Tumortage Winterthur Zum Referat von Dr. Markus Eberhard, Chefarzt Frauenklinik Spitäler Schaffhausen Freitag, 5. Februar 2016, 14.00 bis 14.30 Uhr Brustkrebs – Welche Abklärung und Therapie für welche Patientin Einführung Die Brustkrebsforschung konnte in den vergangenen Jahren Erfolge verzeichnen: Anstelle einer breiten uniformen Therapie finden immer mehr zielgerichtete Therapien Anwendung. Es ist gelungen die Krankheit immer besser zu verstehen, Untergruppen zu bilden und Angriffspunkte für Therapien zu definieren. Zielgerichtete Krebstherapien stehen so im Fokus der Wissenschaft. Das Ziel: Patientinnen sollten so individuell wie möglich behandelt und das Prinzip „alle bekommen das Gleiche“ vermieden werden. Viele Fragen sind aber noch offen. Der Traum ist die personalisierte, das heisst für jede Patientin und ihre Krebserkrankung individuell zugeschnittene Therapie. Diesem Ziel werden wir immer näher kommen, nicht in grossen Sprüngen aber in kleinen Schritten. Personalisierte Krebsmedizin (für jede Patientin die richtige Medizin) Die Begriffe individualisiert, massgeschneidert, personalisiert oder zielgerichtet im Zusammenhang mit Krebsbehandlungen sind heute in aller Munde. Sie stehen als Synonyme für moderne Krebsmedizin nämlich für Therapien die genau an die Bedürfnisse der jeweiligen Patientin angepasst sind. Bekannt ist schon lange, dass nicht alle Patientinnen gleichermassen gut auf eine Therapie ansprechen. Dies liegt daran, dass jeder Mensch persönliche Besonderheiten beziehungsweise seine ganz eigene genetische Ausstattung aufweist. Das führt dazu, dass auch die gleiche Krankheit bei verschiedenen Menschen unterschiedliche Ursachen aufweisen kann oder ein Medikament auf verschiedene Art und Weise vom Körper verarbeitet werden. Ansatz der personalisierten oder individualisierten Medizin ist die Behandlung dementsprechend anzupassen. Basis der massgeschneiderten Krebstherapie sind neue diagnostische Methoden wie die molekulargenetische Untersuchung von Tumorgewebe oder Blut. Gesucht wird nach Veränderungen die die Tumorzelle charakterisieren und auch Ursache des Tumorwachstums sind. Findet man diese Veränderungen lässt sich die Tumorzelle genau an dieser veränderten Stellen angreifen. Man spricht dann auch von zielgerichteter Therapie. Solche Veränderungen erlauben auch eine Vorhersage darüber ob eine bestimmte Behandlungsmethode wirkt und damit auch eingesetzt werden soll. Frauenklinik, Chefarzt Dr. med. Markus Eberhard Tel. dir. +41 (0)52 634 23 15 Fax +41 (0)52 634 23 98 [email protected] Dr. med. Katrin Breitling, Leitende Ärztin Gynäkologie PD Dr. med. Thomas Roos, Leitender Arzt Geburtshilfe Kantonsspital Geissbergstrasse 81 CH-8208 Schaffhausen Tel. +41 (0)52 634 34 34 www.spitaeler-sh.ch Seite 2/4 Brustkrebs Diagnostik und Abklärung Häufig werden Brustknoten von den betroffenen Frauen selbst ertastet. Dabei sind 4 von 5 der ertasteten Knoten gutartig, so dass die Diagnose Brustkrebs erst nach eingehender ärztlicher Untersuchung gestellt werden kann. Um einen Tumor im Bild zu erfassen können verschiedene Methoden angewendet werden zum Beispiel Ultraschall oder ein Röntgenbild der Brust (Mammografie) oder eine magnetresonanztomografische Aufnahme. Ob ein Tumor gut- oder bösartig ist kann jedoch erst nach der Untersuchung einer Gewebeprobe mit