Kindliche Sexualentwicklung – was ist „normal“? Eva (4 Jahre) und

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Kindliche Sexualentwicklung – was ist „normal“?
Eva (4 Jahre) und Jan (4 Jahre) ziehen sich in der Kita beim
Spielen im Sandkasten aus. Beide betrachten gegenseitig ihre
Geschlechtsteile.
Der fünfjährige Felix sagt zu Lisa (3 Jahre): „Wenn ich mit
dir zur Toilette gehen darf, bekommst du mein
Schokoladenbrot geschenkt.“
Susi (4 Jahre) setzt sich beim Zuhören der abendlichen GuteNacht-Geschichte auf ihren Fuß und schaukelt dabei leicht hin
und her.
Der fünfjährige Jonas geht zu den Mädchen, die in der
Puppenecke spielen. Er reibt sich intensiv an seinem Penis,
obwohl die Mädchen sagen, dass das eklig ist und er aufhören
soll.
Die fünfjährige Cindy schiebt ihrer vierjährigen Schwester
Lucy das Fieberthermometer in den Po.
Bei Eltern und ErzieherInnen, die oben beschriebene
Verhaltensweisen beobachten, kann eine Verunsicherung
darüber entstehen, welches Verhalten im Rahmen der
Sexualentwicklung altersangemessen ist.
Sexuelles Erleben und Verhalten gehören zur Entwicklung
der kindlichen Sexualität dazu.
Grundsätzlich gilt, dass sexuelles Erleben und Verhalten zur
Entwicklung der kindlichen Sexualität dazu gehören. Schon in
den ersten Lebensmonaten empfinden Säuglinge körperliche
Berührungen oder das Saugen an ihren Fingern als angenehm.
Außerdem
erleben
sie
durch
Berührungen
ihrer
Geschlechtsteile bereits positive Gefühle.
Im Kleinkindalter (2-3 Jahre) beginnt die Entwicklung der
Ich-Identität (Bewusstwerden des Selbst). In dieser Zeit
machen die Kinder
lustvolle Erfahrungen durch das
Entdecken und Spielen an ihren Genitalien. Hinzu kommt,
dass alles, was mit den Ausscheidungen zu tun hat, eine
besondere Aufmerksamkeit bekommt.
Zwischen dem 3. und 5. Lebensjahr findet bei vielen Kindern
verstärkt Masturbation statt, um lustvolle Gefühle zu erzeugen
und um sich selbst zu beruhigen (z.B. Reiben an
Gegenständen). Das Interesse an Fragen zur Fortpflanzung
(z.B. Wie kommt das Baby in den Bauch?) wächst. Außerdem
wird geschlechtsspezifisches Rollenverhalten von Männern
und Frauen wahrgenommen und in Rollenspielen nach
gespielt (z.B. durch Vater-Mutter-Kind-, Heirats-, oder
Doktorspiele). Kinder beziehen nun andere Kinder in die
sexuellen Handlungen mit ein, weil sie die eigenen und
fremden Geschlechtsteile immer interessanter finden. Diese
werden bei sogenannten Doktorspielen betrachtet und
untersucht. Hierdurch wird dem Kind der Unterschied
zwischen den Geschlechtern deutlich und es beginnt, eine
eigene Geschlechtsidentität zu entwickeln.
Doktorspiele sind normale kindliche Aktivitäten, wenn sie
unter
Kindern
gleichen
Alters
und/oder
gleichen
Entwicklungsstandes ausgeübt werden. Die Mädchen und
Jungen sind dabei gleichberechtigt und alle beteiligten Kinder
Doktorspiele sind „normale“
kindliche Aktivitäten.
sind am Spiel interessiert und keines übt Macht über ein
anderes Kind aus. Sie finden unter Freunden oder
Geschwistern statt.
Im Grundschulalter wird in der Regel die Sexualität aufgrund
der Entwicklung von Schamgefühlen eher im Verborgenen
ausgeübt. Das Wissen über den eigenen Körper nimmt zu und
die eigene Attraktivität als Junge oder Mädchen wird gegenüber
den Elternteilen und Klassenkameraden/innen erprobt.
In der Pubertät erlangen Jugendliche, bedingt durch die
hormonellen Veränderungen, die Geschlechtsreife. Sie
probieren sich im sexuellen Erleben aus und machen neue
sexuelle Erfahrungen (z.B. Selbstbefriedigung, Anschauen von
erotischen Videos, erste Liebesbeziehungen mit sexuellen
Erfahrungen). Die sexuellen Aktivitäten gleichen nun immer
mehr denen der Erwachsenen.
Im Gegensatz zur Erwachsenensexualität, die von der
kindlichen Sexualität deutlich abzugrenzen ist, stehen beim
Kind unbefangene, egozentrische Motive, wie Neugier und der
Wunsch nach unmittelbarer Lustbefriedigung im Vordergrund.
Hingegen ist die Sexualität Erwachsener beziehungsorientiert,
zielgerichtet und auf genitale Befriedigung angelegt.
Fazit: Es ist wichtig, jede
Situation einzeln zu betrachten und bei Unsicherheiten weitere Unterstützung oder Beratung zu
suchen.
Damit Kinder einen gesunden Umgang mit ihrem eigenen
Körper oder ihrer eigenen Sexualität entwickeln und
selbstbewusst die eigenen und die Grenzen der anderen
wahrnehmen
können,
braucht
es
eine
bejahende
Sexualerziehung. Das bedeutet:
1. dass Körperkontakt im familiären Umgang möglich ist
2. dass ein angemessener Umgang mit Zärtlichkeit und
Nacktheit auch im familiären Alltag gelebt wird
3. dass Genitalien mit den passenden Begriffen benannt werden
4. dass die Intimität des Kindes und aller Familienmitglieder als
wichtiger Wert gewahrt bleibt
Bei Unsicherheiten besprechen wir in unserer Beratungsarbeit
mit Eltern oder ErzieherInnen, welche sexuellen Aktivitäten zur
altersangemessenen kindlichen Entwicklung gehören. Die
Situationen, die Anlass zur Sorge geben, werden genau
betrachtet. Beispielsweise wenn Kinder über einen längeren
Zeitraum extrem häufig masturbieren, muss geklärt werden,
welche Gründe es dafür gibt. Oder wenn bei Doktorspielen
zwischen Kindern ein Machtgefälle besteht, kann es zu
Grenzverletzungen kommen. Das meint unter anderem, dass
sichtbare
Unterschiede
in
Entwicklungsstand,
Alter,
körperlicher Kraft oder Intelligenz bestehen. Auch Unterschiede
im sozialen Status oder aufgrund von individuellen
Eigenschaften wie Durchsetzungsfähigkeit können dazu führen,
dass einige Kinder ihre Machtstellung ausnutzen und andere
sich nicht wehren können. Dann ist pädagogisches Handeln
notwendig.
Wichtig ist es deshalb, jede Situation einzeln zu betrachten
und bei Unsicherheiten weitere Unterstützung oder Beratung zu
suchen.
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