Friedrich Schiller und Bosnien Über die geistige Verbindung des

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Dr. Bisera Suljić-Boškailo
Friedrich Schiller und Bosnien
Über die geistige Verbindung des Balkan zum großen
deutschen Schriftsteller
In der Nacht, mit nur zwei Begleitern (mit Ausnahme derjenigen, die ihn getragen haben),
ging leise ein Leichenzug unter dem Licht der Fackeln. Ein Leichnam eines großen Dichters
wurde zum Friedhof getragen, um mit den Obdachlosen und Armen in einer gemeinsamen
Gruft seine Ruhe zu finden.
Womit hat er das verdient, Weimarer Hofrat und der große Dichter, der gute Freund des
mächtigen Goethe?
Und wäre er nicht schon mit seinen ersten Dramen in die begeisterten Herzen von Vielen
eingedrungen, hätte er ein breiteres Publikum mit solcher Inbrunst nicht entzündet - "Die
Räuber" haben sofort wie Goethes „Werther“ die Grenzen Europas erobert - dann könnte ich
vielleicht noch verstehen, warum ein armer Dichter so still und so heimlich in der Nacht zu
Grabe getragen wurde...
Aber so ... Wie konnten sich die Weimarer Dioskuren von ihm so kleinmütig und tragisch
verabschieden? Warum hat der Herzog August im Jahr 1802 ihm den Titel des Adelsstand
vergeben, wenn er ihn so in der Gruft mit Armen begraben lies? Und warum haben
dieselben Menschen, erst nach zwanzig Jahren versucht, diese Sünde richtigzustellen, und
so nur ahnend die Knochen des Dichters auszugraben, um ihn würdig beizusetzen? Drama!
Ja, das große Lebensdrama eines Dichters! Und wenn er, Friedrich Schiller, das selbst
überlebt hätte, würden wir jetzt mit Sicherheit „Das größte Drama eines Dichters in den
Händen der Mächtigen“ haben. Oder „Das Drama einer Dichterseele, über die die kleinen
Menschenseelen zu beurteilen hatten...“
Zum Glück ist die Zeit kein Mensch, welche ungerecht über einen anderen Menschen urteilt;
Zum Glück ist die Zeit gerechter und obwohl ihm das Schicksal nicht mit den Lebensfreuden
zugeneigt war. Die Zeit ermöglichte ihm, dem großen Geist, sowie seiner, als auch der
zukünftigen Zeit zu verkörpern und gab ihm dazu einen anderen großen Geist, mit dem er im
Leben verkehren konnte, und mit dem er heute noch in der Welt der schönen und
erhabenen Worten lebt. Es ist unmöglich, die beiden zu trennen; Wenn einer erwähnt wurde,
erscheint da gleich der andere; Goethe und Schiller sind wie zwei Riesen, die zusammen die
Vorhänge auf der Weltbühne hoben und die ihre auserwählte, besondere Welt des
menschlichen Wesens enthüllten in dem sich vereint: die Vergangenheit, Gegenwart und
Zukunft. Sie verkörpern zwei Säulen, die uns noch heute die Vorhänge der Bühne offen
halten; einer auf einer Seite, der andere auf der anderen: Goethe als Repräsentant des
Glücks und Erfolgs in seinem Leben, Schiller als Vertreter des Lebensmissgeschicks und
Träger einer schweren Last des Lebens. So waren ihre Lebensrollen. Nun sind diese Rolle
nach dem Tod ähnlicher: Beide leben durch ihre Werken weiter, sowohl in ihrem
Heimatland, als auch darüber hinaus.
Im Fall von Bosnien werde ich versuchen vorzuzeigen, auf welche Weise Schiller über die
Grenzen von Deutschland heraustrat, und wie er heute noch dort mit seinem großen Freund
Goethe lebt.
Ich habe kurz erwähnt, dass Friedrich Schiller, der Autor des historischen Drama der hohen
klassischen Art in Deutschland, gleich zu Beginn seiner Karriere, sowohl in seinem
Heimatland als auch außerhalb dessen das Publikum für sich gewonnen hat: Sein Drama
"Die Räuber" hat in Nu Deutschland erobert: nach der Aufführung in Mannheim, wurde diese
in Hamburg, Leipzig, Berlin und Stuttgart gespielt, und mit der Wanderbühnen hatten viele
kleinere Orte die Gelegenheit, die Aufführung zu sehen.Schiller eroberte, nach Deutschland,
zuerst Frankreich und England. Sogar, das entlegene Russland hatte, ein halbes Jahr
später, nach der Uraufführung in Deutschland, Schillers Drama "Don Carlos" seinem
Publikum im Jahre 1787 dargestellt, und kurz darauf begann es mit der Herausgabe von
Übersetzungen seiner Werke. Polen spielten "Die Räuber" im Jahre 1796, die Tschechen
1785. Schiller brauchte nicht lange um auch die USA zu erreichen, so dass dort "Die
Räuber" und "Don Carlos" gedruckt wurden.
