Passivhaus Objektdokumentation Mehrfamilienhaus mit fünf Wohneinheiten in Dresden Verantwortlicher Planer Dipl.-Ing. Architekt Heiko Behrens www.hb-architektur.de Das Mehrfamilienhaus wurde in der Stadt Dresden in einer Baulücke errichtet. Das 7-geschossige teilunterkellerte Gebäude ist Nord-Süd orientiert. Alle fünf Wohnungen haben auf der Gartenseite (Süden) einen Balkon bzw. eine (Dach-)Terrasse. Das Gebäude wurde als Stahlbeton-Skelettbau mit Außenwänden in Holzständerbauweise und geneigten Sparrendach/ Stahlbeton-Flachdach errichtet. Die Brandwände zu den Nachbargebäuden bestehen aus Kalksandstein-Mauerwerk. Besonderheiten: Innerstädtische Lage, Baulückenschließung, Fassade als Holzkonstruktion mit Zellulosedämmung, Lehm-Innenputz U-Wert Außenwand 0,120 W/(m²K) U-Wert Kellerdecke 0,128 W/(m²K) PHPP JahresHeizwärmebedarf U-Wert Dach 0,107 W/(m²K) PHPP Primärenergie U-Wert Fenster 0,76 W/(m²K) Wärmerückgewinnung 77 % Drucktest n50 1 15 kWh/(m²a) 109 kWh/(m²a) 0,4 h-1 1 Kurzbeschreibung der Bauaufgabe In einer Baulücke in Dresden-Striesen sollte ein Mehrfamilienhaus als Passivhaus errichtet werden. Die Bauherren wünschten sich ein nachhaltiges, schadstoffarmes Gebäude. Das Büro hb architektur plante ein 7-geschossiges Wohngebäude, dass sich in Höhenentwicklung und Oberflächen in die vorhandene Blockrandbebauung nahtlos einfügt. Zur Garten-/ Südseite öffnet sich das Gebäude mit Terrassen und Balkonen. Auf der Straßen-/ Nordseite sind im Erdgeschoss keine Wohnräume, um die Privatsphäre der Bewohner zu schützen. Dennoch wirkt das Gebäude durch die Gestaltung des Eingangsbereichs mit Beleuchtung, Farbe und Sitzbank einladend. Die Aufteilung in zwei 5-Zimmer-, zwei 4-Zimmer- und eine 2-Zimmerwohnung trägt dem Bedarf an für Familien geeigneten Wohnungen und einer gemischten Altersstruktur Rechnung. Der Nutzungskomfort nimmt einen hohen Stellenwert im Gebäudekonzept ein. Alle Wohnungen und der Keller sind barrierefrei erschlossen. Die Grundrisse sind funktional entwickelt und es wurde auf gute Möblierbarkeit und ausreichend Schrankstellflächen geachtet. Großzügig dimensionierte Fenster bringen viel Licht in die Räume. Zunächst wurde die Errichtung als kompletter Holzbau geprüft. Die bauordnungsrechtlichen Anforderungen (Gebäudeklasse 5) hätten jedoch mehrere Einzelfallzulassungen erforderlich gemacht. Der dafür erforderliche Zeitaufwand stand jedoch einer zeitnahen Realisierung des Vorhabens entgegen. Deshalb wurde letztlich eine Mischbauweise gewählt: Die tragende Konstruktion besteht aus einem Stahlbeton-Skelett und Brandwänden aus Kalksandstein-Mauerwerk. Es wird davon ausgegangen, dass im Lebenszyklus des Gebäudes keine Änderungen an der Tragkonstruktion erforderlich werden und der Materialaufwand daher gerechtfertigt ist. Eventuell erforderliche Grundrissanpassungen wären aufgrund der TrockenbauInnenwände und Trockenestriche möglich. Die Fassaden und das Dach wurden in Holz-Skelett-Bauweise mit Zellulose-EinblasDämmung (Altpapier) hergestellt. Die zertifizierte Konstruktion zeichnet sich durch sehr guten Wärme-, Schall- und Brandschutz ohne Verwendung von Folien für