2010 2011 Konzert in der Frauenkirche I

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2010
2011
Konzert in
der Frauenkirche I
Kultur
Wir wünschen Ihnen einen klangvollen Abend in der Frauenkirche.
Besuchen Sie auch den Ort, an dem Automobilbau zum kulturellen
Ereignis wird: Die Gläserne Manufaktur von Volkswagen in Dresden.
Eine Fertigungsstätte, so einzigartig wie ihr Produkt: der Phaeton.
W W W . G L A E S E R N E M A N U FA K T U R . D E
2010
2011
Konzert in
der Frauenkirche I
Chefdirigent ab 2012
Christian Thielemann
Ehrendirigent
Sir Colin Davis
S a 2 0 .11 .10 2 0 U h r
|
F r au e n ki r c h e
Konzert in der Frauenkirche I
Di r i g e n t
Tomáš Netopil
für den erkrankten Jérémie Rhorer
Mezzosopr an
Philharmonischer
Chor Prag
Ei n s t u d i e r u n g :
L u k á š Vasi l e k
Magdalena Kožená
Sopr an
Ute Selbig
Tenor
Timothy Oliver
Bass
Georg Zeppenfeld
Schumann und Mahler zu Ehren
Neben ihren Jubiläen im Jahr 2010 vereint die Komponisten Robert Schumann und Gustav Mahler auch eine gemeinsame Vorliebe für die Texte
Friedrich Rückerts: Ließ sich Schumann in seiner Dresdner Zeit zu einigen –
selten gespielten – chorsymphonischen Werken auf Texte Rückerts inspirieren, so empfand Mahler dessen Dichtung als »Lyrik aus erster Hand« und
legte sie u.a. seinen berührenden »Rückert-Liedern« zugrunde.
A u f z e i c h n u n g d u r c h M DR F i g a r o .
S e n d e t e r mi n : Di e n s t a g , 2 3 . N o v e m b e r 2 0 1 0 , 2 0 . 0 5 U h r
1 9 U h r K o s t e n l o s e K o n z e r t e i n f ü h r u n g mi t D r . J o a c h im D r a h e im
u n d T o b ias Ni e d e r s c h l a g im Ha u p t r a u m d e r F r a u e n ki r c h e
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Programm
Robert Schumann
(18 10 -18 5 6 )
Z u m 2 0 0 . G e b u r t s t a g d e s K o m p o n is t e n
»Der Eidgenossen Nachtwache« für Männerchor a cappella op. 62 Nr. 1
Fassung mit der von Schumann geplanten Orchesterbegleitung von
Joachim Draheim (1998, Revision 2010)
»Freiheitslied« für Männerchor a cappella op. 62 Nr. 2
Fassung mit Orchesterbegleitung von Joachim Draheim (2010),
Uraufführung
»Verzweifle nicht im Schmerzenstal«, Motette für doppelten
Männerchor und Orchester op. 93
Gustav Mahler
( 1 8 6 0 -19 11 )
Z u m 1 5 0 . G e b u r t s t a g d e s K o m p o n is t e n
Fünf Lieder nach Texten von Friedrich Rückert (»Rückert-Lieder«)
1. »Liebst du um Schönheit«, Orchesterfassung von Max Puttmann
2. »Blicke mir nicht in die Lieder«
3. »Um Mitternacht«
4. »Ich atmet‘ einen linden Duft«
5. »Ich bin der Welt abhanden gekommen«
Pa u s e
( Di e Pa u s e d a u e r t c a . 2 0 M i n u t e n . )
Robert Schumann
»Adventlied« für Sopran-Solo (Alt-, Tenor- und Bass-Solo) und
(gemischten) Chor mit Begleitung des Orchesters op. 71
»Neujahrslied« für Bass-Solo (Sopran- und Alt-Solo) und (gemischten)
Chor mit Begleitung des Orchesters op. 144
Konzert in der Frauenkirche I
Tomáš Netopil Dirigent
M
it seinem Debüt bei den Berliner Philharmonikern im September/Oktober dieses Jahres erreichte die steile Karriere
des Dirigenten Tomáš Netopil einen weiteren Höhepunkt.
Seit 2009/10 ist der 35-Jährige Musikdirektor am Nationaltheater Prag, wo er mit Neuproduktionen von »Idomeneo«,
»Die Entführung aus dem Serail« und »Don Giovanni« die Prager MozartTradition pflegt. Netopil studierte Violine und Dirigieren in seiner tschechischen Heimat sowie bei Jorma Panula in Stockholm. 2002 gewann er den
1. Sir Georg Solti Dirigenten-Wettbewerb in Frankfurt am Main, womit seine
internationale Karriere begann. Seitdem dirigierte er Orchester wie Israel
Philharmonic Orchestra, NHK Symphony Orchestra Tokyo, London Philharmonic Orchestra, Tonhalle-Orchester Zürich, Filarmonica della Scala oder
die Tschechische Philharmonie. Als vielseitiger Operndirigent gastierte er
u.a. an der Bayerischen Staatsoper München, der Deutschen Oper Berlin, an
den Opernhäusern in Genua, Neapel, Turin, Bologna und Venedig sowie am
Palau de les Arts Reina Sofia in Valencia und bei den Salzburger Festspielen. In der laufenden Saison debütiert er mit einer Neuproduktion von Leoš
Janáčeks »Katja Kabanowa« an der Opéra National de Paris. 2006 stand er
im Rahmen der Europäischen Kulturpreisverleihung in der Dresdner Frauenkirche erstmals am Pult der Sächsischen Staatskapelle Dresden. Seitdem
leitete er das Orchester in Konzerten sowie Opernaufführungen von Mozarts
»Figaro« und »Don Giovanni« an der Semperoper. In der Saison 2010/11
dirigiert Tomáš Netopil in Dresden neben einer »Salome«-Wiederaufnahme
auch eine Neuproduktion von Antonín Dvořáks »Rusalka« (Dezember 2010).
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Konzert in der Frauenkirche I
»Ich liebe es,
neue Dinge zu entdecken«
Ein Gespräch mit der
Mezzosopranistin
Magdalena Kožená
Frau Kožená, wenn Sie in Dresden mit der Staatskapelle musizieren, fühlen
Sie dann eine Nähe zu Ihrer tschechischen Heimat? Man spricht ja gerne
von einem böhmisch-sächsischen Kulturraum.
Dresden ist tatsächlich so nah an der tschechischen Grenze, dass mir die
Stadt irgendwie sehr vertraut ist. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich
nach meinem Studium in Prag fast jede Woche mit dem Zug nach Dresden
gefahren bin, um hier weiterführende Workshops an der Musikhochschule
zu besuchen. Mit großem Interesse habe ich seitdem den Wiederaufbau der
Stadt mitverfolgt.
Sie singen heute Abend die »Rückert-Lieder« von Gustav Mahler. Ist das
ein Komponist, der Ihnen durch seinen mährischen Hintergrund ebenfalls
besonders nahe steht?
Die Menschen in Mähren sind sehr stolz darauf, dass Mahler in Kalischt
geboren wurde, das ungefähr 60 Kilometer von meiner Heimatstadt Brünn
entfernt liegt. Böhmen, Mähren und Österreich waren damals kulturell sehr
eng miteinander verbunden, und das spürt man wahrscheinlich bis heute. Dies ist vielleicht auch der Grund, weshalb mir viele Dinge in Mahlers
Musik sehr vertraut vorkommen, zum Beispiel seine Harmonien oder auch
der enge Bezug zur Natur. Mahler benutzt ja alle Arten von Kuhglocken, er
hat den Klang der Berge und der Vögel festgehalten. Und das ist etwas, das
man – in etwas anderer Weise – auch bei Janáček wiederfindet. Ganz genau
erklären kann ich dies allerdings auch nicht …
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Seit wann singen Sie die »Rückert-Lieder«?
Seit vier oder fünf Jahren, und ich singe sie ziemlich häufig. Ich habe sie inzwischen mit ganz unterschiedlichen Dirigenten und Orchestern aufgeführt,
zum Beispiel mit Gustavo Dudamel und seinem Simón Bolívar Orchestra in
Venezuela, oder mit den Berliner und Wiener Philharmonikern. Im letzten
Jahr habe ich sie auch mit Claudio Abbado in Luzern gesungen, das war
sehr bewegend.
Es ist eine sehr intime Musik, deren relativ kleine Orchesterbesetzung an
Kammermusik erinnert.
Es ist seltsam, aber ich habe immer das Gefühl, dass diese Lieder eigentlich
für zwei Sänger geschrieben sind. Zum Beispiel »Um Mitternacht«: Das ist
zum einen sehr intim, aber dann muss es plötzlich klingen, als hätte man
eine Trompetenstimme. Vielleicht liegt dieser widersprüchliche Eindruck
auch daran, dass Mahler die Lieder nicht als Zyklus komponiert hat, sondern als Einzelstücke, die auch sehr unterschiedlich instrumentiert sind.
Aber natürlich sind sie wunderbar, denn sie enthalten so viele verschiedene
Farben. »Ich bin der Welt abhanden gekommen« ist für mich das schönste
Orchesterlied, das jemals komponiert wurde.
Sie singen diese Musik jetzt in einer Kirche. Finden Sie, dass die Lieder mit
ihrem mitunter spirituellen Charakter besonders gut in einen Kirchenraum
passen?
Ja, durchaus. »Ich bin der Welt abhanden gekommen« zum Beispiel ist ein
sehr spirituelles Lied. Einige Leute halten es für ein Lied über das Sterben,
andere für ein eher zuversichtliches Lied über das Verlassen des Körpers,
also den Übergang in die Ewigkeit. Das passt natürlich sehr gut in eine Kirche. Sicher ist eine Kirche nicht für jede Musik geeignet, aber ich persönlich
ziehe einen Kirchenraum jeder trockenen Akustik vor. Ich mag es, wenn der
Klang meiner Stimme Raum zur Entfaltung hat und nicht gleich hinter den
Mundwinkeln endet.
Der Dirigent Tomáš Netopil springt kurzfristig für den erkrankten Jérémie
Rhorer ein. Er stammt ebenfalls aus Tschechien – kennen Sie sich aus Ihrer
Heimat?
Konzert in der Frauenkirche I
Nein, wir haben erst vor wenigen Wochen zum ersten Mal miteinander gearbeitet, als er für den im Sommer verstorbenen Sir Charles Mackerras bei
den Berliner Philharmonikern eingesprungen ist. Das war eine wunderbare
Zusammenarbeit, und es freut mich sehr, dass es jetzt so schnell und unverhofft zu einer erneuten Zusammenarbeit kommt. Jéremie Rhorer wünsche
ich natürlich gute Besserung, und ich hoffe, dass auch wir in naher Zukunft
einmal miteinander musizieren werden.
Sie sind bekannt für Ihre Neugier, immer wieder auch Raritäten zu
entdecken. Wie wählen Sie Ihr Repertoire aus?
Ich liebe es sehr, Dinge zu entdecken und andere Leute auf Dinge aufmerksam zu machen. Das ist für mich eine Herausforderung – vor allem, wenn
ich das Repertoire für eine neue CD zusammenstelle. Die Aufnahmeindus­
trie ist ja heute in einer prekären Situation, da es von den großen Meisterwerken, die ich auch sehr gerne singe, bereits unzählige Aufnahmen gibt.
Vor diesem Hintergrund kann es ein Weg sein, etwas aufzunehmen, das es
noch nicht gibt und das vielleicht die Neugierde der Menschen weckt. Als
Tschechin bin ich natürlich in der besonders glücklichen Lage, dass nahezu
sämtliche Musik aus meiner Heimat international als Rarität gilt …
Auf Ihrer aktuellen CD singen Sie Liebeslieder des italienischen Barock.
Ja, das mag für Alte-Musik-Fans vielleicht kein ungewöhnliches Repertoire
sein, aber dennoch gibt es auch auf dieser CD viel zu entdecken. Ich selber
habe auch eine Menge entdeckt, obwohl ich dieses Repertoire seit langem
singe und schon während meiner Studienzeit mit einem eigenen Ensemble
aufgeführt habe.
Im heutigen Konzert wirken Sie auch an einigen chorsymphonischen
Raritäten von Robert Schumann mit. Ist Schumann ein Komponist, den es
noch zu entdecken gilt?
