erhöhten IAT Effekt, wenn die längeren 27 Implizites und explizites Wissen Reaktionszeiten durch Fehler miteinbezogen wurden. Daher erweist es sich als sinnvoll, die Zeitverzögerungen durch Fehler im Ergebnis zu berücksichtigen (Greenwald et al., 2003: 202). Resultate, welche einen überdurchschnittlich hohen Mittelwert der Reaktionszeiten oder eine für den Test ungewöhnlich hohe Fehlerquote aufweisen, werden vollständig ausgegrenzt (Greenwald et al., 2003: 197). 3.3 Verwendete Stimuli im IAT Die IAT-Ergebnisse werden nicht allein durch die Kategorieassoziationen bestimmt, sondern hängen auch vom Stimulusmaterial ab (Gawronski und Conrey, 2004: 122). Die Einordnung erfordert einfache und klar zuordenbare Bilder und Begriffe, sowie hinreichendes Wissen der Testperson über die Kategoriezugehörigkeit der präsentierten Stimuli. Entsprechen die Stimuli diesen Kriterien, kann die Zuordnung schneller erfolgen und ist von weniger Fehlern behaftet (Greenwald et al., 2007: 87). Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, so ist die Differenzierbarkeit im Sinne des “D“-Parameters gleich null (Gawronski, 2006: 63). So wäre etwa die Brennessel kein sinnvoller Stimuli für das vorab genannte Testbeispiel, da dies bei Personen, die normalerweise positive Assoziationen gegenüber Blumen haben, zu einer veränderten Interpretation führen kann. Auch bei den Begriffen ist Vorsicht geboten. Die Testperson muss in der Lage sein, den Begriff auf einen Blick der richtigen Kategorie zuzuordnen. Von ähnlichen Antonymen wie “glücklich“ und “unglücklich“ ist deshalb abzuraten, da sie optisch zu ähnlich sind, um sie genug schnell zu unterscheiden (Greenwald et al., 2007: 87). Die Analyse einer Studie von Gawronski bestärkt diese Gegebenheiten zusätzlich. Es wurde erforscht, dass implizite, negative Vorurteile gegenüber Afroamerikanern geringer ausfallen, wenn positiv bewertete schwarze Personen (z.B. Michael Jordan) als Stimuli verwendet werden (Gawronski und Conrey, 2004: 122). So kann es vorkommen, dass die Ergebnisse zweier inhaltlich gleicher IATs divergieren, da verschiedene Stimuli verwendet wurden (Gawronski und Conrey, 2004: 123). Wie viele Stimuli pro Kategorie für ein repräsentatives Ergebnis erforderlich sind, ist umstritten. Eine Studie von Greenwald (1998) zeigte, dass die Effektstärke der Präferenz bei der Verwendung von 5 oder 25 Stimuli unverändert blieb. Auf der einen Seite kann eine grosse Anzahl unterschiedlicher Stimuli die Repräsentanz der Kategorie erhöhen, andererseits ist eine kleinere Anzahl Stimuli fokussierter auf die Wortbedeutung der Kategorie und verhindert die Mehrdeutigkeit (Greenwald, Banaji und Nosek, 2005: 12). Eine kleinere Anzahl an Stimulusmaterial hat demzufolge keinen Einfluss auf das Ergebnis des Tests (Greenwald et al., 2005: 16). Es sollten jedoch mindestens zwei pro Kategorie sein (Greenwald et al., 2005: 20). 28 Implizites und explizites Wissen Neben den Stimuli sind auch die Kategorien ausschlaggebend (Greenwald et al., 2005: 5). Sie müssen jeweils bipolar zueinander stehen. Die Kategorien müssen eindeutig gewählt werden, damit die Stimuli repräsentativ zugeordnet werden können. 3.4 Zusammenhang zwischen expliziten und impliziten Testergebnisse Der Zusammenhang zwischen impliziten und expliziten Messungen ist von der Art des Tests sowie von den Testpersonen abhängig. Es kann daher aus den bisherigen Studien keine verbindliche Aussage bezüglich der Korrelation gezogen werden. Es wurde jedoch beobachtet, dass die Korrelation stärker ist, wenn das zu Grunde liegende Thema sozial irrelevant ist. So wie beispielsweise der Vergleich zweier Joghurt-Marken, welche keinen ethischen Hintergrund haben (Greenwald, Maison und Bruin, 2004: 407). Ist hingegen das Thema sozial sensitiv, ist die Korrelation schwächer. Dies ist der Fall, wenn sich die befragten Personen regelrecht gezwungen fühlen, eine sozial akzeptierte oder erwünschte Antwort zu geben. So wie beispielsweise bezüglich Rassenvorurteilen niemand offen zugeben würde, dass er eine Präferenz für die weisse Bevölkerung hat. In diesem Fall würden bei einer expliziten Befragung mit hoher Wahrscheinlichkeit falsche oder verzerrte Antworten gegeben werden, da die Testpersonen ihre Berichte bewusst beeinflussen können (Greenwald, Brunel und Tietje, 2004: 387). Auch bezüglich gesundheitsbezogenem Verhalten haben explizite Befragungen wenig verlässliche Ergebnisse gezeigt. Die Einstellung und die vorbildlichen Absichten der Menschen, wenn es um die Ernährung und um Alkohol- oder Zigarettenkonsum geht, stimmen meist nicht mit deren Verhalten überein. Obwohl es bestimmt verschiedene Motive für diese Diskrepanz gibt, ist ein Grund dafür, dass implizite Prozesse das Verhalten, vor allem bei spontanen Entscheidungen, bestimmen (Greenwald et al., 2007: 80). Gerade bei den angesprochenen Themen wie Stereotypen, Vorurteilen und Konsumverhalten, die anfällig auf verzerrte Antworten sind, erweisen sich die Ergebnisse aus einem impliziten Assoziationstest als besonders interessant. Die Einblicke in die unbewussten, automatischen Assoziationen von Konsumenten könnten zu wichtigen Erkenntnissen führen, da ein wesentlicher Teil des Konsumentenverhaltens von kognitiven Prozessen abhängt, welche dem Konsument nicht bewusst zugänglich sind (Greenwald, Brunel und Tietje, 2004: 387). Die Anwendung eines IAT ist insbesondere dann sinnvoll, wenn die Testpersonen entweder keine Bereitschaft zeigen, ihre Meinungen offen preiszugeben oder wenn sie schlichtweg nicht dazu in der Lage sind, da die Informationen nicht bewusst zugänglich sind (Greenwald, Brunel und Tietje, 2004: 388). Im Gegensatz dazu ist bei Themen, die den sozialen Eindruck einer Person nicht in 29 Implizites und explizites Wissen Frage stellen, ein IAT nicht unbedingt nötig, da explizite Befragungen im Normalfall zu praktisch identischen Ergebnissen führen sollten (Greenwald, Maison und Bruin, 2004: 412). Personen können verschiedene Einstellungen gegenüber einem Objekt haben. Eine explizite Einstellung, die dem durchdachten und überlegten Verhalten entspricht, und eine implizite, die dem spontanen Verhalten zugeordnet wird (Friese, Wänke und Plessner, 2006: 727). Man geht davon aus, dass das Konsumentenverhalten hauptsächlich dem impliziten Verhalten unterliegt, ausser es handelt sich um Produktkäufe mit sehr hohem Involvement, bei denen sich der Konsument den Kauf gründlich überlegt und keine spontanen Käufe tätigt (Friese et al., 2006: 737). Aber auch bei Low-Involvement Produkten kann ein überlegter Kauf stattfinden. Dies ist situationsabhängig. Spaziert eine Person beispielsweise an einem warmen Sommertag an einem Eisstand vorbei, fällt der Kauf in die Kategorie des spontanen Impulskaufs. Sitzt die Person dagegen in einem Restaurant und sieht die Dessertkarte durch, wird der Kauf gründlicher überlegt. Beispielsweise denkt der Konsument dann eher an seine Figur und entscheidet sich schlussendlich womöglich gegen den Konsum (Friese et al., 2006: 730). Zeitdruck ist also ein möglicher Grund für implizite Entscheidungen, während das explizite Verhalten abgeschwächt wird. Man kann annehmen, dass explizite und implizite Befragungen konvergieren, wenn die Testperson für beide Verfahren genügend Bedenkzeit hat (Friese et al., 2006: 734). Dies gilt natürlich nur dann, wenn die Person Bereitschaft zeigt, ihre Meinung offen zu äussern und bewussten Zugang zu den Informationen hat. Hat das zu bewertende Objekt beispielsweise einen ethischen Hintergrund, ist die Testperson womöglich nicht gewillt, ihre wahre Einstellung zu offenbaren. Das Ergebnis wird verfälscht, weil sich die Testperson verantwortlich fühlt, eine sozial akzeptierte Antwort zu geben, um niemanden zu diskriminieren (Dimofte, 2010: 921). Es kann keine allgemein gültige Theorie bestätigt werden, ob hauptsächlich die expliziten oder die impliziten Ergebnisse für das Konsumentenverhalten relevant sind, da dies wie oben erklärt situationsabhängig ist. In der vorliegenden Studie wurde ein expliziter Test mittels Fragebogen, sowie ein impliziter Test (IAT) durchgeführt. Es müssen nicht zwingend beide Tests durchgeführt werden. Diese Studie soll jedoch nicht nur die impliziten Assoziationen untersuchen, sondern auch den Zusammenhang zwischen expliziten Selbstberichten und den Ergebnissen des IAT. Laut aktuellem Forschungsstand, hat die Reihenfolge, in welcher man den expliziten und den impliziten Test durchführt, keinen nennenswerten Einfluss auf die beiden Ergebnisse. Sorgfalt ist geboten, wenn 30 Implizites und explizites Wissen extensive, explizite Befragungen durchgeführt werden oder falls das dem Test unterliegende Einstellungsobjekt relativ neuartig und vorurteilsfrei ist (Greenwald et al., 2005: 18). 