luftdichte Ebenen und Dampfsperren aus. Wegen eines Wegerechtes des Nachbarn für den Transport der Mülltonnen war eine Durchfahrt zum Hof erforderlich. Größerer Planungsaufwand entstand auch für die Entwicklung der zahlreichen Anschlussdetails, die durch die Baulückenschließung erforderlich wurden und für die es bisher keine Standardlösungen bzw. Beispiele in der Literatur gibt. In der Gaube wurden Vakuum-Isolations-Paneele (VIP) verwendet, um die gestalterisch gewünschten schmalen Ansichtsbreiten realisieren zu können. 2 2 Fotos Die Nordseite ist auf dem Deckblatt abgebildet: Markant sind die horizontalen Fensterbänder mit den grünen Putzflächen. Darin rechts sind die Zu- und Abluftöffnungen der Lüftungsanlagen zu erkennen. Hinter den kleinen Fenstern rechts in der Fassade befindet sich das Treppenhaus. Im Sockelbereich sind der wettergeschützte Eingang und die Schiebetore für Garage und Hofdurchfahrt zu erkennen. Südseite mit Garten. Die unterste Wohnung hat einen zweigeschossigen Essraum mit Galerie. So wird das Erdgeschoss hell und man kann vom Wohnzimmer im 1.OG in den Garten blicken. Auch die oberste Wohnung ist zweigeschossig. Hinter der Attika befindet sich eine Dachterrasse über die gesamte Gebäudebreite. (Foto: Luc Saalfeld) 3 Überdachter Eingangsbereich mit Sitzbank/ Ablage und Briefkastenanlage (Foto: Luc Saalfeld) Abendaufnahme der EG-Wohnung mit Küche (links) und Essraum (mitte). Durch die zweiseitige Belichtung wirkt der Raum hell und offen. Im Sommer kann die Schiebetür geöffnet und der Raum in den Garten erweitert werden. In der Aufnahme fehlen noch Einbauküche und Sonnenschutz. (Foto: Luc Saalfeld) 4 3 Schnittzeichnung Straße Garten Querschnitt. Der Keller liegt außerhalb der thermischen Hülle. Aufgrund des Baugrundes und der unterschiedlichen Gründungstiefen der beiden Nachbargebäude (1,50 m unter Gelände bzw. 7,50 m unter Gelände) war eine Bohrpfahlgründung erforderlich. Durch den Verzicht auf eine Vollunterkellerung konnten Abfangarbeiten am weniger tief gegründeten Nachbargebäude entfallen. Gut zu erkennen sind die abgehängten Decken in den Fluren, in denen Lüftungs- und Versorgungs leitungen verlaufen. Die oberste und die unterste Wohnung haben einen zweigeschossigen Essbereich. Der auf der Nordseite gelegene Koch-/ Essbereich der oberen Wohnung erhält besonders im Winter (tiefe Sonne) viel Tageslicht durch Reflektion an der schrägen Decke. 5 4 Grundrisse Grundrisse EG – 6.OG. Alle Aufenthaltsräume verfügen über mindestens ein zu öffnendes Fenster. Die restlichen Fensterflächen sind aus Kostengründen teilweise als Festverglasungen ausgebildet. Jede Wohnung kann im Sommer quergelüftet werden. Die Fenster auf der Südfassade sind als Kastenfenster ausgebildet, die Funktionsweise wird auf Seite 9 erläutert. Keller. Das Kellergeschoss liegt mit Ausnahme des Treppenraums außerhalb der thermischen Hülle. Unterhalb der Durchfahrt befindet sich kein Keller. 