14 L Ü F T U N G S - , K L I M A - U N D K Ä LT E T E C H N I K Serverraumkühlung Ohne Informations- und Kommunikationstechnik funktioniert in einem Unternehmen der betriebliche Alltag nicht mehr. Berechnungen, Datenbanken oder die schriftliche Korrespondenz laufen ebenso über die elektronische Datenverarbeitung (EDV) wie Konstruktions- und Planungsarbeiten. Hinzu kommen Internet, Telefon und Telefax. D Bild 1: Spezifische Kühllasten. ie dafür notwendige Infrastruktur, wie z. B. Server, Großrechner und Datennetze, befindet sich meist in einem EDV- oder Serverraum bzw. in einem Rechenzentrum. Bei dem Begriff „Datensicherheit“ denken die meisten Unternehmen an Backup-Server, Spam-Filter und Firewall. Doch neben den Anforderungen an die Hard- und Software sind in den letzten Jahren auch jene an die Klimatisierung gestiegen. Zur Datensicherheit gehört eben auch die Klimatechnik. Der Wert interner Unternehmensdaten steigt ständig und als Basis einer Firma sollten diese Daten ständig verfügbar sein. Die Auswirkungen eines Serverausfalles oder gar der Verlust von Daten werden immer gravierender. Serverräume stellen für die Gebäudetechnik eine große Herausforderung dar, da es gilt, das Ausfallsrisiko zu minimieren. Bild 2: Elektrischer Jahresenergiebedarf. Eine der Aufgaben der Gebäudetechnik ist es, für Serverräume und Rechenzentren geeignete Raumluftbedingungen zu schaffen. Da Rechenzentren ganzjährig in Betrieb und deswegen auch ganzjährig zu kühlen sind, sollte versucht werden, die Systeme so auszubilden, dass energetisch und wirtschaftlich sinnvolle Betriebsvarianten genutzt werden können. Bei der Planung von Rechenzentren oder Serverräumen muss nicht nur die sichere Stromversorgung beachtet werden. Da immer höhere CPU-Leistungen erreicht werden und sich gleichzeitig die Packungsdichte der Racks erhöht, steigen auch die Anforderungen an die Infrastruktur für die Energiezufuhr und für die Kühlung. Die Einhaltung der Parameter Temperatur und Feuchte sind entscheidend für die Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit der IT-Strukturen. Bei Halbleitern gilt die Faustregel, dass eine Steigerung der Umgebungstemperatur um 10°C, bezogen auf die maximal zulässige Betriebstemperatur, die Lebensdauer dieser Bauteile halbiert. Laut IT-Anbieter darf die maximale Temperatur, welche nur kurzfristig auftreten darf, nicht über 35°C liegen. Ab diesem Wert muss mit Störungen gerechnet werden. Server- und Rechenzentren sind in der Regel Räume, welche für den Geschäftsbetrieb in Unternehmen unerlässlich sind. Das heißt, dass der Ausfall bzw. Stillstand von Servern großen wirtschaftlichen Schaden verursachen würde. Es ist aus diesen Gründen auf eine redundante Systemausbildung zu achten. Auch die Wartung von Serverräumen soll ohne Betriebsunterbrechung erfolgen können. Diese redundante Ausbildung hat als durchgängiges Prinzip von der Kälteerzeugung bis zu den Klimaschränken (oder Inneneinheiten) zu erfolgen. Wichtig für den einwandfreien Betrieb ist auch eine unterbrechungsfreie Stromversorgung (USV). Sollte die Stromversorgung vollständig aus- fallen, muss die USV weiterhin Spannung für die Systeme liefern, so dass ausreichend Zeit bleibt, um Daten zu sichern und Systeme herunterzufahren. Die USV springt nicht nur im Falle eines Stromausfalles ein, sondern Filter verhindern auch Spannungsprobleme, wie z. B. Spannungsschwankungen, Hochspannungsspitzen, Schaltspitzen, Frequenzabweichungen, Leitungsrauschen und harmonische Oberwellen. Definition spezifischer Kühllasten Der Anteil der äußeren Kühllast bei Serverräumen ist sehr gering, bzw. nicht vorhanden, da Serverräume meist so angeordnet werden, dass keine bzw. nur geringe äußere Raumumschließungsflächen vorhanden sind. Den größten Anteil der