3.5 Individuelle Ergebnisabhängigkeiten Die individuellen Unterschiede in der Fähigkeit zum Aufgabenwechsel können das IAT-Ergebnis beeinflussen. Eine Person, die eine hohe wechselkombinatorische Fähigkeit hat, wird kaum eine Differenz der Reaktionszeiten in den beiden für die Messung relevanten Testblöcken aufzeigen und somit auch keine Präferenz (Gawronski und Conrey, 2003: 122). In solchen Fällen kann der IAT scheitern. Auch Individuelle Einstellungen können den Zusammenhang zwischen expliziten und impliziten Ergebnissen beeinflussen. Eine Reihe von Studien belegt, dass Personen mit einer geringeren Motivation zur Vorurteilskontrolle, höhere Korrelationen zwischen implizit und explizit gemessenen Einstellungen zeigen, als Personen mit einem hohen Willen zur Vorurteilskontrolle (Gawronski und Conrey, 2004: 120). Geringe Motivation zur Vorurteilskontrolle zeigt sich in expliziten Testverfahren. Die Personen sind nicht bemüht, sozial erwünschte oder gegen das Vorurteil gerichtete Antworten zu geben und lassen den Vorurteilen freien Lauf. Da genau diese automatischen Einstellungen beim impliziten Assoziationstest gemessen werden, korrelieren die Ergebnisse eher, als wenn die Antworten beim expliziten Test an die soziale Erwünschtheit angepasst werden (Gawronski, 2006: 57). Das explizite Ergebnis hängt zudem davon ab, inwiefern sich die Testperson von der im Test in Frage stehenden Gruppe bedroht fühlt. In diesem Fall wird eine Person im expliziten Test die von der entsprechenden Gruppe gewünschten Antworten geben, was dazu führt, dass explizite und implizite Ergebnisse divergieren. Ein weiterer Grund für die Divergenz ist, dass eine Person möglicherweise verschiedene Ansichten und Meinungen hat. Auf der einen Seite verinnerlichte Gewohnheiten, andererseits neuere, bewusste Einstellungen. Da der IAT die verinnerlichten Einstellungen und ein expliziter Test die neu entwickelten Einstellungen misst, können die Ergebnisse auch aus diesem Grund auseinandergehen (Dovidio, 2006). 31 Forschungsfrage und Formulierung der Hypothesen 4 Forschungsfrage und Formulierung der Hypothesen Der Ausgangspunkt für diese Studie war die Frage nach den impliziten Assoziationen zu Models in der Werbung. Im Marketing werden oftmals Models eingesetzt, die die Einstellung der Rezipienten beeinflussen sollen. Die physische Attraktivität erweist sich als das wichtigste Kriterium, den Beeinflussungserfolg herbeizuführen. Das durch die Medien übermittelte Schönheitsideal entfernt sich jedoch immer mehr von der realistischen Durchschnittsfrau und kann daher in seiner Vorbildsfunktion negative Auswirkungen auf das Selbstwertgefühl der Frauen haben und die Wahrnehmung der Männer verzerren. Dabei geht es vor allem um das unterdurchschnittlich schlanke Schönheitsideal, das von den Medien vermittelt wird und die heutige Gesellschaft in einen regelrechten Schlankheitswahn und Körperkult drängt (vgl. Kapitel 2.6). Die ausgelösten negativen Gefühle wirken sich laut verschiedenen Studien auf die Einstellung gegenüber der Werbung aus und hemmen letztendlich den Produktkauf. Dieser Kritikpunkt hat verschiedene Unternehmen dazu angeregt, ihre Produkte mit durchschnittlich schlanken, beziehungsweise molligen Models zu bewerben. Diese sollen bei den Rezipientinnen durch die wahrgenommene Ähnlichkeit und als ein realistisches Vorbild, positive Gefühle auslösen und schliesslich zu höheren Absatzzahlen verhelfen. Das Beispiel von Dove hat zwar grösstenteils positiven Anklang bei der Bevölkerung gezeigt, jedoch haben die durchschnittlichen Models bei dem Attraktivitätsvergleich zu anderen Models schlechter abgeschnitten (Vennemann und HoltzBacha, 2008: 100). Andere Studien hingegen dokumentieren, dass es erfolgsversprechender ist, dünne und hoch attraktive Models einzusetzen, da deren Attraktivität positive Gefühle und einen Nachahmungseffekt bei den Rezipientinnen auslöst, was wiederum eine positive Einstellung gegenüber der Werbung nach sich zieht (vgl. Kapitel 2.5.3). In der vorliegenden Studie gilt es nun mit Hilfe von einem Impliziten Assoziationstest die impliziten Einstellungen gegenüber sehr schlanken Models, die dem aktuell vermittelten Schönheitsideal entsprechen, im Vergleich zu normal schlanken, respektive molligen Models zu untersuchen. Studien dieser Art wurden bislang nur anhand von expliziten Fragebogen oder Befragungen durchgeführt. Da es sich hier aber um ein ethisch und sozial sensitives Thema handelt, könnten diese Ergebnisse verzerrt sein. Die befragten Personen sind bei Fragen dieser Art oft unter gesellschaftlichem Druck und fühlen sich verpflichtet, sozial wünschenswerte Antworten zu geben, um niemanden zu diskriminieren oder ihren eigenen Ruf nicht zu schädigen. Die Rückmeldungen können bei expliziten Befragungen bewusst manipuliert werden. Bei einer impliziten Untersuchung hingegen, werden Assoziationen und Einstellungen gemessen, die der 32 Forschungsfrage und Formulierung der Hypothesen Testperson nicht bewusst zugänglich sind. Die Testergebnisse sollen nachweisen, welchen Models tatsächlich eine höhere Akzeptanz entgegengebracht wird und dass diese sich somit für erfolgreiche Werbeanzeigen besser eignen. Die Forschungsfrage basiert auf drei Hypothesen, welche aus den vorangegangenen theoretischen Gegebenheiten abgeleitet sind. Die Hypothesen sollen anhand des expliziten, wie auch des impliziten Tests überprüft werden. Die Untersuchung bezieht sich auf weibliche, wie auch auf männliche Zielpersonen jeden Alters, da in Werbungen, die eine Vielzahl von verschiedenen Zielgruppen ansprechen, mehrheitlich dünne Models eingesetzt werden. Sei es für Mode, Kosmetikartikel, Luxusgüter, Arzneiprodukte oder Dienstleistungen. Die erste Hypothese H1 soll untersuchen, ob trotz der gesellschaftlichen Kritik, die dünnen Models gegenüber den molligen Models bevorzugt werden. Der aktuelle Trend des Strebens gegen die dünnen Models und den vermehrten Einsatz von molligeren oder durchschnittlichen Models, wäre demnach keine gute Werbestrategie. Daraus wird die erste Hypothese formuliert. Hypothese H1: Dünne Models werden gegenüber den molligen Models bevorzugt. In der vorliegenden Studie wurde die Stichprobe aus weiblichen und männlichen Testpersonen zusammengesetzt. Demnach soll auch untersucht werden, ob bezüglich der Geschlechter eine unterschiedliche Wahrnehmung besteht. Daraus lässt sich die zweite Hypothese H2 ableiten, welche in zwei geschlechterspezifische Teilhypothesen unterschieden wird. Hypothese H2A: Männliche Testpersonen bevorzugen dünne Models gegenüber molligen Models. Hypothese H2B: Weibliche Testpersonen bevorzugen dünne Models gegenüber molligen Models. Zur Ergänzung der Hypothesen H2A und H2B wird in der dritten Hypothese schlussendlich untersucht, ob und inwiefern sich die Präferenz von männlichen und weiblichen Testpersonen unterscheidet. Hypothese H3: Die Präferenz von männlichen Testpersonen ist von der Präferenz der weiblichen Testpersonen signifikant verschieden. 