Im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung HTA-BERICHT | BAND 9 | KURZINFO Aspekten und gesellschaftlichen Wertvorstellungen vor. Methoden zur Erfassung ethischer Aspekte und gesellschaftlicher Wertvorstellungen in Kurz-HTA-Berichten – eine internationale Bestandsaufnahme ERGEBNISSE Droste S, Gerhardus A, Kollek R HTA Schriftenreihe, Band 9, Hrsg.: Dauben, Rüther, Warda, Köln, 2003. ISBN 3-89906-732-0. FRAGESTELLUNG Ethische Aspekte und gesellschaftliche Wertvorstellungen sind für viele medizinische Technologien von großer Bedeutung – z.B. in der Onkologie, in der Genetik oder in der Transplantationsmedizin, in der Pränataldiagnostik oder in Screeningtests. Fragen der Autonomie, des Wohlergehens, der Schadensvermeidung, der Verhältnismäßigkeit und Gerechtigkeit sind auf individueller und gesellschaftlicher Ebene zu berücksichtigen. Insgesamt werden 513 Kurz-HTA-Berichte identifiziert. 282 von ihnen können in die Analyse eingeschlossen werden. Sie werden anhand der folgenden Arbeitsdefinition zu ethischen Aspekten ausgewertet: „Ethik ist – kurz gesagt – die Theorie vom richtigen Handeln. Sie reflektiert und überprüft die Richtigkeit menschlichen Handelns, das von den gesellschaftlichen Wertvorstellungen und Normen, die in einer bestimmten Kultur soziale Geltung erlangt haben, geprägt wird. Im Kontext dieser Studie werden deshalb als „ethische Aspekte“ und „gesellschaftliche Wertvorstellungen“ diejenigen Bestandteile eines Kurz-HTA-Berichts verstanden, die sich auf die Bewertung medizinischen Handelns beziehen und die explizit oder implizit auf ethische Prinzipien und/oder auf Begriffe und Kategorien Bezug nehmen, die von diesen Prinzipien abgeleitet sind oder ihnen zugrunde liegen.“ In Anwendung unserer Arbeitsdefinition werden die eingeschlossenen 282 Berichte den folgenden vier Kategorien zugeordnet: • Publikationen, deren Verfasser ethische Aspekte der bewerteten Technologie – entsprechend einer eigenen Definition – beschreiben und sie explizit als ethische Aspekte benennen (25 Publikationen). • Publikationen, deren Verfasser ethische Aspekte der bewerteten Technologie – im Sinne der oben genannten Arbeitsdefinition – beschreiben, ohne diese Gesichtspunkte als solchen benennen (32 Publikationen). • Publikationen, deren Verfasser ethische Aspekte weder explizit noch implizit beschreiben (208 Publikationen). • Publikationen, bei denen ethische Aspekte keine Rolle spielen, weil es sich um Technologien handelt, die keine Anwendungen an einem Menschen darstellen, wie z.B. methodische Kurz-HTA-Berichte zum Einfluss von HTA oder zur Umsetzung von evidenzbasierter Medizin (EbM) in die klinische Praxis (sieben Publikationen). Die folgende Bestandsaufnahme bestehender Kurz-HTA-Berichte befasst sich damit, - - - ob und in welchem Ausmaß ethische Aspekte und gesellschaftliche Wertvorstellungen berücksichtigt werden welche ethischen Aspekte und gesellschaftlichen Wertvorstellungen berücksichtigt und diskutiert werden ob Methoden zur systematischen Identifizierung und Betrachtung von ethischen Aspekten eingeführt werden METHODIK Es wird eine systematische Recherche in den Datenbanken The Cochrane Library, MEDLINE, EMBASE, Sociological Abstracts etc. sowie auf den Internetseiten der weltweit bestehenden HTAInstitutionen zur Identifizierung aller bestehender Kurz-HTA-Berichte zu medizinischen Technologien durchgeführt. Das einzige Einschlusskriterium – ein Kurz-, Schnell-, Short, Brief oder Rapid Assessment zu sein – muss erfüllt sein. Die identifizierten Berichte werden anhand einer von den Verfassern erstellten Arbeitsdefinition zu ethischen Aspekten und gesellschaftlichen Wertvorstellungen ausgewertet. Es liegen viele, z.T. sehr komplexe und im Kontext der vorliegenden Bestandsaufnahme nicht praktikable Definitionen zu ethischen Nur ein geringer Anteil der Kurz-HTA-Berichte – ca. neun Prozent – befasst sich explizit mit ethischen Aspekten und gesellschaftlichen Wertvorstellungen. Ein weiterer Teil von gut elf Prozent beschreibt ethische Aspekte, benennt sie aber nicht als