Wärmequellen stellen die jeweiligen Racks (Prozessoren, Festplatten, Netzteile etc.) dar. Die auftretenden Maschinenlasten müssen im Detail nach den jeweiligen Leistungsangaben der Hersteller ermittelt werden. Da in der Vorprojektierung meist keine genauen Aussagen bezüglich der zu erwartenden Maschinenlasten getätigt werden können, soll Bild einen Überblick über zu erwartende auftretende spez. Lasten geben, bezogen auf die mögliche Gebäudenutzung. Eine genaue projektbezogene Ermittlung sollte aber bei bekanntem Equipment unbedingt erfolgen, um eventuelle Unter- oder Überdimensionierungen zu vermeiden. Bild 1 stellt eine Übersicht auftretender spezifischer Lasten in Abhängigkeit der jeweiligen Gebäudenutzung dar. Die angeführten Bereiche sind als Richtwerte zu verstehen. Diese beruhen auf Erfahrungswerten von Serverproduzenten sowie aus verschiedenen Literaturquellen. Eine genaue Eruierung der Lasten ist nur möglich, wenn die Ausstattungen der jeweiligen Räume bekannt sind. Bei Rechenzentren können, je nach Ausrüstungsstand, sehr hohe Lasten auftreten. Technische und wirtschaftliche Analyse Im Folgenden werden verschiedene Systemvarianten zur Serverraumkühlung hinsichtlich ihres energetischen Bedarfs und ihrer Wirtschaftlichkeit untersucht und bewertet. Die nachstehenden Systemvarianten wurden untersucht: – Variante 1: Split-Anlage, Direktverdampfung. – Variante 2: Umluftkühlung über einen Kaltwassersatz mit luftgekühltem Kondensator. – Variante 3: Umluftkühlung über einen Kaltwassersatz, Rückkühlung mittels Kühlturm. Österreichs einzige spezialisierte Fachzeitschrift für die Bereiche Heizung, Lüftung, Klima- und Kältetechnik Heizung Lüftung Klimatechnik – 10/2005 Heizung Lüftung Klimatechnik L Ü F T U N G S - , K L I M A - U N D K Ä LT E T E C H N I K 15 Weiters wurden die genannten Anlagenvarianten in verschiedene Betriebsvarianten unterteilt, wobei unter anderem auch die Möglichkeit zur Nutzung der freien Kühlung untersucht wurde. Die Tabelle 1 zeigt die untersuchten Anlagen- und Betriebsvarianten. Für die folgenden Berechnungen wurden Randbedingungen und Annahmen getroffen, um die verschiedenen Systeme vergleichbar zu machen. Es wurde ein Serverraum mit einer abzuführenden konstanten Last von 50 kW festgelegt. Der Serverraum sei ein innen liegender Raum. Aufgrund von anliegenden Nebenräumen werden äußere Lasten nicht berücksichtigt. Um die einzelnen Varianten sinnvoll bezüglich ihres elektrischen Energiebedarfs und der daraus resultierenden Energiekosten zu vergleichen, wurden sämtliche Anlagenvarianten über eine Jahressimulation berechnet. Die Berechnungen erfolgten mit einem Klimadatensatz der Stadt Wien. Das Betriebsverhalten der Anlagen wurde in Stundenschritten berechnet. Da Serverräume und Rechenzentren ständig in Betrieb sind, wurde ein 24 Stunden Betrieb angenommen, das würde bedeuten, dass die Anlage 8.760 h/a in Betrieb ist. Für alle Varianten wurde von einer Raumtemperatur von 23°C ausgegangen (Zulufttemperatur 18°C). Die Betriebskosten wurden mit einem spezifischen Strompreis der Stadt Wien (13,78 Cent/kWh) ermittelt. Für die verschiedenen Anlagenvarianten wurden folgende Parameter ermittelt: Der elektrische Jahresenergiebedarf in kWh/a, daraus folgend die Jahresenergiekosten in EUR/a, in weiterer Folge wurden spezifische Betriebskosten in EUR/kW,a ermittelt. Weiters wurden Jahresarbeitszahlen der verschiedenen Systemvarianten ermittelt. In weiterer Folge wurde auch die Wirtschaftlichkeit der verschiedenen Varianten nach der Annuitätenmethode der VDI 2067 unter- Version Variante 2-1 Variante 2-1-FC Variante 2-2 Variante 2-2-FC Variante 2-3 Variante 2-3-FC Variante 3-1 Variante 3-1-FC Variante 3-2 Variante 3-2-FC Variante 3-3 Variante 3-3-FC Beschreibung Es ist eine