Gewissheit gesagt werden. Die Mammografie kommt zum einen bei Anzeichen einer Erkrankung zum Einsatz zum anderen im Rahmen von Vorsorgeprogrammen. Vorsorgeprogramme bieten allen Frauen zwischen 50 und 70 Jahre die Möglichkeit sich alle 2 Jahre auf Veränderungen in der Brust untersuchen zu lassen. Oftmals werden Tumoren dadurch in dieser Gruppe von Frauen früh entdeckt und können erfolgreich und vor allem auch schonend behandelt werden. Während der Untersuchung wird die Brust mit einem Röntgengerät aus mindestens zwei Richtungen abgebildet. Mit dieser Untersuchung können sehr kleine noch nicht tastbare Knötchen oder Kalk, welcher manchmal ein Vorstadium von Brustkrebs sein kann, erkannt werden. Auch die Ultraschalluntersuchung kann zur Diagnostik von Veränderung der Brust eingesetzt werden. Dabei wird die Gewebestruktur mit Hilfe von Ultraschallwellen abgebildet. Ein Vorteil gegenüber der Mammografie bietet der Ultraschall bei sehr dichtem Drüsengewebe als auch vor allem bei Frauen vor den Wechseljahren. Mit der Magnetresonanztomografie (MRT) wird eine Vielzahl an Schnittaufnahmen eines Körperabschnittes erstellt. Bei der Brustkrebsdiagnostik wird diese Methode eingesetzt um Informationen über Lage und Grösse eines Tumors zu gewinnen. Häufig ist jedoch keine Magnetresonanztomografieuntersuchung notwendig. Die Methode kommt vor allem zum Einsatz um kleine nicht sichtbare Veränderung bei bereits bekanntem Tumor zu entdecken. Auch Frauen mit hohem familiärem Risiko respektiver familiärer Vorbelastung werden im Rahmen der Früherkennung mit MRT untersucht. Gewebeuntersuchung Ob eine Veränderung der Brust gut- oder bösartig ist kann erst nach der Untersuchung einer Gewebeprobe mit Sicherheit gesagt werden. Die Gewebeuntersuchung ist sehr wichtig um die weitere Therapie festzulegen. Verschiedene Faktoren am Gewebe werden bestimmt. Diese Faktoren sind ein wichtiger Bestandteil zur Festlegung von weiteren therapeutischen Schritten. Es gibt unterschiedliche Methoden um die Gewebeprobe zu entnehmen. Häufig wird die so genannte Vakuumbiopsie angewandt, bei dieser Methode können Gewebezylinder gewonnen werden unter bildgebender Kontrolle. Seite 3/4 Operation Die Standardoperation erfolgt heute in der Regel brusterhaltend. Ausschlaggebend ist ob die Relation zwischen Tumorgrösse und Brustvolumen günstig ist und der Tumor nicht in den Brustmuskel oder in die Haut eingedrungen ist. Der Tumor wird in der Regel mit einem Sicherheitsrand aus dem umliegenden Gewebe herausoperiert. Studien haben gezeigt, dass für das Überleben der Patientin die brusterhaltende Therapie genauso sicher ist wie die vollständige Entfernung der Brust. Fester Bestandteil der Brusterhaltung ist eine Nachbestrahlung der Brust. Die Entfernung der gesamten Brust, die so genannte Mastektomie, ist vor allem dann erforderlich wenn sich in der Brust mehrere Tumorherde befinden, bei entzündlichem Brustkrebs oder bei ausgedehntem Hautbefall und auch wenn ein Tumor nach mehrmaligen Operationen nicht im Gesunden entfernt werden konnte. Sowohl während der Operation wie aber auch zu einem späteren Zeitpunkt kann eine entfernte Brust auf Wunsch der Patientin wieder rekonstruiert werden. Dies geschieht entweder mit körpereigenem Gewebe oder mit Prothesen aus Silikon. Ein weiterer Bestandteil der Operation ist die Überprüfung ob