33 Methodik 5 Methodik Die primärstatistische Datenerhebung erfolgte mittels eines Impliziten Assoziationstests. Um die expliziten Testergebnisse gleichwohl zu überprüfen und zu erschliessen, inwiefern die Ergebnisse des expliziten Tests und die des impliziten Tests korrelieren, wurde zusätzlich zum IAT auch eine explizite Befragung mittels Fragebogen durchgeführt. Der IAT sowie der explizite Fragebogen wurden im März 2011 mit einer Stichprobe von 60 Testpersonen im deutschschweizerischen Raum durchgeführt. Die Teilnehmer wurden ohne bestimmte Kriterien in Bezug auf das Geschlecht oder das Alter ausgewählt. Es soll das allgemein in der Gesellschaft eingeprägte Bild von Attraktivität untersucht werden. Alle Testpersonen sind potentielle Konsumenten von Produkten, die mit dem hoch attraktiven Stereotyp “schön und schlank“ werben. Wie die Tabelle 1 zeigt, setzt sich die Stichprobe aus 31 Frauen und 29 Männern zusammen. Die Frauen befinden sich im Alter zwischen 18 und 59 Jahren und die Männer zwischen 20 und 58 Jahren. Geschlecht Häufigkeit Gültig Tabelle 1 Prozent Gültige Prozente Kumulierte Prozente m 29 48.3 48.3 48.3 w 31 51.7 51.7 100.0 Gesamt 60 100.0 100.0 Aufteilung der Testpersonen nach Geschlecht 5.1 Aufbau des Impliziten Assoziationstests Die IAT Software stand zur Verfügung oder man konnte sie aus dem Internet downloaden (Meade, 2009). Der IAT wurde mit den Kategorien “Dünn“ und “Mollig“, sowie “Gut“ und “Schlecht“ aufgesetzt. Die Kategorien müssen für ein brauchbares Testergebnis bipolar sein. Der stärkere gegenteilige Begriff zu “Dünn“ wäre eigentlich “Dick“. Da hier Models bewertet werden, eignet sich die Kategorie “Dick“ jedoch nicht, da die Models höchstens als mollig bezeichnet werden können. Daher hat man sich bewusst auf die Kategorie “Mollig“ festgelegt. Da in dieser Studie speziell und einzig die Wirkung des Models untersucht werden soll, eignen sich real existierende Werbemittel nicht für die Vergleiche, da eine Voreingenommenheit gegenüber der Werbung oder dem Produkt als Störfaktor nicht auszuschliessen wäre. Somit wurden als Stimuli für die Kategorien “Dünn“ und “Mollig“ acht Werbeanzeigen entwickelt; jeweils zwei zusammengehörende, die sich lediglich durch das Model als abhängige Variable 34 Methodik unterscheiden. Werbung in Form von Bildern, ist am besten für eine Studie dieser Art geeignet. In Werbespots beispielsweise weist sich die Stimme, Mimik und Gestik des Models als Ablenkung oder Störgrösse aus. Bei Anzeigen können die Effekte der Attraktivität unter relativ geringem Einfluss von Störfaktoren untersucht werden. Ausserdem ist bei Anzeigen die Variation der Models, durch Austausch des Bildmaterials, mit geringem Aufwand möglich. Um die Streuung der Wahrnehmung der Rezipienten zu fördern und die Repräsentanz der Kategorien zu erhöhen, wurden acht Werbebilder als Stimuli entwickelt. Laut Greenwald sollten es mindestens zwei sein (Greenwald et al., 2005: 20). Bei den Produkten handelt es sich einerseits um die beiden Luxusgüter Auto (Rolls Royce, siehe Abbildung 1) und Armbanduhr (Piaget, siehe Abbildung 2) sowie die zwei Kosmetikprodukte Sonnencrème (Hawaiian Tropic, siehe Abbildung 3) und Shampoo (En Gedi, siehe Abbildung 4). Bei den Kosmetikprodukten wurde besonders darauf geachtet, dass relativ unbekannte Marken verwendet wurden. Da die Models hier für sehr ähnliche Produkte werben, wie diejenigen der bekannten Dove Kampagne, soll die Entstehung von Assoziationen als Störfaktor ausgeschlossen werden. Es handelt sich bei allen vier Produkten um attraktivitätsrelevante Produkte, da sie zur Pflege und Verschönerung des äusseren Erscheinungsbildes dienen oder erworben werden, um soziale Anerkennung zu erhalten. Da aber die Wirkung des Models sowohl bei attraktivitätsrelevanten, wie auch bei attraktivitätsirrelevanten Produkten unverändert bleiben sollte (Praxmarer, 2006: 109), wird darauf nicht näher eingegangen. Das Produktklasseinvolvement wurde bei der Produktwahl nicht berücksichtigt, da es nicht für jedes Individuum eindeutig bestimmt werden kann und es laut Studienergebnissen von Praxmarer keine Effekte auf die Wirkung der Attraktivität des Models hat (Praxmarer, 2001: 170). In der vorliegenden Studie soll die Figur der Models und dessen Wirkung untersucht werden. Es ergab sich als relativ schwierig, zu einem dünnen Model ein vergleichbares molliges Model zu finden. Die Kleidung, das Gesicht sowie die Körperhaltung können sich als Störfaktoren erweisen. Unter den vier Vergleichsbildpaaren wurden die Models bei zweien mittels Fotomontage bearbeitet, beziehungsweise molliger dargestellt (Rolls Royce und En Gedi). Bei den anderen beiden wurden vergleichsweise ähnliche Models in Bezug auf Körperhaltung und Kleidung eingesetzt. Es sollen Werbeanzeigen untersucht werden, die auch in der Realität eingesetzt werden könnten. Daher wurden keine aussergewöhnlich unattraktive Kommunikatoren gewählt, sondern lediglich dünne oder mollige, attraktive, junge Frauen. Auch auf prominente Models wurde bewusst verzichtet, da diese den Rezipienten bekannt sein könnten und sich diese durch Medienberichte möglicherweise bereits ein Bild dieser prominenten Personen gemacht haben. Diese Vorurteile 35 Methodik stellen eine Störgrösse dar, da die Wirkung der physischen Attraktivität des Models als erste Interaktion, beziehungsweise als ersten Eindruck untersucht werden soll. Neben den Kategorien “Dünn“ und “Mollig“, werden die Kategorien “Gut“ und “Schlecht“ durch Begriffe dargestellt. Folgende Begriffe sollen zugeordnet werden: Glücklich, Schön, Vergnügen, Erfolg, Liebe, Lachen, Freude, Attraktiv, Qual, Verletzt, Misserfolg, Böse, Übel, Grausam, Hässlich, Abstossend. Da der Implizite Assoziationstest keine selbsterklärende und eine der Allgemeinheit relativ unbekannte Methode ist, erhielten die Testpersonen vor den beiden Testläufen (expliziter Fragebogen und IAT) eine kurze Anleitung, um sie zu informieren, was das Ziel der Studie ist und wie beim IAT mittels Tastenkombination vorzugehen ist (vgl. Anhang A). Abbildung 1 Rolls Royce Werbebilder (links mollig, rechts dünn) Abbildung 2 Piaget Werbebilder (links mollig, rechts dünn) 36 Methodik Abbildung 3 Hawaiian Tropic Werbebilder (links mollig, rechts dünn) Abbildung 4 En Gedi Werbebilder (links mollig, rechts dünn) 5.2 Aufbau des expliziten Fragebogens Die acht Werbeanzeigen wurden auch für einen expliziten Fragebogen verwendet, den man den Testpersonen vor dem IAT zur Beurteilung vorlegte. Darauf galt es, aus allen vier Bildpaaren jeweils zu bestimmen, welches als Werbung ansprechender wirkt. So kann unter anderem untersucht werden, inwiefern die expliziten und die impliziten Ergebnisse korrelieren. Zudem wurden die Kandidaten auf diese Weise bereits mit den Werbeanzeigen vertraut gemacht. Dies sollte es ihnen im nachstehenden IAT erleichtern, die Bilder so schnell wie möglich den Kategorien zuzuordnen. Da die Reihenfolge der expliziten und der impliziten Befragung keinen Einfluss auf die Ergebnisse hat (Greenwald et al., 2005: 18), wurde der Ablauf aus genanntem Grund derart gewählt. 37 Analyse der Ergebnisse 6 Analyse der Ergebnisse Für die Datenauswertung wurde das Statistik-Programm SPSS 14 verwendet. Dieses Kapitel schafft Basis für die anschliessenden Empfehlungen zur Gestaltung von Werbemitteln hinsichtlich der Art des Models. 