Objektorientierte Implementierung der Quality Indicator Project Spezifikation Index 1 Ing. Reinhold Rechberger [email protected] Eckerstorf 35, 4171 St.Peter/Wbg., Austria Version vom 30. Januar 2002 1 Kurzfassung Dieses Paper richtet sich gezielt an Implementierer, die mit dem Quality Indicator Project im Speziellen Indikator 1 zu tun haben bzw. eine Implementierung beabsichtigen. Die einzelnen Kapitel informieren über das hierfür notwendige Spezialwissen bzw. gegebenenfalls verweisen sie auf weiterführende Quellen. Den Abschluß bildet ein bereits erprobter Designvorschlag. 2 Einführung Mit dem Quality Indicator Project wird nun auch im Gesundheitsbereich versucht, Qualität zu messen um sie dann vergleichen zu können. Es liegt nun am EDV-Personal die Erfassung der zusätzlichen Daten möglichst einfach und zeitsparend zu gestalten und eine Verknüpfung mit den bereits erfaßten Daten herzustellen. Ein wichtiger Faktor zur Realisierung dieser Aufgabe ist ein gutes Design. Dies kann unter Umständen sehr viel Zeit bei späterer Wartung und Ausbau des Produktes sparen. Aufgrund des Umfanges kann hier nur auf den Indikator 1 des Quality Indicator Project als Referenzbeispiel eingegangen werden. 3 3.1 Begriffe Quality Indicator Project (QIP) Um ein Maß für die Qualität und vor allem der Qualitätsverbesserung in Krankenanstalten zu schaffen wurde das Quality Indicator Project(QIP)[1] von der Maryland Hospital Association 1985 ins Leben gerufen. Inzwischen beteiligen sich weltweit schon über 1900 Spitäler an dem Projekt, welches auch in Oberösterreich durch eine Verordnung des Landes (LOOE, 2001, [3]) zwingend vorgeschrieben wurde. In Österreich übernimmt das Institut für Pflege- und Gesundheitssystemforschung der Universität Linz die zentrale organisatorische Rolle, an dem man sich auch über den aktuellen Stand informieren kann (Uni-Linz, 1 2001, [2]). Aufgabe des Projektes ist es einen internationalen Rahmen zu schaffen, der es erlaubt, standardisiert Qualität im Krankenhaus zu vergleichen. Diese Bewertung erfolg anhand von definierten Indikatoren deren Evaluierungsprozess festgelegt ist. 3.2 Krankenhaus-Informations-System (KIS) Ein Krankenhaus-Informations-System umfaßt alle Elemente die nötig sind, die in einem Krankenhaus anfallenden Daten zu speichern und diese wieder den Usern ansprechend zu präsentieren. Ein typisches System könnte wie folgt aussehen: Als Basis eine relationalen Datenbank auf der ein SAP System mit ISH und ISHMed Modul aufsetzt. Anhand des Metamodelles (Sageder, 2001, [4]) ist ersichtlich, daß im Allgemeinen die laufend anfallenden Daten zu einem Patienten an einen Fall oder Aufenthalt und nicht direkt an den Patienten geknüpft werden. 4 QIP Indikator 1 Wie aus der Definition im Handbuch des Quality Indicator Project (Uni-Linz,1998[5]) für den Indikator 1 hervorgeht, handelt es sich hierbei um ein Maß für die Qualität der medizinischen Leistung auf Intensivstationen. Um den Indikator bestimmen zu können werden die Daten gem. Tabelle 4.1 auf Seite 4 aus dem KIS sofern vorhanden benötigt. Nach dem vom Quality Indicator Project in Prosa vorgegebenen Regelwerk (MHA, 1998, [5]), bzw. dem Oberösterreichischen Vorschlag zur Evaluierung (Brock, 2001, [7]) wird die