24 Pflanze BAUERNBLATT | 27. Februar 2016 ■ Rapsanbaustrategie 2016 Einsatzhäufigkeit von Insektiziden überdenken Die Situation der Insektizide im Winterraps bleibt angespannt. Neue Wirkstoffe sind momentan nicht in Sicht, und jeder Einsatz selektiert auf bestehende Wirkstoffe. Insekten sind mobil, sodass Resistenzen nur kurzfristig räumlich begrenzt bleiben. Da stellt sich zwangsläufig die Frage, wie lange das noch gut geht. unverzichtbarer Begleiter im Rapsanbau geworden. Denn nur mit ihrer Hilfe kann die Bekämpfungswürdigkeit von Großem Rapsstängelrüssler und Geflecktem Kohltriebrüssler feststellt werden. Rüsslerarten schaden Raps Der Große Rapsstängelrüssler Schon jetzt ist klar, Pyrethroidre- ist im südlichen Teil Schleswig-Holsistenzen beschränken sich längst steins im vergangenen Jahr wieder nicht mehr nur auf die Rapsglanz- verstärkt aufgetreten. Er benötigt zum Erwachen auf der vorjährigen Rapsfläche nur Temperaturen von zirka 5 °C in der obersten Bodenschicht und zirka 10 °C Lufttemperatur. Dunkle Böden in Südlage können diese Temperatur schnell erreichen. Das bedeutet, dass in gefährdeten Lagen die ersten Gelbschalen zum Vegetationsstart auf der vorjährigen Raps- Gelbschale zum Feststellen des Erwachens des Großen Rapsstängelrüsslers. fläche (jetzt in der Regel Winterweizen) stehen sollten. Nach dem der Große Rapsstängelrüssler sich nen das Erwachen und der Zuflug Erwachen sucht der Käfer nahe ge- im Gegensatz zum Gefleckten mit anschließender Eiablage durchlegene Rapsschläge auf. Bei plötz- Kohltriebrüssler nicht lange mit ei- aus innerhalb eines Tages geschelich ansteigenden Temperaturen nem Reifungsfraß aufhält, son- hen. Eine sich direkt anschließende Großer Rapsstängelrüssler. können Erwachen und Zuflug sehr dern zügig zur Eiablage schreitet. Bekämpfung erzielt den höchsten käfer. Und ein Resistenz verlangsa- zeitnah erfolgen. Dann ist auch für Bei plötzlicher Erwärmung mit an- Wirkungsgrad, eine Woche spämender Wirkstoffgruppenwechsel eine Bekämpfung Eile geboten, da haltender warmer Witterung kön- ter sinkt dieser deutlich. Mit dem Vollzug der Eiablage beginnt auch über die gesamte Vegetationsdauer ist in der Praxis nicht so leicht schon die Schädigung des Rapumzusetzen. Zum einen ist die Anses. Der Große Rapsstängelrüssler Praxistipp Gelbschale zahl der Wirkstoffgruppen sehr bescheidet bei der Eiablage Wuchsgrenzt, und zum anderen schränstoffe aus, die für die typischen ●●Der Insektenzuflug ist schlag­ einer weiteren Schale auf der ken Auflagen den Einsatz ein. Um Verdrehungen der Stängel verantspezifisch. Rapsdichte, Schlag- aktuellen Rapsfläche überwacht. weiteren Druck von den Insektiwortlich sind. Aufgrund des hohen größe und Nachbarflächen ●●Gelbschale mit Wasser und ziden zu nehmen, bleibt nur, die Schadpotenzials und der zu erwar(Knicks, Waldsäume et cetera) Spülmittel (Oberflächenspantenden Ertragseinbußen liegt die Einsatzhäufigkeit zu verringern sind entscheidende Parameter. nung brechen) befüllen, zum Bekämpfungsschwelle nach wie und letztlich wegen vieler weiteFolglich gehört auf jede Raps- Schutz