Anlage mit ganzjähriger Bereitstellung von Kaltwasser (6/12°C); die Kühlung des IT Raumes erfolgt mit einem Kaltwasserkreis (12/18°C) – diese Temperaturen werden durch Zumischung erreicht. Wie Variante 2-1; im Kaltwasserkreis des IT Raumes wird zur Nutzung der freien Kühlung ein Luftrückkühler eingebunden. Anlage mit Bereitstellung von Kaltwasser 6/12°C; da diese Temperaturen nur zur Humanklimatisierung benötigt werden, wird, wenn diese nicht mehr erforderlich ist, die Anlage auf Kaltwasser 12/18°C umgestellt. Wie Variante 2-2; der Free Cooling Betrieb erfolgt analog zur Variante 2-1-FC. Für die Kühlung des Serverraumes wird eine eigene unabhängige Anlage konzipiert. Die freie Kühlung wird wieder über einen Luftrückkühler genutzt. Es handelt sich um eine Anlage mit ganzjähriger Bereitstellung von Kaltwasser (6/12°C); die Kühlung des IT Raumes erfolgt mit einem Kaltwasserkreis (12/18°C) – diese Temperaturen werden durch Zumischung erreicht. Wie Variante 3-1; im Kaltwasserkreis des IT Raumes wird ein Luftrückkühler zur Nutzung der freien Kühlung eingebunden. Anlage mit Bereitstellung von Kaltwasser 6/12°C; da diese Temperaturen nur zur Humanklimatisierung benötigt werden, wird, wenn diese nicht mehr erforderlich ist, die Anlage auf Kaltwasser 12/18°C umgestellt. Wie Variante 3-2; der Free Cooling Betrieb erfolgt analog zur Variante 3-1-FC. Für die Kühlung des Serverraumes wird eine eigene unabhängige Anlage konzipiert. Die freie Kühlung wird wieder über einen Luftrückkühler genutzt. sucht. Es wurden die Gesamtannuitäten in EUR/a ermittelt. Hinsichtlich des elektrischen Energiebedarfs wurden die Hauptkomponenten untersucht: Diese wären bei der Variante 1 die Splitanlage als Gesamteinheit, bei der Variante 2 (Kaltwassersatz mit luftgekühltem Kondensator) der Kaltwassersatz, der Ventilator des Umluftkühlers, die Pumpe, bei Nutzung der freien Kühlung (FC) der Rückkühler sowie ein zusätzliches Pumpenaggregat. Bei der Variante 3 (Rückkühlung über einen Kühlturm) wurden weiters die anfallenden Kosten für die Nachspeisung von Frisch- wasser und die Abwasserkosten berücksichtigt. Für die Berechnungen wurden typische Anlagenparameter gewählt. Ergebnisse Die Variante 1, die Variante 2-3 und die Variante 3-3 können direkt miteinander verglichen werden, da für diese Varianten die gleichen Bedingungen gelten (autarkes System, 50 kW Kühllast). Die Nutzung der freien Kühlung ist bei der Variante 1 nicht möglich, sehr wohl aber bei den Varianten 2-3 und 3-3. Im Bild 2 ist der elektrische Jahresenergiebedarf der verschiede- Tabelle 1: Zusammenstellung der untersuchten Varianten. 16 L Ü F T U N G S - , K L I M A - U N D K Ä LT E T E C H N I K Bild 3: Spezifische Betriebskosten. nen Varianten dargestellt. Beim Vergleich der Variante 1 (Direktverdampfung, Splitanlage) und der Varianten 2-3 (luftgekühlter Kondensator) und 3-3 (Rückkühlung über Kühlturm) zeigt sich das die Variante 3-3 den geringsten Energiebedarf von rund 90.710 kWh/a hat. Die Variante 2-3 hat den höchsten Energiebedarf (siehe Bild 2). Vergleicht man jedoch die Variante 1 mit jenen wo zusätzlich die freie Kühlung (FC) genutzt wurde zeigt sich bei den Varianten 2-3-FC und 3-3-FC ein deutlich geringerer Energiebedarf. Bei der Variante 2-3 ergibt sich durch die Nutzung der freien Kühlung (FC) eine Einsparung des Energiebedarfs von ca. 30%. Bild 3 zeigt die spezifischen Betriebskosten in EUR/kW,a. Wie zu erwarten hat die Variante 2-3 die höchsten spezifischen Betriebskosten. Bei Vergleich der Variante 3-3 und der Variante 1 zeigt sich eine Differenz der spez. Betriebskosten von ca. 4 EUR/ kW,a, dieser geringer Unterschied ist damit begründbar, da bei der Variante 3-3 die zusätzlich, anfallenden Betriebskosten von Frisch- und Abwasser berücksichtigt