Fallbericht: Erstbeschreibung einer Infektion mit Clos

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Wiener Tierärztliche Monatsschrift – Veterinary Medicine Austria
101 (2014)
Aus der Klinik für Wiederkäuer1, Department für Nutztiere und öffentliches Gesundheitswesen in der Veterinärmedizin, Veterinärmedizinische Universität Wien, der Bezirkshauptmannschaft Murau2 und der Landesanstalt für
Veterinärmedizinische Untersuchungen Klagenfurt3
Fallbericht: Erstbeschreibung einer Infektion mit Clostridium septicum bei einer Gämse (Rupicapra rupicapra)
J. BURGSTALLER1*, A. DEUTZ2 und M.D. MANSFELD3
eingelangt 13. September 2013
angenommen 12. November 2013
Schlüsselwörter: Pararauschbrand, Clostridium
septicum, Gamswild, Rupicapra rupicapra.
Zusammenfassung
Bei einem vierjährigen Gamsbock (Rupicapra rupicapra), welcher im November 2012 in der Reißeckgruppe in den Hohen Tauern (Kärnten) erlegt worden
war, konnte eine Infektion mit Clostridium septicum
nachgewiesen werden. Das Tier zeigte hochgradige
Lahmheit an allen Extremitäten, es bewegte sich
kaum und der Körperumfang erschien vergrößert. Die
postmortale Untersuchung zeigte umfangreiche Gasödeme unter der Haut, die sich vom Kopf über den
Wildkörper bis zu den Klauen erstreckten. Mittels mikrobiologischer und histologischer Untersuchung des
Wildfleisches konnten Stäbchen und Sporen von
Clostridium septicum festgestellt werden.
Keywords: malignant oedema, Clostridium septicum, chamois, Rupicapra rupicapra.
Summary
Infection with Clostridium septicum in a chamois
(Rupicapra rupicapra)
A four-year-old chamois buck, shot in November
2012 in the alpine region Reißeckgruppe (Hohe Tauern) in Austria (Carinthia), was infected with
Clostridium septicum. The animal showed severe
akinesia and lameness. The body shape seemed
enlarged. Post mortem examination showed massive gas oedema, which covered the entire carcass.
Microbiological as well as histological analyses identified the gram positive, spore-producing bacterium
Clostridium septicum.
Einleitung
Als Pararauschbrand oder malignes Ödem wird ein
durch Wundinfektion mit Clostridium septicum ausgelöstes Krankheitsbild bezeichnet, welches mit Gasödembildung einhergeht. In der Wiederkäuermedizin
hat der Pararauschbrand am häufigsten als Folge von
Verletzungen (wie in Zusammenhang mit Geburtshilfe, Verletzungen im Maul- und Schlundbereich, Unfallfolgen), nach Infektionen von Operationswunden (wie
Enthornung, Kastration, Schwanzamputation) sowie
nach Injektionen und Impfungen Bedeutung
(STÖBER, 2006; RADOSTITS et al., 2007). Neben
dem Pararauschbrand in Folge von Wundinfektionen
ist auch ein Labmagenpararauschbrand (nordischer
Bradsot) bekannt. Hierbei handelt es sich um eine
beim Schaf vorkommende, nicht kontagiöse, hämorrhagisch-nekrotisierende Abomasitis. Der Terminus
„Pararauschbrand“ findet also als Synonym für andere
Gasödemerkrankungen, ausgenommen den Rauschbrand verursacht durch Cl. chauvoei, Verwendung.
Der Pararauschbrand kommt bei allen Haussäugetieren, bei Vögeln und dem Menschen vor
(SELBITZ, 2011). Menschen akquirieren Infektionen
ebenfalls meist im Zusammenhang mit tiefen Verletzungen sowie über den Verdauungstrakt (MILLER,
1994).
Die Infektion konnte auch vereinzelt bei
Wildtieren nachgewiesen werden. So beschrieben
BANOVCANIN et al. (1981) bei wildlebenden und in
Zoos gehaltenen Tieren Mischinfektionen mit
Clostridienbeteiligung, bei denen als Folgen der Infektionen Enterotoxämien und maligne Ödeme auftraten.
