Astronomen auf der Spur einer Supernova – Tübinger Sternwarte richtet Teleskope auf den explodierten Stern Tübingen. Die Entdeckung war ein Zufallsfund: Studenten eines Londoner Astropraktikums nahmen am 21.1.2014 die Nachbargalaxie „Messier 82“ (M82) teleskopisch unter die Lupe – und waren gleich alarmiert, denn ein schwach glimmendes Sternchen darin verriet eine Sensation. Hinter dem Lichtfunken verbarg sich das seltene Ereignis einer aufkeimenden Supernova, das ergaben sehr bald nähere Untersuchungen. Solche gigantische Sternexplosionen (Abk. = SN) können vermittels automatisierter Suchmethoden in zahllosen fernen Galaxien heutzutage oft geortet werden. Allein Supernovae in relativer Nähe aber vermögen gut aufgelöste Spektren zu liefern, anhand derer Astrophysiker ihre Modelle zur Sternentwicklung verbessern können. Das ferne Katastrophengestirn ist mittlerweile so hell geworden, dass es in den Teleskopen der Tübinger Sternwarte auch von Gästen gut erkannt werden kann – über eine Distanz von elfeinhalb Millionen Lichtjahre hinweg, denn so weit ist es bis zur der Gruppe von Galaxien, der M82 angehört. Vor 21 Jahren hatte eine ebenfalls helle Supernova im Nachbar M81 für Aufsehen gesorgt; dieser Spiralnebel bildet mit M82 ein Duo vergleichbar unserer Milchstraße mit dem benachbarten Andromedanebel. Im aktuellen Fall hat man den Supernovatyp „Ia“ erkannt: einen der hellsten, mit – standardmäßig – an die zehn Milliarden Sonnenleuchtkräften! Nicht ein massiger Riesenstern ist hier am Ende seines Lebens zerborsten, sondern ein kompakter Weißer Zwergstern. Solche lange ausgebrannten Relikte sonnenähnlicher Gestirne können, falls sie in engen Doppelsternsystemen stehen, schlagartig explodieren, falls sie – vom Partnerstern über einen Gasstrom „gefüttert“ – die kritische Masse von 1,4 Sonnen letztlich übersteigen. Das kataklysmische Ereignis fällt nach einem nur Tage dauernden Helligkeitsmaximum langsam ab, wird aber für die gesamte Nordhemisphäre unseres Planeten noch über etliche Wochen teleskopisch sichtbar bleiben. Deshalb können die Sternkundigen der Tübinger Astronomischen Vereinigung (AVT) noch lange mit einer Attraktion für ihre Besucher aufwarten. Führungen sind im Kuppelbau der Waldhäuser Straße 70 im Falle klaren Himmels fast jeden Mittwoch und Samstag um 20 Uhr MEZ vorgesehen. Einen Vorgeschmack gibt das am 28.1. von AVT-Mitgliedern auf der Sternwarte erhaltene, langbelichtete Foto von M82. Ein chaotischer Zentralbereich der Galaxie ist mitsamt bunter Gas- und Staubwolken zu erkennen – einzig der explodierte Weiße Zwerg wird aus solchen Fernen als Einzelstern unter Milliarden anderen in M82 erkennbar. Allesamt Sterne des Vordergrunds, unserer eigenen Milchstraße zugehörig, sind die weiteren Lichtpunkte. Kein einziger freilich kann im Fernglas oder gar mit bloßem Auge gesehen werden. (Die visuelle Helligkeit des hellsten Vordergrundsterns rechts unterhalb der Supernova beträgt nur zehn „Magnituden“ = Größenklassen.) Rechts: die beiden Galaxien miteinander; dieses Foto wurde von Dr. Christoph Hebestreit / AVT mit einem Refraktor von nur 100mm Öffnung aufgenommen! SN 2014 J in M82 Norden mV = 10 mag Stern 10. Größe Anno 1993: SN 1993 J in M81 Ludwig Reil Christoph Hebestreit Supernova in der Nachbarmilchstraße Messier 82! Dieses auf der Tübinger Sternwarte langbelichtete Foto der AVT-Mitglieder Ludwig Reil und Wolfgang Wettlaufer (li.) zeigt den Mitte Januar aufgeflammten Stern in der Bildmitte, rechts vom chaotischen Zentralbereich der seitlich gesehenen Galaxie. Wochenlang kann die extrem helle Supernova noch von Besuchern der Sternwarte in Augenschein genommen werden, in der Regel mittwochs und samstags, um 20 Uhr. Für eine Aufsuchekarte ist ggf. erreichbar: Wolfgang Martin Wettlaufer, Dipl.-Biologe – Pressereferent, Astronomische Vereinigung Tübingen e.V. (AVT); Jan/Feb. 2014 72076 TÜBINGEN, Weißdornweg 14/37; Tel. 07071-65349; E-Mail [email protected]