Ja, vielleicht weniger im Bereich des Liedes, aber in anderen Genres. Diese
Erfahrung habe ich vor kurzem erst wieder gemacht, als ich an einer Aufführung des Oratoriums »Das Paradies und die Peri« mitgewirkt habe. Ich
muss sagen, dass ich mich in diese Musik regelrecht verliebt habe! Bis in
die 1950er Jahre wurde das Werk regelmäßig gespielt, dann ist die Aufführungstradition beinahe vollständig abgebrochen. Erst seit ein paar Jahren
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wird es wiederentdeckt, von Dirigenten wie Nikolaus Harnoncourt, Daniel
Harding und natürlich auch Simon [Rattle]. Ich habe das Gefühl, dass »Das
Paradies und die Peri« allmählich eine Renaissance erlebt, und das ist wunderbar, denn musikalisch ist es ein absolutes Juwel. Sicher ist dies auch bei
anderen Werken Schumanns denkbar, die weitgehend vergessen sind – und
vielleicht lösen wir mit dem heutigen Abend eine weitere Renaissance aus.
Schumann und seine Werke hätten es sicher verdient.
Di e F r a g e n s t e l l t e T o b ias Ni e d e r s c h l a g .
Konzert in der Frauenkirche I
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Magdalena Kožená
Mezzosopran
M
agdalena Kožená wurde in Brünn geboren und studierte
in ihrer Heimatstadt sowie bei Eva Blahová in Bratislava.
Zahlreiche Preise bei nationalen und internationalen Wettbewerben, darunter der Internationale Mozart-Wettbewerb
in Salzburg, ebneten ihr schnell den Weg zu einer außergewöhnlichen Karriere, die sie als Lied- und Konzertsängerin auf die
bedeutenden Podien in Europa, den USA und Japans führt. Zu ihren musikalischen Partnern zählen Pianisten wie Daniel Barenboim, Yefim Bronfman, András Schiff und Mitsuko Uchida. Darüber hinaus arbeitet sie mit
Orchestern wie den Berliner Philharmonikern, dem Philadelphia Orchestra,
Concertgebouworkest Amsterdam, Lucerne Festival Orchestra und den Wiener Philharmonikern unter Dirigenten wir Sir Simon Rattle, Mariss Jansons, Claudio Abbado und Sir Charles Mackerras zusammen. Auch auf der
Opernbühne gehört sie mit Partien von Monteverdi bis Richard Strauss zu
den gefragtesten Sängerinnen ihres Fachs. Magdalena Kožená ist ExklusivKünstlerin der Deutschen Grammophon. Seit 2001 entstanden preisgekrönte
Aufnahmen u.a. mit dem Mahler Chamber Orchestra unter Marc Minkowski, Musica Antiqua Köln und Reinhard Goebel, dem Orchestra of the Age of
Enlightenment unter Sir Simon Rattle oder dem Cleveland Orchestra unter
Pierre Boulez. Ihre aktuelle CD »Lettere Amorose« umfasst italienische
Liebeslieder des Barock. 2004 wurde sie vom »Gramophone Magazine« zur
»Künstlerin des Jahres« gekürt; bereits ein Jahr zuvor verlieh ihr die französische Regierung den Titel »Chevalier de l’Ordre des Arts et des Lettres«.
Nach ihrer Mitwirkung im ZDF-Adventskonzert 2009 ist sie nun erneut mit
der Sächsischen Staatskapelle in der Frauenkirche zu erleben.
Konzert in der Frauenkirche I
Robert Schumann
* 8 . J u n i 1 8 1 0 i n Z w i c ka u
† 2 9. J u l i 18 5 6 i n E n de n i c h be i B o n n
»Der Eidgenossen Nachtwache«
für Männerchor a cappella op. 62 Nr. 1
en tsta n den
Besetz u ng
am 9. Dezember 1847 in Dresden;
1998 Fassung mit der von Schumann
geplanten Orchesterbegleitung von
Joachim Draheim, 2010 revidiert
Männerchor; 2 Flöten, 2 Oboen,
2 Klarinetten, 2 Fagotte, 2 Hörner,
2 Trompeten, Pauken, Streicher
u r au fge f ü h r t
am 8. Januar 1848 durch Schumanns
»Liedertafel« in Dresden;
Uraufführung der Orchesterfassung
von Joachim Draheim am 16. Mai 1998
in Karlsruhe
V e r l ag
Ricordi, München
Da u e r
ca. 6 Minuten
»Freiheitslied« für Männerchor a cappella
op. 62 Nr. 2
en tsta n den
Besetz u ng
am 6. Dezember 1847 in Dresden;
2010 Fassung mit Orchesterbegleitung
von Joachim Draheim im Auftrag der
Sächsischen Staatskapelle Dresden
Männerchor; 2 Flöten, 2 Oboen,
2 Klarinetten, 2 Fagotte, 2 Hörner,
2 Trompeten, Pauken, Streicher
u r au fge f ü h r t
am 8. Januar 1848 durch Schumanns
»Liedertafel« in Dresden;
Uraufführung der Orchesterfassung
von Joachim Draheim am 20. November
2010 in Dresden
V e r l ag
Ricordi, München
Da u e r
ca. 3 Minuten
»Verzweifle nicht im Schmerzenstal«,
Motette für doppelten Männerchor und
Orchester op. 93
en tsta n den
Besetz u ng
im Mai 1849 in Kreischa bei Dresden;
Orchesterbegleitung im Mai 1852 in
Düsseldorf
Doppelter Männerchor; 2 Flöten,
2 Oboen, 2 Klarinetten, 2 Fagotte,
2 Hörner, 2 Trompeten, 3 Posaunen,
Pauken, Orgel, Streicher
u r au fge f ü h r t
am 4. Juli 1850 in der Paulinerkirche
in Leipzig (mit Orgelbegleitung); am
8. März 1853 mit Orchesterbegleitung im Leipziger Gewandhaus; beide
Aufführungen mit dem Universitäts­
sängerverein Leipzig
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V e r l ag
Breitkopf & Härtel, Wiesbaden/Leipzig
Da u e r
ca. 18 Minuten
»Adventlied« für Sopran-Solo (Alt-, Tenor- und
Bass-Solo) und (gemischten) Chor mit Begleitung
des Orchesters op. 71
en tsta n den
Besetz u ng
im November/Dezember 1848 in
Dresden
Solistenquartett; gemischter Chor;
2 Flöten, 2 Oboen, 2 Klarinetten,
2 Fagotte, 4 Hörner, 2 Trompeten,
3 Posaunen, Pauken, Streicher
u r au fge f ü h r t
am 10. Dezember 1849 im Leipziger
Gewandhaus
(Dirigent: Julius Rietz)
V e r l ag
Breitkopf & Härtel, Wiesbaden/Leipzig
Da u e r
ca. 17 Minuten
»Neujahrslied« für Bass-Solo (Sopran- und
Alt-Solo) und (gemischten) Chor mit Begleitung
des Orchesters op. 144
en tsta n den
Besetz u ng
im Dezember 1849 und Januar 1850
in Dresden; Orchestrierung zwischen
27. September und 7. Oktober 1850 in
Düsseldorf
Soli: Sopran, Alt, Bass; gemischter
Chor; 2 Flöten, 2 Oboen, 2 Klarinetten,
2 Fagotte, 2 Hörner, 2 Trompeten,
4 Posaunen, Pauken, Streicher
u r au fge f ü h r t
V e r l ag
am 11. Januar 1851 in Düsseldorf
(Dirigent: Robert Schumann)
Breitkopf & Härtel, Wiesbaden/Leipzig
Da u e r
ca. 20 Minuten
Konzert in der Frauenkirche I
Zu den Werken des heutigen
Konzertes
Robert Schumann, Gustav Mahler –
und Friedrich Rückert
Dass Robert Schumann (1810-1856) und Gustav Mahler (1860-1911) im
Jahre 2010 beide wegen runder Geburtstage, dem 200. und dem 150., überall in der Musikwelt mit mehr oder (meist) weniger Geschmack und Geschick gefeiert werden, ist bloßer Zufall. Doch lassen sich einem Vergleich
der beiden großen Komponisten, deren Wertschätzung sich in den letzten
Jahrzehnten sogar z.T. noch erhöht hat, manch aufschlussreiche Einsichten
und Erkenntnisse abgewinnen. Mahler hat Schumann zwar nicht mehr kennenlernen können wie dessen Erben Johannes Brahms, der ihn als Dirigent
sehr schätzte und dessen Einfluss ihm später half, Hofoperndirektor in Wien
zu werden, aber Schumanns Musik offenbar sehr bewundert. Seine Bearbeitungen der vier Symphonien und der »Manfred«-Ouvertüre, die auf ein
brillanteres Klangbild zielen, zeugen allerdings von einem fundamentalen
Missverständnis von dessen Tonsprache, die den Vorbildern Beethoven,
Schubert und Mendelssohn folgt. Der glühende Wagner-Enthusiast Mahler
glaubte, diese Werke dem Klangideal seines Idols anpassen zu müssen, da
Schumann sich seiner Meinung nach orchestral nicht genügend deutlich zu
artikulieren verstand, was natürlich nicht der Fall ist, wie neuere verantwortungsvolle Aufnahmen und Aufführungen seiner Orchesterwerke ohne Retuschen zu Genüge beweisen. In diesem Irrtum waren aber fast alle Musiker
seiner Zeit befangen, z.B. auch sein Kollege Felix von Weingartner, der z.T.
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noch weitergehende unsinnige Eingriffe in Schumanns keineswegs verbesserungswürdige Instrumentation vorschlug, oder Richard Strauss und Felix
Mottl, die Schumanns Orchesterwerke mehr oder weniger ignorierten.
Was Mahler an Schumann aber fasziniert hat, so dass er sich überhaupt für
ihn einsetzte, liegt auf der Hand. Es ist der unbedingte, ja geradezu fanatische Ausdruckswille, der rücksichtslos, aber auch mit kluger Berechnung
Formen sprengt und sich neue schafft, das kühne Experimentieren mit Harmonik und Rhythmik, das von der Klassik wegführt und weit in die Zukunft
weist, schließlich sogar die Vermischung von Stilebenen, die für Mahlers
Komponieren geradezu typisch ist. In der »Rheinischen« Symphonie (EsDur, op. 97) trifft ein volkstümlicher Ländler auf choralartige Gebilde, eine
Choralbearbeitung im Stile Bachs auf das menschheit-umfassende Pathos
Beethovens, komplexe polyphone Passagen auf volksliednahe Melodik und
romantischen Klangzauber. Auch die zahlreichen melodischen, thematischen und motivischen Bezüge, mit denen Schumann seine Werke satz­
übergreifend und sogar werkübergreifend miteinander verklammert,
nehmen vieles von Mahlers Kompositionsweise vorweg.
Darüber hinaus gibt es auch interessante biografische Parallelen. Beide
Komponisten stammen nicht, wie die meisten ihrer Kollegen, aus einer
Musikerfamilie, wohl aber aus einem musikfreundlichen Umfeld, das ihre
Anfänge als Klavier spielende und komponierende Wunderkinder mehr
oder weniger tatkräftig förderte. Während aber Schumanns Frühbegabung
im provinziellen Zwickau nicht so recht entwickelt werden konnte, er sich
weitgehend autodidaktisch bildete und erst mit 21 Jahren etwas Komposi­
tionsunterricht nahm, wurde Mahler nach ersten Erfolgen als Pianist schon
mit 15 Jahren auf das renommierte Wiener Konservatorium geschickt, wo
u.a. der von Brahms hochgeschätzte Robert Fuchs sein Lehrer war und er
1878 ein Abschluss-Diplom erhielt. Schon 1880 begann er seine Laufbahn
als Dirigent, da er vom Komponieren nicht leben konnte, die ihn von Bad
Hall an die Spitze der Wiener Hofoper und der New Yorker Met führen sollte.
Dagegen konnte sich Schumann nach anfänglichen Schwierigkeiten nach
1840 immer mehr als Komponist durchsetzen, war aber nur drei Jahre lang,
von 1850 bis 1853, als Dirigent in Düsseldorf tätig, eine Position, die seinem
Naturell nicht angemessen war und in der er letztlich scheitern musste.