wurden. Bei Nutzung der freien Kühlung können die Betriebskosten jedoch deutlich reduziert werden. Mittels der Annuitätenmethode gemäß der VDI 2067 wurden die Gesamtannuitäten der verschiedenen Systemvarianten ermittelt. Es zeigt sich bei jenen Varianten, wo die freie Kühlung (FC) genutzt wird, trotz der höheren Investitionskosten durch die zusätzlichen Bauteile wie Luftkühler und Pumpe, dass diese Varianten trotzdem wirtschaftlicher sind als jene wo die freie Kühlung nicht genutzt wurde (sieh Bild 4). Schlussfolgerungen Die Wahl des richtigen Systems hängt von der abzuführenden Last und von den örtlichen bzw. von den vorhandenen Ressourcen ab. Folgende Überlegungen sollten zur Systemwahl angestellt werden: Bild 4: Gesamtannuitäten nach VDI 2067. – Erfolgt eine alleinige Kühlung des Serverraumes, – besteht ein zusätzlicher Kältebedarf (z. B. zur Humanklimatisierung) und – Wichtigkeit der Betriebs- und Ausfallssicherheit für den Nutzer des Serverraumes. Da die Leistungsgrenzen von Splitgeräten rasch erreicht sind, empfiehlt es sich für größere Server- und Rechenzentren indirekte Systeme einzusetzen. Ein weiterer Vorteil ergibt sich aus der Nutzung der freien Kühlung, da Serverräume ganzjährig in Betrieb sind. Der FC-Betrieb ergibt unabhängig von der jeweiligen Systemvariante ein deutliches Einsparungspotential. Auch wenn durch den FC-Betrieb höhere Investitionskosten entstehen, die sich durch den zusätzlichen Luftrückkühler, durch die Pumpe und den höheren Installationsaufwand ergeben, so zeigt sich dennoch, dass die Gesamtannuität günstiger ausfällt als bei jenen Anlagen, bei denen die freie Kühlung nicht genutzt wurde. Je nach Lage der Kälteerzeugung und des zu versorgenden Serverraumes können die Kosten für den Installationsaufwand jedoch deutlich steigen. Nach Möglichkeit sollte versucht werden, die Distanzen zwischen Kälteerzeuger und Kälteverbraucher so kurz wie möglich zu halten. Die Varianten des Typs 3 (KWS, Rückkühlung über einen Kühlturm) liefern bezüglich ihres elektrischen Energiebedarfs und ihrer Jahresarbeitszahlen gute Ergebnisse. Durch den zusätzlichen Wasserverbrauch des Kühlturmes und des daraus resultierenden Abwasseranfalls erhöhen sich die Betriebskosten. Durch den FC-Betrieb sind die Varianten 3-1-FC und 3-2-FC annähernd gleich effektiv wie die Varianten 2-1-FC und 2-2-FC. Die Variante 3-3-FC, bei der ein autarkes System zur Kühlung ausgeführt wurde (Rückkühlung über Kühlturm und FC-Betrieb), ist die günstigste aller Varianten. Dies lässt sich damit begründen, dass diese Maschine die beste Leistungszahl aufweisen konnte. Prin- zipiell sind jene Varianten, welche über einen Kühlturm rückgekühlt werden (Varianten Type 3), die aufwendigsten. Das liegt daran, dass mindestens zwei Pumpen erforderlich sind, auch das Frischwasser für den Kühlturmbetrieb muss dementsprechend aufbereitet werden. Aufgrund der hohen Komplexität der Variante 3 ist eine Ausfallsicherheit von 100% jedoch nur schwer zu gewährleisten. Zusammenfassend kann man sagen, dass die Varianten des Typs zwei mit FC-Nutzung am wirtschaftlichsten sind, da sie sehr kompakt ausgeführt werden können. Die Variante 1, Splitanlage mit Direktverdampfung, eignet sich ideal für kleine Serverräume, z. B. in Bürogebäuden. Natürlich können unterschiedliche Varianten aus Gründen der Betriebs- und Ausfallssicherheit kombiniert werden. Literatur: Kindermann, G.: Serverraumkühlung, Diplomarbeit an der FHS-Burgenland Ges.m.b.H., Pinkafeld, 2005 VDI 2067: Wirtschaftlichkeit gebäudetechnischer Anlagen, Grundlagen und Kostenberechnung, September 2000 Österreichs einzige spezialisierte Fachzeitschrift für die Bereiche Heizung, Lüftung, Klima- und Kältetechnik Heizung Lüftung Klimatechnik – 10/2005 Heizung Lüftung Klimatechnik