6 5 Konstruktionsdetails der Passivhaus-Hülle und -Technik 5.1 Konstruktion inkl. Dämmung der Bodenplatte bzw. Kellerdecke mit Anschlusspunkten zu Außen- und Innenwänden Aufgrund der Teilunterkellerung, des Bohrpfahlrostes aus Stahlbeton, der Durchfahrt und des eingezogenen Eingangsbereichs sind insgesamt 4 verschiedene Deckenaufbauten gegen Außen-/ oder Innenluft, sowie 2 verschiedene Deckenaufbauten gegen Erdreich vorhanden. Exemplarisch werden der Aufbau der Kellerdecke (I3) und die Decke in der Durchfahrt (D2) beschrieben. Konstruktion und Dämmung der Kellerdecke. Um die konstruktiv bedingte Wärmebrücke gering zu halten, werden die Außenwände im EG auf Schaumglasdämmung gestellt. Dies ist möglich, da es sich um nicht tragende Wände handelt. Auch die Trockenbau-Innenwände und die Stahltreppe stehen, thermisch von der Kellerdecke entkoppelt, auf Schaumglasstreifen. Aufbau der Decken: Kellerdecke 10 mm Stäbchenparkett, geklebt, Versiegelung Hartwachsöl; 60 mm (I3) Zementestrich (Heizestrich); 30 mm Trittschalldämmung; PE-Folie; 140 mm EPS-Dämmung; 200 mm Stahlbetondecke; 100 mm Mineralwolledämmung U-Wert 0,128 W/(m²K) Decke Durchfahrt (D2) U-Wert 0,142 W/(m²K) 10 mm Stäbchenparkett, geklebt, Versiegelung Hartwachsöl; 25 mm OSBPlatte; 40 mm KVH-Hölzer 40/80 bzw. Zellulosedämmung; 10 mm Trittschalldämmung; 10 mm Holzweichfaserplatte; 200 mm Stahlbetondecke; 250 mm Isofloc Zellulosedämmung, eingeblasen bzw. Holz-Unterkonstruktion; 12,5 mm Fermacell Powerpaneel H2O, Spachtelung bzw. Anstrich 7 5.2 Konstruktion inkl. Dämmung der Außenwände Aufbau der Außenwand (AW1). Holzständerkonstruktion, Bausystem Naumann & Stahr, in den Wohnungen (AW1); Mischkonstruktion Mauerwerk/ Holzständer im Treppenhaus und in Sonderbereichen (AW2). Außenwand 1 6 mm mineralischer Außenputz; 40 mm Holzweichfaserplatte; 120 mm Zellulosedämmung/ Querlattung 60/60mm/ Holz-Doppel-T-Träger; 15 mm OSB 4 (luftdichte Ebene); 255 mm Zellulosedämmung/ Querlattung 50/30mm/ Holz-Doppel-T-Träger; 25 mm GKF Platten in 2 Lagen; Silikatanstrich U-Wert 0,098 W/(m²K) Außenwand 2 6 mm mineralischer Außenputz; 60 mm Holzweichfaserplatte; 240 mm Zellulosedämmung/ Steico Stegträger; 150 mm Kalksandstein; 10 mm Lehmputz; Silikatanstrich U-Wert 0,140 W/(m²K) 5.3 Konstruktion inkl. Dämmung des Daches Dachaufbau Flachdach Dachterrasse (A5) und Schrägdach (A7). Als typische Aufbauten. 8 Dachterrasse 40 mm Betonwerksteinplatten; 50-130 mm Kiesschüttung; 10 mm A5 Gummigranulatmatte, Stöße überlappt als Trittschallschutz; 8 mm Faserschutzmatte; 8 mm Elastomerbitumenbahn; 30-120 mm PURGefälledämmung 030 Bauder PIR-T; 200 mm PUR-Dämmung 024 Bauder PIR FA; 8 mm Dampfsperre Bauder Therm DS2; Bitumen-Voranstrich; 200 mm Stahlbetondecke; Spachtelung/ Silikatanstrich U-Wert 0,095 W/(m²K) Dach 44° A7 U-Wert 0,095 W/(m²K) 5.4 Titanzink-Doppelstehfalzdeckung, Haften geschraubt, strukturierte Trennlage; 5 mm Bitumendichtung V13; 25 mm OSB 3; 240 mm Zellulosedämmung / Sparren 60/240 mm; 15 mm OSB 4; 220 mm Zellulosedämmung/ 180 mm OSB-Schwerter mit angelaschter Latte 60/60 mm e≤125 cm; feuchteadaptive Dampfbremse Pro Clima DB; 25 mm GKF Platten in 2 Lagen; Silikatanstrich Fensterschnitte inkl. Einbauzeichnung Kastenfenster und Festverglasung. Links Horizontalschnitt, rechts Vertikalschnitt. Die Blendrahmen sind vollständig mit