6.1 Ergebnisse des expliziten Tests Die expliziten Testergebnisse zeigen, dass die grosse Mehrheit der Testpersonen die Werbebilder mit den dünnen Models als mehr ansprechend bewertet haben. Wie die Abbildung 5 zeigt, hat sich die Präferenz bis auf die Werbebilder von Piaget klar bestätigt. Das mollige Model von Piaget hat im Gegensatz zum dünnen Model nur leicht weniger überzeugt. Dennoch liegt die Gesamtmehrheit der Vorliebe für dünne Models bei 82.1 Prozent. Dies ist ein verhältnismässig überraschendes Ergebnis, wenn man bedenkt, dass es sich hier um ein sozial sensitives Thema handelt. Es wurde vermutet, dass die Testpersonen durch den gesellschaftlichen Druck eine höhere Anzahl molliger Models wählen, um niemanden zu diskriminieren. Die Tatsache, dass die dünnen Models gesellschaftlich kritisiert werden, hätte erwartungsweise eine geringere Präferenz für dünne Models ergeben sollen. Abbildung 5 Testergebnisse aus dem expliziten Fragebogen 38 Analyse 6.1.1 der Ergebnisse Binomialtest Die Testergebnisse aus dem Fragebogen werden anhand eines Binomialtests geprüft, da die Testgrösse binomial verteilt ist. Dies wird damit begründet, dass die Antwort jeweils zwei sich ausschliessende Ausprägungen hatte; das Werbebild mit dem molligen Model oder das mit dem dünnen Model. Man nennt dies auch Dichotomie (Kobelt und Steinhausen, 2006: 211). Tabelle 2 veranschaulicht die Binomialverteilung der Ergebnisse. Dabei haben die dünnen Models die Ausprägung “0“ und die molligen die Ausprägung “1“. Test auf Binomialverteilung Kategorie Rolls Royce N dünn 0 59 .98 mollig 1 1 .02 60 1.00 Gesamt Hawaiian Tropic dünn 0 54 .90 mollig 1 6 .10 60 1.00 Gesamt Piaget dünn 0 34 0.57 mollig 1 26 0.43 60 1.00 Gesamt En Gedi dünn 0 50 .83 mollig 1 10 .17 60 1.00 Gesamt Tabelle 2 Beobachteter Anteil Ergebnisse der expliziten Befragung als Binomialverteilung Der Binomialtest gehört zu den Hypothesentestverfahren. Es wird überprüft, ob eine aufgestellte Hypothese als Eigenschaft über die Grundgesamtheit bestätigt werden kann oder ob sie abgelehnt werden muss (Kobelt und Steinhausen, 2006: 243). Die Binomialverteilung wird im vorliegenden Test durch die Anzahl Antworten und die Wahrscheinlichkeit festgelegt. Die Testpersonen hatten jeweils vier Entscheidungsmöglichkeiten. Die Wahrscheinlichkeit wird aus dem Anteil an der Gesamtmenge berechnet. Aus insgesamt acht Werbebildern standen jeweils vier dünne und vier mollige Models zur Auswahl. Bei jeder einzelnen Antwort musste man sich also entweder für das dünne oder für das mollige Model entscheiden. Daher wird die Wahrscheinlichkeit bei 50 Prozent festgelegt. 39 Analyse der Ergebnisse Um die Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit der Hypothese zu überprüfen, muss die Signifikanz, beziehungsweise das Signifikanzniveau bestimmt werden. Darunter versteht man die Wahrscheinlichkeit α, die an sich falsche Hypothese irrtümlicherweise zu bestätigen. Demnach ist α die Irrtumswahrscheinlichkeit. Vertrauenswahrscheinlichkeit Das 1–α Gegenstück (Kobelt und zum Signifikanzniveau Steinhausen, 2006: ist die 272). Bei wirtschaftsstatistischen Tests werden üblicherweise Vertrauenswahrscheinlichkeiten von 95 Prozent (1–α = 0.95) bis 99 Prozent (1–α = 0.99) für ausreichend gehalten (Kobelt und Steinhausen, 2006: 273). Die Tabelle 3 zeigt den Binomialtest mit einem Signifikanzniveau von α = 0.05 = 5 Prozent. Der Testanteil zeigt die Wahrscheinlichkeit von 0.5 = 50 Prozent je Entscheidung. Die Signifikanz basiert auf der Z-Approximation. Unter dieser Standardisierung versteht man eine Transformation, so dass die Zufallsvariablen den Erwartungswert Null und die Varianz Eins besitzen. Diese Standardisierung ist notwendig, um unterschiedlich verteilte Zufallsvariablen miteinander vergleichen zu können. Liegt die Irrtumswahrscheinlichkeit, beziehungsweise die Signifikanz unter dem Signifikanzniveau von 0.05, kann die Hypothese bestätigt werden. H1 lautet: Dünne Models werden gegenüber den molligen Models bevorzugt. Der Binomialtest in Tabelle 3 bestätigt, dass in drei von vier Fällen die dünnen Models ganz klar bevorzugt werden und mit einer Irrtumswahrscheinlichkeit von praktisch gleich Null ein molliges Model bevorzugt wird. Einzig bei der Werbeanzeigen von Piaget kann die Hypothese H1 nicht angenommen werden. Im Allgemeinen kann die Hypothese H1, dass dünne Frauen gegenüber molligen bevorzugt werden, in Bezug auf den expliziten Test bestätigt werden. Test auf Binomialverteilung Asymptotische Signifikanz (2-seitig) Testanteil Rolls Royce dünn .50 .000 a .50 .000 a .50 .366 a .50 .000 a mollig Hawaiian Tropic dünn mollig Piaget dünn mollig En Gedi dünn mollig a. Basiert auf der Z-Approximation. Tabelle 3 Binomialtest der expliziten Ergebnisse mit Signifikanzniveau von α=0.05 (5 Prozent) 40 Analyse der Ergebnisse Nun sollen mit dem gleichen Verfahren die Hypothesen H2A und H2B überprüft werden. Hypothese H2A: Männliche Testpersonen bevorzugen dünne Models gegenüber molligen Models. Tabelle 4 veranschaulicht lediglich die Ergebnisse der 29 männlichen Testpersonen. Es zeigt sich, dass wiederum in drei von vier Fällen das dünne Model ganz klar bevorzugt wurde. Bei den Models von Hawaiian Tropic wurde sogar ausschliesslich das dünne Model gewählt. Die Werbebilder von Piaget, bei welchen die Gesamtbetrachtung eine Präferenz für dünne Models nicht bestätigen konnte, muss die Hypothese hier nur knapp verworfen werden. Mit einer Signifikanz von 0.061 liegt die Irrtumswahrscheinlichkeit nur leicht über dem Signifikanzniveau von 0.05. Man kann dies als knapp signifikant bezeichnen. Die Hypothese H2A wird aus gesamter Ansicht angenommen. Test auf Binomialverteilung b Asymptotische Signifikanz Rolls Royce dünn Testanteil (2-seitig) .50 .000 a mollig Hawaiian Tropic dünn .50 .000 a Piaget dünn .50 .061 a .50 .000 a mollig En Gedi dünn mollig a. Basiert auf der Z-Approximation. b. Geschlecht = m Tabelle 4 Binomialtest der expliziten Ergebnisse der männlichen Testpersonen mit Signifikanzniveau von α=0.05 (5 Prozent) Dasselbe soll nun für die Hypothese H2B getestet werden, die lautet: Weibliche Testpersonen bevorzugen dünne Models gegenüber molligen Models. Tabelle 5 zeigt die Ergebnisse für die 31 weiblichen Testpersonen. Auch hier kann die Hypothese H2B in drei Fällen angenommen werden. Wohl sind hier die Irrtumswahrscheinlichkeiten bei Hawaiian Tropic mit 0.001 und bei En Gedi mit 0.003 leicht höher als bei den männlichen Testpersonen; trotzdem liegen sie noch immer klar unter dem Signifikanzniveau von 0.05. Im Fall von Piaget liegt die Irrtumswahrscheinlichkeit mit 0.72 weit über dem Signifikanzniveau von 0.05. Diese Irrtumswahrscheinlichkeit besagt, dass zwischen beobachteter und erwarteter Häufigkeit 41 Analyse der Ergebnisse kein signifikanter Unterschied besteht. Der Unterschied ist demnach nicht signifikant (Bühl, 2006: 338). Bei den Werbebildern von Piaget wurde sogar öfters das mollige Model dem dünnen Model vorgezogen. H2B muss bezüglich Piaget klar verworfen werden. In der Gesamtübersicht kann die Hypothese H2B jedoch angenommen werden. Test auf Binomialverteilung b Asymptotische Signifikanz Testanteil (2-seitig) Rolls Royce dünn .50 .000 a Hawaiian Tropic dünn .50 .001 a .50 .720 a .50 .003 a mollig Piaget dünn mollig En Gedi dünn mollig a. Basiert auf der Z-Approximation. b. Geschlecht = w Tabelle 5 Binomialtest der expliziten Ergebnisse der weiblichen Testpersonen mit Signifikanzniveau von α=0.05 (5 Prozent) Die Hypothese H3 lautet: Die Präferenz von männlichen Testpersonen ist von der Präferenz der weiblichen Testpersonen signifikant verschieden. H3 wird basierend auf den expliziten Daten bestätigt, da die männlichen Ergebnisse aus dem Binomialtest tiefere Irrtumswahrscheinlichkeiten vorwiesen und somit die Wahrscheinlichkeit für die Präferenz eines molligen Models kleiner ist als diejenige bei den weiblichen Testpersonen. Da sich wie vorab erläutert die expliziten Methoden zur Messung von Einstellungen nur beschränkt eignen, werden in der vorliegenden Studie die Hypothesen auch anhand der impliziten Testergebnisse untersucht. Besonders bei sozial sensitiven oder vorurteilsbehafteten Themenbereichen ist Vorsicht geboten, sich auf explizite Ergebnisse zu stützen. 