Weihen-Schutzprogramm Mittelwestfalen – Jahresbericht 2008 18 3.6 Satellitentelemetrie an Wiesenweihen Die drei im Juli 2007 mit Satellitensendern versehenen westfälischen Wiesenweihen wurden bis zum Frühjahr 2008 anhand ihrer Sendersignale geortet (Näheres siehe: http://www.grauwekiekendief.nl/index2.php?a=96). Das junge ♀ „Theodora“ verblieb bis mindestens zum Mai 2008 in Mali südlich der Sahara, danach blieben Sendersignale aus. Der Rückzug des alten ♀ „Doris“ ließ sich bis Chalons in Nordfrankreich verfolgen, wo am 27. April das letzte Sendesignal empfangen wurde. Das nahezu 16 Jahre alte ♀ „Margret“ kehrte am 11. Mai in das vorjährige Brutgebiet bei Langeneicke zurück, nur etwa 200 m vom Fangort des Vorjahres entfernt (H. Knüwer, eigene Beob.). Abbildung 2: Wiesenweihe „Margret“ am 11. 5. 2008 zurück im Brutgebiet (Foto H. Knüwer). Wenige Tage später sah ich Margret einige Kilometer weiter östlich in der Nähe ihres Geburtsortes, danach wieder bei Langeneicke. Die folgenden Kontrollen zeigten, dass Margret sich mit einem ♂ bei Langeneicke verpaarte, von dem es auch mehrfach Futter bekam. Das ♂ fing an, ein Nest in einem Gerstenschlag zu bauen und führte Zeigeflüge zum Nest, Margret folgte aber nicht zu diesem Nest und legte offenbar dort hinein auch keine Eier ab. Ich beobachtete auch mehrere Kopulationen. Deswegen ist nicht ausgeschlossen, dass Margret einem anderen in der Nähe schon brütenden ♀ Eier „untergeschoben“ hat, denn ich stellte dort neben drei verschmutzten Eiern zwei gelegte, reinweiße Eier mit abweichender Form fest. Ein solcher Fall des „Verlegens“ wurde Weihen-Schutzprogramm Mittelwestfalen – Jahresbericht 2008 19 anhand genetischem Fingerabdruckes bei der Wiesenweihe in Mainfranken erstmals nachgewiesen (Claudia Pürckhauer schriftlich). Mehrere Ursachen sind für das Ausbleiben einer regulären Brut von Margret denkbar. Sie war mit Verspätung im Brutgebiet angekommen, als die meisten anderen Wiesenweihen schon verpaart waren. Vielleicht hat sie dadurch nur noch ein nicht sonderlich jagdgewandtes Männchen als Partner finden können, welches in dem sehr mäusearmen Jahr das Weibchen nicht mit ausreichend Nahrung versorgen konnte. Auch Altersschwäche kann eine Rolle gespielt haben, denn Margret war fast 16 Jahre alt und damit eine der beiden ältesten bekannten Wiesenweihen. Bis Mitte Juni konnte ich Margret bei Langeneicke beobachten, dann nicht mehr. Auch gab es über mehrere Tage keine Sendersignale mehr. Zur großen Überraschung wurde Margret am 23. Juni 2008 wieder von Satellitensendern geortet und zwar völlig überraschend östlich im Grenzbereich Süd-Niedersachsen zu Thüringen. Am 10. und 15. Juli 2008 gab es dann gute Sendesignale weiter südlich am Nordrand des Thüringer Beckens bei Sondershausen. In den folgenden Wochen bis mindestens zum 27. August hielt Margret sich konstant im Bereich nordwestlich von Erfurt auf, etwa 180 km ESE von Langeneicke. Der dort beflogene Raum umfasste nur etwa eine Fläche von 10 mal 8 km, was der Größenordnung von Jagdterritorien von Männchen am Brutplatz entspricht. Die fruchtbaren Ackerböden des Thüringer Beckens sind wie die Hellwegbörde durch Getreidenanbau geprägt. Nach Aussagen dortiger Ornithologen wurden hier auch früher vereinzelt Bruten der Wiesenweihe festgestellt, was die grundsätzliche Eignung dieses Raumes für die Wiesenweihe unterstreicht. Zudem erhielt ich von Thüringer Ornithologen Hinweise, dass es dort zumindest im Sommer ein gutes Angebot an Wühlmäusen gab, ganz im Gegensatz zur Situation in der Hellwegbörde in diesem Jahr. Offenbar hatte Margret sich ein geeeignetes Gebiet ausgesucht, um ausreichend Reserven für den herbstlichen Wegzug nach Afrika aufzubauen. Anfang September gab es die letzten zwei relativ ungenauen Peilungen vom Margret aus dem Bereich südlich von Kassel, die auf den Beginn des Wegzuges nach Westafrika hindeuteten. Danach wurden von Margret keine Sendersignale mehr empfangen. Es bleibt offen, ob Margret im Herbst 2008 umgekommen ist oder der Sender ausgefallen ist. Jedenfalls konnte ich Margret in der Brutsaison 2009 nicht mehr in Westfalen beobachten. Sie befand sich sicher nicht unter den beobachteten Wiesenweihen, denn keine trug einen Sender.