Entscheidung ob eine Infektion vorliegt getroffen. Dieses Regelwerk kann nach mathematisch logischen Regeln der Junktoren (vgl. Lichtenberger, 1999, [6]) noch weiter vereinfacht werden. Der Indikator gliedert sich wiederum in zwei Unterpunkte: 4.1 QIP Indikator 1-a Der Indikator I-a betrachtet im Krankenhaus zugezogene Infektionen (Device-assoziierte Infektionen). Dabei gibt es drei Fälle die für den Indikator relevant sind: Infektionen bei zentralvenösem Katheter: Wenn gilt: a ⇔ HautKeim1 ∨ HautKeim2 ∨ AntigenT est (1) b ⇔ (temp ≥ 38) ∨ Schuettelf ∨ Hypotension (2) c ⇔ (temp ≥ 38) ∨ (temp < 37) ∨ Apnoe ∨ BradyK (3) (4) kann eine Infektion wie folgt gesichert werden: BloodStreamI ⇐ P athKeim ∨ (a ∧ b) ∨ ((alter ≤ 1) ∧ a ∧ c) 2 durch künstliche Beatmung entstandene Pneumonien: Wenn gilt: a ⇔ Sputum ∨ pathKeim ∨ Erreger (5) b ⇔ V irus ∨ Igm ∨ HistoBef (6) c⇔a∨b (7) d ⇔ Apnoe ∨ T achypnoe ∨ Brandyk ∨ Giemen ∨ Rasselg ∨ Histop (8) kann eine Infektion wie folgt gesichert werden: P neumonie ⇐ (Rasselg∧a)∨(T horaxr∧c)∨((alter ≤ 1)∧d)∨((alter ≤ 1)∧T horax∧c) durch Katheter verursachte Harnwegsinfektionen: Wenn gilt: a ⇔ F ieber ∨ Harndrang ∨ P ollakisurie ∨ Dysurie ∨ Suprapub (9) b ⇔ Leukon itr ∨ P yuri ∨ GramStain ∨ U rinKultI I ∨ U rinKultV ∨ Diag ∨ T herapie(10) c ⇔ F ieber ∨ Hypothermia ∨ Apnoe ∨ Bradycardia ∨ Dysurie ∨ Lethargie ∨ Erbrechen(11) kann eine Infektion wie folgt gesichert werden: HarnwegsI ⇐ (a ∧ U rinKultI ) ∨ (¬a ∧ b) ∨ (alter ∧ c ∧ (U rinKultI ∨ b) Der einzelne Indikator ergibt sich dann jeweils durch das Verhältnis: Inf ektionen Device − T age 4.2 QIP Indikator 1-b Indikator I-b betrachtet das Verhältnis von Geräteeinsatz zu Kathetereinsatz. Damit wird die Intensität der Geräte- bzw. atheternutzung erfaßt, welche das Risiko einer Infektion für den Patienten erhöht. Dabei sind folgende Devices interessant: zentralvenöse Katheter Beatmungsgeräte Harnwegskatheter Der einzelne Indikator ergibt sich dann jeweils durch das Verhältnis: Device − T age P atienten − T age 3 Katheterinduzierte Sepsis: Alter des Patienten Apnoe Körpertemperatur Bradykardie Hypotension Harnwegsinfektion: Alter des Patienten Apnoe Körpertemperatur Bradykardie Blutkultur Schüttelfrost Hautkontaminationskeime positiver Antigentest Wirksamkeit antibiot. Therapie Urinkultur Dysurie Harndrang suprapubisches Spannungsgefühl pos. Streifentest Leukozyten und/ oder Nitrit Nachweis von Keimen in der Gram-Färbung Lethargie Kolonien eines pathogenen Keimes Pyurie Erbrechen ärztliche Diagnose: Harnwegsinfekt ärztliche Anordnung einer Therapie gegen Harnwegsinfekt Ventilator-assozierte Pneumonie: Alter des Patienten Apnoe Bradycardie eitriges Sputum oder wechselnde Beschaffenheit Isolation eines Viruses oder Nachweis viraler Antigene einmaliger Anstieg des IgM Antikörpertiters oder vierfacher Anstieg des IgG im doppelten Serumansatz Rasselgeräusche oder gedämpfter Klopfschlag bei klinischer Untersuchung des Brustkorb Blutkultur Thorax Röntgen Tachypnoe Giemen Husten Isolation eines verursachenden Erregers erhöhte Produktion respiritionaler Sekrete hisopathologischer Nachweis für Pneumonie Tabelle 4.1: Liste aller QIP Index 1 relevanten Daten gereiht nach Art der Infektion 5 Datenaustausch mit dem KIS Es ist