Lösungen zum Aufgabenblatt 1 Logik und modelltheoretische Semantik Universität München, CIS, SoSe 2016 Hans Leiß Abgabe: Do, 21.4.2016, 16.ct Uhr in der Übungsstunde Aufgabe 1.1 Zeige, daß man die Konjunktion (deshalb), weil, die in der Umgangssprache zwei Aussagen A und B zur Aussage A, weil B verbindet, nicht durch eine Wahrheitsfunktion f : B × B → B interpretieren kann, d.h. daß der Wahrheitswert einer Ausssage (A deshalb, weil B) nicht allein durch die Wahrheitswerte von A und B bestimmt ist. Hinweis: Suche Aussagen A, A′ mit demselben Wahrheitswert und Aussagen B, B ′ mit demselben Wahrheitswert, aber so, daß (A, weil B) nicht denselben Wahrheitswert wie (A′ , weil B ′ ) hat. Lösung von Aufgabe 1.1 Wähle A := “Der Horizont ist gekrümmt”, A′ := 2 · 2 = 4, B = B ′ = “Die Form der Erde ist eine Kugel”. Die Aussagen A, A′ , B, B ′ sind wahr. Von den weil Verbindungen ist (A, weil B) wahr, aber (A′ , weil B ′ ) falsch. Also gibt es keine Wahrheitsfunktion f : B × B → B mit 1 = [[(A, weil B)]] = f ([[A]], [[B]]) = f (1, 1) = f ([[A′ ]], [[B ′ ]]) = [[(A′ , weil B ′ )]] = 0. Aufgabe 1.2 Sei T die Aussagenmenge { p2n ↔ pn | n ∈ N }. (a) Ist T erfüllbar, und wenn ja, warum? Wenn nein, warum nicht? (b) Zeige, daß (p8 ↔ p1 ) aus T folgt. (c) Gib eine endliche Teilmengen E ⊆ T an, aus der (p8 ↔ p1 ) folgt. (d) Gibt es eine kleinste endliche Teilmenge E ⊆ T , aus der (p8 ↔ p1 ) folgt? (e) Zeige, daß (p3 ∧ p2 ) nicht aus T folgt. Lösung von Aufgabe 1.2 (a) Die Belegung h mit h(pi ) = 1 für alle i erfüllt T . (Es gibt auch andere.) (b) Sei h eine Belegung, die T erfüllt. Dann ist [[p2n ↔ pn ]]h = 1 für alle n, also [[p2n ]]h = [[pn ]]h für alle n. Daher ist [[p8 ]]h = [[p4 ]]h = [[p2 ]]h = [[p1 ]]h , woraus [[p8 ↔ p1 ]]h = 1 folgt. (c) E = {(p8 ↔ p4 ), (p4 ↔ p2 ), (p2 ↔ p1 )}. (d) Das obige E ist die kleinste Teilmenge von T , aus der die Formel folgt. Wenn wir z.B. E ′ = E \ {p4 ↔ p2 } betrachten, können wir h mit h(p1 ) = h(p2 ) = 1 und h(pm ) = 0 für alle m ≥ 3 nehmen und haben eine Belegung, die E ′ wahr macht, aber p8 ↔ p1 nicht. (e) Wir suchen eine Belegung h, die alle Aussagen aus T wahr macht, aber (p3 ∧ p2 ) nicht wahr macht. Dann müssen wir h so wählen, daß p3 oder p2 (oder beide) bei h falsch sind. Am einfachsten wählen wir h(pn ) := 0 für alle n ∈ N. Dann ist natürlich [[p3 ∧ p2 ]]h = min{[[p3 ]]h , [[p2 ]]h } = min{h(p3 ), h(p2 )} = min{0, 0} = 0, aber alle Aussagen aus T werden bei h wahr, da wegen [[p2n ]]h = [[pn ]]h ja [[p2n ↔ pn ]]h = 1 ist (nach der Wahrheitstafel für ↔), für jedes n ∈ N. Aufgabe 1.3 Wir habe in der Übungsstunde gezeigt, daß der Endlichkeitssatz für die Folgerung gilt, wenn der Endlichkeitssatz für die Erfüllbarkeit gilt (Folie 13). Durchdenken Sie nochmal das Argument: Sei T eine Aussagenmenge und ϕ eine Aussage. Die Behauptung (bzw. ihr schwieriger Teil) ist: Wenn T |= ϕ, so gibt es ein endliches E ⊆ T mit E |= ϕ. Wir zeigen das indirekt: Angenommen, es gäbe kein endliches E ⊆ T mit E |= ϕ. Dann wäre für jedes endliche E ⊆ T ja E 6|= ϕ. Nach der Proposition (Folie 13) wäre dann für jedes endliche E ⊆ T die Menge E ∪ {¬ϕ} erfüllbar. Und dann wäre nach dem Endlichkeitssatz für die Erfüllbarkeit auch T ∪ {¬ϕ} erfüllbar. Und dann wäre T 6|= ϕ. Der leichte Teil der Behauptung des Endlichkeitssatzes für die Folgerung ist, daß für jede Theorie T und jede Aussage gelten soll: Wenn es eine endliche Teilmenge E ⊆ T mit E |= ϕ gibt, so gilt auch T |= ϕ. Zeigen Sie das durch Anwenden der Definition der Folgerungsbeziehung |=. Lösung von Aufgabe 1.3 Was den leichten Teil der Behauptung angeht: Angenommen, es gibt ein endliches E ⊆ T mit E |= ϕ. Um T |= ϕ zu zeigen, wähle eine beliebige Belegung h : Var → {0, 1}, das alle Aussagen aus T wahr macht. Dann macht h insbesondere alle Aussagen aus E wahr, und wegen E |= ϕ gilt dann [[ϕ]]h = 1. 2