von Bienen und Humrer ackerbaulicher Aspekte (wie vor bei nur zehn Käfern pro Gelbfläche eine Gelbschale. meln mit Gitter bedecken. schale innerhalb von drei Tagen im zum Beispiel Kohlhernie, Verticil●●Die Schale im zeitigen Früh- ●●Gelbschale nicht am Feldrand lium, Ackerfuchsschwanz) über Winterraps. jahr, sobald das Wachstum be- aufstellen, da der höhere Randeine Ausweitung der FruchtfolgeBeim Gefleckten Kohltriebrüssginnt, in der Rapsfläche aufstel- befall die tatsächliche Situation stellung des Rapses nachzudenken. ler liegt die Bekämpfungsschwellen. verzerrt. Wie stellt man das am geschicktesle deutlich höher (30 Käfer pro ●●Um das Erwachen des Großen ●●Gelbschale muss mit dem Beten an? Gelbschale innerhalb von drei TaRapsstängelrüsslers festzustel- stand mitwachsen. Ein wichtiges Instrument dafür gen), da die Schadwirkung nicht len, muss die Gelbschale auf der ●●Je nach Wetterlage regelmäßiso hoch anzusetzen ist. Allerdings ist die Nutzung von Gelbschalen. vorjährigen Rapsfläche stehen. ge Kontrolle und Wasserwechsel spielt die Vitalität des Rapses eine Vor einigen Jahren noch exotisch Der eigentliche Zuflug wird mit (je wärmer, desto häufiger). anmutend, sind sie inzwischen ein entscheidende Rolle. Vorschäden Pflanze 25 ■ BAUERNBLATT | 27. Februar 2016 durch Kleine Kohlfliege und Raps­ erdfloh müssen beachtet werden. Der Gefleckte Kohltriebrüssler macht einen ausgiebigen Reifungs­ fraß, sodass für eine eventuelle Be­ kämpfung je nach Witterung ein zehn- bis 14-tägiges Zeitfenster vorhanden ist. Konnten die Weib­ chen des Kohltriebrüsslers erfolg­ reich ihre Eier in der Pflanze plat­ zieren, fallen die Pflanzen nicht durch verdrehte Stängel auf. Die sich entwickelnden Larven fressen Die Eiablage des Großer Rapsstängelrüsslers. meist unentdeckt und werden erst durch das Aufschneiden der Stän­ gel bemerkt. Diese ausgehöhlten Stängel sind anfälliger gegenüber Pilzkrankheiten sowie schlechten Witterungsbedingungen (Trocken­ heit, Sturm) und reagieren mit Min­ dererträgen, deren Ursache dann erst auf den zweiten Blick auffällt. Auszählen der Rapsglanzkäfer Mit dem Zuflug der Rapsglanzkäfer hat die Gelbschale ausge­ dient und kann von der Fläche entfernt werden. Die Befallsstärke Schaden durch Großen Rapsstängelrüssler. und damit die Bekämpfungswür­ digkeit kann nur durch Auszählen an der Pflanze ermittelt werden. Hierfür werden die Käfer direkt auf der Pflanze gezählt oder die Pflanzen über einem Gefäß ausge­ klopft. Für die Ermittlung der wah­ ren Befallsstärke lohnt es sich, et­ was weiter in den Bestand zu ge­ hen. Der Befall am Rand ist deut­ lich höher als in der Fläche. Meist relativieren sich dann nämlich die Werte. Die alten Bekämpfungs­ schwellen wurden angepasst, da Ertragsergebnisse eine deutlich höhere Toleranz zulassen. Bis ES 55 können in einem gesunden Be­ stand acht Käfer pro Pflanze tole­ riert werden, in einem schwachen Bestand vier Käfer pro Pflanze. Ab dem Stadium ES 55 ist in einem vi­ talen Bestand bei mehr als zehn Käfern pro Pflanze die Bekämp­ fungsschwelle erreicht, in einem schwachen Bestand bei