Für beide Komponisten spielte die Literatur eine entscheidende Rolle in
ihrem Leben und Schaffen. Schumann, Sohn eines erfolgreichen Buchhändlers, Verlegers, Schriftstellers und Übersetzers, wuchs mit Büchern auf,
genoss eine ausgezeichnete Gymnasialbildung bis zum Abitur 1828 und
schwankte lange, ob er Musiker oder Schriftsteller werden sollte. Jedenfalls
Konzert in der Frauenkirche I
war er nach eigener Aussage frühzeitig mit allen wichtigen Werken der
Weltliteratur vertraut, die nicht nur seine Vokalwerke, sondern auch seine
Instrumentalmusik entscheidend prägt. Zudem wurde Schumann schon
früh zum geistvollen und fachkundigsten Musikschriftsteller deutscher
Sprache, der sich mit der von ihm gegründeten und zehn Jahre lang geleiteten »Neuen Zeitschrift für Musik«, der ältesten, bis heute erscheinenden
Musikfachzeitschrift der Welt, ein passendes Forum für seinen Kampf für
eine Verbesserung der Musikkultur, »eine neue poetische Zeit«, schuf. Die
Schulbildung Mahlers, der 1878, also ebenfalls im Alter von 17 Jahren, in
Iglau das Abitur ablegte und danach an der Universität Wien einige Vorlesungen (Philosophie, Geschichte, Literatur- und Musikgeschichte) besuchte,
war wohl nicht ganz so exzellent, wurde aber durch eine lebhafte und intensive lebenslange Beschäftigung mit Literatur und Philosophie ergänzt.
In der Wertschätzung des seinerzeit berühmten, inzwischen fast vergessenen Dichters, Übersetzers und bedeutenden Orientalisten Friedrich Rückert (1788-1866) waren sich Schumann und Mahler einig, wofür sie von einer
überheblichen und voreiligen Nachwelt gelegentlich getadelt oder sogar
verspottet wurden. Der einst gefeierte, in zahllosen Ausgaben verbreitete
Dichter wurde seit dem letzten Viertel des 19. Jahrhunderts immer mehr als
epigonaler Sprachartist abgewertet, wenn seine einst viel gelesenen und
unzählige Male vertonten Gedichte nicht einfach als Kitsch abgetan wurden, und dies sogar in der Schumann- und Mahler-Literatur. Davon kann
natürlich nicht die Rede sein – bei ernsthafter Auseinandersetzung mit dem
allerdings sehr umfangreichen Schaffen Rückerts dürfte ein so krasses
Fehlurteil, das auf einer seit langer Zeit grassierenden, vorurteilsbehafteten
Unvertrautheit mit der Literatur des 19. Jahrhunderts oder einfach auf Ignoranz beruht, nicht entstehen. Mögen Rückerts Werke zunächst überschätzt
worden sein, weil sie in ihrer bisweilen glatten und routinierten Bildersprache und ihrem Gefühlsüberschwang dem Zeitgeschmack entgegenkamen,
so werden ihre Eleganz und Virtuosität, ihr origineller Sprachwitz, den der
Orientalist durch seine lebenslange Beschäftigung mit persischer, indischer
und arabischer Literatur geschärft hatte, inzwischen sträflich unterschätzt.
Der 1788 in Schweinfurt geborene Sohn eines Advokaten muss ein Sprachgenie gewesen sein, da er nach seinem Studium in Würzburg, Heidelberg
und Jena (zuerst Jura, dann Literatur) in sehr kurzer Zeit nach Latein,
Griechisch (was eine Selbstverständlichkeit war), Hebräisch und Italienisch
ohne brauchbares Lehrmaterial Arabisch und Persisch nebst verschiedenen
Dialekten erlernte. Schon 1811 habilitierte er sich in Jena und wurde 1827
Professor für orientalische Sprachen in Erlangen. 1841 wurde er im Zuge
seiner kulturellen Reformbestrebungen vom kunstsinnigen, aber politisch
mit Blindheit geschlagenen preußischen König Friedrich Wilhelm IV., der
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F r i e d r i c h R ü c k e r t. Li t h o g r afi e v o n P. R o h r b a c h ,
n a c h e i n e r Z e i c h n u n g v o n S . A ms l e r , 1 8 19
Der fränkische Dichter regte viele Komponisten zu Vertonungen seiner
Texte an, darunter neben Gustav Mahler und Robert Schumann auch
Franz Schubert, Clara Schumann, Johannes Brahms, Carl Loewe
und Richard Strauss. Als die bekanntesten Rückert-Vertonungen gelten
Mahlers »Kindertotenlieder« und die »Fünf Rückert-Lieder«.
Konzert in der Frauenkirche I
auch Mendelssohn dauerhaft, aber vergeblich nach Berlin zu holen versuchte, als Professor an die Berliner Universität berufen, wo er sich aber
nicht wohl fühlte. Bei Ausbruch der Revolution 1848 kehrte der angesehene
Dichter und Wissenschaftler auf das Gut Neuseß bei Coburg, das seinem
Schwiegervater gehörte, zurück, wo er 1866 starb.
Die genannten Qualitäten der Gedichte Rückerts, aber auch ihre Kürze und
Prägnanz, nicht zuletzt die große Auswahl, die sich bot, waren wohl der
Grund, warum fast 2000 Vertonungen seiner Gedichte als Lieder, Duette
und Chöre nachweisbar sind, deren Strom allerdings im frühen 20. Jahrhundert sehr schnell abebbte. Schon Franz Schubert schrieb sieben Lieder nach
Gedichten von Rückert, darunter Meisterwerke wie »Daß sie hier gewesen«
(op. 59 Nr. 2 / D 775, 1823) und »Du bist die Ruh« (op. 59 Nr. 3 / D 776,
1823). Alle weiteren bedeutenden Liederkomponisten des 19. und frühen 20.
Jahrhunderts (Loewe, Mendelssohn, Robert Franz, Brahms, Adolf Jensen,
Hugo Wolf, Richard Strauss und Max Reger) und zahlreiche weitere haben
Rückert-Gedichte, meist für eine Singstimme und Klavier, vertont.
Während ihre Anzahl bei den genannten Komponisten meist überschaubar
blieb, war Rückert für Schumann der am häufigsten vertonte Dichter überhaupt, was bisher meist übersehen oder ignoriert wurde, weil man Rückert
nicht schätzte und sich zu einseitig auf Heine, Eichendorff und Goethe,
deren große Bedeutung für Schumann unbestritten ist, konzentrierte. Den
42 Heine-Vertonungen, überwiegend kurzen Liedern mit Klavier, stehen
von Rückert 20 Lieder, neun Duette, Terzette und Quartette mit Klavierbegleitung, vier gemischte Chöre, ein Frauenchor und zehn Werke für
Männerstimmen bzw. Männerchor gegenüber, dazu drei großangelegte
Chorwerke mit Orchester, das »Adventlied« für Solostimmen, gemischten
Chor und Orchester op. 71, die Motette »Verzweifle nicht im Schmerzenstal«
für doppelten Männerchor und Orchester op. 93 und das »Neujahrslied« für
Solostimmen, gemischten Chor und Orchester op. 144 – alle drei sind am
heutigen Abend zu hören.
Schumann lernte Rückerts Gedichte wohl erst 1837 kennen; in diesem
Jahr schenkte er seiner Braut Clara Wieck die 1836 in Erlangen erschienene zweite Auflage der »Gesammelten Gedichte« und schrieb später auf
den Vorsatz: »Clara Schumann hat dieses Buch geschenkt bekommen im
J.[ahre] 1837 von ihrem damaligen Liebsten Robert.« An dem reichen Liedersegen des »Liederjahres« 1840 ist Rückert maßgeblich beteiligt, über
den Schumann in diesem Jahr anlässlich seiner Rezension von »drei guten
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Liederheften« bemerkte: »Die Texte sind zur einen Hälfte von Rückert, dem
geliebten Dichter, der, großer Musiker in Worten und Gedanken, dem wirklichen leider oft gar nichts hinzuzutun übriglässt.« Es ist auch kein Zufall,
dass das erste Lied der »Myrthen« op. 25, dem Brautgeschenk für Clara
zur Hochzeit am 12. September 1840, die berühmte »Widmung« ist, die in
Rückerts »Liebesfrühling« im »Ersten Strauß« an dritter Stelle steht. Das
letzte Gedicht im »Ersten Strauß«, das bei Rückert wie alle Gedichte dieser
Sammlung ohne Überschrift ist, wurde von Schumann mit dem Titel »Zum
Schluss« und mit deutlichen thematischen Beziehungen zur »Widmung«
als 26. Lied an das Ende dieses durchdacht disponierten »Liederkreises«
gesetzt. Die 1821 begonnene, durchaus autobiografisch motivierte Gedichtsammlung »Liebesfrühling« bezieht sich auf seine Braut und spätere Frau
Luise, die Tochter seines Hauswirts, wurde mehrmals erweitert und bildete
nicht nur für Schumann, sondern auch für viele andere Komponisten die
wichtigste Quelle für gut vertonbare Gedichte. Noch Mahler entnahm dieser
immer wieder auch einzeln aufgelegten Sammlung zwei Gedichte, »Liebst
du um Schönheit« und »Ich bin der Welt abhanden gekommen«.
Im Vergleich zu Schumann erscheint die Anzahl der Rückert-Vertonungen
von Gustav Mahler – es handelt sich um zehn Lieder mit Orchester- oder
Klavierbegleitung – auf den ersten Blick gering – aber ihr Stellenwert im
Schaffen des Komponisten ist sehr hoch, da es die letzten Lieder sind, die er
geschrieben hat, wenn man einmal von dem gänzlich anders konzipierten
»Lied von der Erde«, das aus sechs Einzelliedern von z.T. sehr großer Länge
besteht, absieht. Die fünf »Kindertotenlieder«, ausgewählt aus einer Sammlung von 114 längeren und kürzeren Gedichten aus den Jahren 1833/34, in
denen Rückert den frühen Verlust zweier eigener Kinder (Ernst, geb. 1829,
und Luise, geb. 1830) in erschütternder Weise zu verarbeiten sucht und die
nur zu einem sehr kleinen Teil zu Lebzeiten des Dichters im Druck erschienen, entstanden zwischen 1901 und 1904 und erschienen 1905 im Druck.
Fünf weitere Lieder nach Texten von Rückert, diesmal ohne zyklische Bindung, wurden im Sommer 1901 (»Ich atmet’ einen linden Duft«, »Blicke
mir nicht in die Lieder«, »Um Mitternacht« und »Ich bin der Welt abhanden
gekommen«) bzw. 1902 oder 1903 (»Liebst du um Schönheit«) komponiert
und erschienen ebenfalls 1905. Was Mahler dazu bewogen hat, sich am
Ende seines Liedschaffens ganz auf Rückert zu konzentrieren, hat er selbst
mit hinreichender Deutlichkeit ausgesprochen: »Nach ›Des Knaben Wunderhorn‹ kann ich nur mehr Rückert machen – das ist Lyrik aus erster Hand,
alles andere ist Lyrik aus zweiter Hand.« Davon wird noch zu reden sein.
In unserem Programm werden die zuletzt genannten fünf Rückert-Lieder
von Gustav Mahler vom Beginn des 20. Jahrhunderts den großangelegten
Konzert in der Frauenkirche I
Rückert-Vertonungen für Solostimmen, Chor und Orchester von Robert
Schumann aus der Mitte des 19. Jahrhunderts gegenübergestellt. Die Werke
von Schumann aus den Jahren 1847 bis 1850 haben alle einen direkten oder
indirekten Bezug zur Revolution in Deutschland und Europa 1848/49 und
ihrem tragischen Scheitern – sie bilden z.T. sozusagen den Kommentar eines
kritischen und hellwachen Künstlers zu politischen Ereignissen, die auch
sein Leben und Schaffen stark beeinflussten. Zugleich gehören sie zu den
unbekanntesten, z.T. noch nicht einmal auf Schallplatte oder CD greifbaren
und am wenigsten geschätzten Werken Schumanns. Dies ist angesichts
ihrer herausragenden musikalischen Qualität ein Armutszeugnis für das
Musikleben der letzten 150 Jahre!
Robert Schumann und die
Revolution in Dresden
Nachdem Schumann Mitte 1844 einen vollständigen physischen und psychischen Zusammenbruch erlitten hatte, erhoffte er sich durch die Übersiedlung der Familie Ende des Jahres aus dem umtriebigen Leipzig in das
ruhigere Dresden Erholung und Genesung, die aber erst nach mehr als
einem Jahr Fortschritte machte. In Dresden verkehrten die Schumanns – außer mit dem ehrgeizigen Hofkapellmeister Richard Wagner und dem Freund
Ferdinand Hiller, der Symphoniekonzerte veranstaltete, sowie mit einigen
Musikern der damaligen Hofkapelle – hauptsächlich mit Schriftstellern
und Malern der Akademie. Als sich Hiller, der auch einen Männerchor, die
»Liedertafel« leitete, Ende Oktober 1847 entschloss, als Städtischer Musikdirektor nach Düsseldorf zu gehen, schlug er Schumann als seinen Nachfolger bei der »Liedertafel« vor. Der inzwischen wieder genesene Komponist
akzeptierte freudig und wurde so »Liedermeister«; er beeilte sich sogar, bei
der ersten »Liedertafel« am 20. November 1847 unter seiner Leitung mit eigenen Kompositionen aufwarten zu können, und zwar mit einigen der später
als op. 65 veröffentlichten »Ritornelle von Friedrich Rückert in canonischen
Weisen für mehrstimmigen Männergesang«. Diese hochartifiziellen Stücke,
eine neue Form virtuoser vokaler Kammermusik, dürften allerdings die
Leistungsfähigkeit eines Laienchores doch erheblich überfordert haben.
