Transkulturalität in der Sterbebegleitung und Pflege Herzlich Willkommen zum Vortrag: Kulturelle Kompetenzen im Kontext von Gesundheit und Krankheit, Sterben und Tod im Islam Hospizverein Rottal/Inn Pfarrkirchen 28.01.2016 Referent: Christian Fischer (M.A) Team Fischer & Kollegen © Team Fischer & Kollegen Schweinefleisch, Frauen und Glaube Bei Herrn Mehmet Ü., gebürtig aus Ankara in der Türkei, ist auf dem transkulturellen Pflegeanamnesebogen unter Religion „Moslem“ verzeichnet. Das Pflegepersonal streicht das Schweinefleisch vom Speiseplan des Patienten. Der Patient, der seit 30 Jahren in Deutschland lebt, ist erstaunt, dass er kein Schweinefleisch erhält. Er ist nicht praktizierender Moslem und isst gelegentlich auch Schweinebraten mit Semmelknödel. Frau Bilge S. mit türkischem Migrationshintergrund kommt mit einem komplizierten Bänderriss in Begleitung ihres Ehemanns ins Krankenhaus. Der Ehemann will beim Anamnesegespräch dabei sein. Die Ärztin richtet sich primär an den Ehemann, da sie davon ausgeht, die Frau sei als Muslimin unterdrückt und dürfe für sich selbst nicht reden. Das Ehepaar ist in München-Solln in einem multikulturellem Umfeld aufgewachsen, die Frau ist Historikerin, der Mann Versicherungskaufmann, beide sind im Bezirksauschuss engagiert. Die Frau ärgert sich darüber, dass die Ärztin sich mit ihren Fragen fast nur an den Mann richtet. © Team Fischer & Kollegen 1 Zitate Und o Adam, wohne du und dein Weib im Paradies und esset, wovon ihr wollt. Nähert euch jedoch nicht diesem Baum, sonst seid ihr Ungerechte. Koran Sure 7:20 Er sprach: „Hinab mit euch! Einer sei des anderen Feind. Und es sei euch auf der Erde eine Stätte und ein Nießbrauch auf Zeit.“ Er sprach: „Auf ihr sollt ihr leben, und auf ihr sollt ihr sterben, und aus ihr sollt ihr hervorgeholt werden. Koran, Sure 7:24-25 Gott, der Herr, nahm also den Menschen und setzte ihn in den Garten von Eden; damit er ihn bebaue und hüte. Dann gebot Gott, der Herr, dem Menschen: Von allen Bäumen des Gartens darfst du essen, doch vom Baum der Erkenntnis von Gut und Böse darfst du nicht essen, denn sobald du davon ißt, wirst du sterben. Altes Testament, Genesis 2, 15 - 17 © Team Fischer & Kollegen Zitate Im Schweiße deines Angesichte/ sollst du dein Brot essen, / bist du zurückkehrst zum Ackerboden; von ihm bist du ja genommen./ Denn Staub bist du, zum Staub musst du zurück. Altes Testament Genesis 3/19 Denk daran, dass du wie Ton mich geschaffen hast. / Zum Staub willst du mich zurückkehren lassen. Altes Testament, Das Buch Ijob, 10/9 Er ist´s, der euch erschuf aus Ton, als dann bestimmte Er einen Termin, und ein bestimmter Termin ist bei Ihm. Ihr aber zweifelt daran. Koran, Sure 6:2 © Team Fischer & Kollegen 2 Zitate Sind wenig nicht die Tage meines Lebens?/ Lass ab von mir, damit ich ein wenig heiter blicken kann, bevor ich fortgehe ohne Wiederkehr / ins Land des Todesschattens, ins Land, so finster wie die Nacht, / wo Todesschatten herrscht und keine Ordnung; /und wenn es leuchtet, ist es wie tiefe Nacht. Altes Testament, Das Buch Ijob, 10, 20 – 22 Und Preis dem, in dessen Hand die Herrschaft aller Dinge ist! Und zu ihm kehrt ihr zurück. Koran Sure 36 :83 (Ya-Sin) Als sie nach Goren-Atad jenseits des Jordan gekommen waren, hielten sie dort eine sehr große, würdige Totenklage; sieben Tage hielt er um seinen Vater Trauer. Altes Testament, Genesis 50, 10 © Team Fischer & Kollegen Zitate Der Herr ist mein Hirte, nichts wird mir fehlen. Er läßt mich lagern auf grünen Auen und führt mich zum Ruheplatz am Wasser. Er stillt mein Verlangen; er leitet mich auf rechten Pfaden, treu seinem Namen. Muß ich auch wandern in finsterer Schlucht, ich fürchte kein Unheil; denn du bist bei mir, dein Stock und dein Stab geben mit Zuversicht, Du