Die Erregerisolierung bei den betroffenen Spezies
(Reh, Dam- und Muffelwild, Giraffen, Antilopen,
Elefanten, Zebras, ein Fuchs und ein Nutria) wurde
postmortal im Zuge von Sektionen geführt. Beim Rotwild (ZHANG et al., 1997), bei Antilopen (GETHING,
1972; GALLAGHER, 1972), Rentieren (HERRON et al.,
1979), Sikawild (TANG, 1982), Bison (MACKINTOSH et
al., 2002) und Braunbären (LATINOVIC et al., 1989),
sowie bei einem Gorilla (FONTENOT et al., 2005)
konnte ebenfalls Cl. septicum als Pathogen isoliert werden und führte zum Erkranken bzw.
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Verenden der Tiere. Die Virulenz von Cl. septicum wird
durch Enzyme und Toxine bestimmt, die zu einem
großen Teil auch von Cl. chauvoei produziert werden.
Das Wirtsspektrum des Rauschbrandes hingegen
ist auf Wiederkäuer beschränkt (STÖBER, 2006), darüber hinaus konnten einzelne Fälle beim Nerz und bei
Straußen (SELBITZ, 2011) diagnostiziert werden.
Clostridium septicum gehört zur Familie Clostridiaceae, Ordnung Clostridiales, Klasse Clostridia des
Stammes der Firmicutes. Es handelt sich um ein
grampositives (in älteren Kulturen manchmal auch
gramnegatives), gerades oder leicht gekrümmtes,
einzeln oder in Paaren liegendes, meist peritrich begeißeltes und bewegliches, anaerobes, sporenbildendes Stäbchenbakterium von 0,6–1,9 x 1,9–35,0 μm
Größe. Die Sporen sind oval, subterminal gelagert
und dehnen den Zellleib aus, sie können in der Umwelt
im eingetrockneten Zustand jahrelang infektiös sein
(WIEGEL, 2009).
Clostridium septicum bildet auf Columbia-Schafblutagar bei anaerober Bebrütung nach 24 h 1–5 mm große,
runde, leicht erhabene, translucente, graue Kolonien
mit unregelmäßigem bis rhizoidem Rand und einer
vollständigen Hämolyse. Meist schwärmen die Kolonien über die Agaroberfläche. Das Wachstumsoptimum liegt bei 37–40 °C, in der Regel erfolgt eine
Vermehrung aber auch noch bei 44 °C. In PeptonHefeextrakt-Bouillon bildet Cl. septicum große
Mengen von Essig- und Buttersäure, sowie meist
auch Ameisensäure und Schwefelwasserstoff.
Eintrittspforten für Cl. septicum sind meist direkte
Wundkontaminationen, weiters Geburtsverletzungen
und Nabelinfektionen. Die Infektion mit Cl. septicum
kann aber auch über den Magen-Darmtrakt erfolgen.
Begünstigt wird die intestinale Form durch gefrorenes, verdorbenes und stark verschmutztes Futter. Der
Labmagenpararauschbrand verläuft als „schnelle
Seuche“ (dän.: Bradsot), Todesfälle treten innerhalb
eines Tages, oft auch schon nach zwei bis zwölf Stunden auf. Als pathologischer Befund kann hierbei stets
eine hämorrhagisch-nekrotisierende Abomasitis mit
letaler Bakteriämie festgestellt werden. Betroffen sind
sowohl Lämmer als auch ältere Schafe. Klinisch
zeigen sich bei dieser Erkrankung Schmerzen, Tachykardie, Blutdruckabfall und Nierenversagen. Bei der
Palpation sind Emphyseme im Weichteilgewebe tastbar. Rasch entwickeln sich Blutungen, Ödeme und
Nekrosen entlang der Muskelfaszien. Anfänglich sind
die Veränderungen warm, kühlen jedoch im weiteren
Verlauf ab. Virulenzfaktoren sind das α-Toxin, β-Toxin
(DNAse, Leukocidin), γ-Toxin (Hyaluronidase), die
Neuraminidase und Sialidase. Von vorrangiger Bedeutung ist jedoch das letale hämolytische und
nekrotisierende α-Toxin, das perakut tödlich verlaufende Infektionen bei Mensch und Tier verursachen
kann (SONGER u. POST, 2005).