zweckmäßig, die zu speichernden QIP Daten aus Benutzersicht nicht zentral zu halten, sondern Sie direkt einem Patienten oder vielmehr einem Aufenthalt zuzuordnen. D.h. jeder Fall, der für eine Evaluierung in Frage kommt, hat ein eigenes QIP Dokument. Die Daten selber natürlich können in einer durchaus flachen relationalen Datenbankstruktur zentral gehalten werden. Grundsätzlich können alle Daten, sofern im KIS vorhanden, verwendet werden, jedoch dürfen keine automatischen Bewertungen, die nicht von einem Arzt bestätigt wurden, verwendet werden. In einer ersten Implementierung sollte jedoch ganz auf ein solches Expertensystem verzichtet werden. Es Fallen täglich keine, einige oder alle Daten pro Patient an. Diese sind in geeigneter Weise in einer üblicherweise rationalen Datenbank zu speichern. Aufgrund dieser Anforderung und in Anlehnung and das Metamodell des Krankenhauses (Sageder, 2001, [4]) kann ein Entity-Relationship-Diagramm wie in 4 Abbildung 5.1 dargestellt, für die Datenhaltung abgeleitet werden. ER-Diagramm (Crow Foot) von Datenhaltung QIP1 Indikator 1 Fall Person ID_Person INT Vorname TEXT(50) Nachname TEXT(50) Geburtsdatum DATE verursacht ID_Fall INT ID_Person INT (FK) Diagnose TEXT(50) Aufnahmedatum DATE besitzt QIP_Data_Std ID_Data_Std INT ID_Fall INT (FK) ID_Person INT (FK) Datum DATE (AK) Harnkatheter BOOL Beatmung BOOL Swan-Ganz-Katheter BOOL Dialyse-Cava-Katheter BOOL Cava-Katheter BOOL Harnwegsinfekt INT Pneumonie INT Katheterinduzierte Sepsis INT besitzt besitzt QIP_Data_CDC_HarnwInf ID_HarnwInf INT ID_Data_Std INT (FK) ID_Fall INT (FK) ID_Person INT (FK) Temp INT Harndrang BOOL Harnsperre BOOL SuprapubSp BOOL Apnoe BOOL Urinkultur BOOL LeukTer/Nitrat BOOL Pyurie BOOL GramStain BOOL DiagHarn BOOL TherapieHarn BOOL HerzFrequenz INT Lethargie BOOL Erbrechen BOOL patKeim BOOL besitzt QIP_Data_CDC_Pneum QIP_Data_CDC_KatSeps ID_KatSeps INT ID_Data_Std INT (FK) ID_Fall INT (FK) ID_Person INT (FK) Temp INT Apnoe BOOL HerzFrequenz INT patKeim BOOL Blutdruck INT SchuettelF BOOL HautKontKeim BOOL AntibWirk BOOL Igm/IgG BOOL ID_Pneum INT ID_Data_Std INT (FK) ID_Fall INT (FK) ID_Person INT (FK) RasselG BOOL Sputum BOOL patKeim BOOL Th-Rö BOOL VirusSerologie BOOL Igm/IgG BOOL Histo BOOL Apnoe BOOL AF INT HerzFrequenz INT Giemen BOOL Husten BOOL INFO cardinality: In crow's foot notation, a single bar indicates one, a double bar indicates one and only one, a circle indicates zero, and a crow's foot indicates many. Abbildung 5.1: Entity RelationShip Diagramm der zu speichernden Daten 6 6.1 Implementierung Erfassungs-Modul Jene Daten die nicht aus dem KIS zu gewinnen sind, müßen über ein Grafical-User-Interface vom Pflegepersonal bzw. Arzt täglich eingegeben werden. Da eine Evaluierung der Datensätze schon während der Bearbeitung des Dokumentes erfolgt, wird die gesamte Regelwerklogik in den Eingabemodul verlegt. Dies hilft auch die Laufzeit des Indexmodules zu minimieren, da schon wichtige Abfragen vor der Indexberechnung vom Erfassungs-Modul erledigt werden. Grundsätzlich ist es ratsam mit Design-Patterns zu arbeiten, daher wurde das Klassendiagramm in Abbildung 6.1 auf der nächsten Seite in Anlehnung an das MVC Konzept entworfen (vgl. Gamma, 1994, [8]). Die Klasse application übernimmt die Controleraufgabe. Während die Klasse infection die gesamte Fallhistorie hinsichtlich der QIP Daten beinhaltet arbeitet die Klasse applicationView nur mit einem konkreten Datensatz. 