Holzweichfaserplatten überdämmt. Funktionsweise Kastenfenster Südseite. Sommer: gekipptes Außenfenster → Abtransport der Wärme vor Innenfenster → Sonnenschutz Winter-Sonnentag: gekipptes Innenfenster → Erwärmung der Raumluft → Luftheizung 9 Daten zum Fenster Kastenfenster Holz-Glasbaugesellschaft Leipzig, SWS 05, Holz-Kastenfenster, 2 x 2-fachVerglasung, Abstandshalter „Swisspacer V“ 0,60 W/(m²K) Festverglasungen Holz-Glasbaugesellschaft Leipzig, IV90, Holzfenster ausschließlich als Festverglasung, Rahmen voll überdämmt, 3-fach-Verglasung, Abstandshalter „Swisspacer V“ 0,78 W/(m²K) PfostenRiegelFassade RAICO THERM+ 76 H-V, Pfaffenhausen, Holz-Aluminum-Pfosten-RiegelFassade, 3-fach-Verglasung, Abstandshalter „Swisspacer“; Blindfelder mit VIP-Paneelen (U=0,092) bzw. PU-Paneelen (U=0,209); Schiebetür Holz-Alu, ebenenversetzt, 2 Dichtungsebenen, Laibungen voll überdämmt 0,79 W/(m²K) Fenster Variotec, Neumarkt/Oberpfalz, Energyframe 2, Holzfenster, 3-fachVerglasung, Abstandshalter „Thermix“ 0,79 W/(m²K) In der Tabelle sind die U W-Werte gemäß Zertifikat bzw. für Fenster der Abmessungen 1,23 x 1,48 m angeben. Aufgrund unterschiedlicher Abmessungen und Einbausituationen, auch gleicher Fenstertypen, wäre die Darstellung sonst unübersichtlich gewesen. Der gemittelte Wert aller Fenster beträgt: U W = 0,76 W/(m2K) 6 Beschreibung der luftdichten Hülle; Dokumentation des Drucktestergebnisses Die luftdichte Ebene wird wie folgt hergestellt: Holzkonstruktionen: OSB-Platte; Kalksandstein-Wände: Innenputz; Stahlbetonbauteile: Stahlbeton Der Keller ist in WU-Beton ausgebildet und damit als luftdicht anzusehen. Die Fugen Kellerwand an Kellerdecke wurden mit Quellmörtel geschlossen. Am Anschluss Nachbarwand an Geschossdecke (Durchfahrt) wurde der Innenputz bis an die Rohdecke geführt. Die Anschlüsse Holzständerwand - Massivbau wurden vom Zimmermann luftdicht abgeklebt. Innerhalb der Holzständerwände und des Schrägdachs bilden die OSB-Platten die luftdichte Ebene, die Stöße sind abgeklebt. Aufgrund der sehr großen Dämmstoffstärke im Dach A6 wurde die Zellulosedämmung in 2 Ebenen eingeblasen, um die Setzungsgefahr zu reduzieren (Unterteilung durch Holzweichfaserplatte). Hier bildet statt der OSB-Platte eine feuchteadaptive Dampfbremse die luftdichte Ebene. Der Nachweis der Luftdichtheit erfolgte für jede Wohnung sowie das Treppenhaus separat und der Gebäudewert gemäß gewichtetem Nettovolumen ermittelt. Die Leckagen in den Außenwänden und im Dach waren sehr gering. Die größten Leckagen traten zwischen den Wohnungen auf (nicht voll ausbetonierte Deckendurchbrüche der Versorgungsleitungen) und in den Massivwänden (Steckdosen) auf. In der unteren Wohnung traten Leckagen in der Pfosten-RiegelFassade und deren Anschlüssen auf. Hier wurde nachgebessert und eine erneute Messung durchgeführt. 