PFLANZENBAU PFLANZENBAU Rapsglanzkäfer sind Überlebenskünstler. Seit Neuestem haben sie auch mittlere Resistenzen gegen Mittel der Gruppe Pyrethroide B entwickelt. Müssen Raps-Produzenten nun ihre Bekämpfungsstrategie ändern? 2011 und 2013 untersuchten sie an 17 Standorten die Wirkung der Wirkstoffe Bifenthrine (Talstar SC) auf die Rapsglanzkäfer. Die Ergebnisse sind in Übersicht 1 dargestellt. Bedrohliche Situation am Bodensee Die bedrohlichste Resistenz-Situation wurde in Ermatingen (TG) gemessen. Für weniger als 90 % der Rapsglanzkäfer der Art «Meligethes aeneus» endete dort die Pyrethroid-B-Behandlung tödlich. Gemäss dem «strengen» «Insecticide Re- sistance Action Committee» (IRAC) wird ein solches Ergebnis mit der zweithöchsten Resistenzstufe – «resistant» – klassifiziert. Auch in Kloten (ZH), Hohenrain (LU), Teufenthal (AG), Diemerswil (BE) und Wiggiswil (BE) hat Agroscope keine 100-prozentige Wirkung gemessen, was ebenfalls auf mittlere Resistenzen hinweist. Im Gegensatz zur Situation in Ermatingen betrug die Mortalität an diesen Standorten immerhin mindestens über 90 %. In Biberist (AG) und an fünf Standorten in der Westschweiz hat Agroscope keine Resistenz gemessen. Fast in der ganzen Deutschschweiz wurden Käfer gefunden, die gegen Pyrethroide B eine mittlere Resistenz aufweisen. Noch ist die Situation aber nicht dramatisch und die Mittel dürfen im Normalfall weiterhin eingesetzt werden. O Ermatingen O Biberstein Porrentruy O O Nassenwil O Kloten O Teufenthal O Hohenrain Cernier O Diemerswil O Stadium DC reicht ist. Diese liegt bei einem durchschnittlichen Befall von drei bzw. kurz vor dem Öffnen der Blüte bei fünf Käfern pro Pflanze. Für den Extenso-Ausstieg liegt die Schwelle bei fünf bzw. sieben Käfern pro Pflanze. Lassen Sie sich beim Bestimmen des Befalls nicht von einzelnen Pflanzen «ablenken». Zählen Sie die Käfer auf zehnmal fünf Pflanzen. Nehmen Sie die Proben an verschiedenen Stellen auf dem Feld. 2. Wirkstoffe wechseln: Setzen Sie bei jeder Behandlung innerhalb eines Jahres ein Mittel einer anderen Wirkstoffgruppe ein. Auf Mittel der Gruppe Variante 1: Eine Behandlung Variante 2: Eine Behandlung (spät) Variante 3: Zwei Behandlungen Pyrethroide A (Karate, Cypermethrin, Decis, u.a.) sollten Sie aufgrund der Resistenzsituation gänzlich verzichten. Es bleiben daher noch die Pyrethroide B (Talstar, Blocker), die Neonicotinoide (Gazelle, Biscaya und Alanto), Spinosad (Audienz), die Phosphorsäureester (Pyrinex, Reldan 22) und der Wirkstoff Pymetrozin (Plenum WG). In Übersicht 2 sind vier empfohlene Varianten mit wechselndem Wirkstoff beschrieben, Wichtig ist auch, dass Sie die Reihenfolge von Jahr zu Jahr abwechseln. Allerdings: Bei mehreren Anwendungen sind jeweils die Thiaclopride Variante 4: Drei Behandlungen Bemerkungen Pyrinex, Reldan 22, Talstar, Blocker Erste Behandlung frühestens ab DC 53, wenn 3 Käfer/Pflanze erreicht. Plenum, Audienz, Pyrinex, Reldan 22 Plenum, Audienz Zu den Pyrethroiden A gehören: Karate, Cypermethrin, Fastac Perlen EW, Fury 10 W, Decis Gazelle1, Biscaya2 Gazelle1, Biscaya2 Behandlung in diesem Stadium nur, wenn 5 Käfer/Pflanze erreicht ab 53 (Blütenknospen überragen die obersten Blätter) Pampigny O ab 55 (Blütenknospen der Seitentriebe sichtbar) Nyon O Borex O Satigny O O Meinier O Laconnex O 100 % (hochanfällig) ab 57 (Erste Blütenblätter sichtbar) O 90 bis 100 % (moderat resistent) 1 O weniger als 90 % (hoch resistent) 2 O nicht getestet LANDfreund · 4/2014 Gemäss Agroscope sind die Ergebnisse des Rapsglanzkäfer-ResistenzMonitorings ein Warnsignal. Ohne konsequente Anti-Resistenz-Strategie bestehe die Gefahr, dass die Pyrethroide der Wirkstoffgruppe B ihre Wirkung