Die Prognose bei klinisch manifestem Pararauschbrandes ist, ebenso wie beim Rauschbrand,
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bis auf sehr frische Fälle infaust und eine Therapie
daher aussichtslos. Nutztierbestände können prophylaktisch mit Kombinationsimpfstoffen geimpft
werden (SELBITZ, 2011). In Österreich ist die
Bekämpfung des Rauschbrandes gesetzlich geregelt, hierbei wird ein Kombinationsimpfstoff, der
auch eine Wirksamkeit gegen Cl. septicum hat,
eingesetzt.
Fallbericht
In der Gamsbrunft 2012 wurde ein vierjähriger,
schwer erkrankter Gamsbock in den Hohen Tauern
erlegt. Die Reißeckgruppe in Kärnten liegt im Gamswildkerngebiet und erstreckt sich, vom Liesertal im
Osten und dem Drautal im Süden begrenzt, Richtung
Nordwesten der Ankogelgruppe zu und umfasst
Gipfel zwischen 2000 m und 3000 m Seehöhe. Das
Gamswild ist in dieser Urgesteinsregion neben dem
Rotwild die Hauptwildart.
Der Gamsbock war zwei Tage vor dem Erlegen aus
weiter Entfernung beobachtet worden, wobei sein
eingeschränktes Allgemeinverhalten auffällig war. Der
Ernährungszustand schien bei der Lebenduntersuchung gut, die Körperhaltung war durch die gekrümmte Rückenlinie und das aufgezogene Abdomen auffällig. Augenscheinlich bewegte sich das Tier nur sehr
zaghaft und schien unter einer hochgradigen Lahmheit zu leiden. Das Haarkleid der Gämse war über die
gesamte Körperoberfläche gesträubt und der Körperumfang erschien vergrößert. Haarlosigkeit oder
Hyperkeratosen konnten nicht festgestellt werden.
Bereits aus großer Entfernung konnte Schweratmigkeit und sichtbare Atemnot beobachtet werden. Die
Körperöffnungen zeigten keinen Hinweis auf eine Erkrankung. Aufgrund der Bewegungsstörung, des
schlechten Allgemeinbefindens und der Atemnot
wurde der Gamsbock erlegt.
Bereits vor dem Eröffnen des Tierkörpers wurde
vom Jäger der stark abweichende Geruch des Tieres
festgestellt. Dieser unterschied sich vom normalen
Brunftgeruch des Gamswildes deutlich und erinnerte an Buttersäure. Beim Durchtasten des Tierkörpers
waren von Kopf bis zu den Klauen Gasansammlungen unter der Haut spürbar (Abb. 1 u. Abb. 2). Verschmutzungen im Analbereich, als Hinweise einer
Durchfallerkrankung, konnten nicht festgestellt
werden. Beim Eröffnen der Leibeshöhlen entwich
spontan Gas, welches dem einer Buttersäuregärung
bei Silage ähnlich war. Die Brust- und Bauchhöhle
waren unauffällig. Die Fettdepots am Herzen und im
Bereich der Nierenlager waren der Jahreszeit entsprechend gut ausgebildet. Die entnommenen inneren Organe wiesen in Größe, Gewicht, Form, Beschaffenheit, Oberfläche, sowie am Anschnitt keine
Auffälligkeiten auf. Es konnten makroskopisch keine
Endoparasiten festgestellt werden. Die beim Eröffnen des Tierkörpers sichtbare Muskulatur am Hals,
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der muskuläre Anteil des Zwerchfelles, sowie die
Oberschenkelmuskulatur waren in Farbe, Konsistenz
und Aussehen normal, jedoch vom Geruch her hochgradig vom Normalbefund abweichend. Der Geruch
war stechend und von süß-säuerlichem Charakter.
Beim Enthäuten konnten keine Verletzungen oder
Blutungen festgestellt werden.