Mehr Anklang bei seiner »Liedertafel« wird Schumann mit drei am 6. und
9. Dezember 1847 komponierten Chören, »Schlachtgesang« (Klopstock),
»Freiheitslied« (Rückert) und »Der Eidgenossen Nachtwache« (Eichendorff), gefunden haben. Sie sind etwas einfacher strukturiert, wenn auch im-
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R o b e r t S c h u ma n n . S t i c h v o n A u g u s t e H ü ss e n e r ( 1 8 4 7 )
Konzert in der Frauenkirche I
Di e g r o S S e Ba r r ika d e am Ei n g a n g z u r Wi l s d r u ff e r Gass e b e im
D r e s d n e r M aia u fs t a n d 1 8 4 9. S t e i n z e i c h n u n g v o n C . W. A r l d t
mer noch sehr anspruchsvoll, vor allem, was den Stimmumfang betrifft; zudem war der politische Charakter der Texte am Vorabend der Revolution nicht
zu überhören. Dies kommt besonders deutlich in einem Brief Schumanns an
seinen Verleger Friedrich Kistner in Leipzig zum Ausdruck: »Sie empfangen
beiliegend den Titel einer neuen Composition von mir … Wem hätten nicht
die Siege der alten freien Schweiz das Herz gerührt! In den Eichendorffschen
Gedichten fand ich nun eines [›Der Tyroler Nachtwache‹, 1810], wie es auf
die augenblicklichen Zustände [gemeint ist der ›Sonderbundskrieg‹] nicht
schöner passen konnte. Soll so ein Stück einschlagen, so muß es rechtzeitig
in der Welt erscheinen. Also Eile, höchste Eile der Herausgabe wäre nothwendig. Antworten Sie mir umgehend, so erhalten Sie das ganze Manuscript bis
Montag, und das ganze Heft ließe sich noch als gutes Weihnachtsgeschenk
dem Fürst Metternich bescheren … Die Texte der anderen Gesänge sind nicht
minder schön, wie denn das ganze Heft der Componist im Feuer geschrieben.
Es sollte mich freuen, fänden es andere auch.« Schumann war übrigens bei
einer persönlichen Begegnung mit dem Fürsten Metternich im August 1842
von diesem als Persönlichkeit fasziniert, was ihn aber nicht hinderte, ihn jetzt
als den Exponenten der Reaktion zu attackieren.
Am 1. Januar 1848 meldete Schumann seinem Freund Hiller: »Von mir erscheinen auch 3 Patriotica nächstens; sieh Dir sie doch an.« und am 8. Januar, bei der sechsten Liedertafel, vermerkte er im Haushaltbuch: »Abends
Liedertafel u. meine patriotischen Lieder – Freude –.« Die drei Chorlieder
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erschienen bereits im Februar 1848, allerdings bei Whistling in Leipzig, als
op. 62. Sogar die Musikkritik war damals hellhörig für politische Untertöne;
der Rezensent der »Neuen Berliner Musikzeitung« schrieb im Juni 1848
über die »Vier Gesänge« op. 59 für gemischten Chor und die »Drei Gesänge«
op. 62 für Männerchor: »Zu den angeführten Titeln ebengenannter Gesänge
genüge anzugeben, dass diese mit derjenigen Tüchtigkeit in Musik gesetzt
sind, welche bei Schumann allgemein anerkannt ist. Zudem greift das
zweitgenannte Heft mit seinem Inhalte besonders in die Zeitverhältnisse
und dürfte schon deshalb Verbreitung finden. Das Element der Kraft bei
überwiegend herrschender Homophonie ist im Ganzen vorwaltend. Eine
geistreiche Anlage der Harmonie durchzieht bis zu den etwas wählerischen
Schlüssen, mitunter auch in nächtlich dunkler Färbung des Grundtons,
sämmtliche Gesänge, von denen uns einige für die eben angedeutete Kunstgestaltung der Homophonie fast zu ausgedehnt erscheinen.«
Schumann spielte wahrscheinlich schon am 9. Dezember 1847, bei Abschluss der Arbeit, mit dem Gedanken, die Chöre mit einer Orchesterbegleitung zu versehen, um die Aufführung zu erleichtern und ihnen nachhaltigere Wirkung zu verschaffen. »… d. Eidgenossen Nachtwache und Idee«
heißt es an diesem Tag im Haushaltbuch. Jedenfalls schrieb Clara Schumann am 29. März 1848 an den Verleger Hermann Härtel in Leipzig, der
auch für die Programme der Gewandhauskonzerte zuständig war: »… Meine
Bitte an Sie ist nun mit Gade zu sprechen, ob es sich vielleicht machte, daß
in dem Concert zwei Männerchöre von meinem Mann (es sind dies zwei
von den vor kurzem bei Whistling erschienenen 3 patriotischen Liedern)
gesungen würden? Er würde in dem Falle Orchesterbegleitung dazu setzen.
Die Lieder würden heißen: ›Der Eidgenossen Nachtwache‹ von Rückert und
›Schlachtgesang‹ von Klopstock – die Texte müssten freilich auf den Zeddel
gedruckt werden! – Ich würde Sie nun bitten, uns bis Freitag d. 31. Antwort
deshalb zu geben, da Robert die Orchesterbegleitung noch nicht gemacht
hat, und ihm nicht viel Zeit bleibt.« Da der Vorschlag nicht akzeptiert wurde,
blieb die Orchesterbegleitung unausgeführt.
»Der Eidgenossen Nachtwache« habe ich bereits vor zwölf Jahren für ein
Chorkonzert des Badischen Sängerbunds in Karlsruhe am 16. Mai 1998
unter dem Titel »Politische Musik – vor, während und nach der Revolution«
im Rahmen der 14. Europäischen Kulturtage in Karlsruhe, die der Revolution von 1848 gewidmet waren, mit einer Orchesterbegleitung versehen.
Diese Bearbeitung wurde für das heutige Konzert grundlegend neu gefasst.
Statt des von Schumann vorgesehenen »Schlachtgesanges« von Klopstock,
der musikalisch hinreißend, vom Text her aber ungenießbar ist (»Vergebens
fließet unser Blut für’s Vaterland«, »Auf! in den Flammentod hinein!«), habe
Konzert in der Frauenkirche I
ich Rückerts »Freiheitslied«, das aus der Zeit der Befreiungskriege 1813/15
stammt und textlich nicht weniger deutlich, aber sprachlich wesentlich gelungener ist, mit einer stilistisch passenden Orchesterbegleitung versehen.
Auch dabei konnte ich mich an Schumanns eigener Orchesterbegleitung zur
ursprünglich a cappella konzipierten doppelchörigen Motette »Verzweifle
nicht im Schmerzenstal« op. 93, die nur dreieinhalb Jahre später entstand,
orientieren, wohl wissend, dass die Chöre op. 62 in ihrer wesentlich einfacheren und plakativeren Faktur auch eine schlichtere Begleitung verlangen, die natürlich immer hypothetisch bleiben muss, den Stücken aber doch
größere Wirkung im Sinne des Komponisten verleihen könnte. Diese Bearbeitung wird im heutigen Konzert erstmals zur Diskussion gestellt, beide
Chöre sind bei Ricordi/München erschienen.
Am 16. April 1838 schrieb Schumann an seine Braut Clara Wieck: »… es afficirt mich Alles, was in der Welt vorgeht, Politik, Literatur, Menschen – über
Alles denke ich nach meiner Weise nach, was sich dann durch die Musik Luft
machen, einen Ausweg suchen will. Deshalb sind auch viele meiner Compositionen so schwer zu verstehen, weil sie sich an entfernte Interessen anknüpfen, oft auch bedeutend, weil mich alles Merkwürdige der Zeit ergreift
und ich es dann musikalisch wieder aussprechen muß.« Über die beiden Revolutionsjahre 1848/49 notierte Schumann in seinem »Lektürebüchlein«, er
habe »mehr Zeitungen gelesen als Bücher«. Man sollte sich also endlich von
jenem unseligen, immer wieder nachgeplapperten Fehlurteil und Klischee
verabschieden, Schumann sei ein lebensuntüchtiger, weltfremder, in seine
Musik eingesponnener Träumer gewesen. Auch sein z.T. sehr erfolgreiches
Wirken als Chorleiter in Dresden, seine erst am Ende gescheiterte Tätigkeit
als Musikdirektor in Düsseldorf, seine intensiven musikliterarischen und
musikpädagogischen Publikationen, die Förderung junger Komponisten und
die Hinwendung zu großangelegten Werken für Chor und Orchester, also für
den Konzertsaal, seit dem Erfolg von »Das Paradies und die Peri« 1843 sprechen dafür, dass Schumann in der Öffentlichkeit wirken wollte. Als er 1854
erkrankte, galt er vielen als der bedeutendste Instrumentalkomponist der
Gegenwart, als legitimer Nachfolger Beethovens.
Die Pariser Februar-Revolution 1848 gab den Anlass zu Unruhen in ganz
Deutschland, die der republikanisch gesinnte Schumann in seinem Haushaltbuch aufmerksam verfolgte. Wir lesen da u.a.: »– die Pariser Nachrichten« (8.3.), »– große politische Aufregung noch immer« (14.3.), »Cravall in
der Stadt« (15.3.), »Nachrichten aus Wien u. Berlin – große Zeiten« (16.3.),
»Völkerfrühling« (18.3.), »Abends die großen Nachrichten aus Berlin« (19.3.),
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»politische Aufregung – Abends Illumination – auch Chorverein« (22.3.),
»Nachrichten aus Schleswig und Mailand« (27.3.). Schließlich setzte sich
Schumann auch kompositorisch mit der Revolution auseinander. Am 1. April
schrieb er ein »Freiheitslied« nach einem Text des heute unbekannten Berliner Journalisten Josef Fürst, am Nachmittag des 4. April »Schwarz-RotGold« von Ferdinand Freiligrath, einem der bekanntesten politischen Dichter
des Vormärz, und am 11. April »Zu den Waffen« aus der Feder des engagierten Berliner Schriftstellers und Journalisten Titus Ullrich, jeweils für vierstimmigen Männerchor mit großer Blasorchesterbegleitung ad lib. Mögen
die Texte aller drei Gesänge auch von eher zweifelhaftem literarischen Wert
gewesen sein, so hatte Schumann diesmal sogar die Genugtuung, dass das
»Freiheitslied« am 10. Mai bei einem großen Benefizkonzert zugunsten der
Notleidenden im Erzgebirge in Dresden mit der Bläserbegleitung aufgeführt
wurde und (ohne die Begleitung) im »Album zum Besten des Frauenvereins
zur Erwerbung eines vaterländischen Kriegsfahrzeuges« gedruckt wurde.