6.2 Ergebnisse des impliziten Tests Als Untersuchungsgegenstand beim Impliziten Assoziationstest (IAT) wurden die “D“-Werte herangezogen. Wie vorab erklärt, steht der Parameter “D“ für die Stärke der Präferenz. Der 42 Analyse der Ergebnisse Parameter “D“ wird aus der Differenz der Reaktionszeit im Block 3 und derjenigen im Block fünf geteilt durch die Standardabweichung dieser beiden Testblöcke berechnet (vgl. Kapitel 3.2). Liegt der Wert unter Null, ist daraus eine Präferenz für mollige Models abzuleiten, liegt der Wert über Null, hat die Testperson eine Präferenz für dünne Models. 6.2.1 T-Test bei einer Stichprobe Als erstes wird anhand eines Einstichproben-Testverfahrens (Bühl, 2006: 311) die gesamte Stichprobe von 60 Personen untersucht. Zur Auswertung wird der T-Test bei einer Stichprobe herangezogen. Der Einstichproben-T-Test überprüft, ob sich ein aus einer Stichprobe gewonnener Mittelwert signifikant von einem vorgegebenen Testwert unterscheidet (Bühl, 2006: 311). Für parametrische Tests wird eine Normalverteilung vorausgesetzt (Kobelt und Steinhausen, 2006: 267). Dies ist bei den vorliegenden Werten gemäss dem Kolmogrov-SmirnovAnpassungstest aus dem SPSS 14 gegeben (siehe Tabelle 6). Tabelle 7 zeigt die Ausprägungen der einzelnen “D“-Werte des impliziten Assoziationstests. Für den hier angewendeten T-Test ist der Mittelwert die ausschlaggebende Kennzahl. Dieser beträgt über die 60 “D“-Parameter 0.474752. Es soll überprüft werden, wie signifikant dieser Wert von Null verschieden ist, da alle Werte über Null eine Präferenz für dünne Models bedeuten und dies in der ersten Hypothese in Frage steht. Kolmogorov-Smirnov-Anpassungstest IAT score N 60 Parameter der Normalverteilung a,b Extremste Differenzen Mittelwert .474752 Standardabweichung .5487613 Absolut .089 Positiv .043 Negativ -.089 Kolmogorov-Smirnov-Z .688 Asymptotische Signifikanz (2-seitig) .731 a. Die zu testende Verteilung ist eine Normalverteilung. b. Aus den Daten berechnet. Tabelle 6 Kolmogorov-Smirnov-Anpassungstest Standardfehler IAT score Tabelle 7 N Mittelwert Standardabweichung Mittelwertes 60 .474752 .5487613 .0708448 des Kennzahlen der normalverteilten Parameter gemäss Kolmogorov-Smirnov-Anpassungstest 43 Analyse der Ergebnisse Durch den Test werden die Grenzen eines Intervalls festgelegt, das als Annahme- oder Ablehnungsbereich der Hypothese dient. In diesem Konfidenzintervalll ist ein Stichprobenergebnis mit vorgegebener, grosser Wahrscheinlichkeit zu erwarten (Kobelt und Steinhausen, 2006: 269). Ähnlich wie beim Binomialtest, welcher für die Auswertung der expliziten Ergebnisse angewendet wurde, wird auch hier das Signifikanzniveau bei α = 0.05 (= 5 Prozent Irrtumswahrscheinlichkeit) festgelegt. Das Konfidenzintervall beträgt somit 0.95 (= 95 Prozent). Tabelle 8 zeigt die mittels SPSS 14 berechneten Resultate. Das 95 Prozent Konfidenzintervall um den Mittelwert liegt zwischen 0.332992 und 0.616512. Das bedeutet, dass 95 Prozent aller “D“-Werte in diesem Intervall erwartet werden. Da die positiven “D“-Parameter des IAT auf eine Präferenz für dünne Models schliessen, kann bestätigt werden, dass dünne Models gegenüber den molligen Models bevorzugt werden. Der Mittelwert ist mit einer Signifikanz von 0.000 von Null verschieden. Dies bedeutet, dass sie so gering ist, dass sie mit den drei Dezimalen nicht darstellbar ist. Die Irrtumswahrscheinlichkeit, dass der “D“-Parameter unter Null liegt, und somit, dass mollige Models bevorzugt werden, ist fast gleich Null. Die Hypothese H1 kann demnach über die gesamte Stichprobe auch auf impliziter Ebene bestätigt werden. Dünne Models werden gegenüber den molligen bevorzugt. Test bei einer Sichprobe Testwert = 0 95% Konfidenzintervall der Differenz IAT score Tabelle 8 T df Sig. (2-seitig) Mittlere Differenz Untere Obere 6.701 59 .000 .4747517 .332992 .616512 Einstichproben T-Test der impliziten Ergebnisse mit Signifikanzniveau von α=0.05 (5 Prozent) Um die Hypothesen H2A (Männliche Testpersonen bevorzugen dünne Models gegenüber molligen Models), H2B (Weibliche Testpersonen bevorzugen dünne Models gegenüber molligen Models) und H3 (Die Präferenz von männlichen Testpersonen ist von der Präferenz der weiblichen Testpersonen signifikant verschieden) zu testen, werden gleich wie beim Binomialtest, die Ergebnisse der männlichen und der weiblichen Testpersonen separat analysiert. Tabelle 9 zeigt die Resultate der 29 männlichen Testpersonen. Der Mittelwert liegt hier mit 0.6960586 über dem Mittelwert der gesamten Stichprobe und bedeutet somit eine noch stärkere Präferenz für dünne Models. Die hier erwarteten “D“-Parameter liegen mit 95 Prozent im Konfidenzintervall zwischen 0.514162 und 0.877955. Die Hypothese H2A wird bestätigt. Die männlichen Testpersonen bevorzugen dünne Models gegenüber molligen Models. 44 Analyse der Ergebnisse Test bei einer Sichprobe a Testwert = 0 95% Konfidenzintervall der Differenz IAT score T df Sig. (2-seitig) Mittlere Differenz Untere Obere 7.839 28 .000 .6960586 .514162 .877955 a. Geschlecht = m Tabelle 9 Einstichproben T-Test der impliziten Ergebnisse der männlichen Testpersonen mit Signifikanzniveau von α=0.05 (5 Prozent) Wie die Tabelle 10 veranschaulicht, liegt der Mittelwert der “D“-Werte bei den 31 weiblichen Testpersonen mit 0.2677226 unter dem Mittelwert der gesamten Stichprobe. Dies weist zwar auf eine geringere Präferenz für die dünnen Models hin, ist jedoch mit einer Signifikanz von 0.009 noch immer signifikant von Null verschieden. Daher kann die Hypothese H2B auch implizit bestätigt werden. Die weiblichen Testpersonen bevorzugen dünne Models gegenüber molligen Models. Test bei einer Sichprobe a Testwert = 0 95% Konfidenzintervall der Differenz IAT score T df Sig. (2-seitig) Mittlere Differenz Untere Obere 2.782 30 .009 .2677226 .071156 .464289 a. Geschlecht = w Tabelle 10 Einstichproben T-Test der impliziten Ergebnisse der weiblichen Testpersonen mit Signifikanzniveau von α=0.05 (5 Prozent) 6.2.2 T-Test bei zwei unabhängigen Stichproben Nun soll wiederum untersucht werden, inwiefern sich die Präferenz der männlichen von derjenigen der weiblichen Testpersonen unterscheidet. Dies wird mittels eines MehrstichprobenTestverfahrens, dem T-Test für zwei unabhängige Stichproben (Bühl, 2006: 300), in Erfahrung gebracht. Dabei werden die Stichproben vorab anhand des Levene-Tests auf Varianzhomogenität überprüft. Tabelle 11 zeigt den Levene-Test und beweist, dass die Varianzen mit einer Signifikanz von 0.954 (=95.4 Prozent) gleich sind. 45 Analyse der Ergebnisse Test bei unabhängigen Stichproben Levene-Test der Varianzgleichheit F IAT score Varianzen sind gleich T-Test für die Mittelwertgleichheit Signifikanz .003 T .954 Varianzen sind nicht gleich Tabelle 11 df 3.258 58 3.271 57.878 Levene-Test auf Varianzhomogenität der unabhängigen Stichproben Basierend auf der Varianzhomogenität wird der T-Test für zwei unabhängige Stichproben durchgeführt. Das Signifikanzniveau wird wiederum bei 0.05 (= 5 Prozent) festgelegt. Tabelle 12 legt dar, dass der weibliche Mittelwert von 0.2677226 signifikant vom männlichen Mittelwert von 0.6960586 verschieden ist. Die Signifikanz liegt mit 0.002 unter dem Signifikanzniveau von 0.05. Das heisst, dass mit einer Wahrscheinlichkeit von nur 0.2 Prozent eine weibliche Person eine höhere implizite Präferenz für dünne Models hat, als eine männliche Person. Männer haben demnach eine eindeutig höhere Präferenz für dünne Models und sie ist signifikant von der Präferenz der Frauen