5 Abbildung 6.1: Klassendiagramm: Erfassungs Modul 6.2 Indexermittlungs-Modul Für das Modul zur eigentlichen Indexberechnung empfiehlt es sich nicht die Aufgabe objektorientiert zu lösen, da man gemäß Abbildung 6.2 auf der nächsten Seite klar erkennt, daß hier eine datenorientierte Analyse zielführender ist. Die QIP Daten werden aus dem KIS gemeinsam mit Patienten- und Falldaten ausgelesen und in den internen Speicher geholt. Dies ist möglich da die Indexauswertung immer nur Quartalsmäßig erfolgt und somit nur verhältnismäßig wehnig Daten anfallen. Aus der internen QIP Datentabelle werden nun die Tabellen entsprechend der 3 Infektionsarten generiert. Für den Indexwert selber benötigt man nur die jeweilige Anzahl von Datensätzen, der Benutzer jedoch ist auch an den Listen der Erkrankten interessiert, darum empfiehlt es sich auch diese anzulegen. 7 Zusammenfassung Aus Kapitel 4 erhalten Sie das Wissen über das Regelwerk das auf die in Kapitel 5 angeführten Daten zu den Indikatoren führt. Wenn Sie nun zwei unabhängige Module in ihrer KIS-Entwicklungsumgebung realisieren, wie in Kapitel 6 gezeigt, ist ihr Produkt fertig und sie haben die Möglichkeit durch die automatische Evaluierung der Daten viel Zeit zu sparen. Alle anderen Indikatoren des Quality Indicator Project bewegen sich im gleichen Schwierigkeitsbereich und dürften daher kein Problem darstellen. Das Design ist nur als 6 KISDatabase Interface (SAP) QIP- Patient- & Case-Data, Joining to get QIPData QIP-Data QIP Data for Export Pneumonias Patient- & Case-Data: Pneumonia Urinary-Tract Infections Patient- & Case-Data: Urinary Tract Infection Evaluate Indexes Patient- & Case-Data: Bloodstream Infection Index-Data Bloodstream Infections Data Formatting GUI Abbildung 6.2: Data-Flow-Diagramm (Gane-Sarson) des Evaluierungsprozesses Empfehlung zu sehen, da es abhängig von der im Einzelfall vorliegenden Programmiersprache und den Datenbankverhältnissen (relationale vs. objektrationale Speicherung der Daten) stark abweichen kann. Es sind also weitere Designüberlegungen notwendig, die aber hier Aufgrund der abstrakten Sichtweise fehl am Platze wären. Interessante Betrachtungen lassen sich noch in Richtung Expertensystem, wie in Kapitel 5 angesprochen, anstellen. 8 Anhang Literatur [1] Quality Indicator Project(QIP) http://www.qiproject.org/ zuletzt besucht am: 29.01.2001 [2] Das Quality Indicator Project der Uni.-Linz http://www.ipg.uni-linz.ac.at/qip/Welcome.html zuletzt besucht am: 29.01.2001 7 [3] Verordnung des Landes Oberösterreich Nr.77 Author: Land Oberösterreich Datum: 2000 [4] Skriptum: IT-Systeme im Gesundheitswesen Author: Siegfried Sageder Datum: 2001 [5] Implementation Manual of Quality Indicator Project Author: Maryland Hospital Association Datum: 1998 [6] Skriptum: Methode und Sprache der Mathematik Author: Dipl.-Ing. Dr.Franz Lichtenberger Datum: 1999 [7] Handbuch OOE-QIP-Indikatoren Author: Dr. Heinz Brock; Dr. Stefan Meusburger; Dr. Jörg Zeppetzauer Datum: 2001 [8] Design Patterns Author: Erich Gamma Datum: 1994 8