Aber auch in anderen Werken dieses ereignisreichen Jahres hat die Revolution mehr oder weniger deutliche Spuren hinterlassen. Zu ihnen gehört
das »Adventlied« op. 71 für Solostimmen, gemischten Chor und Orchester
nach einem Text von Friedrich Rückert, das, passend zur Jahreszeit, Ende
November komponiert und zwischen dem 3. und 20. Dezember 1848 in
Dresden instrumentiert wurde. Es wurde seit dem 21. Februar 1849 in Schumanns »Chorverein« geprobt, was auf eine geplante Aufführung in Dresden
hindeutet. Diese kam aber erst am 10. Dezember 1849 im Leipziger Gewand­
haus in einem Wohltätigkeitskonzert unter der Leitung von Schumanns
Freund Julius Rietz zustande. Es erklang auch unter der Direktion des Komponisten in Schumanns erstem Düsseldorfer Konzert am 24. Oktober 1850
unter dem etwas irreführenden Titel »Motette«; für dieses Konzert wurden
die drei Posaunen (ab Nr. 2) hinzugesetzt. Obwohl es sich um eine Kantate
handelt, wollte Schumann dieses »ziemlich verbrauchte Wort« nicht verwenden; »Adventlied« wollte er es nicht nennen, da ihn »dies an eine bestimmte
Jahreszeit erinnert und die Aufführung des Stückes dadurch gewissermaßen an eine Zeit gebannt wäre«. Er schlug dem Verleger Breitkopf & Härtel
im Mai 1849 deswegen »Geistliches Gedicht« als Titel vor, was dieser aber
ablehnte. Die Ausgabe (nur Klavierauszug und Singstimmen – die Partitur
kam erst 1866 heraus) erschien im Oktober 1849 als »Adventlied von Friedrich Rückert für Sopran-Solo und Chor mit Begleitung des Orchesters« als
op. 71. Der Solo-Sopran spielt tatsächlich eine herausragende Rolle; jedoch
wird das ganze Soloquartett (Sopran, Alt, Tenor, Bass) eingesetzt, wie es
sich für ein solches »Kirchenstück«, wie es sowohl von Robert wie von Clara
Schumann genannt wurde, gehört.
Konzert in der Frauenkirche I
So interessant wie das Ringen um einen passenden Titel sind auch zwei
briefliche Äußerungen Schumanns, die das Spannungsverhältnis von
»geistlich« und »weltlich«, das den besonderen Reiz dieses Werkes ausmacht, beleuchten. An Eduard Krüger schrieb Schumann am 29. November 1849: »Auch der Kirche hab’ ich mich zugewandt, nicht ohne Zagen.
Sehen Sie sich einmal das Rückertsche Adventlied an, obwohl es vornherein mit Rücksicht auf einen schwächeren (Schwächeres leistenden) Chor
geschrieben ist.« Anfang August 1849 heißt es in einem Brief an Breitkopf
& Härtel: »Noch fällt mir etwas ein: Das Adventlied hat einen gewissen
Zeitbezug – und da möchte ich wohl, daß die Jahreszahl (1849) auf dem
Titelblatt irgendwo angebracht würde.« Dies wurde allerdings, ganz im
Gegensatz zu den Märschen op. 76, die Schumann im Juni 1849 nach
Niederschlagung des Dresdner Aufstandes und seiner Rückkehr nach
Dresden komponierte und die er als »keine alten Dessauer – sondern eher
republikanische« bezeichnet hatte und bei denen die Jahreszahl groß auf
dem Titelblatt des Erstdrucks prangte, nicht realisiert, vielleicht sogar aus
Angst vor der Zensur – die Revolution war ja Ende 1849 bereits endgültig
gescheitert.
Die sechs Strophen von Rückerts Gedicht hat Schumann auf sieben Sätze verteilt, die nahtlos miteinander verschränkt sind und den Text ohne
jede Kürzung, aber in sehr unterschiedlicher akzentuierender Verteilung
geschmeidig vertonen. Dabei bringt der ständige Wechsel der Besetzung
(Solo-Sopran mit Frauenchor, Soloquartett, gemischter Chor, Männerchor) klanglich Abwechslung, die auch durch die Disposition der Tonarten
(G-Dur/E-Dur/G-Dur/B-Dur/D-Dur/h-Moll/D-Dur/G-Dur) und Taktarten
gewährleistet ist. Der Einsatz kirchenmusikalischer Techniken (Choräle,
Fugati, Responsion zwischen Solo-Sopran und Frauenchor, zwischen
Soloquartett und Chor, die gegen Ende bezeichnenderweise immer mehr
zurückgenommen wird) betont den »geistlichen« Charakter des Werks
geradezu demonstrativ. Der erste Satz im 6/4-Takt (Frauenchor mit Solo)
verweist auf die Gattung der weihnachtlichen Pastorale. »Aufschlußreich
ist die musikalische Fassung des 4. Stücks als Zentrum der Komposition:
ganz im Stile des protestantischen Chorals gestaltet Schumann einen Kantionalsatz mit Fermaten am Zeilenende. Als ungewöhnlich ist lediglich die
Harmonik zu bezeichnen, die drei Zeilen enden auf D-Dur, Fis-Dur und
H-Dur, insbesondere die letzte Modulation über h-moll ist recht schroff
und paßt zum Text ›verstört‹.« (Helmut Loos). Zu bewundern ist die durchsichtige und farbige Instrumentation; laut einer Notiz in der Partitur sind
die Posaunen »zugesetzt und nur bei grösseren Kirchenaufführungen zu
verwenden«.
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Robe rt u n d Cl a r a Sch u ma n n. R e l i e f von E r nst Ri e tsch e l ( Dr esde n, 18 4 6)
Auf dem Weg zu seiner Russland-Tournee traf das Ehepaar Schumann am
27. Januar 1844 in Berlin mit Friedrich Rückert zusammen. Clara Schumann
notierte über den Dichter: »herrlicher Kopf, wie der eines Gesetzgebers …
Es freut mich sehr, daß Robert gerade diesen Mann kennengelernt, den er
immer so sehr als Dichter geliebt.«
Für die Zeitgenossen enthielt diese poetische Adventskantate, die kaum rezipiert und von der Sekundärliteratur in sträflicher Weise mit Missachtung
und Unverständnis behandelt wurde, unüberhörbare Anspielungen auf das
Zeitgeschehen, insbesondere das angespannte Verhältnis der Regierenden
zum aufbegehrenden Volk. Auf einige Sätze sei hier verwiesen: »Dein
König kommt in niedern Hüllen …« (Nr. 1), »O mächt’ger Herrscher ohne
Heere, gewalt’ger Kämpfer ohne Speere« (Nr. 2), »O Herr von großer Huld
und Treue, o komme du auch jetzt auf’s Neue zu uns, die wir sind schwer
verstört!« (Nr. 4), »daß wir, die Völker und die Thronen, vereint als Brüder
immer wohnen in deines großen Vaters Haus!« (Nr. 7).
Konzert in der Frauenkirche I
Am 10. April 1849 schrieb Schumann an seinen Freund Ferdinand Hiller:
»Sehr fleißig war ich in dieser ganzen Zeit – mein fruchtbarstes Jahr war
es – als ob die äußern Stürme den Menschen mehr in sein Inneres trieben,
so fand ich nur darin ein Gegengewicht gegen das von außen so furchtbar
Hereinbrechende.« Nur wenig später kam es in Baden und Sachsen zu Versuchen, eine Republik zu errichten, zur Flucht der Herrschenden und zu
heftigen Auseinandersetzungen mit den aus Preußen ausgerückten Truppen. Als Anfang Mai 1849 die Revolution in Dresden zu blutigen Barrikadenkämpfen und Straßenschlachten eskalierte und man Schumann zu einer
»Sicherheitswache« einziehen wollte, floh die Familie auf abenteuerlichen
Schleichwegen am 5. Mai aus der Stadt, zunächst auf das Gut Maxen zu dem
befreundeten Ehepaar Serre, die gleichfalls republikanisch gesinnt waren,
dann in das nahegelegene Dorf Kreischa. Die hochschwangere Clara kehrte
am 7. Mai unter Lebensgefahr in die Stadt zurück, um die noch verbliebenen
Kinder Elise, Julie und Ludwig zu holen. Bis in den Juni hinein blieb die
Familie in Kreischa, wo man auch am 8. Juni Schumanns 39. Geburtstag
feierte. Das unmittelbare Erlebnis der blutigen Revolution, die von preußischem Militär mit äußerster Brutalität niedergeschlagen wurde (»überall
unheimlich«, »Schrecken auf Schrecken«, »Bilder einer schauerlichen Revolution« heißt es dazu u.a. im Haushaltbuch), hielt Schumann jedoch nicht
im geringsten vom Komponieren ab, worüber sich Clara Schumann schon
damals sehr wunderte. Als ihr Mann in Seelenruhe an seinem »Liederalbum
für die Jugend« op. 79 arbeitete, schrieb sie in ihr Tagebuch: »Merkwürdig
erscheint mir, wie die Schrecknisse von außen seine inneren Gefühle in so
ganz entgegengesetzter Weise erweckt. Über den ganzen Liedern schwebt
ein Hauch der höchsten Friedlichkeit, mir kommt alles darin wie Frühling
vor, lachend wie die Blüten.«
Es wäre allerdings zu kurz gegriffen, wenn man die ebenfalls Ende Mai
1849 in Kreischa entstandene Motette »Verzweifle nicht im Schmerzens­
tal« (zunächst für doppelten Männerchor mit zwei Soloquartetten a cappella konzipiert – eine Orchesterbegleitung war aber wohl von Anfang an
geplant) nur als eine Reaktion auf das gerade erlebte »Schmerzenstal« der
Welt sehen wollte. Den Text hatte Schumann schon vor einiger Zeit in den
von Rückert kongenial übersetzten »Makamen« des klassischen arabischen
Dichters Hariri (1054-1122), die ihn bereits 1848 zu den vierhändigen »Bilder aus Osten« op. 66 inspiriert hatten, gefunden. Am Ende der 16. Makame
versucht der Held Abu Seid von Serug, den man nach Schumanns Aussage
»unserem deutschen Eulenspiegel vergleichen könnte, nur daß jener bei
weitem poetischer, edler gehalten ist«, seine Freunde, die ihn für todkrank
gehalten hatten, mit einer Rede davon zu überzeugen, dass es sich lohnt,
auch in und nach schwerer Bedrängnis zu leben und im Vertrauen auf Gott
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dem Schicksal zu trotzen. In Rückerts hochvirtuoser Übersetzung dieses
komplexen Textes finden sich viele Anklänge an die Sprache der Bibel, so
dass dieser nicht-christliche Text tatsächlich von Schumann (und seiner
Frau Clara) mehrfach als »religiöser Gesang« bezeichnet werden konnte.
Matthias Wendt, der dieses Werk im Rahmen der Neuen Schumann-Gesamtausgabe im Jahre 2000 erstmals kritisch ediert hat, weist zu Recht darauf
hin, dass der Anlass für die Komposition im Dunkeln liegt. Seine Dresdner
»Liedertafel« hatte Schumann 1849 längst aufgegeben, das hochkomplizierte Werk wäre für einen Laienchor ohnehin nicht zu bewältigen gewesen,
bei seinem gemischten Chorverein fehlte es an Männerstimmen, ein Kompositionsauftrag lag nicht vor. Vielleicht darf man annehmen, dass gerade
diese utopische Situation ihn, der gerne experimentierte und Neues ausprobierte, reizte, dass er von Rückerts »schönem Gedicht« (Brief an Eduard
Bendemann vom 28. Mai 1849) einfach fasziniert war und sich einmal den
Luxus gönnte, für die Schublade zu schreiben, und dies in einer Gattung,
die höchste kompositorische Kompetenz verlangte, die er inzwischen gerade
durch das Studium Bachs und anderer alter Meister, die Motetten schrieben,
erlangt hatte.
Unerwarteterweise bot sich dann aber doch eine Möglichkeit für eine Aufführung. Der Universitätssängerverein zu St. Pauli in Leipzig, offenbar ein
sehr leistungsstarker Männerchor, wollte das Werk zu seinem 25-jährigen
Stiftungsfest aufführen, und zwar in einer Zeit, in der Schumann zur Vorbereitung der Premiere seiner einzigen Oper »Genoveva« ohnehin in Leipzig war. Da die geplante Orchesterbegleitung in so kurzer Zeit nicht fertig
werden konnte, schrieb Schumann eine Orgelbegleitung. In dieser Fassung
wurde das Werk am 4. Juli 1850 in der Paulinerkirche unter der Leitung des
Komponisten uraufgeführt, der die Darbietung »ganz passabel« fand, zumal
der Dirigent des Chores, Hermann Langer, sich bei der Einstudierung offenbar sehr engagiert hatte. Nach dem Konzert wurden Schumann und sein
Freund Niels Wilhelm Gade zu Ehrenmitgliedern des Universitätssänger­
vereins ernannt. In der Version mit Orgel wurde das Werk auch 1851 als
op. 93 bei Whistling in Leipzig gedruckt.
Erst zwischen dem 10. und 15. Mai 1852 fand Schumann die Zeit, die lange geplante Orchesterbegleitung zu schreiben, bezeichnenderweise zu
einer Zeit, als er sich bei der Komposition seiner Messe op. 147 und seines Requiems op. 148 bereits intensiv mit geistlicher Musik beschäftigte.