Für eine mikrobiologische Untersuchung wurde ein
dunkelrotes Muskelstück aus der Oberschenkelmuskulatur der Gämse an die Landesanstalt für veterinärmedizinische Untersuchungen in Klagenfurt weitergeleitet. Der Erregernachweis an der Landesanstalt
erfolgte durch eine anaerobe Kultivierung des Erregers mit anschließender Identifizierung mittels direkter Immunfluoreszenz sowie einer Immunfluoreszenzfärbung des Muskelabklatsches.
Die primäre Erregeranzucht erfolgte auf festen
Nährböden als anaerobe Oberflächenkultur. Nach
Abflammen der Oberfläche wurde mit steriler Pinzette und Skalpell ein ca. bohnengroßes Stück verändertes Muskelgewebe entnommen und auf die Nährmedien (Columbia-Schafblutagar und SchädlerAgar) ausgestrichen. Die Platten wurden 24 h bei
37 °C unter anaeroben Verhältnissen in einem
Anaerobiertopf bebrütet. Im selben Arbeitsgang
wurden drei direkte Objektträgerausstriche (Muskeldirekt-abklatsche) angefertigt, einer wurde nach
Gram (Abb. 3), die beiden anderen mittels Immunfluoreszenzfärbung gefärbt. Nach 24 h wurden die
Kulturplatten auf das Wachstum von Clostridienkolonien untersucht. Es zeigte sich das Wachstum einer
anaeroben Mischflora, mit und ohne Hämolyse. Von
den verschiedenen Kolonieformen wurden Subkulturen (Columbia-Schafblutagar und Schädler-Agar)
angelegt, die wiederum 24 h bei 37 °C anaerob bebrütet wurden.
Die vorherrschende Kolonieform waren auf dem
Columbia-Schafblutagar konfluierende, rasenförmige
und mit β-Hämolyse wachsende Kolonien mit zarten
Ausläufern, die morphologisch verdächtig für Cl. septicum waren. Von allen Subkulturen wurden zur Bestätigung des Verdachtes ebenfalls Objektträgerausstriche angefertigt, die wiederum einer Immunfluoreszenzfärbung unterzogen wurden.
Für die Immunfluoreszenzfärbung wurden polyklonale Antiseren der Firma VMRD (Pullman, Washington, USA) gegen Cl. chauvoei und Cl. septicum verwendet, die mit Fluorescein-isothiocyanat konjugiert
waren. Als Positivkontrollen dienten mit Cl. chauvoei
sowie Cl. septicum beschichtete Objektträger der
Firma VMRD.
Die bereits von der Koloniemorphologieform her
verdächtigen Kolonien konnten mittels Immunfluoreszenz als Cl. septicum identifiziert werden. Andere gewachsene Anaerobier zeigten keine Fluoreszenz.
Aufgrund der vorliegenden pathomorphologischen
und mikrobiologischen Befunde konnte die Diagnose
„Pararauschbrand“ gestellt werden.
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Abb. 1: Die erkrankte Gämse nach dem Erlegen mit deutlichen
Schwellungen im Kopfbereich, besonders um das Auge. Palpatorisch waren an dieser Stelle subkutane Emphyseme tastbar.
Abb. 2: Gämse nach dem Erlegen: Die subkutanen Emphyseme
sind auch im Zwischenklauen- und Fesselbereich deutlich ausgeprägt. Durch das Emphysem erscheinen die Klauen gespreizt.
Die haarlosen Stellen und oberflächlichen Hautläsionen waren an
allen Extremitäten gleich ausgebildet.
Abb. 3: Vegetative Form von Clostridium septicum, Gramfärbung,
Ölimmersion, 1000-fache Vergrößerung
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Diskussion
Beim Nachweis von Cl. septicum ist die klinische Diagnose „Pararauschbrand“ (im Gegensatz zum Nachweis von Cl. chauvoei als Rauschbranderreger) keineswegs eindeutig. Clostridium septicum kommt
ubiquitär vor, ist an Fäulnisprozessen beteiligt und
könnte post mortem über den Verdauungstrakt bzw.
die Blutbahn in die Muskulatur eingewandert sein. Die
Diagnose muss daher jedenfalls im Zusammenhang
mit dem klinischen und pathoanatomischen Befund
gestellt werden.