gegen Rapsglanzkäfer verlieren. Den Raps-Produzenten würde damit ein wichtiges Instrument zur Ertragssicherung fehlen. Noch ist es aber nicht soweit. Trotz ersten Resistenzen sind die Mittel meist noch wirksam und können im Normalfall weiterhin eingesetzt werden. Wenn Sie aber bei Pyrethroiden B (Talstar, Blocker) auch nur geringe Wirksamkeitsprobleme feststellen, sollten Sie künftig auf diese Mittel verzichten. Ansonsten selektieren Sie die resistenten Schädlinge und fördern ihre weitere Zunahme und Verbreitung. Um die Ausbreitung von Resistenzen zu verzögern, sollten Sie zudem folgende Punkte berücksichtigen: 1. Schadschwelle beachten: Behandeln Sie erst, wenn die Schadschwelle er- Übersicht 2: Vier Bekämpfungsstrategien gegen Glanzkäfer O Wiggiswil O Neyruz 12 Quelle: swisstopo/Atelier Kurt Wüst AG Übersicht 1: Sterblichkeitsrate von Rapsglanzkäfern bei Behandlung mit Pyrethroiden B (Talstar, Blocker) Warnsignal ernst nehmen Alle Mittel ausser Pyrethroide A Gazelle1, Biscaya2 Gazelle nur verwenden, solange die Blüten geschlossen sind; Biscaya nur verwenden, solange weniger als 10 % der Blüten offen sind Quelle: Pflanzenschutzmittel im Feldbau 2014 R esistente Rapsglanzkäfer sind in der Schweiz nichts Neues: Seit dem Jahr 2010 findet man schweizweit Glanzkäfer, denen eine Behandlung mit Pyrethroiden der Wirkstoffgruppe A (u.a. Karate, Cypermethrin, Decis) nichts anhaben kann. Diese Mittel haben daher trotz ihres tiefen Preises in der Rapsglanzkäferbekämpfung nichts mehr zu suchen. Neu ist nun, dass die Käfer mittlerweile auch Resistenzen gegen Pyrethroide der Wirkstoffgruppe B (Talstar SC und Blocker) entwickelt haben. Zu diesem Schluss kommen Wissenschaftler von Agroscope. Zwischen Foto: Arnaud Conne, Agroscope Rapsglanzkäfer: Neue Resistenz-Gefahr! Wenn sich die Resistenz gegen Pyrethroide B ausbreitet, würde den Raps-Produzenten künftig ein wichtiges Mittel gegen die Käfer fehlen. Untersucht haben die Forscher auch die Wirkung des Neonicotinoids «Thiacloprid» (Biscaya, Alanto) und des Wirkstoffs «Spinosad» (Audienz) auf die Rapsglanzkäfer. Resistenzen gegen diese beiden verbreitet eingesetzten Wirkstoffe fanden sie aber keine. Bei der Interpretation dieser Resultate ist allerdings Vorsicht geboten: Sie gelten nur für den entsprechenden Standort, nicht aber für die ganze Region. Die Resistenzsituation kann nämlich kleinräumig stark variieren. Bei jeder dieser vier Varianten wird die Wirkstoffgruppe abgewechselt und somit die Ausbreitung von Resistenzen gebremst. LANDfreund · 4/2014 13 PFLANZENBAU PFLANZENBAU Praktikerstimme: Raps-Produzent Peter Furger aus Herdern (TG) «Meine Anti-Resistenz-Strategie lohnt sich.» Peter Furger produziert auf sechs bis sieben Hektaren Raps. E ine konsequente Anti-Resistenz Strategie bei der Bekämpfung der Rapsglanzkäfer hat für mich eine hohe Priorität. Die Erfahrung zeigt: Solche Resistenzen können sich sehr schnell entwickeln – auch bei uns in der Schweiz. Wenn unsere Mittel aus Nachlässigkeit plötzlich nicht mehr wirksam sind, haben wir Raps-Produzenten ein echtes Problem. Käferdruck im Auge behalten Der wichtigste Punkt meiner Strategie ist, dass ich nur spritze, wenn es unbedingt nötig ist. Auf diese Weise minimiere ich die Selektion der resistenten Käfer und spare gleichzeitig Geld und Zeit. Im (Biscaya, Alanto) als Letzte dran, denn sie können auch noch bei Blühbeginn angewendet werden. 