Schumann hoffte, dass sie in dieser Gestalt »ungleich größer wirken und
sich umso schneller verbreiten würde«, wie er am 25. Mai 1852 an Whistling schrieb. Darin allerdings täuschte er sich; doch immerhin übernahm
der Universitätssängerverein unter seinem rührigen Dirigenten Hermann
Konzert in der Frauenkirche I
Langer die Uraufführung auch dieser Fassung, die am 8. März 1853 im
Leipziger Gewandhaus stattfand, ohne die Anwesenheit Schumanns und
mit sehr wenig Resonanz. Das Werk erklang mit denselben Interpreten noch
einmal am 28. Januar 1861 im Leipziger Gewandhaus und verschwand danach praktisch aus der Musikgeschichte, zumal die Partitur mit Orchester
erst 1887 im Rahmen der alten Schumann-Gesamtausgabe bei Breitkopf &
Härtel erschien. Die törichten oder nichtssagenden Urteile bzw. Fehlurteile
über dieses Werk vor allem in der älteren Schumann-Literatur sind ein eigenes trauriges Kapitel. Die heutige Aufführung wird hoffentlich beweisen,
dass die Motette op. 93 neben dem »Gesang der Geister über den Wassern«
von Franz Schubert, Mendelssohns Bühnenmusiken zu »Antigone« und
»Ödipus auf Kolonos« von Sophokles, dem »Liebesmahl der Apostel« von
Wagner und der »Alt-Rhapsodie« von Brahms zu den wenigen Meisterwerken der Männerchorliteratur zählt.
Das nicht strophisch gegliederte, sich assoziativ entwickelnde gedankenreiche Gedicht von Hariri/Rückert wurde von Schumann in fünf z.T. annähernd gleich lange Abschnitte gegliedert, die nahtlos oder mit ganz leichten
Zäsuren ineinander übergehen. Ein Tonartenplan (B-Dur/g-Moll/G-Dur/
B-Dur/Ges-Dur/B-Dur), Tempo- und Taktwechsel sowie ein ausgewogenes
Verhältnis von polyphonen und homophonen Teilen sorgen für eine klare
und sinnvolle Form. Die Doppelchörigkeit, ein Prinzip älterer Musik, mit der
sich Schumann viel beschäftigt hatte, ist weder streng noch schematisch
durchgeführt und bietet eine reiche klangliche Abwechslung, was durch
den gezielten Einsatz der beiden Soloquartette an den passenden Textstellen
(z.B. Nr. 2) noch verstärkt wird. Auch die Behandlung des Textes ist sehr
ungewöhnlich: die Textmenge und die Dauer der Stücke stehen oft in einem
umgekehrt proportionalen Verhältnis, wodurch einige zentrale Aussagen
hervorgehoben werden: »Verzweifle nicht im Schmerzenstal!«, »Harr’ aus
im Leid … und hoffe Gut’s vom Hauch des Herrn, der Gnaden spendet ohne
Zahl und Freuden ohne Zahl lässt blühn.« Die Orchesterbegleitung stützt
die beiden Chöre und die beiden Soloquartette selektiv und colla parte,
aber nicht genau Ton für Ton, sondern setzt Akzente, spart aus, stützt, wo
es nötig ist, färbt ein und wird sogar unabhängig und lautmalerisch (bei
»Oft braust ein Sturm«). Das hartnäckige Vorurteil über Schumanns angebliche Unfähigkeit zum sinnvollen Orchestrieren wird gerade durch diese
Orchester­begleitung einmal mehr ad absurdum geführt.
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Das »Adventlied« op. 71 und die Motette »Verzweifle nicht im Schmerzens­
tal« op. 93 mögen zu den zu Unrecht vergessenen Werken Schumanns gehören, das »Neujahrslied« op. 144 muss als so gut wie verschollen gelten.
Schumann skizzierte es, wieder passend zur Jahreszeit, zwischen dem
27. Dezember 1849 und dem 3. Januar 1850 in Dresden, ganz offenbar als
Seitenstück zum »Adventlied« op. 71. Der Plan, auch ein »Weihnachtslied«
für Soli, gemischten Chor und Orchester nach einem Text von Rückert zu
komponieren, wurde im September 1850 kurz ins Auge gefasst, dann aber
wieder aufgegeben, sonst wäre eine geistliche Trilogie nach Texten von
Rückert entstanden. Erst zwischen dem 27. September und dem 7. Oktober
1850, kurz nach seiner Übersiedlung nach Düsseldorf, kam Schumann dazu,
das Werk zu instrumentieren, offenbar beflügelt durch die Möglichkeit einer
Aufführung mit seinem Chor und Orchester. Diese fand passenderweise
in seinem vierten Düsseldorfer Konzert am 11. Januar 1851 zu Beginn des
Programms statt und war »wegen ungenügender Proben nicht so gut, wie
Robert es wünschte. Robert infolge dessen sehr verstimmt.«, wie Clara
Schumann im Tagebuch vermerkte. Ein Versuch, das Werk dem Verleger
Arnold in Elberfeld zu verkaufen, scheiterte im November 1850; dieser übernahm es aber wenigstens, die Singstimmen ausschreiben zu lassen. Es erschien erst Ende 1861 als »No. 9 der nachgelassenen Werke« und op. 144 bei
Rieter-Biedermann in Winterthur, dem späteren Verleger des »Deutschen
Requiems« von Brahms, der auch bei der Herausgabe seine Hände im Spiel
gehabt haben dürfte.
Seitdem wurde das Stück so gut wie nie aufgeführt, was doch einigermaßen
erstaunt, wenn man bedenkt, wie viele Stücke von Klein- und Kleinstmeis­
tern aus dem Barock, inzwischen aber auch aus dem 19. Jahrhundert in den
letzten Jahrzehnten ausgegraben und als musikalische Offenbarungen angepriesen wurden und werden, während dieses gewichtige Werk eines ansonsten anerkannten Komponisten einfach übergangen wurde. Ganz offensichtlich sind die Parallelen des »Neujahrslieds« zum »Adventlied«. Wieder
wurden die zwölf achtzeiligen Strophen von Rückert ohne Lücken, aber sehr
ungleichmäßig auf die sieben Nummern dieser Kantate verteilt, die nahtlos und z.T. strophenübergreifend miteinander verschränkt sind, wodurch
sich Akzentuierungen der Aussagen (»Rüste dich, Mut!«, »Schließt, Brüder,
die Runde, und sprecht zum Gedeih’n: Stets laßt uns im Bunde vereiniget
sein!«) ergeben. Diese stehen nur noch in einem sehr losen, aber doch wahrnehmbaren Zusammenhang mit der inzwischen gescheiterten Revolution,
als Appelle an die Tatkraft und Brüderlichkeit in einem sehr allgemeinen
Sinn. Wie im »Adventlied« der Solo-Sopran, so tritt im »Neujahrslied« noch
deutlicher der Solo-Bass gleichsam als Vorsänger des Kollektivs hervor, das
Duett zwischen Solo-Sopran und Solo-Alt (Nr. 2) hat nur episodischen Cha-
Konzert in der Frauenkirche I
Gustav Mahler
* 7 . J u l i 1 8 6 0 i n K a l is c h t ( B ö h m e n )
† 1 8 . M ai 1 9 1 1 i n Wi e n
Fünf Lieder nach Texten von Friedrich Rückert mit
Klavier- oder Orchesterbegleitung (»Rückert-Lieder«)
1. »Liebst du um Schönheit«, Orchesterfassung von Max Puttmann
2. »Blicke mir nicht in die Lieder«
3. »Um Mitternacht«
4. »Ich atmet‘ einen linden Duft«
5. »Ich bin der Welt abhanden gekommen«
en tsta n den
Besetz u ng
»Blicke mir nicht in die Lieder«,
»Ich bin der Welt abhanden gekommen«
und vermutlich auch »Um Mitternacht«
und »Ich atmet‘ einen linden Duft«
im Sommer 1901 in Maiernigg am
Wörthersee;
»Liebst du um Schönheit« im Sommer
1902 oder 1903 ebendort; Orchesterfassung dieses Liedes von Max Puttmann
(1910)
Solostimme (Mezzosopran, Alt oder
Bariton); 2 Flöten, 2 Oboen (2. auch
Englischhorn), 2 Klarinetten, 2 Fagotte,
Kontrafagott, 4 Hörner, 2 Trompeten,
3 Posaunen, Tuba, Pauken, Harfe,
Celesta, Klavier, Streicher
u r au fge f ü h r t
am 29 Januar 1905 im Kleinen Musikvereinssaal in Wien (Solist: Friedrich
Weidemann, Wiener Philharmoniker,
Dirigent: Gustav Mahler);
Uraufführung von »Liebst du um
Schönheit« nicht bekannt
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V e r l ag
Universal Edition, Wien
Da u e r
ca. 20 Minuten
rakter. Damit rückt der Chor, d.h. das Volk, das in der Revolution vergeblich
seine Stimme erhoben hatte, noch mehr in den Mittelpunkt, mit der Forderung, nicht mit Worten oder Plänen, sondern mit Taten zu wirken und das
Leid des vergangenen Jahres, das auch ein politisches war, zu überwinden,
und eben nicht in die nach der Revolution weit verbreitete Resignation zu
verfallen. Das »Neujahrslied« ist deswegen auch kompakter und glänzender
orchestriert als das lyrisch-verhaltene »Adventlied«, schon im dritten Takt
treten die Posaunen, die sich mit der Begrüßung des neuen Jahres assozi­
ieren lassen, hervor. Das Werk mündet, hierin auf Bruckner und Mahler
vorausweisend, in den Choral »Nun danket alle Gott«, womit der christlichgeistliche Aspekt trotz des eher weltlichen Gedichts hervorgehoben wird.
Es ist kein Zufall, dass Schumann in dieser Zeit (Februar 1851) plante, ein
Luther-Oratorium zu schreiben, zu dem ihm Richard Pohl den Text liefern
sollte. Das »Neujahrslied« gibt einen Eindruck davon, wie dieses Oratorium
hätte klingen können.
Gustav Mahler: Fünf Lieder nach
Texten von Friedrich Rückert
Im Gegensatz zu den »Kindertotenliedern« bilden die fünf Lieder nach Texten von Friedrich Rückert keinen Zyklus; sie wurden nur zusammen mit den
zwei Wunderhorn-Liedern »Revelge« und »Der Tambourg’sell« unter dem Titel »Sieben Lieder aus letzter Zeit« in Fassungen mit Klavier bzw. Orches­ter
1905 bei Kahnt in Leipzig veröffentlicht. Durch Skizzen ist erwiesen, dass
»Blicke mir nicht in die Lieder« am 14. Juni und »Ich bin der Welt abhanden
gekommen« am 16. August 1901 komponiert wurden; es ist aber sehr wahrscheinlich, dass auch die Lieder »Ich atmet’ einen linden Duft« und »Um
Mitternacht« im Sommer 1901 in Maiernigg am Wörthersee entstanden
sind. »Liebst du um Schönheit« aus Rückerts »Liebesfrühling«, bereits von
Clara Schumann kongenial vertont, war ein sehr persönliches Geschenk
Mahlers für seine junge Frau Alma, das nach deren widersprüchlichen Angaben entweder im August 1902 oder im Sommer 1903 komponiert wurde.
Der private Charakter dieses kurzen und intimen Strophenliedes führte
dazu, dass Mahler es nicht orchestrierte. Die heute allgemein gespielte, stilistisch einfühlsame Orchesterbegleitung stammt von dem Musikreferenten
und Kapellmeister Max Puttmann (1864-1935), einem Absolventen der Berliner Musikhochschule, und erschien erst nach Mahlers Tod bei Kahnt.
Konzert in der Frauenkirche I
» D e r W e lt a b h a n d e n g e k o mm e n « :
d e r Wi e n e r H o f o p e r n d i r e k t o r G u s t av M a h l e r .
F o t o v o n M o r i t z N ä h r ( Wi e n , 19 0 7 )
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Nachdem Mahler bis 1901 fast ausschließlich Texte aus der legendären
Sammlung »Des Knaben Wunderhorn« von Clemens Brentano und Achim
von Arnim, erschienen zu Beginn des 19. Jahrhunderts in Heidelberg mit
einer Widmung an Goethe, oder eigenen Texten, die von dieser Sammlung
inspiriert waren, vertont hatte, wandte er sich überraschend Friedrich
Rückert zu, der schon damals als Dichter kaum mehr geschätzt wurde.