deckst mir den Tisch vor den Augen meiner Feinde. Du salbst mein Haupt mit Öl, du füllst mir reichlich den Becher. Lauter Güte und Huld werden mir folgen mein Leben lang, und im Haus des Herrn darf ich wohnen lange Zeit. Altes Testament, Die Psalmen 23. Psalm © Team Fischer & Kollegen 3 Gesundheit und Krankheit, Sterben und Tod im im Islam Gesundheit und Krankheit Im Islam sind Körper und Gesundheit von Gott auf eine bestimmte Zeit zur Bewahrung und zum Nießbrauch überantwortet Gebot der Rückgabe des anvertrauten Guts (Amana) "Allah befiehlt euch, die anvertrauten Güter ihren Eigentümern zurückzugeben und wenn ihr zwischen Menschen richtet, nach Gerechtigkeit zu richten. …“ (4:58) Mensch ist Besitzer, Gott Eigentümer von Körper und Gesundheit Pflege des Körpers und der Gesundheit ist ein Anspruch Gottes, der Mensch hat im Jenseits darüber Rechenschaft abzulegen Islamische Pflicht, die Gesundheit zu bewahren und für deren Wiederherstellung alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen Erfüllung der sozialen und religiösen Pflichten nur in einem Zustand körperlicher Gesundheit möglich © Team Fischer & Kollegen Gesundheit und Krankheit, Sterben und Tod im Islam Gesundheit und Krankheit Krankheit als Einschränkung/Störung/Verlust der Harmonie des Verhältnisses Gott/Mensch und Mensch/Mensch/Umwelt Gesundheit als Wiederherstellung dieser Harmonie, dem Freisein von Schmerzen, körperlichen Behinderungen oder Strukturanomalien Harmonie herrscht aber auch, wenn Krankheit oder infauste Prognose angenommen wird Wenn alles unternommen wurde, ist aber auch der Zeitpunkt gekommen, sein Schicksal in Gottes Hände zu legen (Sabr; arab. Geduld, Beständigkeit). Denn Gott lädt keiner Seele mehr auf, als Sie zu tragen vermag. (Sure 2:286) © Team Fischer & Kollegen 4 Gesundheit und Krankheit, Sterben und Tod im Islam Gesundheit und Krankheit Krankheitszustand kann als Prüfung Gottes, als Gnadenerweis oder als Sündenvergebung und Gelegenheit gedeutet werden, über die eigenen Handlungen und Umgangsweisen mit Menschen und Dingen nachzudenken und daraus Konsequenzen zu ziehen Verständnis von Krankheit als Strafe Gottes ist mit islamischen Quellen nicht zu begründen Alternative Krankheitsdeutungen aus dem stark verwurzelten Volksglauben oder dem Kreis der traditionellen Heiler (Hocas) Heilpraktiken und Heilkräuter der Hocas sollen dem Pflegepersonal transparent gemacht werden Muslim ist während Krankheit ausdrücklich vom Fasten befreit © Team Fischer & Kollegen Gesundheit und Krankheit, Sterben und Tod im Islam Gesundheit und Krankheit Im Islam ist zunächst alles erlaubt, was nicht ausdrücklich verboten ist. „Gott hat gegen jede Krankheit ein Heilmittel herabgesandt. Also behandelt diese, aber nicht mit etwas Verbotenen!“ Viele Arzneien enthalten Alkohol und sind aus Bestandteilen des Schweins hergestellt (Herzklappen, Gelatine bei Kapseln, Insulin) Ausnahmen in Notsituationen durch das islamische Rechtsprinzip: „Die Notlage macht das Verbotene erlaubt.“ „Mitwirkungspflicht“ seitens des Patienten: „Dem Kranken dürfen vier Dinge nicht fehlen: ein kundiger, barmherziger, geeigneter Arzt von Erfolg versprechendem Aussehen. Der Kranke soll dem Arzt gehorchen, seine Diätvorschriften und seine Behandlung geduldig ertragen.