Zusammenhänge und gemeinsame Einflussfaktoren von Mitarbeiterund Kundenzufriedenheit — Eine explorative Studie im Handel 1 Hintergrund und Zielsetzung der Studie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 2 Methodisches Vorgehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 2.1 Untersuchungsmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 2.2 Untersuchungsfeld und Stichprobe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 2.3 Ablauf der Interviews . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 2.4 Auswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 3 Zusammenfassung und Interpretation der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 3.1 Faktoren der Mitarbeiterzufriedenheit und ihr Einfluss auf die Kundenzufriedenheit . 23 3.2 Faktoren der Kundenzufriedenheit und ihr Einfluss auf die Mitarbeiterzufriedenheit . 25 3.3 Gemeinsame Einflussfaktoren der Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit . . . . . . . . . . 25 3.4 Grafische Veranschaulichung der Einflussfaktoren von Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 3.5 Zusammenhänge zwischen Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit in der Interaktionssituation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 3.6 Gesamtmodell der Zusammenhänge und Einflussfaktoren der Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 4 Implikationen für die Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 5 Implikationen für die Forschung und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 von Stephanie Mittelstaedt und Stefanie Winter 1 Hintergrund und Zielsetzung der Studie »Je zufriedener die Mitarbeiter, desto zufriedener sind die Kunden und desto höher ist die Kundenbindung an das Unternehmen.« konnte man am 6. Juni 1999 in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung als Credo einer von der Unternehmensberatung BBE im Facheinzelhandel durchgeführten Befragung lesen. Freundliches und hilfsbereites Verkaufspersonal, das mit seinem Unternehmen zufrieden ist, lässt demnach das Einkaufen für den Kunden zum zufriedenstellenden Erlebnis werden. Diese intuitiv einleuchtende Erkenntnis fand in den letzten Jahren in der Managementpraxis mehr und mehr Anhänger und auch die Forschung beschäftigt sich immer intensiver mit der Frage, ob und inwiefern zufriedene Mitarbeiter Kundenzufriedenheit bewirken und ob zufriedene Kunden auch die Mitarbeiterzufriedenheit beeinflussen. In verschiedenen Studien konnte bereits auf empirischem Wege ein Zusammenhang zwischen Mit- arbeiter- und Kundenzufriedenheit gefunden werden (z.B. Schneider & Bowen 1985, Wiley 1991, Tornow & Wiley 1991, Reynierse & Harker 1992, Bernhardt, Donthu & Kennett 2000, Stock 2001), andere Ergebnisse scheinen diesen jedoch nicht belegen zu können (z.B. Loveman 1998, Schneider, Parkington & Buxton 1980, Schwetje 1999). Als problematisch kann in vielen Studien die Operationalisierung der Konstrukte Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit sowie die Vernachlässigung der konkreten Mitarbeiter-KundenInteraktion angesehen werden. Die beiden Konstrukte wurden bisher meist auf genereller, personenübergreifender Ebene untersucht, wobei nicht geklärt werden konnte, wie sich Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit in der Interaktion zwischen Mitarbeiter und Kunde auswirken. Deshalb ist es in einem nächsten Schritt interessant zu untersuchen, wie Mitarbeiter und Kunden selbst die Interaktion erleben. Grundsätzliche Fragen wie »Hängen Mitarbeiterund Kundenzufriedenheit zusammen und wenn ja, inwiefern? Verhält sich ein zufriedener Mitarbeiter in der Interaktion mit Kunden anders als ein unzufriedener?