Aber der berühmte Schiller kam doch am spätesten auf die Gebiete des Balkans,
beziehungsweise in Ex-Jugoslawien, d.h. in die Gebiete Bosniens. Er wurde zuerst von den
deutschen Theatergruppen zu uns gebracht. Die jugoslawischen Germanisten, wie Pero
Slijepčevć, der in Bosnien geboren und aufgewachsen ist, und später an der Belgrader
Universität unterrichtete und der am meisten Schiller erforschte, war der Meinung, dass
Schiller auf dem Balkan noch im 18. Jahrhundert gelesen wurde, und dass ihn in ganz
Europa verstreute Studierende gelesen hatten, von Bratislava bis nach Budapest, wo in
Schillers Zeit ausschließlich deutsche Stücke gespielt wurden und sogar bis zum Jahre
1838. Deutsche Schauspielergruppen, welche es zu dieser Zeit in großer Zahl gab, gaben
Vorstellungen in verschiedenen großen europäischen Städten. Besonders Bratislava,
welches ein nationales Theater hatte, das sogar Lessing persönlich besuchte, war das
Zentrum der neuen Ideen und Bewegungen.
Das älteste Zeugnis, das Schiller auch in Jugoslawien vertreten wurde, ist sein Theaterstück
"Don Carlos" (in Karlsruhe 1788 nachgedruckt wurde). Das Buch war im Besitz von
Timisoarer Bischof, einem freisinnigen serbischen Intellektuellen und somit ein Zeuge, dass
Schiller auch hier gelesen wurde.
Die Regionen in Bosnien wurden durch das deutsche Element meistens mit der Ankunft von
Österreich-Ungarn in diese Gegenden erobert.Damit kamen auch Schillers Werke in diesem
Gebiete.
Fast fünf Jahrhunderte lang, bis zum Berliner Kongress von 1878, als Bosnien unter die
Herrschaft der österreichisch-ungarischen Monarchie kam, regierte das Osmanische Reich
die Region von Bosnien. Zur Zeit der osmanischen Herrschaft in Bosnien war die
Bevölkerung von den drei großen Bevölkerungsgruppen zusammengesetzt: die Kinder
islamischen Glaubens, die fast die Hälfte der Bevölkerung ausmachten, besuchten
Maktabas, wo sie gelehrt wurden zu lesen, zu schreiben und grundlegende Kenntnisse über
den Islam und die Moral erwarben, um danach ihre Ausbildung in der Madrasa fortzusetzen.
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Die andere Hälfte bestand aus orthodoxen und katholischen Kindern und diese wurden an
dem organisierten Unterricht im Osmanischen Reich nicht beteiligt, weil der Unterricht nicht
in der Muttersprache durchgeführt wurde, die orthodoxen Kinder wurden in der Tradition des
Kirchen-Schulrats in Serbien unterrichtet bzw. die katholischen Kinder nach dem
vorgeschriebenen Programm für öffentliche Schulen in Kroatien und Slowenien. So kam in
die orthodoxen Schulen, die eine große Anzahl von Lehrern aus Serbien aufzuweisen hatte
oder auch mehrere lokale Lehrer, die in Belgrad die Lehrerbildungsanstalt besucht hatten
und in die katholischen Schulen, wo die Priester oder barmherzige Schwestern als Lehrer
arbeiteten, die Kultur dieser Länder. So ist es durchaus verständlich und möglich, dass
Intellektuellen in Bosnien zu dem gleichen Zeitpunkt wie in Kroatien und Serbien gelesen
wurde, auch wenn wir keine schriftliche Belege darüber haben. Zumindest konnte ich keine
finden.
Aber die Tatsache, dass Goethe das bosnische Volkslied "Hasanaginica" ins Deutsche
übersetzt hatte, und zwar so begeistert darüber wurde, dass er das Lied aus dem
Italienischen übersetzte und in der ursprünglichen Jambus Vers wiedergegeben hatte, sowie
dass er im Kontakt mit Intellektuellen aus dem Balkan, wie Jernej Kopitar und Vuk Karadzic
war, könnten wir al Betrachtungen anstellen, dass die Studenten oder höhere Intellektuellen
zu Schillers Werken und Schauspielen noch im Laufe seines Lebens kommen könnten.
