- Praxis Am Bergweg

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Tierärztliche Praxis
Dr. E. Sieverding Fachtierarzt für Schweine u. Geflügel
Dr. D. Schulze Fachtierarzt für Geflügel
Tierärztl. Praxis Am Bergweg GbR – Bergweg 20 – 49393 Lohne
Bergweg 20
49393 Lohne
Tel. 04442 - 9220-0
Fax 04442 - 5861
Kundenbrief-Nr. 75
Lohne im Juni 2010
Liebe Kundinnen und Kunden,
auch wenn es der Mai nicht vermuten lässt, die warme Jahreszeit steht vor der Tür. Neben den Gefahren einer
Überhitzung in den Ställen besteht die Gefahr einer Infektion mit gefährlichen Bakterien – wie z. B. Clostridium
botulinum. Im Sommer verenden häufig Wasservögel (Schwäne, Gänse und Enten), die sich an Seen und
Tümpeln aufhalten. Durch die sinkenden Wasserstände in Folge der Hitze und Trockenheit infizieren sich die
Vögel mit im Uferschlamm belasteter Nahrung. Aber nicht nur in der freien Natur lauert dieser Erreger. Auch in
der modernen Tierhaltung kommt es gelegentlich zu Botulismusfällen. Einen Einblick und eine Übersicht über
Botulismus soll dieser Kundenbrief geben.
Was ist Botulismus?
Unter Botulismus (abgeleitet von "botulus" - lateinisch für Wurst) versteht man eine neuromuskuläre Vergiftung
durch Clostridium botulinum-Toxin. Verantwortlich für diese Lebensmittelvergiftung ist ein sporentragendes,
obligat anaerobes, grampositives Bakterium, Clostridium botulinum, welches Toxine produziert. Es sind bislang
sieben Toxintypen beschrieben, die mit den Buchstaben A bis G bezeichnet werden.
Für die Vergiftungen sind beim Menschen in der Regel die Toxine der Typen A, B, E und (eher seltener) F
verantwortlich. Die Toxine A und B, beides Proteine, gelten als besonders giftig, da sie gegenüber einer
enzymatischen Verdauung im Magen-Darm-Trakt resistent sind. Die Toxintypen C und D sind zwar verdächtig,
Botulismus auch beim Menschen auslösen zu können, jedoch gelten Literaturberichte hierzu als nicht bestätigt,
wenn die heute geltenden Kriterien für einen wissenschaftlichen Beweis zugrunde gelegt werden.
Die letale Dosis (Dosis, die zum Tod führt) beträgt nur 0,1 ng/kg Körpergewicht. Dies bedeutet, dass mit ca.
40g die gesamte Menschheit ausgerottet werden könnte. Dieser Umstand erklärt, weswegen Botulinumtoxin
auch zu den biologischen Waffen gerechnet wird. Die Sporen sind sehr hitzeresistent. Bei 100°C können sie
problemlos mehrere Stunden überleben, weswegen sie durch haushaltsübliches Kochen nicht zerstört werden.
Das Toxin wird hingegen bei 80°C über 10 Minuten inaktiviert.
Die häufigste Infektionsquelle für den Menschen sind Lebensmittel, die in Dosen oder Gläsern haltbar gemacht
wurden. In etwa 10% der Vergiftungen stellen jedoch auch industriell hergestellte Lebensmittel die
Infektionsquelle dar. Die häufigsten Überträger sind Gemüse, Fisch, Früchte und Gewürze, jedoch auch
Rindfleisch, Milchprodukte, Schweinefleisch und Geflügel können der Auslöser sein.
Botulismus des Geflügels
Der Botulismus des Geflügels tritt zumeist in Form einer Vergiftung mir einer Inkubationszeit von wenigen
Stunden bis zu drei Tagen auf. Abhängig von Menge und Dauer der Toxinaufnahme zeigt erkranktes Geflügel
eine unterschiedliche Sterbe- und Erkrankungsrate.