verschieden, obwohl auch die Frauen eine Präferenz für dünne Models zeigen. Die Hypothese H3 kann bestätigt werden. Die Präferenz von männlichen Testpersonen unterscheidet sich signifikant von der Präferenz der weiblichen Testpersonen. Test bei unabhängigen Stichproben T-Test für die Mittelwertgleichheit Standardfehler IAT score Tabelle 12 Varianzen sind gleich Sig. (2-seitig) Mittlere Differenz Differenz .002 .4283360 .1314590 der T-Test zweier unabhängigen Stichproben. Test der Mittelwertdifferenz der männlichen und weiblichen Testpersonen mit einem Signifikanzniveau von α=0.05 (5 Prozent) 6.3 Korrelation der expliziten und der impliziten Resultate Alle Hypothesen konnten anhand der expliziten sowie der impliziten Ergebnisse bestätigt werden. Die dünnen Models werden dementsprechend gegenüber den molligen Models bevorzugt. Entgegen den Erwartungen, dass bei der expliziten Befragung mittels Fragebogen eine Präferenz für mollige oder zumindest eine Ausgewogenheit der Präferenz vorliegen würde, hat sich auch bei den beeinflussbaren Selbstberichten eine Präferenz für dünne Models ergeben. Eine klare Vorliebe für dünne Models ist auch im indirekten IAT deutlich geworden. 46 Analyse der Ergebnisse Nun ist von Interesse, wie stark der Zusammenhang zwischen den individuellen Angaben in der expliziten Befragung sowie dem Ergebnis des IAT ist. Für die Analyse des Zusammenwirkens der expliziten und der impliziten Werte, werden die Testpersonen in drei Gruppen eingeteilt, die anhand der expliziten Präferenzen gebildet wurden. Die 28 Testpersonen der ersten Gruppe haben im Fragebogen bei allen vier möglichen Antworten das dünne Model bevorzugt. Die 21 Testpersonen der zweiten Gruppe favorisierten drei von vier dünnen Models und die dritte Gruppe bildet sich aus den übrigen 11 Testpersonen, welche eine Ausgewogenheit zeigten und sich bei der expliziten Befragung je zwei mal für das dünne und das mollige Model entschieden. Es wurde von niemandem mehr als zwei Mal das Werbebild mit dem molligen Model bevorzugt. Tabelle 13 veranschaulicht die Mittelwerte (Mittlere Differenz) der “D“-Parameter aus dem IAT der einzelnen Gruppen. Alle Mittelwerte sind signifikant von Null verschieden. Dies ist nicht überraschend, da sich diese Erkenntnis bereits im Vorfeld über die gesamte Stichprobe gezeigt hat. Bei der dritten Gruppe liegt die Signifikanz bei 0.02. Dies liegt unter dem Signifikanzniveau von 0.05, bedeutet jedoch, dass eine Irrtumswahrscheinlichkeit von 2 Prozent vorliegt. In der ersten und zweiten Gruppe ist die Signifikanz praktisch gleich Null. Dies könnte zu der Annahme verleiten, dass ein gewisser Zusammenhang besteht, da diejenigen Testpersonen mit der höchsten Präferenz für mollige Models im expliziten Test auch die höchste Signifikanz und den tiefsten Mittelwert darlegen. Jedoch wird dieser Trend durch den Vergleich der ersten und zweiten Gruppe nicht bestätigt. Der Mittelwert der zweiten Gruppe, welche drei Mal das dünne Model gewählt hat, ist höher als der Mittelwert der ersten Gruppe, die nie das mollige Model bevorzugt hat. Aufgrund dieses Vergleichs kann kein Zusammenhang der expliziten und impliziten Ergebnisse festgestellt werden. 47 Analyse der Ergebnisse Test bei einer Sichprobe a Testwert = 0 95% Konfidenzintervall der Differenz IAT score T N Sig. (2-seitig) Mittlere Differenz Untere Obere 2.772 11 .020 .2681545 .052628 .483681 a. ExpliziteWahl = 2.00 Test bei einer Sichprobe a Testwert = 0 95% Konfidenzintervall der Differenz IAT score T N Sig. (2-seitig) Mittlere Differenz Untere Obere 6.257 20 .000 .5940667 .396026 .792107 a. ExpliziteWahl = 3.00 Test bei einer Sichprobe a Testwert = 0 95% Konfidenzintervall der Differenz IAT score T N Sig. (2-seitig) Mittlere Differenz Untere Obere 3.674 28 .001 .4664286 .205970 .726887 a. ExpliziteWahl = 4.00 Tabelle 13 6.3.1 Einstichproben T-Test der impliziten Ergebnisse der drei Gruppen Varianzanalyse Der Zusammenhang zwischen den expliziten und den impliziten Ergebnissen wird zusätzlich mit einer Varianzanalyse (ANOVA = Analysis of Variance) untersucht Diese wird zeigen, ob sich die Varianzen der drei vorab aufgeführten Gruppen signifikant voneinander unterscheiden (Bühl, 2006: 304). Tabelle 14 veranschaulicht, dass die Irrtumswahrscheinlichkeit mit 0.283 (= 28.3 Prozent) weit über dem zuvor festgelegten Signifikanzniveau von 0.05 liegt. Unter der Varianzhomogenität, welche durch den Levene-Test bestätigt wurde, bedeutet dies, dass die Mittelwerte der drei Gruppen aus Tabelle 13 rein zufällig verschieden sind und keinen Zusammenhang aufweisen. Es bestätigt sich zum zweiten Mal, dass die impliziten Ergebnisse unabhängig von den expliziten sind. 48 Analyse der Ergebnisse ONEWAY ANOVA IAT score Mittel der Quadratsumme Quadrate df F Zwischen den Gruppen .770 2 .385 Innerhalb der Gruppen 16.997 57 .298 Gesamt 17.767 59 Tabelle 14 6.3.2 Signifikanz 1.292 .283 Einfaktorielle Varianzanalyse der drei Gruppen Scheffé-Test Um die statistische Unabhängigkeit zwischen den expliziten und impliziten Werten nochmals zu bestärken, wurde ein Post-Hoc-Test für multiple Mittelwerte durchgeführt. Der am häufigsten angewandte Post-Hoc-Test ist der sogenannte Scheffé-Test, welcher äusserst konservativ testet und daher als besonders zuverlässig gilt (Rasch et al., 2004: 48). Er überprüft, zwischen welchen Gruppenmittelwerten signifikante Unterschiede bestehen und welche sich zu einer homogenen Untergruppe zusammenfassen lassen (Richter, 2005: 157). Für die Durchführung des SchefféTest (Bühl, 2006: 308) wurde ein Konfidenzintervall von 0.95 (=95 Prozent) und eine Irrtumswahrscheinlichkeit beziehungsweise das Signifikanzniveau α von 0.05 (=5 Prozent) festgelegt. Tabelle 15 zeigt, dass in den Mittelwerten der drei Gruppen keine signifikanten Unterschiede bestehen, da die Signifikanz bei allen über dem zuvor festgelegten Signifikanzniveau von 0.05 liegt. Somit können alle drei Gruppen als eine homogene Untergruppe zusammengefasst werden. Ob also im expliziten Test zwei, drei oder vier Mal das dünne Model bevorzugt wurde, hat keinen signifikanten Einfluss auf den impliziten Test. 49 Analyse der Ergebnisse Scheffé-Prozedur a,b ExpliziteWahl Untergruppe für Alpha = 0.05. N 1 2.00 11 .268155 4.00 28 .466429 3.00 21 .594067 Signifikanz .225 Die Mittelwerte für die in homogenen Untergruppen befindlichen Gruppen werden angezeigt. a. Verwendet ein harmonisches Mittel für Stichprobengröße = 17.217. b. Die Gruppengrößen sind nicht identisch. Es wird das harmonische Mittel der Gruppengrößen verwendet. Fehlerniveaus des Typs I sind nicht garantiert. Tabelle 15 Scheffé-Test der drei Gruppen. Die Mittelwerte weisen keinen signifikanten Unterschied auf und können in einer Untergruppe zusammengefasst werden. Es konnte anhand dreier Verfahren bestätigt werden, dass es keinen Zusammenhang zwischen den expliziten und den impliziten Ergebnissen gibt. Die dünnen Models werden bevorzugt, unabhängig davon, wie die Positionierung in der direkten Befragung ausgefallen ist. 50 Diskussion und Ausblick 7 Diskussion und Ausblick Die Zielsetzung dieser Arbeit war es, die impliziten Assoziationen gegenüber den Models in der Werbung zu messen. Implizite Assoziationen sind auf früheren Erfahrungen basierende Verknüpfungen im Gehirn, die ein bestimmter Stimulus hervorruft, ohne dass eine bewusste Erinnerung dieser Erfahrung vorliegt. Schönheit steht in der heutigen Gesellschaft ganz weit oben. Schon im Kindesalter wurde einem eingeprägt was schön ist und was mit schön sein assoziiert wird. Während die Menschen früher von ihrer unmittelbaren Umwelt geprägt wurden, werden sie heutzutage in ein medial vorgegebenes Gesellschaftsbild gezwängt. Die Medien agieren als wichtigster Vermittler des heutigen Schönheitsideals. Aufgrund des