mehr als fünf Käfern pro Pflanze. Die Rapsglanzkäfer bevorzugen insgesamt höhere Temperaturen. Bei Temperaturen ab 8 °C wird der Käfer im Winterquartier aktiv, um Der Spezialist für Hochleistungsstandorte • Optimal gegen Fuß- u. Blattkrankheiten • Optimal gegen Fuß- u. Blattkrankheiten • Das breiteste Mehltaufungizid • Das breiteste Mehltaufungizid • Lange Dauerwirkung und höchste Erträge • Lange Dauerwirkung und höchste Erträge 50%PREMEO PREMEO 50% ZUSATZPUNKTE ZUSATZPUNKTE SICHERN. SICHERN. Teilnahmebedingungen unter www.premeo.de Teilnahmebedingungen unter www.premeo.de IE DIE RTT D VERBESSNEESR S SS ES RE TR VTERROBCEKSESN ST E K Z NZ TTROOLC AN RA ER E TOL Talius = registrierte Marke DuPont Talius = registrierte Marke DuPont Pflanzenschutzmittel vorsichtig verwenden. Vor Verwendung stets Etikett Pflanzenschutzmittel vorsichtig Vor Verwendung Etikett und Produktinformationen lesen.verwenden. Warnhinweise und -symbolestets beachten. und Produktinformationen lesen. Warnhinweise und -symbole beachten. www.agrar.bayer.de www.agrar.bayer.de 26 Pflanze dann bei Temperaturen um 12 °C dieses zu verlassen. Im Gegensatz zu den Männchen, die sofort geschlechtsreif sind, führen die Weibchen erst einen notwendigen Reifungsfraß an Frühlingsblumen durch. Bei Temperaturen ab 15 °C beginnt die Besiedlung der Rapsfelder. Diese Besiedlung kann nach wenigen Tagen schon abgeschlossen sein, sich aber bei wechselhafter Witterung mit kühlen Temperaturabschnitten oder starken Winden über einen längeren Zeitraum erstrecken. Ziel des Käfers ist der Rapspollen. Dabei wird auf die Knospen keinerlei Rücksicht genommen. Je kleiner die Knospen sind, umso größer ist der Schaden. BAUERNBLATT | 27. Februar 2016 ■ Geschädigte Knospen vergilben, trocknen ein und fallen später ab. Bei starkem Rapsglanzkäferdruck können auch die geschlüpften Larven in der Blüte noch Schaden verrichten. Strenge Winter fördern Schädlingsdruck Der Schädlingsdruck ist von vielen Faktoren abhängig. Ein wichtiger ist die Überwinterungsrate. Beim Rapsglanzkäfer führen fehlende Winter oft zu einem verhaltenen Frühjahrsauftreten (2015). Ursächlich hierfür sind ein höheres Pilz- beziehungsweise Bakterienaufkommen im Winterquar- tier. Demgegenüber führen stabile Winterperioden ohne große Temperaturschwankungen zu einer geringen Sterblichkeit der Käfer im Winterquartier und dann zu einem stärkeren Auftreten im Frühjahr. Des Weiteren entscheidet die Witterung im Zuflugzeitraum über die Befallsstärke. Kühle Temperaturen, gepaart mit vielen Windtagen, ergeben eine ungünstige Konstellation für die Rapsglanzkäfer. Die geografische Lage der Rapsflächen ist ebenfalls von entscheidender Bedeutung. So sind kleine, von Knicks gesäumte Flächen anders zu betrachten als große, windoffene Lagen. Aktuelle Bekämpfungsstrategie Die Anzahl der verfügbaren Pflanzenschutzprodukte darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Gesamtlage nach wie vor angespannt ist. Pyrethroide der neuen Generation (Klasse I) werden dem Resistenzdruck nicht ewig standhalten beziehungsweise zeigen jetzt schon nicht