Diese »Lyrik aus erster Hand«, wie er im Gespräch mit Anton von Webern
äußerte, faszinierte ihn offenbar so sehr, dass er die Gedichte ganz anders
als bei den »Wunderhorn-Liedern«, bei denen er sich die Texte nach seinen
Bedürfnissen bearbeitete, fast unangetastet ließ. Rückerts geistvolle Sprachspielereien, z.B. die Doppeldeutigkeit von »linden Duft« als »linder Duft«
oder »Linden-Duft«, d.h. »Duft einer Linde«, die Musikalität der Verse und
die Leichtigkeit des Tonfalls müssen ihn ebenso inspiriert haben wie die für
ein Lied günstige Konzentration auf einen Affekt und Aussagen, die seine
ureigensten Gedanken widerspiegelten, z.B. »Ich bin der Welt abhanden
gekommen« oder »Ich leb’ allein in meinem Himmel, in meinem Lieben,
in meinem Lied«.
Jens Malte Fischer charakterisierte den stilistischen Wandel in Mahlers Tonsprache, der durch diese Texte ausgelöst wurde: »Mahler fand offensichtlich
Gefallen, gar Notwendigkeit daran und darin, als Gegengewicht gegen die
Expressivität der mittleren Symphonien und der späten ›Wunderhorn-Lie­
der‹ zu einer Intimität und Keuschheit des Ausdrucks zurückzukehren, wie
sie in den früheren Liedern und der IV. Symphonie vorherrschend gewesen.
Dem entspricht die Handschrift: filigrane, porzellanhafte Orchestration,
Kammermusik statt Symphonik, Stimmungsvaleurs und Reduktion statt
Emphase und großflächiger Dramatik. Der Mahlersche Subjektivismus, in
den mittleren Symphonien nach außen gekehrt, wird nach innen gewendet,
kapselt sich ein. Singstimme und Begleitung werden motivisch-thematisch
ineinander verflochten.« Eine Ausnahme bildet nur das hochexpressive,
dramatisch ausladende »Um Mitternacht«, das den meisten Mahler-Experten Unbehagen bereitet, obwohl es sich weder im Stil noch im Ausdruck
oder der Qualität von einigen der »Wunderhorn-Lieder« unterscheidet –
es passt nur nicht wirklich zu den vier anderen Rückert-Liedern!
J o a c h im D r a h e im
Konzert in der Frauenkirche I
Gesangstexte
Robert Schumann
»Der Eidgenossen
Nachtwache«
op. 62 Nr. 1
»Freiheitslied«
op. 62 Nr. 2
T e x t : J o s e p h vo n Ei c h e n d o r ff
T e x t: F r i e dr ich Rück e rt
In stiller Bucht, bei finstrer Nacht,
Ruht tief die Welt im Grunde,
Die Berge rings stehn auf der Wacht,
Der Himmel macht die Runde,
Geht um und um,
Ums Land herum
Mit seinen goldnen Scharen,
Die Frommen zu bewahren!
Zittr‘, o Erde, dunkle Macht
Bis zum Abgrund nieder
Der Gedank‘ ist aufgewacht,
Schüttelt sein Gefieder,
Will geflügelt dir entfliehn,
Wenn du nicht wirst fesseln ihn,
Sprich, ob du‘s wirst können!
Kommt nur heran mit eurer List,
Mit Leitern, Strick und Banden,
Der Herr doch noch viel stärker ist,
Macht euren Witz zuschanden.
Wie wart ihr klug! –
Nun schwindelt Trug
Hinab vom Felsenrande –
Wie seid ihr dumm! o Schande!
Gleich wie die Stämme in dem Wald
Wolln wir zusammenhalten!
Ein‘ feste Burg, Trutz der Gewalt,
Verbleiben treu die alten.
Steig, Sonne, schön!
Wirf von den Höhn
Nacht und die mit ihr kamen,
Hinab in Gottes Namen.
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Wie des Kerkers Fuge kracht,
Wenn von einem Blitze
Dem, der drinnen liegt in Nacht,
Wird gezeigt die Ritze,
Wie das Haupt die Hoffnung hebt,
Und der Geist zur Freiheit strebt,
Und entfleugt den Mauern!
Wie im Arm der Buhlerin
Einer liegt versunken,
Durch den lustberauschten Sinn
Plötzlich zuckt ein Funken,
Daß er dort, wo Engel geh‘n,
Sieht die reine Liebe steh‘n,
Die ihm aufwärts winket!
»Verzweifle nicht
im Schmerzenstal«,
Motette op. 93
T e x t: F r i e dr ich Rück e rt
Nr. 1
Nr. 3
Verzweifle nicht im Schmerzental,
Wo manche Wonne quillt aus Qual.
Verzweifle nicht!
Harr’ aus im Leid, bis weichen es
Der heißt, der ihm zu nah’n befahl.
Nr. 4
Oft braust der Sturm, und hinter ihm
Ein Säuseln Gottes allzumal.
Die Wolke droht, da fällt aus ihr
Ein Lichtstrahl, nicht ein Wetterstrahl.
Verzweifle nicht im Schmerzenstal,
Wo manche Wonne quillt aus Qual.
Verzweifle nicht!
Nr. 2
Viel Winter sind dir über’s Haupt
Gegangen, und noch ist’s nicht kahl.
Viel Stürme haben dir das Laub
Gerüttelt, und noch ist’s nicht fahl.
Und hoffe Gut’s vom Hauch des Herrn,
Der Gnaden spendet ohne Zahl,
Nr. 5
Und Freuden ohne Zahl läßt blüh’n
Im Menschen-Leben eng und schmal.
Verzweifle nicht im Schmerzenstal,
Wo manche Wonne quillt aus Qual.
Und hoffe Gut’s vom Hauch des Herrn,
Der Gnaden spendet ohne Zahl,
Und Freuden ohne Zahl läßt blüh’n.
Verzweifle nicht!
Die Zeit hat dir so manche Lust
Geschenkt, die dir so manche stahl,
Und hat den Kelch mit Bitterkeit
Gewürzt, daß er nicht werde schal.
Vertrau du der verhüllten Hand,
Die keinen führt nach seiner Wahl;
Und sei auf Wechsel stets gefaßt,
Denn Wechsel heißt das Weltschicksal.
Konzert in der Frauenkirche I
Gustav Mahler
»Rückert-Lieder«
T e x t: F r i e dr ich Rück e rt
1. L
iebst du um Schönheit
2. Blicke mir nicht in die Lieder!
Liebst du um Schönheit,
O nicht mich liebe!
Liebe die Sonne,
Sie trägt ein gold‘nes Haar!
Blicke mir nicht in die Lieder!
Meine Augen schlag‘ ich nieder,
Wie ertappt auf böser Tat.
Selber darf ich nicht getrauen,
Ihrem Wachsen zuzuschauen.
Deine Neugier ist Verrat!
Liebst du um Jugend,
O nicht mich liebe!
Liebe den Frühling,
Der jung ist jedes Jahr!
Liebst du um Schätze,
O nicht mich liebe.
Liebe die Meerfrau,
Sie hat viel Perlen klar.
Liebst du um Liebe,
O ja, mich liebe!
Liebe mich immer,
Dich lieb‘ ich immerdar.
Bienen, wenn sie Zellen bauen,
Lassen auch nicht zu sich schauen,
Schauen selber auch nicht zu.
Wenn die reichen Honigwaben
Sie zu Tag gefördert haben,
Dann vor allen nasche du!
3. Um Mitternacht
Um Mitternacht
Hab‘ ich gewacht
Und aufgeblickt zum Himmel;
Kein Stern vom Sterngewimmel
Hat mir gelacht
Um Mitternacht.
Um Mitternacht
Hab‘ ich gedacht
Hinaus in dunkle Schranken.
Es hat kein Lichtgedanken
Mir Trost gebracht
Um Mitternacht.
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Um Mitternacht
Nahm ich in acht
Die Schläge meines Herzens;
Ein einz‘ger Puls des Schmerzes
War angefacht
Um Mitternacht.
5. Ich bin der Welt abhanden
gekommen
Um Mitternacht
Kämpft‘ ich die Schlacht,
O Menschheit, deiner Leiden;
Nicht konnt‘ ich sie entscheiden
Mit meiner Macht
Um Mitternacht.
Es ist mir auch gar nichts daran gelegen,
Ob sie mich für gestorben hält,
Ich kann auch gar nichts sagen dagegen,
Denn wirklich bin ich gestorben der Welt.
Um Mitternacht
Hab‘ ich die Macht
In deine Hand gegeben!
Herr! über Tod und Leben
Du hältst die Wacht
Um Mitternacht!
Ich bin der Welt abhanden gekommen,
Mit der ich sonst viele Zeit verdorben,
Sie hat so lange nichts von mir vernommen,
Sie mag wohl glauben, ich sei gestorben!
Ich bin gestorben dem Weltgetümmel,
Und ruh‘ in einem stillen Gebiet!
Ich leb‘ allein in meinem Himmel,
In meinem Lieben, in meinem Lied!
4. Ich atmet‘ einen linden Duft!
Ich atmet‘ einen linden Duft!
Im Zimmer stand
Ein Zweig der Linde,
Ein Angebinde
Von lieber Hand.
Wie lieblich war der Lindenduft!
Wie lieblich ist der Lindenduft!
Das Lindenreis
Brachst du gelinde!
Ich atme leis
Im Duft der Linde
Der Liebe linden Duft.
Konzert in der Frauenkirche I
U n b e ka n n t e r B e ka n n t e r :
R o b e r t S c h u ma n n . Da g u e r r e o t y p i e v o n 1 8 5 0
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Robert Schumann
»Adventlied« op. 71
T e x t: F r i e dr ich Rück e rt
Nr. 1
Nr. 4
Dein König kommt in niedern Hüllen,
Ihn trägt der lastbar‘n Eslin Füllen;
Empfang ihn froh, Jerusalem!
Trag ihm entgegen Friedenspalmen,
Bestreu den Pfad mit grünen Halmen!
So ist‘s dem Herren angenehm.
O Herr, von großer Huld und Treue,
O komme du auch jetzt aufs neue
Zu uns, die wir sind schwer verstört!
Nr. 2
O mächt‘ger Herrscher ohne Heere,
Gewalt‘ger Kämpfer ohne Speere,
O Friedensfürst von großer Macht!
Es wollen dir der Erde Herren
Den Weg zu deinem Throne sperren,
Doch du gewinnst ihn ohne Schlacht.
Dein Reich ist nicht von dieser Erden,
Doch aller Erde Reiche werden
Dem, was du gründest, untertan.
Bewaffnet mit des Glaubens Worten,
Zieht deine Schar nach den vier Orten
Der Welt hinaus und macht dir Bahn.
Nr. 5/6
Not ist es, daß du selbst hienieden
Kommst zu erneuern deinen Frieden,
Dagegen sich die Welt empört.
Nr. 6/7
O laß dein Licht auf Erden siegen,
Die Macht der Finsternis erliegen
Und lösch der Zwietracht Glimmen aus;
Daß wir, die Völker und die Thronen,
Vereint als Brüder immer wohnen
In deines großen Vaters Haus!
Nr. 3
Und wo du kommest hergezogen,
Da ebnen sich des Meeres Wogen,
Es schweigt der Sturm, von dir bedroht.
Du kommst, auf den empörten Triften
Des Lebens neuen Bund zu stiften,
Und schlägst in Fesseln Sünd‘ und Tod.
Konzert in der Frauenkirche I
»Neujahrslied« op. 144
T e x t: F r i e dr ich Rück e rt
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Nr. 1
Nr. 2
Mit eherner Zunge,
Da ruft es: Gebt Acht!
Ein Jahr ist im Schwunge
Zu Ende gebracht.
Ihr freudigen Zecher
Hebt tönende Becher,
Begrüßet das junge,
Das Jahr, das erwacht!
Du herrschtest noch eben
Mit mächtiger Lust;
Des Reiches begeben
Dich hast du gemußt.
Wie streng du geschaltet,
Wie herb du gewaltet,
Du ließest uns Leben
Und Mut doch der Brust.
Im Dunkel geboren,
Im nächtlichen Schoß,
Da tritt’s aus den Toren
Des Lebens wie groß!
Was führst du im Schilde?
Was zeigst du im Bilde?
Was rüsten die Horen
Für wechselndes Los?
Jetzt nimmst du den Zepter,
Das Königsgewand,
Legst von dir, verlebter
Gebieter, das Pfand;
Der junge, nun mündig,
Erfaßt es so bündig;
Der Stab, o wie schwebt er
Ihm frei in der Hand!
Blickt Brüder, zum alten!
Wie schwindet’s so klein!