in den Lymphknoten der Achselhöhle Tumorzellen zu finden sind. Dazu werden meistens die so genannten Wächterlymphknoten (Sentinellymphknoten) entfernt. Sind diese befallen, müssen manchmal auch weitere Lymphknoten aus der Achselhöhle entfernt werden oder die Achselhöhle wird bestrahlt. Strahlentherapie Bei vielen Brustkrebspatientinnen ist die Strahlentherapie eine wirksame Behandlungsmethode. Sie wird vor allem bei Frauen nach brusterhaltender Operation durchgeführt um eventuell verbliebene Tumorzellen zu zerstören. Wie die Operation ist die Bestrahlung eine lokale Therapie die nur dort wirkt wo bestrahlt wird. Antihormontherapie Die Antihormontherapie ist seit 30 Jahren Bestandteil der Brustkrebstherapie. Viele Tumorzellen besitzen Andockstellen für die Hormone Östrogen und Progesteron. Wenn die Hormone zu einer Andockstation finden wird ein Wachstumssignal an die Zelle gesendet. Die Antihormontherapie bewirkt, dass keine Hormone an diese Andockstellen gelangen können und die Zellen so keine Wachstumssignale mehr bekommen. Bei einer Antihormontherapie können die Andockstationen blockiert werden oder es kann auch die Produktion von Östrogenen mit Medikamenten unterbunden werden. Diese Therapie dauert in der Regel 5 Jahre, oft bis 10 Jahre. Die Mehrzahl der Brustkrebspatienten ist mit einer alleinigen antihormonellen Behandlung ausreichend therapiert und sie brauchen keine weiteren Chemotherapien. Seite 4/4 Chemotherapie Die Chemotherapie gehört zu den systemischen Therapien, das heisst sie wirken im gesamten Körper. Nicht jede Brustkrebspatientin benötigt jedoch eine Chemotherapie. Oftmals ist auf Grund des niedrigen Metastasenrisikos eine nebenwirkungsärmere Therapie alleine ausreichend. Genetische Untersuchung des Tumorgewebes können Hochrisiko- und Niedrigrisikopatientinnen unterscheiden. Das erlaubt eine bessere Prognoseabschätzung und somit auch eine bessere Entscheidungsgrundlage ob eine Chemotherapie angezeigt ist. Man spricht von einer risikoadaptierten Behandlung, das heisst sowenig wie möglich und soviel wie nötig. Ob eine Chemotherapie angezeigt ist und welche Zytostatika (Zellgifte) verabreicht werden ist vom Zustand der Patientin und vor allem von der Charakterisierung des Tumors abhängig. Eine Chemotherapie dauert mehrere Monate und wird in der Regel in ein- bis dreiwöchentlichen Zyklen durchgeführt. Ist ein Brusttumor sehr gross oder aggressiv kann vor der Operation eine Chemotherapie vorgeschaltet werden (neoadjuvante Chemotherapie) um den Tumor zu verkleinern und so auch das Ansprechen auf die Therapie zu kontrollieren. Antikörpertherapie Die personalisierte Medizin ist ein Überbegriff für die Strategie Medikamente anzuwenden die besser auf den einzelnen Patienten zugeschnitten sind. Die personalisierte Medizin soll uns präzisere Diagnosen und optimalere Therapien zur Verfügung stellen. Rund ein Fünftel aller Brustkrebspatientinnen produziert in den Krebszellen eine Oberflächeneigenschaft im Übermass. Bei etwa jeder 5. Brustkrebspatientin ist der so genannte Her2-neu-Rezeptor auf der Tumorzelle vermehrt vorhanden. Ein Antikörper wurde entwickelt, der an diese Andockstellen ansetzt. Durch diese Antikörpertherapie wird das Zellwachstum gehemmt. Für die Patientinnen gibt es so einen erfolgreichen Wirkstoff der die Krankheit verlangsamt oder stoppt.