mehr das Potenzial wie zu ihrer Einführung. Das zeigen die jährlich durchgeführten Resistenzuntersuchungen durch das Julius-Kühn-Institut (JKI), aber auch die Röhrchentests der Pflanzenschutzdienste der einzelnen Länder (siehe Abbildungen 1 bis 3). Bezieht man in die Gesamtbetrachtung auch die Schotenschädlinge mit ein, wird das ganze Dilemma deutlich. Ein Wirkstoffwechsel schädlingsübergreifend ist schwierig umzusetzen. Bezieht man den Herbstschädling Rapserdfloh mit ein, wird er quasi unmöglich. Stängel- und Triebrüssler Für eine Bekämpfung der Stängel- und Triebrüssler sind die alten und neuen Pyrethroide nach wie vor geeignet. Treten die Stängelund Triebrüssler sehr früh ohne Rapsglanzkäfer auf, haben die PyGefleckter Kohltriebrüssler. Rapsglanzkäfer. Fotos: Manja Landschreiber rethroide der Klasse II nach wie vor ihre Berechtigung. Treten neben den Stängelschädlingen auch Abbildung 1: Aktuelle Resistenzsituation bundesweit (lambda-Cyhalothrin, Etofenprox, gleichzeitig erste Rapsglanzkäfer tau-Fluvalinat), Mortalität Rapsglanzkäfer (RGK) in Labortests 2008 bis 2015 auf, kann Trebon 30 EC (Pyre­throid Klasse I) zum Einsatz kommen. Stängelrüssler- und Triebrüsslerbefall, gepaart mit starkem Rapsglanzkäferdruck, kann mit einem Pyrethroid der Klasse II und Avaunt oder Plenum 50 W, jeweils in voller Aufwandmenge bekämpft werden. Avaunt und Plenum 50 WG benötigen gegen die Stängelschädlinge den Zusatz eines Pyrethroides, da beide keine ausreichende Wirkung besitzen. Biscaya (Neonicotinoid) hat in diesem frühen Bereich aufgrund der geringeren Wirksamkeit gegen Stängelschädlinge und der verfügbaren Alternativen mit begrenztem Einsatzfenster (Avaunt und Plenum 50 WG sind beide B1) nichts zu suchen. Wirkstoffwechsel bedenken Quelle: JKI (Dr. Heimbach) Biscaya ist in Gebieten mit Pyrethroidresistenzen beim Kohlschotenrüssler (Nord- und Ostdeutsch- Pflanze 27 ■ BAUERNBLATT | 27. Februar 2016 Abbildung 2: Mortalität im Adult-Vial-Test 2015 Fänge vom April 2015 (Standorte Schleswig-Holstein) Wirkstoff: Etofenprox (Trebon 30 EC) Wirkung nach 24 h 100 % Feldaufwandmenge 20 % Feldaufwandmenge 100 80 60 40 20 0 Sörup (SL) Stadum (NF) Süderhastedt Lübeck (HL) Bovenau (RD) Stein (PLÖ) (HEI) Abbildung 3: Mortalität im Adult-Vial-Test 2015 Fänge vom April 2015 (Standorte Schleswig-Holstein) Wirkstoff: tau-Fluvalinat (Mavrik) Wirkung nach 24 h 100 % Feldaufwandmenge 20 % Feldaufwandmenge 100 80 60 40 20 0 Sörup (SL) Stadum (NF) Süderhastedt Lübeck (HL) Bovenau (RD) Stein (PLÖ) (HEI) Rapsglanzkäferschaden. Rapsglanzkäfer in der Blüte. land) dem Blüteneinsatz vorbehal­ ten. Biscaya bekämpft im Übrigen auch die Larven des Rapsglanzkä­ fers. Das Produkt ist zwar für den zweimaligen Einsatz zugelassen, sollte aber aus vorbeugendem Re­ sistenzmanagement nur einmalig eingesetzt werden. Wenn Biscaya aufgrund der Pyrethroidresistenz des Kohlschotenrüsslers in der Blü­ te gesetzt ist, muss man so gesehen gegen den Rapsglanzkäfer vorher erfolgreich sein. Das bedeutet, so­ lange nichts blüht, mit Avaunt oder Plenum 50 WG (beide B1!) eine an­ dere Wirkstoffklasse