“ © Team Fischer & Kollegen 5 Gesundheit und Krankheit, Sterben und Tod im Islam Conclusio und Folgen Gesundheit im Islam ist ein sehr hohes Gut Gesundsein als ein Leben in Mitte und Maß Leib als Gottesgabe und Verantwortung gegenüber dem Schöpfer Weitgehende Akzeptanz des medizinischen Fortschritts Bluttransfusionen gelten als unproblematisch, auch wenn Muslime Blut aus der eigenen Familie wünschen Bei Organspenden sind Schiiten der Ansicht, das Organe von toten Muslimen nur an Muslime gespendet werden dürfen, können aber Organe von Nichtmuslimen erhalten Für Sunniten bestehen keine Einschränkungen Hirntod wird als allgemein anerkannte Feststellung des Todes akzeptiert © Team Fischer & Kollegen Gesundheit und Krankheit, Sterben und Tod im Islam Besuch und Versorgung von Kranken und Sterbenden Der Koran schreibt Krankenbesuch vor Besuch eines Erkrankten und Sterbenden gilt als gute Tat und als ein konkretes Zeichen für die Zugehörigkeit zur Gemeinschaft Regelung zwischenmenschlicher Rechtsverletzungen im Islam zwischen den Menschen (Gott verzeiht aufgrund seiner Barmherzigkeit die Unterlassung religiöser Pflichten, nicht aber die Fehler, die gegen eine menschliche Person begangen werden) Bewusster Zustand vor dem Tod ist die letzte Chance sowohl für den Sterbenden als auch dem sozialem Umfeld, Fehler wieder gut zu machen Klare Prognosen hinsichtlich der Heilungschancen und möglichkeiten sind von Nutzen und somit führen unbestimmte Prognosen zu Unsicherheiten beim Patienten und dessen Familie und somit zu häufigen Besuchen © Team Fischer & Kollegen 6 Gesundheit und Krankheit, Sterben und Tod im Islam Familie und Entscheidungen Wichtige Entscheidungen werden in muslimischen Familien in der Familie getroffen, die Einbeziehung der Familie ist wohlwollend zu berücksichtigen und ist vor dem Hintergrund des Wohlbefinden des Sterbenden zu sehen Bei Entscheidungen, die der Sterbende nicht mehr fällen kann, müssen das Interesse des Patienten und der Familie und die Lebensqualität im Komplex der kulturellen und religiösen Werte reflektiert werden Hinsichtlich theologischer Entscheidungen (z.B. Fastenzeit) und der gesundheitlichen Situation wird Rat beim Imam oder einem rechtskundigen Gutachter (mufti) eingeholt Letzte Instanz für eine Entscheidung ist die persönliche Frömmigkeit und das Gewissen des muslimischen Patienten Verwandte als Dolmetscher sind problematisch © Team Fischer & Kollegen Gesundheit und Krankheit, Sterben und Tod im Islam Sterben und Tod „So wie wir auf die Welt gekommen sind, so werden wir auch von ihr scheiden. Möge Allah ein schönes Ende ermöglichen.“ „Allah möge uns am Ende Koran (d.h. Koranrezitation) und Iman (Glaube) ermöglichen.“ Zentraler Punkt des Abschiednehmens ist die Wichtigkeit der Koranrezitation am Sterbebett und die Artikulation des Glaubenssatzes: Ashadu an la ilahe illallah wa ashadu anna muhammaddan abduhu wa rasuluhu. („Ich bekenne, dass es keinen Schöpfer außer Allah gibt und ebenso bekenne ich, dass Muhammad Diener und Gesandter Allahs ist“) Der Koran und ebenso der Glaubensatz können von einem Imam aber auch von einem arabisch-lesenden Muslim rezitiert und vorgesprochen werden © Team Fischer & Kollegen 7 Gesundheit und Krankheit, Sterben und Tod im Islam Sterben und Tod Im islamischen Verständnis ist es nicht immer sinnvoll, den Tod um jeden Preis zu verschieben Die Rezitation des islamischen Glaubensatzes, des Koran oder das Abschiednehmen bzw. die Regelung von Familienangelegenheiten stellen Prämissen dar, die einen gewissen Zustand von Bewusstsein erforderlich machen Lebensverlängernde Maßnahmen können dann dem Patientenwohl widersprechend gesehen werden Ablehnung der lebensverlängernden Maßnahmen darf aber nicht auf fatalistischen Motiven beruhen © Team Fischer & Kollegen Gesundheit und Krankheit, Sterben und Tod im Islam Sterben und Tod Eine Therapie mit Erfolgschancen darf nicht mit der Begründung abgelehnt werden: „Meine Heilung liegt in Gottes Hand!