10 7 Lüftungsplanung Kanalnetz (exemplarisch) Lüftungsplanung 3. + 4.OG. Jede Wohnung verfügt über eine eigene Lüftungsanlage. Außen- und Fortlufleitungen befinden sich in den Bädern. Die Lüftungsgeräte und -leitungen sind in den Abhangdecken im Flur installiert. Über eine Revisionsklappe kann das Gerät gewartet werden. Jede Wohnung erhielt ein eigene, unabhängige Lüftungsanlage. Es kamen die Geräte der Firma Heinemann Vallox KWL090, ValloMulti 200 und ValloMulti 300 zur Anwendung. Die Außenluftanbindung erfolgt dezentral über Wandstutzen bzw. Dachhauben. Die Zuluft der EG-Wohnung wird über einen Erdkanal vortemperiert. Vier Lüftungsgeräte sind horizontal in den abgehängten Decken, das Gerät der EGWohnung an der Wand montiert. Alle Lüftungsgeräte sind in Nebenräumen (Flure, Bäder, Abstellraum) aufgestellt und schalltechnisch entkoppelt montiert. Die Zu- und Abluftleitungen werden über nachgeschaltete Schalldämpfer in den Zwischendecken über Verteilerkästen zu den Zu- bzw. Abluftventilen geführt. Die Zuluft wird über in die Tür-Oberblenden integrierte Ventile in die Hauptaufenthaltsräume eingeblasen. Der Ventiltyp ist auf den jeweiligen Raum ausgelegt. Die Überströmung erfolgt unterhalb der Zimmertüren mit berechneten Spaltmaßen. In den Bädern, WCs Küchen und Abstellräumen wird die Luft abgesaugt. 11 8 Wärmeversorgung Heizungsplanung 3. + 4.OG. Erkennbar sind die Wandflächenheizungen sowie die Handtuch heizkörper in den Bädern. Die Flächenheizungen wurden so angeordnet, dass sie eine Möblierung möglichst wenig behindern. Falls Bohrungen in den Wänden erforderlich werden, kann die genaue Lage der Heizrohre über eine Thermofolie lokalisiert werden. Planungsziel war auch hier die Verwendung erprobter und wartungsarmer „Lowtech“Lösungen mit geringem Regelungsaufwand und Fehlerpotenzialen. Die Verwendung erneuerbarer Energien wurde in mehreren Varianten geprüft. Eine Solarthermieanlage im Dach- und Fassadenbereich hätte selbst im Sommer nicht allein für eine sichere Warmwasserversorgung des Hauses mit den vielen Bewohnern ausgereicht. Ein Fernwärmeanschluss erwies sich als einfachste, wirtschaftlichste und ökologisch vertretbare Lösung, zumal das städtische Netz einen sehr guten Primärenergiekennwert aufweist. Die 20 kW Fernwärme-Kompaktstation und der 300 l Pufferspeicher für die Trinkwasserbereitung sind im Keller aufgestellt. Der Anschluss der Heizflächen erfolgt über Heizkreisverteiler in den Wohnungen. Die Wärmeübergabe erfolgt über Wandflächenheizungen in den lehmverputzten Wänden, Gipsfaserplatten mit integrierten Warmwasserleitungen in den Trockenbauwänden, sowie Handtuchheizkörper in den Bädern. 12 9 PHPP-Berechnung Die PHPP-Berechnung ergab folgendes Ergebnis: Ausschnitt aus dem PHPP-Dokument. Zum Primärenergiekennwert ist anzumerken, dass der vom Energieversorger angegebene Primärenergie-Faktor 0,12 zum Bauzeitpunkt, bzw. aktuell 0,0 für die Zertifizierung nicht berücksichtigt wurde, da er vom PHI mit einer einseitigen Stromgutschrift als zu günstig bewertet wird. Der Primärenergiekennwert 109 kWh/(m 2a) ergibt sich mit dem PHPPStandardwert von 0,7. 