3. Bedingungen müssen stimmen: Wenn Sie behandeln, sollten die Wirkstoffe auch auf die Schädlinge treffen. Dafür müssen sich die Käfer auf den oberen Pflanzenteilen befinden und die Bedingungen sollten warm und windstill sein. Reduzieren Sie die Aufwandmenge nicht, sonst beschleunigen Sie die Entwicklung von Resistenzen. Und achten Sie auf eine gute Benetzung, indem Sie 300 bis 400 l Brühe pro 14 LANDfreund · 4/2014 letzten Jahr bin ich beispielsweise mit einer einzigen Behandlung durchgekommen. Im Jahr 2012 musste ich hingegen zweimal und im Jahr 2011 dreimal mit der Spritze aufs Rapsfeld fahren. Entscheidend ist, dass ich jederzeit den Käferdruck auf dem Feld kenne. Zu diesem Zweck gehe ich fast täglich auf die Felder und schätze das Schadpotenzial ein. Mein Berater, Andreas Rubi von der Fenaco, unterstützt mich dabei. Wir achten nicht nur auf meine eigenen Felder, sondern beurteilen die Gesamtsituation: Wie exponiert ist das Feld? Wie sieht die generelle Situation in meiner Region aus? Gibt es einen hohen Druck von Nachbarfeldern, insbeondere von Extenso-Feldern? Wie ist die Wettersituation aktuell und in den kommenden Tagen? Bei wüchsigem Wetter kurz vor oder während dem Öffnen der Blüten spritze ich selbst bei hohem Druck kaum mehr – vor allem wenn die Käfer primär auf den oberen Knospen sitzen. Diese sind im Gegensatz zu den Knospen auf der Seite nicht entscheidend für die Ertragsbildung. Wenn der Befallsdruck mehrere Behandlungen erfordert, wechsle ich die Wirkstoffe konsequent ab. So z.B. im Jahr 2011. Damals machte ich eine frühe erste Spritzung mit Cypermethrin aus der Wirkstoffgruppe Pyrethroide A. Damit bekämpfte ich sowohl die Stängelrüssler als auch die ersten Glanzkäfer. Eine frühere Behandlung nur gegen den Stängelrüssler halte ich für nicht sinnvoll. Heute setze ich kein Pyrethroid A mehr ein. Wenn ich in diesem Jahr Stängelrüssler und Glanzkäfer kombiniert bekämpfen muss, werde ich entsprechend der Beratungsempfehlung auf ein Pyrethroid B, z.B. Talstar, setzen. Hektare und evtl. Netz- bzw. Haftmittel einsetzen. Thiaclopride (Biscaya, Alanto) haben die Rapsglanzkäfer bisher keine Resistenzen entwickelt. Mittel aus der Wirkstoffgruppe Pyrethroid A (Karate, Cypermethrin, Decis u.a) haben in der Rapsglanzkäferbekämpfung nichts zu suchen. Bekämpfen Sie Rapsglanzkäfer erst, wenn die Schadschwelle erreicht ist. Um die Ausbreitung von Resistenzen zu verzögern, sollten Sie bei jeder Behandlung den Wirkstoff wechseln. Dominik Hasler in Zusammenarbeit mit Steve Breitenmoser, Agroscope Fazit In der Schweiz gibt es seit Neustem Rapsglanzkäfer, die resistent sind gegen Pyrethroide B (Talstar, Blocker). Trotzdem dürfen Sie Talstar und Blocker im Raps weiterhin einsetzen. Prüfen Sie nach dem Ausbringen die Wirkung! Bei Wirkungsproblemen sollten Sie künftig auf diese Mittel verzichten. Gegen Spinosad (Audienz) und Richtiger Zeitpunkt abwarten Vor zwei Jahren kam Talstar erst im zweiten Durchgang zum Einsatz. Für die dritte Behandlung nahm ich Biscaya aus der Gruppe der Neonicotinoide. Damit habe ich Mittel aus drei verschiedenen Wirkstoffgruppen eingesetzt. Das ist das A und O, um die Entwicklung von Resistenzen zu bremsen. Im 2013 musste ich nur eine Behandlung vornehmen. Da habe ich mich auf Pyrinex aus der Gruppe der Phosphorsäure-Ester verlassen. Das hat gut funktioniert. Wichtig ist, dass gespritzt wird, wenn die Käfer im Bestand aktiv sind – idealerweise also am späteren Nachmittag. Das gilt aber für alle Mittel. Indirekt kann ich u.U. auch mit der Bodenbearbeitung und der Düngung die Anzahl Insektizid-Behandlungen reduzieren. Wenn der Raps vital aus dem Winter kommt und dann zügig zu blühen beginnt, können die Käfer weniger Schaden anrichten. Sobald der Boden befahrbar ist und die Witterungssituation es zulässt, dünge ich ihn mit Gülle an. Die zweite Düngegabe erfolgt dann je nach Bedarf wenige Wochen später mit schwefelhaltigem Mineralstickstoff.» LANDfreund · 4/2014 15