« können in diesem Zusammenhang gestellt werden. Verschiedene Autoren fanden, dass einige die Mitarbeiter beeinflussende Faktoren, wie beispiels- Seite 22 Stephanie Mittelstaedt und Stefanie Winter weise die HR Praktiken des Unternehmens, die Führung oder die interne Servicequalität auch für die Kunden relevant sind. Diese Forschungsergebnisse legen nahe, dass es Einflussfaktoren gibt, die Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit gleichzeitig beeinflussen. Solche Ergebnisse werfen jedoch wiederum Fragen auf wie: »Welche Möglichkeiten gibt es nun, die Mitarbeiter- und die Kundenzufriedenheit positiv zu beeinflussen? Was beeinflusst die Zufriedenheit von Mitarbeitern, was die von Kunden? Gibt es Einflussfaktoren, die sowohl auf die Zufriedenheit der Mitarbeiter, als auch auf die Zufriedenheit der Kunden wirken? Und wenn ja, welche?« Diese Fragen sind nicht nur für die wirtschaftspsychologische Forschung, sondern auch und gerade für die unternehmerische Praxis relevant. Um einen Erklärungsbeitrag zur Erhellung der Zusammenhänge zu leisten gilt es, mehrere Unterfragen zu klären, die im folgenden kurz aufgelistet sind. Zielsetzung der Untersuchung ist es, aus den Ergebnissen der explorativen Studie einen Vorschlag für ein hypothetisches Modell zu Zusammenhängen und gemeinsamen Einflussfaktoren von Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit zu erarbeiten. Explorative Fragestellungen der Untersuchung 2.2 Untersuchungsfeld und Stichprobe Explorative Fragestellung 1a: Welche Faktoren beeinflussen die Mitarbeiterzufriedenheit? Explorative Fragestellung 1b: Welche Faktoren beeinflussen die Kundenzufriedenheit? Explorative Fragestellung 1c: Welche Faktoren beeinflussen sowohl Mitarbeiterals auch Kundenzufriedenheit, sind also gemeinsame Einflussfaktoren von Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit? Explorative Fragestellung 2a: Wie sieht die Interaktion zwischen Mitarbeitern und Kunden aus der Perspektive von Mitarbeitern und Kunden aus? Explorative Fragestellung 2b: Wie wirkt sich in der Interaktion Mitarbeiter- (un-) zufriedenheit auf die Kunden aus (nach Meinung von Mitarbeitern und Kunden)? Explorative Fragestellung 2c: Wie wirkt sich in der Interaktion Kunden- (un-) zufriedenheit auf die Mitarbeiter aus (nach Meinung von Mitarbeitern und Kunden)? Abbildung 1. Explorative Fragestellungen der Untersuchung 2 Methodisches Vorgehen 2.1 Untersuchungsmethode In dieser Untersuchung wurde besonderen Wert auf das Expertenwissen von Mitarbeitern und Kunden gelegt, denn wer könnte die Bedingungsfaktoren der Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit besser beurteilen, wenn nicht Mitarbeiter und Kunden selbst? Auch die Beurteilung und vor allem die subjektive Wahrnehmung der Interaktion zwischen Mitarbeiter und Kunde kann am besten durch die Betroffenen selbst beschrieben werden. Die Befragung wurde mit Hilfe von qualitativen Einzelinterviews durchgeführt. Die qualitative Methode wurde aufgrund der explorativen Natur der Fragestellung gewählt, in der es darum geht, Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge in der Wahrnehmung der Mitarbeiter und Kunden zu ergründen. Die Daten für die vorliegende Studie wurden in einen Warenhaus erhoben, wobei sowohl Mitarbeiter als auch Kunden in Einzelinterviews befragt wurden. Das Warenhaus erschien als Untersuchungsfeld besonders geeignet, da dort ein direkter MitarbeiterKunden-Kontakt mit häufigen Interaktionen zwischen Mitarbeitern und Kunden besteht. Für die Informationsgewinnung mit Hilfe qualitativer Erhebungsverfahren ist es entscheidend, eine möglichst große Bandbreite unterschiedlicher Meinungen und Einstellungen zu berücksichtigen. Daher wird eine gezielte Auswahl nach theoretisch vorgegebenen Kriterien vorgenommen, mit dem Ziel, durch die Auswahl typischer, idealer oder extremer Fälle möglichst komplexe, differenzierte und profunde Einsichten in den Untersuchungsgegenstand zu erlangen (Lamnek, 1995). Bei der Mitarbeiterstichprobe, bei der die für die Untersuchung relevanten Daten jedes