Halo-Effekts werden schönen und attraktiven Menschen automatisch positive Charaktereigenschaften zugeschrieben. Aus diesem Grund setzen Unternehmen für ihre Werbung grösstenteils hochattraktive und sehr dünne Models ein, die dem aktuellen Schönheitsideal perfekt entsprechen, um so die Zielgruppe anzusprechen und das Konsumentenverhalten zu beeinflussen. Die hohe Attraktivität soll einen Nachahmungseffekt auslösen, was einen positiven Einfluss auf das Kaufverhalten mit sich bringt (vgl. Kapitel 2.5.3). Jedoch hat die Werbung neben ihrer ökonomischen Funktion auch psychologische Auswirkungen. So stehen die dünnen Models zunehmend in der Kritik, da sie als ein nicht realistisches Vorbild die Wahrnehmung der Rezipienten verzerren. Frauen leiden an Selbstzweifel und die Männer haben eine verzerrte Vorstellung von einem perfekten Frauenkörper. Die Idealfigur ist für die meisten Frauen schon rein biologisch praktisch unmöglich zu erreichen. Oft werden die Werbebilder und die Models zusätzlich mit hochentwickelten Bildbearbeitungsprogrammen perfektioniert, was eine immer realitätsfernere Darstellung zur Folge hat. Um diesem Trend der immer dünner und perfekter werdenden Models entgegenzuwirken, werden vermehrt Gegenmassnahmen unternommen. Die Kampagne von Dove im Frühjahr 2004 überraschte als erste mit ihren molligen und normal attraktiven Models. Es wurden realitätsnahe Kommunikatoren abgebildet, damit jede Frau in der Lage ist, sich mit dem Model in der Werbeanzeige zu identifizieren. Sie nannten die Kampagne “Initiative für wahre Schönheit“. Sie hatte zum Ziel, das Schönheitsideal der Realität wieder näher zu bringen und gegen den Frust der Frauenwelt, der von den plastifizierten Medienschönheiten ausgelöst wird, anzukämpfen. Dove wirbt bis heute mit dieser Strategie (vgl. Kapitel 2.7.6). Es drängt sich nun die Frage auf, ob Werbung dieser Art wirklich zu höheren Absatzzahlen verhilft, oder ob der positive Anklang lediglich auf die soziale Erwünschtheit zurückgeführt werden muss. 51 Diskussion und Ausblick Studien dieser Art können nur schwer mit expliziten Selbstberichten durchgeführt werden, da dieses sozial sensitive Thema dazu verleitet, die Antworten so zu manipulieren, dass sie in das erwünschte Gesellschaftsbild passen. In der vorliegenden Studie wurde erstmals mit einem impliziten Verfahren untersucht, welche Models tatsächlich mehr ansprechen und somit eine positive Einstellung gegenüber der Werbeanzeige und folglich auch gegenüber dem Produkt auslösen. Dieses Verfahren ist der Implizite Assoziationstest (IAT). Er ermöglicht einen Zugang zu automatischen Einstellungen gegenüber den in der Werbung eingesetzten Stereotypen, was durch subjektive Selbstberichtverfahren nicht gegeben ist (Wentura und Degner, 2006: 56), da die Testpersonen meist nicht gewillt sind, ihre wahren Einstellungen zu offenbaren. Aufgrund dessen, wurde bei dem expliziten Fragebogen eher erwartet, dass vermehrt mollige Models gewählt werden. Bis auf das mollige Model der Werbeanzeige von Piaget, haben sich die Testpersonen grösstenteils für das dünne Model entschieden, was keine starke Motivation zur Vorurteilskontrolle zeigt. Das Model von Piaget hat anscheinend am ehesten von allen vieren Gefallen gefunden. Dies kann aus den Reaktionen der Testpersonen während der Bearbeitung des Fragebogens abgeleitet werden. Es fielen deutliche Äusserungen eines schlechten Gewissens bezüglich der Diskriminierung. Dies könnte ein Grund dafür sein, wieso die Präferenz für dünne Models bei der Werbeanzeige von Piaget nicht bestätigt werden konnte. Folglich könnte die Interpretation hier lauten, dass sich die Testpersonen unter Druck fühlten, zumindest eine gesellschaftlich erwünschte Antwort zu geben. 7.1 Kritische Beurteilung des Impliziten Assoziationstest (IAT) Damit Messergebnisse und die daraus resultierenden Schlussfolgerungen verlässlich sind, muss der Messvorgang die drei Gütekriterien Objektivität, Reliabilität und Validität erfüllen (Berekoven, Eckert und Ellenrieder, 2009: 80). 7.1.1 Objektivität Ein Messvorgang ist als objektiv zu bezeichnen, wenn mehrere Personen, unabhängig voneinander, zum gleichen Ergebnis gelangen (Berekoven et al., 2009: 80). Da in der vorliegenden Studie alle Personen unabhängig voneinander ausgewählt wurden und den Test unabhängig voneinander durchgeführt haben, ist das erste Kriterium der Objektivität gegeben. Zudem sollen die Testpersonen so wenig wie möglich durch verschiedene Vorinformationen beeinflusst werden. Es sollen demnach alle Testpersonen die gleiche Ausgangslage haben. Durch die schriftliche Kurzanleitung, welche vor den beiden Tests den Personen vorgelegt wurde, hatten alle dieselben Informationen und somit die gleiche Ausgangslage. 52 Diskussion 7.1.2 und Ausblick Validität Die Validität eines Testverfahrens kann dann bestätigt werden, wenn genau das gemessen wird, was auch gemessen werden sollte (Berekoven et al., 2009: 82). Die Validität wird in eine interne und externe Validität unerschieden. Die interne Validität kann am ehesten dann gewährleistet werden, wenn sämtliche Störfaktoren eliminiert werden und die Ergebnisse demnach einzig auf den Experimentalfaktor – hier die Figur der Models – zurückgeführt werden können (Berekoven et al., 2009: 82). Obwohl es bereits eine Reihe von Studien gibt, die für die interne Validität des Basiskonstrukt des IAT zur Messung automatisch aktivierter Assoziationen sprechen, wird sie nach wie vor kontrovers diskutiert (Gawronski und Conrey, 2004: 118). Aufgrund der komplexen Zusammensetzung, kann die interne Validität nicht vollends bestätigt werden. Es ist nicht auszuschliessen, dass zwei IATs zum selben Thema ganz verschiedene Ergebnisse liefern. Dies ist vor allem von dem verwendeten Stimulusmaterial abhängig (Greenwald, Nosek, Banaji und Lane, 2007: 69). Es gilt bei den Stimuli sämtliche Störgrössen so gut wie möglich zu eliminieren. Dies wurde bei den Werbebildern des vorliegenden IATs bestmöglich versucht zu berücksichtigen. Zu messen galt es die impliziten Assoziationen zu den Models, speziell bezüglich der Figur der Models. Somit sollten sich die Werbebilder für einen direkten Verglich allein durch die Figur der Models unterscheiden. Dies erweist sich als relativ schwierig, da auch andere Attribute des Models, wie beispielsweise das Gesicht und die Ausstrahlung in die Bewertung mit einfliessen. Man müsste also exakt gleich aussehende Models einsetzen, die sich einzig durch die Figur unterscheiden. Durch Fotomontage wurde für die vorliegende Studie bei zwei von vier Models die Figur angepasst. Aus dünn wurde mollig. Die Models, welche einer Fotomontage unterzogen wurden, eignen sich zwar besser für den direkten Vergleich, sind aber gegenüber den anderen molligen Models weniger natürlich und somit auch weniger ansprechend. Diejenigen molligen Models, welche bei der expliziten Befragung als diese gewählt wurden, welche mehr ansprechen, waren mit grosser Mehrheit die natürlich molligen Models. Ein Vergleich ohne jegliche Störfaktoren erweist sich in dieser Hinsicht als kaum möglich, da die Wahrnehmung der Models individuell ist. Die Probanden bewerten die Attraktivität nicht nur anhand körperlicher Faktoren. Jeder Betrachter hat eine andere Einstellung und einen anderen Geschmack in Bezug auf die Kleidung, Haltung oder noch wichtiger das Gesicht (Koch und Hofer, 2008: 205). Ein Testverfahren ist dann als extern valide zu bezeichnen, wenn seine Ergebnisse aufgrund der Repräsentanz der Stichprobe sowie der Untersuchungssituation, verallgemeinert werden können (Berekoven et al., 2009: 82). Durch das Einbeziehen von realen Models in realen Werbeanzeigen, wurde zur externen Validität bezüglich der Untersuchungssituation beigetragen. 