Doch, nach dem Prinzip, alles was nicht aufgeschrieben wird, ist als ob es nie bestanden
hätte, könnten wir jetzt nur behaupten, dass Schiller in Bosnien ein wenig später ankam als
er in Ljubljana, Zagreb, Belgrad, Novi Sad.
Die erste aufgezeichnete Spuren über Schiller in Bosnien stammen aus dem Jahre 1891, als
auf der Bühne in Sarajevo das Bühnenstück "Kabale und Liebe" dargestellt wurde und dies
sogar auf Deutsch, mit einem Gastauftritt von dem berühmten sächsischen Hofschauspieler
Hartmann.Nach der Aufzeichnung in der Zeitschrift "Bosanska Vila" zu diesem Auftritt,
finden wir Schiller in der gleichen Zeitschrift aus 1893, wo Dušan Todorović ihm einen Text
widmete: "Das Beispiel von einem großherzigen Charakter". Aus dem Jahre 1896 haben wir
eine Notiz von einem Theaterstück "Wie Schiller sprach", und im Jahre 1900 "Madame de
Stahl: Goethe und Schiller", ein Text von Jovan Dučić übersetzt, welchen die Zeitschrift
„Zora“ aus Mostar veröffentlichte.Im dichterischen Sammelband, unter dem Titel
"Vorbildliche Produkte der serbokroatischen und ausländischen Poesie", der von Jovan
Maksimović zusammengestellt wurde und die in Mostar 1901 veröffentlicht wurde, sind drei
Gedichte von Schiller erschienen. Hier finden wir die Übersetzung seines Gedichts: "Das
Lied von der Glocke" von N. Kosanović.All dies zeigt, dass der Dichter auch in Bosnien
anwesend war, aber er war erst mit viel größerer Intensität dort vorhanden auf der
Hundertjahrfeier von seinem Tod. Aus dieser Zeit finden wir manche Texte, die von den
Hundertjahrfeiern nach Schillers Tod sprechen: so haben wir aus 1904 "Schillers Jubiläum",
aus 1905 ein Feuilleton von Eudolf von Gottschal: "Die Schillerfeier des Jahres 1859",
"Schillerfeier im Festhalle des Vereinshauses", wo über die Festlichkeiten in Sarajevo und
Wien gesprochen wurde, "Schiller in Japan", eine Notiz von Belgrader „Pravda“ übertragen,
"Die Hundertjahrfeier des Tod Schillers", eine Zuschrift über die Feier in Sarajevo und viele
andere.
Eine besondere Übersetzung ist die der bosnischen berühmten Dichter Aleksa Šantić im
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Jahr 1910, in der er Schillers Gedichte übersetzt: "Ein Junge auf dem Bach" und "Der
Handschuh". Dieser berühmter bosnischer Dichter übersetzte auch "Wilhelm Tell", ein
Theaterstück in fünf Akten, das Drama, das in Belgrad im Jahre 1922 veröffentlicht wurde.
In Anbetracht dessen, dass der Dichter um die Hundertjahrfeier seines Todestags in
Bosnien sehr präsent war, scheint es als ob sein Geist aus diesen Bereichen bis 1936
zurückgetreten wäre, wann wir Schiller wieder in vollem Schwung haben. Auf den Bühnen
Sarajevos und das am 18., 19., 22. Januar und am 2. Februar wurde das Stück "Maria
Stuart" gespielt, um am 6. September "Don Carlos" als eine Premiere, bei der
Eröffnungsfeier der Saison. Sicher sind in Theatern von Sarajevo auch später und bis zur
dato zahlreiche Theaterstücke Schillers aufgeführt worden, sowohl auf Deutsch als auch in
der Übersetzung, aber dieser Faden der Forschung kann jetzt nicht fortgesetzt werden, zum
einen wegen des Mangels an Zeit und der Einschränkung des Themas, zum anderen
aufgrund des Fehlens von Daten.
Wir wenden uns nun an die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, als in allen jugoslawischen
Republiken (6 von diesen) Germanistik Abteilungen gegründet wurden, einschließlich dieser
in der Hauptstadt von Bosnien und Herzegowina. Mit der Gründung der Universität in
Sarajevo, bzw. der Gründung der Abteilung für germanistische Sprachen im Jahr 1950, wo
die künftigen Deutschlehrer ausgebildet wurden, die später in Grund- und Hochschulen und
Gymnasien die deutscher Sprache gelehrt hatten und damit die Sprache und die deutsche
Kultur verbreiteten, nimmt Schiller zusammen mit Goethe einen festen Platz in Bosnien ein.
Schiller wird ausführlicher an der Universität erforscht im Rahmen des Fachs „Deutsche
Literatur“ bzw. ein Überblick über die Epochen der deutschen Literatur. "Sturm und Drang"
wurde als eine wichtige Epoche behandelt und damit ihre Hauptvertreter Goethe und Schiller
und ihre Werke „Werther“, „Götz“, „Kabale und Liebe“, „Die Räuber“ haben den Vorrang.