Mitarbeiters bereits bekannt waren, wurde eine gezielte Auswahl mit möglichst breiter Streuung der Merkmale (Tätigkeitsbereich, Status, Alter) durchgeführt, um Mitarbeiter mit möglichst verschiedenen Hintergründen zu befragen und so zu einer breiten Fächerung der Meinungen und Aussagen zu kommen (Strategie der maximalen Variation nach Flick, 1995). Zusammenhänge und gemeinsame Einflussfaktoren von Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit Bei der Kundenstichprobe hingegen waren nur wenige Daten vor der Rekrutierung bekannt. Daher musste hier, wie beim theoretical sampling nach Glaser und Strauss (1967), im Laufe des Datenerhebungsprozesses immer neu entschieden werden, welche und wie viele Fälle hinzugenommen wurden. Im Verlauf der Befragung ergaben sich bereits nach einigen Interviews recht breite Übereinstimmungen in den Aussagen der Mitarbeiter (theoretische Sättigung nach Glaser & Strauss, 1967), weswegen die Anzahl bei zehn Interviews belassen wurde. Bei den Kunden war die theoretische Sättigung nach 14 Interviews erreicht. 2.3 Ablauf der Interviews Die gewählte Methode des Leitfaden-Interviews besteht aus offen formulierten Fragen, auf die der Befragte frei antworten und dabei unbeschränkt seine subjektive Sicht mitteilen kann (Flick, 1995). Durch diese Offenheit und Flexibilität ist die Herangehensweise im qualitativen Interview nicht prädeterminiert und liefert unverzerrte und umfassende Informationen über den Untersuchungsgegenstand (Kepper, 1994). In einem eigens konstruierten Interviewleitfaden wurden die Mitarbeiter und Kunden zunächst nach Critical Incidents im Zusammenhang mit der Arbeit / dem Einkauf gefragt. Nach einigen allgemeinen Fragen zu Positivem und Negativem bei der Arbeit / beim Einkauf wurden konkrete Bedingungsfaktoren für die eigene Zufriedenheit eruiert. Dabei sollte auch eine »Horrorversion« beschrieben werden, anhand derer dann das (gegenteilige) Idealbild erarbeitet wurde. In einem Rollenspiel wurde dann die Interaktion zwischen Mitarbeiter und Kunde genauer betrachtet und daraus gemeinsam Rückschlüsse auf positive und negative Verhaltensweisen innerhalb der Interaktion gezogen. Auch die Einschätzung von Mitarbeitern und Kunden bezüglich der gegenseitigen Beeinflussung von Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit wurde eruiert. Erfragt wurden auch die Wahrnehmung zu möglichen gemeinsamen Einflussfaktoren von Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit. Danach wurde die Möglichkeit gegeben, Verbesserungsvorschläge zu äußern. Zuletzt wurden einige demographische Daten erhoben, um die ausreichende Variation relevanter Merkmale in der Stichprobe sicherzustellen. 2.4 Auswertung Mit Hilfe der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring (1995) wurden die Verbaldaten aus den Inter- Seite 23 views (14 Kunden und zehn Mitarbeiter) im Hinblick auf die Forschungsfragen ausgewertet. Dabei wurden die Aussagen zusammengefasst und nach sich sukzessive konkretisierenden inhaltlichen Kategorien gruppiert. Diese Kategorien stellen die Faktoren dar, die sich im Modell auf die Zufriedenheit der Mitarbeiter und Kunden auswirken. Die gefundenen Faktoren und Zusammenhänge sollen im folgenden zusammenfassend dargestellt werden. 3 Zusammenfassung und Interpretation der Ergebnisse Im Rahmen der Auswertung konnten drei Arten von Einflussfaktoren unterschieden werden: diejenigen, die zunächst primär die Mitarbeiterzufriedenheit beeinflussen, diejenigen, die zunächst primär auf die Kundenzufriedenheit wirken und schließlich die gemeinsamen Einflussfaktoren, die sowohl Mitarbeiter- als auch Kundenzufriedenheit gleichzeitig beeinflussen. 