13 10 Baukosten Neben den Erfordernissen der Nutzung und den gestalterischen und ökologischen Vorstellungen der Bauherren waren die Wirtschaftlichkeit und die Einhaltung des Budgets Voraussetzung für die Realisierung. Zahlreiche Rahmenbedingungen sowie das Ziel des Passivhaus-Standards flossen in die Entwurfsplanung. Besondere Kostenfaktoren waren die Notwendigkeit einer Bohrpfahlgründung und eines Aufzuges bei relativ geringer Grundfläche und Wohnungszahl. Dazu kamen die höheren Kosten für Gebäudehülle, Fenster und Haustechnik zum Erreichen des Passivhaus-Standards. Einsparungen konnten durch den Verzicht auf eine Vollunterkellerung (kein Risiko durch schadenträchtige Abfangarbeiten am Nachbargebäude), durch eine frühzeitige Kostenermittlung, wiederkehrende Prüfung von kostengünstigeren Alternativen mit den Fachplanern, einem gleichen Ausstattungsstandard für alle Wohnungen und eine gewerkeweise Ausschreibung mit detaillierten Leistungsverzeichnissen als Kalkulationsgrundlage für die ausführenden Firmen erzielt werden. Die Passivhaus-Bauweise wurde durch die Sächsische Aufbaubank (SAB) bezuschusst. Baujahr 2011 Wohnfläche 662 qm Nutzfläche 804 qm Energiebezugsfläche (nach PHPP) 673 qm Gesamtbaukosten (KG 200-700) 1.185 T€ (1.790 €/qm Wohnfläche) Bauwerkskosten (KG 300-400) 958 T€ (1.450 €/qm Wohnfläche) Planung Architektur, Bauphysik & Brandschutz Dipl.-Ing. Architekt Heiko Behrens Friedrichstr. 33, 01067 Dresden Planung Haustechnik Hawemann Solar Am Jacobstein 30a, 01445 Radebeul Planung Statik Ingenieurbüro bauArt Bänschstraße 37, 10247 Berlin 14 11 Erfahrungen der Nutzer/ tatsächliche Verbrauchswerte 1.1 Gemessene Energieverbrauchswerte Im Jahr 2012 wurde gemäß Wärmemengenzählern in den Wohnungen 5.935 kWh Heizwärme verbraucht. Korrigiert mit dem „Klimafaktor für den Energieausweis“ des DWD, betrug der Verbrauch 6.885 kWh. Daraus ermittelt sich ein tatsächlicher Verbrauch von unter 10,5 kWh/(m2a). Zu berücksichtigen ist dabei, dass in der kalten Jahreszeit Nachbesserungen mit ungeplanten Wärmeverlusten durchgeführt werden mussten: Pfosten-RiegelFassade mit Austausch defekter Scheibe und Einbau fehlender VIP-Paneele, sowie Estrich-, Bodenbelags- Putz- und Malerarbeiten im Treppenhaus. Das errichtete Gebäude scheint demnach den berechnete Grenzwert für den Heizwärmebedarf eines Passivhauses in der Realität zu unterschreiten. Die gesamten Heiz- und Warmwasser-Bereitungskosten für 2012 betrugen brutto 2071€. Das entspricht 3,13 €/qm Wohnfläche / Jahr. 1.2 Nutzerzufriedenheit, Nutzerverhalten Die Benutzerhandbuch-Vorlage des Passivhaus Instituts wurde für das Bauvorhaben angepasst und den Bewohnern zum Einzug übergeben. Die Wirksamkeit der Kastenfenster ist außerordentlich gut. Die Bewohner stellen die äußeren Fenster im Sommer auf Kipp. Auch auf Nachfrage klagte niemand über zu hohe Temperaturen. Da alle Wohnungen Fensteröffnungen zur Nord- und Südseite haben, ist eine manuelle Querlüftung in Sommernächten möglich. An sonnigen Wintertagen kippen die Bewohner die inneren Kastenfenster an und Nutzen die solaren Wärmegewinne. Durch den Lehmputz und die Wandflächenheizungen herrscht ein angenehmes, auch im Winter nicht zu trockenes Raumklima, das zu einer hohen Nutzerzufriedenheit führt. Literatur Sächsische Energieagentur - SAENA GmbH: „Bauen und Sanieren im Passivhaus-Standard, Beispielprojekte aus Sachsen – Teil 2“; Sächsische Energieagentur - SAENA GmbH; Dresden, Dezember 2012. 15