Im vorliegenden Fall spricht der Erregernachweis in
Verbindung mit den Befunden vor und nach dem
Erlegen der Gämse sowie die Ziehung des Probenmaterials unmittelbar nach der Erlegung eindeutig für das
Vorliegen eines Pararauschbrandes und stellt damit
eine Erstbeschreibung von Pararauschbrand bei der
Gämse dar. Derartige Fälle bei Wildtieren werden
wegen des fulminanten Verlaufes sicherlich nur sehr
selten beobachtet.
Neben Cl. septicum werden von STÖBER (2006)
auch Cl. oedematiens, Cl. carnis, Cl. sordelli, Cl. chicamanensis und Cl. sporogenes als fakultativ pathogene Keime im Zusammenhang mit Pararauschbrand
erwähnt. Gegenüber dem Erreger des Rauschbrandes (Cl. chauvoei), der nur an bestimmte Regionen
gebunden vorkommt („Bodenseuche“), sind die vorgenannten Erreger als ubiquitär zu betrachten. Eine
mögliche Steigerung des Infektionsdruckes mit Clostridien ergibt sich aus der in den letzten Jahren selbst
in Almregionen stark zunehmenden Gülleausbringung. Bei der Ausbringung von Gülle wären neben
klassischen Düngungsfragen auch hygienische Mindeststandards wie eine Lagerung der Gülle über
60 Tage im Sommer und 90 Tage im Winter (Selbsthygienisierung) zu beachten (DEUTZ u. GRESSMANN,
2013). Eine Diskussion über die Gründe der Zunahme
von (chronischem) Botulismus, Listeriose oder dem
Auftreten Antibiotika-resistenter Keime wird auch bei
Wildtieren geführt werden müssen. Ebenso tauchen
diese Fragen bei der Bekämpfung von Tuberkulose
und Paratuberkulose auf.
STÖBER (2006) gibt für den Pararauschbrand beim
Rind eine Inkubationszeit von ein bis fünf Tagen und ein
Verenden innerhalb von zwei bis fünf Tagen nach den
ersten klinischen Symptomen in der Mehrzahl der Fälle
an, abhängig von der Eintrittspforte für die Erreger. Die
Gämse in vorliegendem Falle wurde zwei Tage vor der
Erlegung beobachtet und zeigte zu diesem Zeitpunkt
bereits ein eingeschränktes Allgemeinverhalten.
Als Eintrittspforten für die Infektion mit dem ubiquitär vorkommenden Erreger kommen vor allem eine
Brunftverletzung durch das sogenannte „Hakeln“
(eine Verletzung durch das Horn des Kontrahenten),
die unter Umständen beim Abhäuten nicht auffallen
muss, eine Verletzung des Zahnfleisches, eine Verletzung im Bereich des Kronsaumes oder im Zwischenklauenbereich im Zuge von Hetzjagden in der Brunft
oder eine „okkulte“ Infektion über den Verdauungstrakt (wie Verletzungen im Maulbereich, Zahnwechsel
oder parasitär bedingte Mikroläsionen im Verdauungstrakt) in Frage. Im vorliegenden Fall könnte eine
Verletzung im Brunftgeschehen als wahrscheinlichste
Eintrittspforte angenommen werden, zumal der Zahnwechsel bei diesem vierjährigen Gamsbock bereits
abgeschlossen war.
Wie dieser Fall demonstriert, ist eine gute Ausbildung der Jäger in den Bereichen Wildkrankheiten, Lebenduntersuchung von Wild und Veränderungen beim
Ausweiden unbedingt erforderlich, um die Lebensmittelsicherheit von Wildfleisch zu gewährleisten (DEUTZ
u. DEUTZ, 2011). Jäger müssen sich beim Inverkehrbringen von erlegtem Wild ihrer Stellung als Lebensmittelunternehmer absolut bewusst sein (DEUTZ,
2012).
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vom
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RGBl.
Laboranweisungen
Laboranweisung und SOP-PV der Landesanstalt für
veterinärmedizinische
Untersuchungen
Klagenfurt Analysezertifikate der Firma VMRD (Pullman,
Washington, USA)
*Anschrift des korrespondierenden Autors:
Johann Burgstaller,
Veterinärmedizinische Universität Wien,
Veterinärplatz 1, 1210 Wien
E-Mail: [email protected]
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