solche. Insgesamt berücksichtigen also DIMDI Waisenhausgasse 36-38a 50676 Köln Tel.: 0221 - 47 24 1 www.dimdi.de Fax: 0221 - 47 24 444 E-Mail: [email protected] HTA-Bericht | Band 9 | Kurzinfo – Seite 1 von 2 Im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung und 20 Prozent der Kurz-HTA-Berichte ethische Aspekte und gesellschaftliche Wertvorstellungen. Bei der Art der berücksichtigten ethischen Aspekte ist eine Konzentration auf einzelne Aspekte festzustellen. Insbesondere werden Aspekte der Patientenautonomie, speziell der informierten Entscheidung, betrachtet. Häufiger werden auch Fragen, die sich mit dem möglichen Nutzen oder dem möglichen Schaden einer Intervention befassen, diskutiert. Untersucht werden ebenfalls die Frage der Gerechtigkeit bei der Allokation von Ressourcen sowie Aspekte, die die Würde des Patienten betreffen. Vereinzelt werden auch die Folgen der Technologie für die Gesellschaft bzw. Einflüsse gesellschaftlicher Normen auf die Anwendung der Technologie angesprochen. Methoden zur systematischen Identifizierung und Betrachtung von ethischen Aspekten werden in den Kurz-HTA-Berichten nicht vorgestellt oder angewendet. dizinische Technologiebewertungen hinsichtlich ethischer Aspekte sowie gesellschaftlicher Wertvorstellungen sind notwendig, die zudem auch für Nicht-Experten der Ethik anwendbar sind. • Als eine Art „Qualitätsmaßstab“ für die Bewertung ethischer Aspekte einer Medizintechnologie können die klassischen Prinzipien des bioethischen Prinziplismus als Annäherung an eine systematische, umfassende Bewertung eingesetzt werden. • Die aus der Anwendung des Suchschemas zu den ethischen Prinzipien resultierende Sammlung von Informationen und Befunden muss systematisiert, synthetisiert und bewertet werden. Hierfür kann das vorgestellte Konzept als ein Lösungsansatz dienen. • Um die Praxistauglichkeit des hier entwickelten Konzepts zur Erfassung, Systematisierung und Synthetisierung von bewertungsrelevanten Aspekten einer Medizintechnologie zu überprüfen, sollte es in exemplarischen Untersuchungen eingesetzt und weiterentwickelt werden. • Das größte Defizit besteht in der Verfügbarkeit von transparenten und validierten Kriterien sowie Konzepten für die ethische Bewertung von Nutzen-Risiko-Bilanzen. Die (Weiter-) Entwicklung solcher Konzeptionen erscheint dringend notwendig. SCHLUSSFOLGERUNG Aus der internationalen Bestandsaufnahme vorliegender Kurz-HTA-Berichte ergeben sich folgende Empfehlungen: • Ethische Aspekte sollten in das Gliederungsschema von Kurz-HTA-Berichten einbezogen werden. • Geeignete Maßnahmen der Aus-/Fort-/ Weiterbildung sollten eingesetzt werden, um den Erstellern von HTA-Berichten sowohl die Bedeutung wie auch die Terminologie der Ethik zu vermitteln. • Bei etablierten Medizintechnologien sollte die im vorliegenden Bericht entwickelte Schlagwortgruppe zur Recherche eingesetzt werden. • An Beispielen sollte geprüft werden, für welche Technologien die Schlagwortgruppe für das Erfassen ethischer Aspekte optimal ist. • Bei neueren, seltenen oder wenig evaluierten Technologien reicht die Literaturlage vermutlich nicht aus, um alle relevanten Aspekte zu identifizieren. Hier sollten weitere Fallbeispiele untersucht werden, um Technologien zu identifizieren, bei denen dieses Vorgehen Erfolg versprechend sein kann. • Bei den Technologien, bei denen bislang keine Untersuchungen zu ihren Folgen durchgeführt wurden, die zu einer ethischen Bewertung beitragen können, sollte dieses Defizit explizit benannt werden. • Eine Methodologie und eine Standardisierung sind zu entwickeln bzw. eine methodische und eine konzeptionelle Weiterentwicklung für me- HTA-Berichte im Volltext über www.dimdi.de – HTA Die Ansprechpartner bei DAHTA Leitung: Dr. Alric Rüther E-Mail: [email protected] Deutsche Agentur für Health Technology Assessment des Deutschen Instituts für Medizinische Dokumentation und Information DIMDI Waisenhausgasse 36-38a 50676 Köln Tel.: 0221 - 47 24 1 www.dimdi.de Fax: 0221 - 47 24 444 E-Mail: [email protected] HTA-Bericht | Band 9 | Kurzinfo – Seite 2 von 2