“ Eine solche Haltung ist mit dem islamischen Gottvertrauen und Schicksalsverständnis nicht zu vereinbaren Der Wunsch nach einem langem Leben um guter Taten und Sündenvergebung willen und da Gott in der Lage ist, den Menschen in hoffnungslosen Situationen zu heilen, kann auch eine positive Einstellung zu medizinischen Interventionen am Lebensende zur Folge haben Einer Intensiv-, Chemo- und Krebstherapie kann unter solchen Gesichtspunkten dann auch zugestimmt werden © Team Fischer & Kollegen 8 Gesundheit und Krankheit, Sterben und Tod im Islam Tod und Trauer Der Tod bedeutet für einen Muslimen nicht das Ende des Lebens, sondern eine Verwandlung in ein anderes Sein Tod trennt den Körper von der Seele, beide werden beim Jüngsten Gericht wieder zusammengeführt Nach dem Sterbeprozess werden die Hände des Verstorbenen – je nach Rechtsschule – auf der Brust oder auf den Bauch gekreuzt, die Augenlider geschlossen und das Kinn mit einem Stück Stoff festgebunden Nicht-Muslime dürfen den Körper des Toten nicht berühren. Sollte dies unumgänglich sein, sollten Handschuhe zur Vermeidung des direkten Körperkontaktes getragen werden © Team Fischer & Kollegen Gesundheit und Krankheit, Sterben und Tod im Islam Tod und Trauer Am selben oder am nächsten Tag findet die Ganzwaschung statt Weibliche Tote werden von Frauen gewaschen, Männliche von Männern. Knaben bis sechs Jahren dürfen von der Mutter gewaschen werden Die Waschung mit weder zu heißem noch zu kalten Wasser wird in der Regel von Vertrauenspersonen durchgeführt Zur Entleerung des Darms wird der Bauch des Toten mehrfach langsam komprimiert, Körperöffnungen werden nach der Reinigung mit Watte verschlossen © Team Fischer & Kollegen 9 Gesundheit und Krankheit, Sterben und Tod im Islam Tod und Trauer Im Anschluss wird die Gebetswaschung durchgeführt. Dabei werden die Arme bis zum Ellenbogen gereinigt, die Füße, die Ohren und der Mund werden gespült, über Gesicht und Haare wird gestrichen und der Genitalbereich gesäubert Anschließend wird der Verstorbene mit einem einfachen, saumlosen weißen Totentuch umhüllt und zum Transport in einen Sarg gelegt Frauen werden dreimal, Männer fünfmal umschlungen Der Leichnam wird ohne Sarg bestattet, im Grab auf die rechte Seite gelegt und das Gesicht nach Mekka gerichtet © Team Fischer & Kollegen Gesundheit und Krankheit, Sterben und Tod im Islam Tod und Trauer Verrichtung des Totengebetes durch einen Imam ist wichtige Pflicht der Gemeinde Vor der Beerdigung wird die Gemeinde nach der Meinung über den Verstorbenen gefragt und empfohlen, dass all seine Fehler verziehen werden Angehörige bleiben 7 Tage zu Hause, es wird der Koran zitiert und um Verzeihung für die Sünden des Verstorbenen gebeten. Am siebten Tag gibt die Familie des Verstorbenen ein Gastmahl Trauer mit Weinen und Wehklagen ist im Koran nicht vorgesehen Der Verstorbene soll mit seinen guten Taten in Erinnerung bleiben © Team Fischer & Kollegen 10 Standpunkte zum Lebensende im Islam Standpunkt 1: „Therapiepflicht“ am Lebensende auch für den Fall, dass die Heilungschancen sehr gering sind, da der Todeszeitpunkt durch Gott bestimmt ist. Er ist´s, der euch erschuf aus Ton, als dann bestimmte Er einen Termin, und ein bestimmter Termin ist bei Ihm. Ihr aber zweifelt daran. (Koran, Sure 6:2) Der Wunsch nach einem langem Leben, der Sündenvergebung willen und da Gott in der Lage ist, den Menschen in hoffnungslosen Situationen zu heilen, kann eine positive Einstellung zu medizinischen Interventionen am Lebensende zur Folge haben Diese Position sieht keinen Unterschied zwischen aktiver und passiver Sterbehilfe, lehnt auch das Sterbenlassen mit Hilfe der Schmerztherapie ab, ebenso die Patientenverfügung und Entscheidungen der Familie und Angehörigen © Team Fischer & Kollegen Standpunkte zum Lebensende im Islam Standpunkt 2: Lebenserhaltende medizinische Maßnahmen in medizinisch aussichtslosen Situationen sind keine Pflicht, sie sind freigestellt Diese Position unterstreicht die Möglichkeit einer Differenzierung zwischen aktiver und passiver Sterbehilfe