Es kriecht in die Spalten
Des Grabes hinein;
Die hangende Flöre,
Die ziehenden Chöre
Der Schattengestalten
Weh’n hinter ihm drein.
Nr. 3
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Heil! neuer Gebieter
Der harrenden Welt.
Ein Jahr lang uns wieder
Zum Amte bestellt!
Wir alle, die deinen,
Wir kommen, erscheinen,
Und beugen die Glieder,
Zu tun, was gefällt.
Nr. 4
Nr. 6
Hebt, Brüder, die Blicke,
Auf mutiger Bahn.
Mit festem Genicke
O schauet ihn an!
Des Königes Mienen
Was lest ihr in ihnen?
Was steht für Geschicke
Geschrieben daran?
O Fürst, auf dem Throne
Des Zeitlaufs erwacht,
Du trägest die Krone,
Wir huld’gen in Nacht,
Bereit, auf dein Winken
Zu stehn und zu sinken.
Geh, herrsche und lohne,
Geh, führ uns mit Macht!
In dunkelen Zügen,
In flammender Glut,
Nicht lauter Vergnügen,
Noch Freuden und Gut.
Sie wollen uns sagen
Von Dulden und Tragen.
Die Schrift kann wohl lügen,
Doch rüste dich, Mut!
Laß Taten geschehen,
Stell uns auf den Plan,
Laß Palmen uns wehen,
Laß Wunden empfahn!
Daß, wenn du einst wieder
Vom Throne mußt nieder
Du siehst, und wir sehen,
Es ist was getan!
Wie schwer von Entwürfen!
Wie drängend nach Tat!
O daß wir nicht dürfen
Entziffern den Rat!
Nr. 7
Nr. 5
Der Rat wird schon reifen;
Lernt Sicheln zu schleifen
Noch eh wir’s bedürfen,
Sonst ist es zu spat.
Schließt Brüder, die Runde,
Und sprecht zum Gedeih’n:
Stets laßt uns im Bunde
Vereiniget sein.
Doch will es uns trennen,
So soll man erkennen,
Wie fest auf dem Grunde
Steht jeder allein.
Nun danket alle Gott
Mit Herzen, Mund und Händen,
Der große Dinge tut
An uns und aller Zeit,
Der ewig war und ist
Und ewig bleiben wird.
Heil!
Konzert in der Frauenkirche I
FOTO: M AT T H I A S CR EU TZIGER
THIELEMANN
DIRIGIERT »FAUST«
SONDERKONZERT
ZUM 200. GEBURTSTAG
VON FR ANZ LISZT
Tickets in der Schinkelwache am Theaterplatz
T E L E F O N 0351 4911 705 | FA X 0351 4911 700 | [email protected]
W W W. S T A A T S K A P E L L E - D R E S D E N . D E
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Richard Wagner
»Eine Faust-Ouvertüre«
Franz Liszt
»Eine Faust-Symphonie«
Christian Thielemann
Dirigent
Endrik Wottrich
Tenor
Herren des Sächsischen
Staatsopernchors
Dresden
Pablo Assante
Einstudierung
Konzert in der Frauenkirche I
Ute Selbig Sopran
Ute Selbig gehört seit Jahren zu den herausragenden Sängerinnen des
Solistenensembles der Sächsischen Staatsoper Dresden. Mit den großen
Mozart-Partien wie auch als Agathe (»Der Freischütz«), Micaëla (»Carmen«)
oder Zdenka (»Arabella«) wurde und wird sie von Publikum und Presse
gleichermaßen gefeiert. Als erste Künstlerin überhaupt wurde sie 1993 mit
dem »Christel-Goltz-Preis« der Stiftung zur Förderung der Semperoper ausgezeichnet. Gastengagements führen sie regelmäßig an die Deutsche Oper
Berlin, die Berliner und die Bayerische Staatsoper sowie an das Opernhaus
Zürich. Eine besonders enge Zusammenarbeit verbindet sie mit der San
Diego Opera, an der sie seit 1998 jährlich in einer Neuproduktion gastiert.
Große Erfolge feiert Ute Selbig auch als international gefragte Konzertsängerin, u.a. mit Orchestern wie New York Philharmonic, Chicago Symphony
Orchestra, dem Gewandhausorchester Leipzig und der Sächsischen Staatskapelle Dresden unter Dirigenten wie Giuseppe Sinopoli, Sir Colin Davis,
Franz Welser-Möst oder Daniel Barenboim.
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Timothy Oliver Tenor
Timothy Oliver wurde in Virginia geboren und studierte am Cincinnati
Conservatory of Music. Unmittelbar nach Abschluss seines Studiums wurde
er für verschiedene Partien an die Virginia Opera engagiert, an der er u.a.
auch als Tamino debütierte. Seit 2005 ist Timothy Oliver Mitglied des Solistenensembles der Sächsischen Staatsoper Dresden. Hier war er bislang an
über 30 verschiedenen Opernproduktionen beteiligt, u.a. als Pedrillo (»Die
Entführung aus dem Serail«), Steuermann (»Der Fliegende Holländer«),
Brighella (»Ariadne auf Naxos«), Valzacchi (»Der Rosenkavalier«) oder als
Camille de Rosillon (»Die lustige Witwe«). Mit seiner Interpretation des Gottesnarren in Modest Mussorgskis »Boris Godunow« feierte er 2009 an der
Semperoper einen besonderen Erfolg. Im März 2010 sang er die Titelpartie
in Hector Berlioz’ »La Damnation de Faust« in einer konzertanten Aufführung unter Fabio Luisi im Wiener Musikverein.
Konzert in der Frauenkirche I
Georg Zeppenfeld Bass
Der gebürtige Westfale studierte in Detmold und Köln u.a. bei Hans Sotin.
Nach ersten Bühnenjahren in Münster und Bonn wurde er 2001 in das Solistenensemble der Sächsischen Staatsoper Dresden engagiert, die fortan
seine künstlerische Heimat wurde. In der Zusammenarbeit mit Dirigenten
wie Myung-Whun Chung, Daniele Gatti, Kent Nagano und Fabio Luisi
konnte er sich an der Dresdner Semperoper ein breites Repertoire v.a. mit
den großen Basspartien Mozarts, Verdis und Wagners erarbeiten. Als eine
seiner Paraderollen gilt der Sarastro in Mozarts »Zauberflöte«, mit dem er
u.a. in Baden-Baden (unter Claudio Abbado), San Francisco und an der New
Yorker Met große Erfolge feierte. 2011 wird er mit dieser Partie auch an der
Wiener Staatsoper debütieren. Seit 2002 gastiert Georg Zeppenfeld regelmäßig bei den Salzburger Festspielen; im Sommer 2010 gab er als König
Heinrich in einer Neuproduktion von Wagners »Lohengrin« sein umjubeltes
Debüt bei den Bayreuther Festspielen. Konzerte unter Dirigenten wie Chris­
tian Thielemann, Nikolaus Harnoncourt oder Kurt Masur führen den Bassisten regelmäßig in die Musikmetropolen Europas.
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Philharmonischer Chor Prag
Einstudierung: Lukáš Vasilek
Der Philharmonische Chor Prag gehört zu den bedeutendsten und tradi­
tionsreichsten Chören Europas. Im Jahr 1935 von Jan Kühn gegründet, war
er als Tschechischer Sängerchor zunächst ein Ensemble des Tschecho­
slowakischen Rundfunks, bevor er 1953 der Tschechischen Philharmonie
angegliedert wurde. Die Aufhebung dieses Bündnisses im Jahr 1991 bedeutete für den Klangkörper eine neue künstlerische Herausforderung, die
ihn inzwischen zu Konzerten mit den Berliner Philharmonikern, dem Israel
Philharmonic Orchestra oder dem Concertgebouworkest Amsterdam zusammengeführt hat. Seit vielen Jahren ist der Chor regelmäßig bei bedeutenden
Festivals zu Gast, darunter der Prager Frühling, die Salzburger Festspiele
sowie die Berliner und Wiener Festwochen. Zu den Dirigenten, die bisher
mit dem Philharmonischen Chor Prag gearbeitet haben, gehören Leonard
Bernstein, Rafael Kubelik, George Szell, Karl Böhm, Carlos Kleiber, Wolfgang Sawallisch, Sir Georg Solti und Václav Neumann sowie in der jüngeren
Vergangenheit Claudio Abbado, Riccardo Muti, Lorin Maazel, Zubin Mehta
und Sir Simon Rattle. Die Männerstimmen des Philharmonischen Chors
Prag konzertierten zuletzt im Juni 2008 mit der Sächsischen Staatskapelle
Dresden; damals stand – ebenfalls in der Frauenkirche – das »Liebesmahl
der Apostel« von Richard Wagner auf dem Programm.
Konzert in der Frauenkirche I
Konzert in der Frauenkirche I
Orchesterbesetzung
1. Violinen
Matthias Wollong
1 . K o n z e r t m e is t e r
Michael Eckoldt
Michael Frenzel
Jörg Kettmann
Susanne Branny
Birgit Jahn
Martina Groth
Anselm Telle
Sae Shimabara
Renate Hecker
2. Violinen
Bratschen
Andreas Schreiber
Michael Horwath
Jürgen Knauer
Claudia Briesenick
Susanne Neuhaus
Juliane Böcking
Violoncelli
Simon Kalbhenn
Solo
Uwe Kroggel
Andreas Priebst
Jakob Andert
Heinz-Dieter Richter
K o n z e r t m e is t e r
Frank Other
Ulrike Scobel
Olaf-Torsten Spies
Alexander Ernst
Emanuel Held
Paige Kearl
Nicole Amal Reich*
Kontrabässe
Petr Popelka
Helmut Branny
Thomas Grosche
Flöten
Sabine Kittel
Solo
Cordula Bräuer
Oboen
Céline Moinet
Solo
Volker Hanemann
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Klarinetten
Trompeten
Wolfram Große
Tobias Willner
Solo
Solo
Christian Dollfuß
Sven Barnkoth
Gerd Graner
Fagotte
Thomas Eberhardt
Posaunen
Solo
Nicolas Naudot
Hannes Schirlitz
Joachim Huschke
Solo
Hörner
Jochen Ubbelohde
Solo
Andreas Langosch
Manfred Riedl
Eberhard Kaiser
Guido Ulfig
Lars Zobel
Frank van Nooy
Pauken
Bernhard Schmidt
Solo
Harfe
Astrid von Brück
Orgel/Celesta/Klavier
Johannes Wulff-Woesten
* a l s Gas t
Konzert in der Frauenkirche I
Vorschau
Kammermusik der Sächsischen
Staatskapelle Dresden
Carl Maria von Weber
Ouvertüre zu »Preciosa«
1. Aufführungsabend
Kurt Atterberg
Hornkonzert a-Moll op. 28
M i t t wo c h 0 1 .1 2 .10 2 0 U h r
Se m peroper
Johannes Brahms
Serenade Nr. 1 D-Dur op. 11
James Gaffigan Dirigent
Robert Langbein Horn
I m p ressum
Sächsische Staatsoper Dresden
Intendantin Dr. Ulrike Hessler
Spielzeit 2010|2011
Herausgegeben von der Intendanz
© November 2010
B ildnac h weise
Tomáš Netopil, Prager Philharmonischer
Chor: Agenturfotos; Magdalena Kožená:
Mathias Bothor / DG; Friedrich Rückert:
Staatliche Museen zu Berlin; Abbildungen zu
Schumann: Robert-Schumann-Haus Zwickau;
Gustav Mahler: Österreichisches Theatermuseum, Wien; Ute Selbig, Timothy Oliver,
Georg Zeppenfeld: Matthias Creutziger
T e x tnac h weise
Der Einführungstext von Dr. Joachim Draheim und das Interview mit Magdalena
Kožená von Tobias Niederschlag sind Originalbeiträge für dieses Programmheft.
R edaktion
Tobias Niederschlag
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Telefon: 0351/25 00 670
e-Mail: [email protected]
www.kulturwerbung-dresden.de
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www. staatska pelle-dresden.de
Robert Schumann
Konzert aus der Frauenkirche Dresden
Staatskapelle Dresden
Daniel Harding
MDR Rundfunkchor Leipzig
Solisten Dresdner Kreuzchor
Ouvertüre „Genoveva“
Scherzo & Abendmusik
Nachtlied
Requiem für Mignon
Symphonie Nr. 3 „Rheinische“
Kat.-Nr. 101523 DVD / 101524 Blu-ray
www.arthaus-musik.com
www.naxos.com
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MF
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