einzusetzen. Diese Möglichkeit sollte auch ge­ nutzt werden, um hier die Pyre­ throidkette zu durchbrechen. Bei­ de Produkte zeichnen sich durch eine gute Dauerwirkung, auch bei höheren Temperaturen, aus. Aller­ ding ist der Einsatz bei ersten Raps­ blüten oder blühenden Unkräutern für diese beiden Produkte aufla­ genbedingt (B1) sofort beendet. Dann steht noch das Pyrethroid Mavrik (+ Citronensäure), das keine Zulassung gegen Stängelrüssler be­ sitzt, zur Verfügung. Ist im Stängel­ bereich noch kein Trebon gefallen, geht dann auch dieses. Allerdings spricht man dann nicht von einem Wirkstoffwechsel. Problematisch wird es, wenn die Zeitspanne vom ersten Öffnen der Blüten bis zur eigentlichen Voll­ blüte sehr lang ist und in dieser Zeit starker Rapsglanzkäferzuflug herrschen sollte. Dann offenbart sich eine Bekämpfungslücke, die vorzugsweise mit einem Neonico­ tinoid geschlossen werden müsste (Biscaya beziehungsweise Mospilan SG). Hilfreich wäre dann natürlich, wenn ein Biscayaeinsatz in der Blü­ te nicht nottäte. Tabelle: Resistenzmanagement, mögliche Insektizide zur Rapsglanzkäferbekämpfung 2016 Bienenschutz Präparat Wirkstoff Biscaya Mospilan SG Mavrik Trebon 30 EC Avaunt Plenum 50 WG Thiacloprid Acetamiprid tau-Fluvalinat Etofenprox Indoxacarb Pymetrozin Abstand zu Oberflächengewässern Kombination mit Aufwandmenge/ha solo EBH Proline 300 ml 200 g 200 ml 200 ml 170 ml 150 g B4 B4 B4 B2 B1 B1 B4 B1 B2 B2 B1 B1 B4 B1 B4 B2 B1 B1 Standard 5m 5m 15 m * * Abdriftminderungsklasse 50 % 75 % 90 % 5m * 10 m - * * 5m - * * 5m 10 m * * * * * * Resistenzsituation Pyrethroide ●●Stängelrüssler: Pyrethroide (Typ II und I) wirken sicher. ●●Rapsglanzkäfer: Kaum noch Wirkung der Pyrethroide Typ II (zum Beispiel Karate Zeon, Decis forte und andere). Bundesweite Verbreitung von stark resisten­ ten und resistenten Populatio­ nen. Die Wirkung der Pyrethroi­ de Typ I (Trebon 30 EC, Mavrik) ist im Feld noch ausreichend bis gut, allerdings weisen die Resis­ tenztests deutliche Sensitivitäts­ verluste auf. So gesehen, ist es nur eine Frage der Zeit, bis die Pyrethroide Typ I den Weg der alten Pyrethroide gehen wer­ den. ●●Kohlschotenrüssler: Hier wei­ tet sich die Pyrethroidresis­ tenz immer weiter aus. Neben Schleswig-Holstein und Meck­ lenburg-Vorpommern sind jetzt auch weitere Bundesländer be­ troffen. Besonders kritisch ist, dass keinerlei Unterschied zwi­ schen der Art der Pyrethroide besteht. Hier sind alle betroffen (kdr-Resistenz), das heißt, ein Wechsel von Pyrethroid Typ II zu Typ I ist wenig Erfolg verspre­ chend. In der Vollblüte könnte dann nur noch Biscaya zum Ein­ satz kommen. ●●Kohlschotenmücke: Keine Re­ sistenz bekannt. Pyrethroide wir­ ken theoretisch sicher, was prak­ tisch aber kaum relevant ist, da Kohlschotenrüssler und Kohlscho­ tenmücke zusammen auftreten. ●●Rapserdfloh: Besonders in Schleswig-Holstein und Meck­ lenburg-Vorpommern verbreite­ te Resistenz im Labor nachgewie­ sen, die sich aktuell im Feld noch nicht zeigt. Auch hier gibt es kei­ nen Unterschied zwischen den Pyrethroiden (kdr-Resistenz). Beim Insektizideinsatz