nach islamischen Recht Voraussetzungen dafür sind neben der medizinischen Aufklärung und der vollen Zustimmungsfähigkeit die Einwilligung des Patienten bzw. der Familie sowie die Klarstellung, dass die medizinischen Maßnahmen nur eine Verschiebung des Todeseintritts bewirken können, aber keine Heilung Liegt kein entsprechender Wunsch des Patienten vor, so kann seine Familie entscheiden. In dem Fall kann das Einstellen lebensverlängernder Maßnahmen als Zulassen eines natürlichen Todes betrachtet werden © Team Fischer & Kollegen 11 Standpunkte zum Lebensende im Islam Die Vertreter dieser Position befürworten eine Schmerztherapie auch dann, wenn sie die Lebenserwartung am Lebensende verkürzen kann, solange dahinter nicht die Absicht steht, den Patienten zu töten Die Sterbebegleitung, die Palliativmedizin sowie Palliativ Care sind eine gute Alternative, die mit den Vorstellungen von Leben und Tod im Islam vereinbar ist Weiterentwicklung und flächendeckende Anwendung der Palliativmedizin und Palliative Care wird befürwortet Kein Recht auf Sterben, jedoch die Möglichkeit den Menschen sterben zu lassen aber: Suizid, Beihilfe zum Suizid sowie aktive Sterbehilfe („Tötung auf Verlangen“) sind stets ausgeschlossen © Team Fischer & Kollegen Kultursensible Patientenverfügung Im islamischen Glauben und Menschenbild ist die Willens- und Handlungsfreiheit Voraussetzung für eine moralische Handlung, denn ohne diese wären Lohn oder Strafe Gottes für das Handeln des einzelnen beliebig und willkürlich Die für eine moralische Handlung nach islamischem Menschenbild notwendige Willens- und Handlungsfreiheit bietet daher einen Rahmen, innerhalb dessen eine Patientenverfügung grundsätzlich legitim ist Aufgrund der Heterogenität einzelner Glaubensvorstellungen ermöglicht die Patientenverfügung, den Patientenwillen und bestimmte Handlungsoptionen für den Fall einer Entscheidungsunfähigkeit zu konkretisieren und zu präzisieren © Team Fischer & Kollegen 12 Kultursensible Patientenverfügung Jeder Mensch hat das Recht, die Gestaltung seines letzten Lebensabschnitts zu bestimmen („Patientenverfügung mit Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung“) Dies hat immer im Rahmen der gültigen Gesetze und nach seiner religiösen Überzeugung zu erfolgen Eine kultursensible und kultursensitive Patientenverfügung beinhaltet daher kulturspezifische Wertvorstellungen und individuelle Wünsche am Lebensende Diese Wünsche sollten sehr klar, deutlich und anwendbar formuliert sein, damit im akuten Fall konkrete Entscheidungen und Handlungen ableitbar sind © Team Fischer & Kollegen Fazit Das islamische Menschenbild, der innerislamische Pluralismus, heterogene Lebensformen, der demographische Wandel sind gute Gründe für den Einsatz einer kultursensiblen Patientenverfügung Die kultursensible Patientenverfügung als Mittel zur besseren Berücksichtigung und Integration der Wertvorstellungen von entscheidungsunfähigen Personen mit anderem kulturellen Hintergrund Sie trägt dazu bei, den Menschen wieder stärker als aktives Subjekt mit seinen individuellen Wünschen und Werten und nicht als passives Objekt mit abstrakten Ideen und Vorschriften zu sehen Eine kultursensible Patientenverfügung leistet zudem einen wertvollen Beitrag im Übergangsprozess von einer multikulturellen zu einer dynamischen, pluralistischen Gesellschaft © Team Fischer & Kollegen 13 Transkulturelle Kompetenz Neues erlernen, Eigenes erkennen, Fremdem begegnen, Gemeinsames schaffen. © Team Fischer & Kollegen Team Fischer & Kollegen Wer sich selbst und andre kennt, Wird auch hier erkennen: Orient und Okzident Sind nicht mehr zu trennen. (Johann Wolfgang Goethe) West-östlicher Divan, 1819 Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! © Team Fischer & Kollegen 14