53 Diskussion und Ausblick Bei der Interpretation der Ergebnisse dieser Studie gilt jedoch zu berücksichtigen, dass das Betrachten von Models in Werbeanzeigen unter Laborbedingungen nicht dem normalen Rezeptionsverhalten entspricht. Aufgrund der künstlich geschaffenen Untersuchungsumgebung während des IATs, ist davon auszugehen, dass das tatsächliche Involvement der Rezipienten höher war, als in einer natürlichen Situation. Dies kann die externe Validität einschränken (De Pasquale, 2007: 86). Aufgrund der Stichprobe, welche zu wenig repräsentativ für eine Grundgesamtheit ist, ist eine Verallgemeinerung der Ergebnisse nur mit Vorbehalt möglich (De Pasquale, 2007: 85). 7.1.3 Reliabilität Der IAT misst die impliziten Assoziationen aufgrund von Reaktionszeiten. Dies fordert höchste Konzentration der Testpersonen. Jede kleinste Ablenkung kann das Ergebnis beeinflussen. Zwar werden Reaktionszeiten, welche ungewöhnlich hoch oder tief sind, aus der Messung ausgeschlossen, aber die Reliabilität wird dennoch relativiert. Somit ist die Zuverlässigkeit von Ergebnissen, welche auf Reaktionszeiten beruhen nie so gross, wie diejenige aus expliziten Selbstberichten (Greenwald, Nosek, Banaji und Lane, 2007: 69). Ein Testergebnis ist dann reliabel, wenn die Messwerte präzise und stabil, das heisst, bei wiederholter Messung reproduzierbar sind (Berekoven et al., 2009: 81). Implizite Messungen haben eine tiefere RetestReliabilität als explizite Messungen (Dovidio, 2006). Die Retest-Reliabilität gibt den Grad der Übereinstimmung der Ergebnisse beim Wiederholen eines Tests an. Obwohl der IAT einige Schwachstellen aufweist, ist er das best bekannte und meist gebrauchte Instrument, um implizite Assoziationen zu messen (Dimofte, 2010: 934). 7.2 Handlungsempfehlung für die Gestaltung von Werbung Das Ziel der vorliegenden Studie war es herauszufinden, welche Models die Unternehmen in der Werbung einsetzen sollen; die dünnen, stark idealisierten Models, die in gesellschaftlicher Kritik stehen, oder die molligeren, durchschnittlichen Models, die der realen Frau eher entsprechen. Dabei war der Untersuchungsgegenstand die Figur der Models. Die Wirkung von Personeneigenschaften hat im Kommunikationsprozess grosse Relevanz. Die physische Attraktivität der eingesetzten Models spielt eine wichtige Rolle im Beeinflussungsprozess. Physische Attraktivität ruft hohe Aufmerksamkeit hervor und erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass der Werbung Beachtung geschenkt wird. Das Erlangen von Aufmerksamkeit ist bei der Marketingkommunikation sehr wichtig, denn ohne Aufmerksamkeit kann der Rezipient kein Interesse und folglich keinen Wunsch entwickeln, das beworbene Produkt 54 Diskussion und Ausblick zu kaufen (vgl. Kapitel 2.5.3). Auch äusserst unattraktive oder die vom Schönheitsideal abweichenden Kommunikatoren können durchaus Aufmerksamkeit erlangen, jedoch fehlt hier der Nachahmungseffekt. Der Nachahmungseffekt soll beim Rezipienten den Wunsch auslösen, so zu sein wie das Model in der Werbung (vgl. Kapitel 2.5.3). Durch den Halo-Effekt werden einer attraktiven Person automatisch positive Charaktereigenschaften zugeschrieben (vgl. Kapitel 2.5.3). Dies erhöht den Nachahmungseffekt zusätzlich. Verschiedene Studien haben jedoch gezeigt, dass der Nachahmungseffekt dann am stärksten auftritt, wenn die Diskrepanz der Attraktivität zwischen dem Model und dem Rezipienten nicht zu gross ist, damit sich der Beobachter mit dem Model identifizieren kann (vgl. Kapitel 2.7.2). Basierend auf diesen Überlegungen, sind vermutlich die Werbekampagnen mit molligeren und normal attraktiven Models, wie diese von Dove, entstanden. Es wurde nun anhand eines expliziten und impliziten Tests (IAT) mit einer Stichprobe von 60 Personen überprüft, welche Models tatsächlich bevorzugt werden. Die dünnen oder die molligen. Obwohl die Ergebnisse des expliziten und des impliziten Tests keine Korrelation aufgezeigt haben, ergaben sich aus beiden Verfahren dieselben Erkenntnisse. Trotz der gesellschaftlichen Schönheitsideal Kritik repräsentieren und gegenüber sich den durch dünnen eine Models, die überdurchschnittliche das aktuelle Attraktivität auszeichnen, werden dünne Models von Frauen wie auch von Männern gegenüber molligen Models klar bevorzugt. Die Werbekampagnen, welche sich von diesem Schönheitsideal abgrenzen und mit molligen Models werben, sind zwar aus ethischer Sicht zu unterstützen, dürften aber aufgrund der hier vorliegenden Testergebnisse die Werbeeffektivität längst nicht in dem Masse erreichen, wie Werbung mit den gängigen Schönheitsikonen. Um einen höchstmöglichen Werbeerfolg zu erzielen und positive Einstellungen der Rezipienten gegenüber dem Produkt und letztendlich auch gegenüber der Marke zu erreichen, sollten Unternehmen weiterhin die dem Schönheitsideal entsprechenden Models einsetzen. Der Trend der Werbekampagnen mit molligen Models kann trotz sozialer und ethischer Erwünschtheit nicht als Erfolgschiene bezeichnet werden. 55 Literaturverzeichnis Literaturverzeichnis American Sociaty for Aesthetic Plastic Surgery [ASAPS] (2008). Teen Breast Augmentation: What to Know. URL: http://www.plasticsurgeryportal.com/articles/teen-breast-augmentation/25 [12.05.2011]. Bauernfeind, B., Fauster, A. und Lang, N. (2002). Negative Auswirkungen des Schönheitskultes. In: Hergovich, A. (Hrsg.). Psychologie der Schönheit. Physische Attraktivität aus wissenschaftlicher Perspektive. Wien: WUV-Universitätsverlag. S. 83–99. Berekoven, L., Eckert, W. und Ellenrieder, P. (2009). Marktforschung. Methodische Grundlagen und praktische Anwendung. 12., überarbeitete und erweiterte Auflage. Wiesbaden: GWV Fachverlag GmbH. Bower, A.B. und Landreth S. (2001). Is Beauty Best? Highly Versus Normally Attractive Models in Advertising. Journal of Advertising, 30(1), S. 1–12. 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S. 107–123. 61 Anhang Anhang Anhang A: Kurzanleitung für den expliziten und den impliziten Test 62 Anhang Anhang B: Expliziter Fragebogen 63 Anhang 64 Anhang 65 Anhang 66 Anhang Anhang C: Auswertung Expliziter Fragebogen 67 Anhang Anhang D: Auswertung IAT Scores 68 Anhang Anhang E: Wahrheitserklärung Wahrheitserklärung Ich erkläre hiermit, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig, ohne Mithilfe Dritter und nur unter Benützung der angegebenen Quellen verfasst habe und dass ich ohne schriftliche Zustimmung der Studiengangleitung keine Kopien dieser Arbeit an Dritte aushändigen werde. Ich nehme zur Kenntnis, dass die Arbeit von der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) mittels einer Plagiatserkennungssoftware überprüft werden kann. Ich bin damit einverstanden, dass zu diesem Zweck die Arbeit mit meinem Namen in eine geschützte und nur für die Hochschule zugängliche Datenbank ins Ausland übertragen wird und dort verbleibt. Ich kann bei der ZHAW jederzeit die Löschung meines Namens und allfälliger weiterer persönlicher Angaben verlangen. Weiter nehme ich zur Kenntnis, dass gemäss 16 Abs. 1 i.V.m. 22 Abs. 2 FaHG die ausschliesslichen Verwendungsbefugnisse dieser Arbeit bei der ZHAW liegen. Das Recht auf Nennung der Urheberschaft bleibt davon unberührt. Céline Forestier 69 Anhang Anhang F: Herausgabeerklärung Herausgabeerklärung des Dozenten Herausgabe1) der Bachelor-Arbeit “Wer hat Angst vor Heidi Klum? Implizite Assoziationen zu Models in der Werbung“ Die vorliegende Bachelor-Arbeit wird nicht herausgegeben nicht herausgegeben werden bis ins Jahr ........ für eine ungeschränkte Herausgabe freigegeben ____________________________________________________________________________ (Ort, Datum) 1) Unterschrift Prof. Dr. sc. nat. Jürg Hari Unter “Herausgabe“ wird sowohl die Einsichtnahme im Hause wie auch die Ausleihe bzw. die Abgabe zu Selbstkostenpreisen verstanden 70