Wetter einbeziehen Der tatsächliche Insektizidein­ satz ist sehr stark abhängig von der jeweiligen Wetterlage und den ein­ zelnen Zuflugswellen. Insgesamt gesehen ist jeder Insektizideinsatz im Winterraps zu überdenken. Dazu sollte grundsätzlich bei jeder Behandlung die Frage der Notwen­ digkeit gestellt werden. Sicherlich ist gerade beim Rapsglanzkäfer die Toleranzschwelle eine andere ge­ worden. Doch muss man sich auch an den Gedanken gewöhnen, dass eine 100%ige Bekämpfung nicht mehr erzielbar ist. Für eine Beur­ teilung der Bekämpfungsschwel­ le und der Wirkung dürfen nicht nur Pflanzen, die durch hohen Be­ satz förmlich „ins Auge stechen“, in Betracht kommen, sondern auch Nachbarpflanzen und vor al­ 28 Pflanze BAUERNBLATT | 27. Februar 2016 ■ lem Pflanzen im Inneren des Rapsschlages. Das Vorgewende alleine ist nicht repräsentativ. Der Raps ist ein Überlebenskünstler. Versuche des amtlichen Pflanzenschutzdienstes konnten absicherbare Ertragsunterschiede nur in den Starkbefallsjahren 2005 und 2006 feststellen. Mehr Informationen zu den Auflagen von Insektiziden in Raps unter www.lksh.de -> Landwirtschaft -> Pflanze -> Ölpflanzen/Körnerleguminosen -> Winterraps -> Karteireiter Pflanzenschutz -> Stichwort Insektizide. Eine blühende Pflanze bedeutet das Einsatzende von B1-Produkten. Manja Landschreiber Landwirtschaftskammer Tel.: 04 51-31 70 20 25 [email protected] FAZIT Für 2016 ist aus heutiger Sicht mit keiner neuen Zulassung oder Genehmigung neuer Produkte zu rechnen. Das bedeutet, die Mittel von 2015 sind die Produkte von 2016. Zusammenfassend kann man sagen, dass eine notwendige optimale Antiresistenzstrategie wegen einer unzureichenden Produktpalette (begrenzender Faktor sind die Wirkstoffe) mit jeweils eingeschränkter Anwendungshäufigkeit nicht möglich ist. Umso mehr Wert muss auf einen optimierten Einsatz gelegt werden. Tipps für die Praxis Für jeden Insektizideinsatz gilt: ein Mittel kann sein Potenzi­ al nur dann voll ausschöpfen, wenn es ordnungsgemäß einge­ setzt wird. Jeder Fehler wird dop­ pelt bestraft, kurzfristig mit einer schlechten Wirkung, und langfris­ tig wird der Resistenzentwick­ lung weiter Vorschub geleistet. Besonders in der Rapsglanzkäferbekämpfung sind die Zeiten voller Wirkung schon lange vorbei. Von keinem derzeitigen Produkt ist eine 100%ige Wirkung mehr zu erwarten. Eine 80%ige Wirkung ist erreichbar. Umso mehr gilt es, nachfolgende Punkte zu beachten: ●●Notwendigkeit der Insektizidbehandlung prüfen. Jeder Einsatz von Insektiziden ist unter Resistenzgesichtspunkten einer zu viel. ●●Die Behandlung gegen den Rapsglanzkäfer (RGK) nicht vorschnell durchführen. Die Folgewitterung beachten, Zuflug findet erst bei 15 °C, Sonne und wenig Wind statt, Schlechtwetterperioden nach einem kurzen Hoch aussitzen. Bei Kontaktwirkung der Mittel ist Aktivität der Käfer von Bedeutung. Bei Kälte verkriechen sich diese, schlechte Wirkungsgrade sind die Folge. ●●Bei jeder Behandlung sollte ein Kontrollfenster gelassen werden. Nur so kann man den Bekämpfungserfolg auch beurteilen und eventuelle Minderwirkungen