Weiterhin wird berichtet, dass es nicht nur durch Aufnahme von Toxin, sondern auch nach Aufnahme des
Erregers selbst zu einer klinischen Erkrankung des Geflügels durch Clostridium botulinum kommen kann. Nicht
immer verenden erkrankte Tiere. Es sind sogar Heilungen nach mehrwöchigen Erkrankungen möglich. Die
Erkrankung tritt vorwiegend in der warmen Jahreszeit auf. Unter anderem wird diese Erkrankung ermöglicht
bzw. begünstigt durch während der Ernte mit eingearbeitete Tierkadaver aus der Natur. Mit dem Stroh oder mit
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dem Futter kommen sie in den direkten Tierbereich. Nicht rechtzeitig aus dem Stall entfernte tote Tiere sind
aber immer noch der häufigste Ausgangspunkt für die Infektion in den warmen Sommermonaten. .
Beim Geflügel ist das Botulinumtoxin vom Typ C sehr häufig, wenn auch nicht ausschließlich, als Ursache für
Botulismus beschrieben worden. Auch Hunde und Katzen können sehr empfindlich auf dieses Toxin reagieren.
Neben dem Typ C können aber auch die Typen A und B beim Geflügel auftreten.
Behördliche Bewertung
Beim Botulismus handelt es sich um eine Erkrankung, die sowohl das Tier als auch den Menschen befallen
kann (Zoonose). Bei Botulismuserkrankungen mit hohen Verlusten kann ein Tierbestand auch nach Abflauen
der Krankheit nicht mehr als gesund eingestuft werden. Die Erreger sind auch nach Rückgang der
Erkrankungsrate noch in der Einstreu, möglicherweise im Futter oder in anderen Quellen vorhanden und bilden
die Grundlage für Neuinfektionen, bzw. für die Verschleppung aus dem Bestand in die Schlachterei und von
dort auf das Geflügelfleisch.
Deshalb kommt das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) in einer Stellungnahme „Botulismus durch
Geflügelfleisch“ (vom 12.8.2004) zu dem Schluss: Auch wenn nur der begründete Verdacht besteht, dass
beim Geflügel eine Botulismusinfektion besteht, ist das Geflügelfleisch nicht zum Verzehr geeignet. Eine
Differenzierung nach den für die Menschen bedrohlichen Toxintypen A und B erfolgt nicht.
Für Botulismus besteht eine Meldepflicht nach dem Infektionsschutzgesetz § 6 durch den behandelnden Arzt.
Bereits der Krankheitsverdacht ist hierbei meldepflichtig. Zudem besteht auch für das Labor beim Nachweis
der Erkrankung eine Meldepflicht nach §7.
Was kann man dagegen tun?
In der warmen Jahreszeit sind im Stall verendete Tiere mindestens zweimal, unter Umständen auch dreimal
täglich abzusuchen und außerhalb des Stalles in einem gekühlten Behältnis zu lagern. Auf keinen Fall dürfen
tote Tierkadaver in der Einstreu verbleiben. Futterlieferungen sollten so bemessen werden, dass sie nicht länger
als eine Woche im Silo lagern. Die Futterbahnen im Stall sollen, wenn möglich mehrmals in der Woche von den
Tieren vollkommen leer gefressen werden. Vorlaufbehälter sind vor Benutzung auf tote Mäuse oder anderes
Getier zu kontrollieren. Bei einer positiven Kontrolle ist das Behältnis sorgfältig mit viel Wasser zu säubern und
anschließend mit einem formalinhaltigen Desinfektionsmittel zu desinfizieren. Bei einem Verdacht auf eine
Infektion mit Clostridium botulinum muss die alte Einstreu im Stall mit frischer Einstreu (Stroh) abgedeckt
werden. Nach derr Ausstallung muss der Stall zusätzlich mit einem sporenwirksamen Desinfektionsmittel (z. B.
Neopredisan) desinfiziert werden.
Mit freundlichen Grüßen
Erwin Sieverding
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