Allerdings verkehren Studenten mit Schiller und Goethe immer weiter und durch das Fach
"Weimarer Klassik" oder "Der deutsche Literatur des 18. Jahrhunderts", die zu der Tradition
des Studiums der Germanistik zählen. Auch in der jüngeren Zeit, das heißt nach dem Krieg
in Bosnien im Jahr 1995, als in den größeren Städten neue Universitäten gegründet wurden
und in ihnen die Abteilungen der Germanistik, wird im Rahmen des Studienprogramms nach
dem Vorbild dieser ältesten Lehrstuhl für deutsche Sprache und Literatur in Bosnien am
meisten im Rahmen dieser Fächer über Schiller und Goethe gelernt.
Heute haben wir Abteilungen der Germanistik in Mostar (zwei Universitäten und zwei
Lehrstühle für Germanistik), in Zenica, Banja Luka, Tuzla, Bihać, in Travnik usw. In all
diesen Universitäten, wo Deutsch gelernt wird, wird parallel auch die deutsche Literatur
gelehrt, was in den meisten Fällen bedeutet, dass die Epoche der deutschen Literatur bzw.
seiner Vertreter zu studieren sind, und damit unumgänglich auch Schiller und Goethe.
Ich muss nur noch erwähnen, dass ich bei der Vorbereitung dieser Arbeit und Schiller in
Bosnien sehr enttäuscht war, dass nur sehr wenige seiner Werke in Bibliotheken zu finden
sind, und es gibt fast gar keine Werke in der bosnischen, serbischen, kroatischen Sprache.
In der Nationalbibliothek in Sarajevo war es unmöglich zu irgendwelchem von diesen
Werken zu kommen. Man konnte nur zu den Werken von Schiller, diese jedoch in
deutscher Sprache verfasst. Und diese ein paar Bücher, die die Bibliothek besitzt, konnten
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nicht verwendet werden, da es nur ein Exemplar gab und in diesem Fall werden sie nicht
zum Lesen verliehen. In der Universitäts-Bibliothek der Philosophischen Fakultät war Schiller
zu finden, aber auch hier meistens auf Deutsch. Die Ausnahmen sind wenige
Übersetzungen ins Bosnische, Kroatische, Serbische.
Für Studenten ist es heute üblich, zu Schillers Werken über das Internet zu kommen bzw.
über das Projekt Gutenberg, wo die meisten seiner Werke in elektronischer Form bestehen.
Somit ist das Internet heute eine weltweite Bibliothek, welche für jeden zugänglich ist, und
dank des Internets kommen die Leute leicht zu Schiller, der in Bosnien immer mehr gelesen
wurde. Im Internet kann man heute eine Vielzahl von Filmen und Sendungen zum Thema
Schiller und Goethe sehen.
Zum Schluss eine Zusammenfassung: Schiller war am meisten in Bosnien gegenwärtig in
der Zeit der Hundertjahrfeier seines Todes und wieder auf der Zweihundertjahrfeier seines
Todes, nach dem Krieg in Bosnien, als in allen größeren Städten die Universitäten und
Abteilungen für Germanistik gegründet wurden, wo die Studenten Schiller lesen und
erforschen.
Was wohl erst die Dreihundertjahrfeier seines traurigen Todes oder doch Lebens bringen
wird, weiß aber niemand, obwohl ich als visionäre Dichterin nun ein wenig in Träumereien
versinken und sagen kann, dass vielleicht in dieser Zeit, mit Hilfe des technischen
Fortschritts und der virtuellen Welt, Schillers Dramen oder seine Werke jeder, der sich das
wünscht, sehen kann, genau so, wie sie in Schillers Vision bzw. seiner Phantasie waren.
Literatur:
Pero Slijepčević: "Schiller in Jugoslawien", Skopje, 1937.
Milivoje Djordjevic: "Zur Entwicklung der Germanistik an der Universität Sarajevo", in:
Germanistik in Mittel-und Osteuropa 1945-1992. Herausgeben von Christoph König, Berlin,
1995, S. 71-82.
Misera Suljić-Sijaric: "Historischer Schnitt der Auswertung in Bosnien und HerzegowinaBildung während der osmanischen Zeit und in der österreichisch-ungarischen Monarchie" in
der Zeitschrift Didaktische Richtungen, Nr. 51/2009., S. 69-75.
Eduard Engel: "Geschichte der deutschen Literatur von den Anfängen bis in die Gegenwart"
Band 1, Wien 1922.
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