erkennen. Die Erfolgsbonitur muss morgens erfolgen, um den täglichen Neuzuflug auszuschließen. Die Käfer werden pro Pflanze aus- Bestand bei starkem Rapsglanzkägezählt (nicht nur „Leuchttürme“ ferdruck und einem schon erfolgten Pyrethroideinsatz ein Neonizählen). ●●Sind noch keine blühen- cotinoid (Biscaya, Mospilan SG) den Pflanzen vorhanden, soll- eingesetzt werden, sollten die ten Avaunt oder Plenum 50 WG Knospen vollständig frei liegen. zum Einsatz kommen. Avaunt Ein systemischer Wirkstoff wird wirkt als Kontakt- und Fraßgift innerhalb der Pflanze zwar vom und ist nicht systemisch. Plenum Stängel in die Knospe transpor50 WG wirkt ebenfalls als Fraß- tiert, aber nicht von den Blättern. und Kontaktmittel und kann auch versteckt sitzende RGK gut bekämpfen. Plenum 50 WG hat im Vergleich zu Avaunt die bessere Anfangswirkung. Eine gute Benetzung der Pflanze sollte bei beiden gegeben sein. Beide Mittel zeichnen sich durch eine gute Dauerwirkung aus. Avaunt spielt Bienenschutz hat oberste Priorität. seine Stärken drei bis fünf Tage nach der Behand- Biscaya bleibt beim Azolzusatz B4, lung aus, wo die Leistungsfähig- Mospilan SG wird bienengefährkeit anderer Produkte abnimmt. lich (B1). Plenum 50 WG und Avaunt ha- ●●Mavrik passt in die Strategie, ben die B1-Auflage und dürfen wenn im vorderen Bereich noch nicht mehr nach Blühbeginn ein- nicht mit Trebon 30 EC (Stängelgesetzt werden. schädlinge und Rapsglanzkäfer) ●●In Gebieten mit Pyrethroidresis- gearbeitet wurde. Mavrik wird tenz gegen Kohlschotenrüssler ist zusammen mit Citronensäure anBiscaya das Mittel der Wahl in der geboten, um den pH-Wert abzuBlüte. Eine Wirksamkeit gegen senken, der bei der praxisüblichen die Larven des Glanzkäfers und Zumischung von Bor ansteigt. Die gegen Schotenschädlinge ist ge- Citronensäure ist vor den Blattgeben. Muss in einem blühenden düngern in den Tank zu geben. Zu beachten ist, dass bei der Mischung von Mavrik mit Folicur, Caramba, Carax, Tilmor, Prosaro und Matador sich die Bienenschutzauflage von B4 in B2 ändert. Das bedeutet, dass diese Kombinationen beim Vorhandensein von blühenden Pflanzen erst nach dem täglichen Bienenflug bis 23 Uhr ausgebracht werden dürfen. ●●Die Applikationstechnik ist so zu gestalten, dass eine ausreichende Benetzung der Pflanze sichergestellt wird (Wassermenge beachten. Das beste Produkt kann nichts ausrichten, wenn es den Bestimmungsort nicht erreicht.). ●●Eine Behandlungsentscheidung muss sich an der Bekämpfungsschwelle orientieren. Unnötige und vorbeugende Anwendungen sind zu vermeiden (keine „Mitnahmepraxis“). Keine Reduzierung der Aufwandmengen. ●●Auflagen zum Bienen- und Gewässerschutz sind zwingend einzuhalten. ●●Auch B4-Insektizide sollten bei blühenden Beständen zum Schutz von Wildbienen in den Abendstunden angewendet werden. Aus diesem Grund auch bitte kein Einsatz von AHL im blühenden Raps. Das verklebt die Flügel der Bienen. Grundsätzlich ist jede Insektizid­ anwendung zu hinterfragen und auf Notwendigkeit zu prüfen. Jede ausgelassene Spritzung kann die Resistenzentwicklung verlangsamen. Manja Landschreiber