3.1 Faktoren der Mitarbeiterzufriedenheit und ihr Einfluss auf die Kundenzufriedenheit Interne Unternehmensfaktoren wie Führung, Weiterbildungsmöglichkeiten, Kollegen, Nebentätigkeiten, Sicherheit, Entlohnung und Identifikation sind für die Kunden nicht direkt spürbar oder sichtbar und beeinflussen deshalb zunächst nur die Mitarbeiter. Doch wird von Mitarbeitern wie Kunden angenommen, dass sie auf das Verhalten der Mitarbeiter einwirken und dadurch indirekt auch die Kunden beeinflussen können. Verschiedene Szenarien des Einflusses der Faktoren auf das Mitarbeiterverhalten sind hier denkbar, die im folgenden für jeden Faktor kurz beschrieben werden sollen. Die Art und Weise der Führung im Unternehmen beeinflusst offensichtlich sowohl die Zufriedenheit, als auch (Annahmen der Kunden zufolge) direkt das Verhalten der Mitarbeiter, da sie motivierter sind und sich ungezwungener verhalten können, wenn sie sich im Unternehmen wohl fühlen und das Gefühl haben, die Vorgesetzten haben Verständnis für sie, erkennen ihre Leistungen an und stehen hinter ihnen. Nicht nur die Mitarbeiter, auch die Kunden hielten es für wichtig, dass der Vorgesetzte sozial kompetent ist, seine Mitarbeiter versteht und ihnen entgegenkommt. Seite 24 Stephanie Mittelstaedt und Stefanie Winter Faktoren, die für Mitarbeiter wichtig waren, wie Information und Kommunikation, besonders die Information der Mitarbeiter über Prozesse und Abläufe, die Kommunikation der Hintergründe von Unternehmensentscheidungen und die Informationssuche für Verbesserungsvorschläge bei den Mitarbeitern wurden auch von den Kunden als wichtig gesehen. Die Führung und der Führungsstil könnten demnach einen Einfluss auf das Verhalten der Mitarbeiter ausüben, beispielsweise wenn ein zu autoritärer Führungsstil Frustration oder Reaktanz bei den Mitarbeitern verursacht und dies dann in der Interaktion mit den Kunden deutlich wird. Dagegen könnte eine Führung, die es versteht, die Mitarbeiter zu motivieren und zu begeistern, eine positive Auswirkung auf das Mitarbeiterverhalten in der Interaktion mit Kunden haben. Die Möglichkeit zur Weiterbildung und beruflichen Weiterentwicklung wirkt sich ebenfalls auf die Motivation der Mitarbeiter aus. Einleuchtend ist ein negativer Einfluss auf die Mitarbeiterfluktuation, denn wenn Mitarbeiter Chancen zum Aufstieg und Anreize im eigenen Unternehmen sehen, ist anzunehmen, dass sie weniger Anlass sehen, das Unternehmen zu wechseln. Die Mitarbeiterbindung wiederum wirkt sich, vor allem durch die erhöhte Kompetenz langjähriger Mitarbeiter, auf die Kundenzufriedenheit aus. Auch der persönliche Kontakt zwischen Stammkunden und langjährigen Mitarbeitern beispielsweise wird von den Kunden als angenehm empfunden. Möglich ist auch ein direkter Einfluss der Weiterbildung auf die Kompetenz der Mitarbeiter, die wiederum einen positiven Einfluss auf Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit hat. Die Kollegen, die Stimmung in der Abteilung und das Betriebsklima gehören ebenfalls nach Ansicht der Mitarbeiter und Kunden zu Faktoren, die sich auf das Mitarbeiterverhalten auswirken, was dann indirekt auch die Kunden zu spüren bekommen. Beispielsweise nennen Mitarbeiter den Absentismus und mangelnde Kooperation von Kollegen als Auslöser von Unzufriedenheit. Sind die Mitarbeiter überlastet, so ist anzunehmen, dass auch die Kunden dies spüren. Die Nebentätigkeiten (z.B. Ware einsortieren und auszeichnen, Retouren bearbeiten etc.) werden sowohl von Mitarbeitern, als auch von Kunden als Einfluss nehmend auf das Verhalten der Mitarbeiter Kunden gegenüber bezeichnet. Haben die Mitarbeiter zu viele Nebentätigkeiten, so haben sie auch weniger Zeit und scheinbar auch weniger Bereitschaft, den Kunden zu helfen und die Kunden wiederum fühlen sich als ob sie die Mitarbeiter bei der »eigentlichen Arbeit« störten. Die Doppelbelastung von Nebentätigkeiten und Kundenberatung kann demnach zu weniger Freundlichkeit, Aufmerksamkeit und Hilfsbereitschaft und schlechterer Verfügbarkeit der Mitarbeiter aus Sicht der Kunden führen. Die Sicherheit des Arbeitsplatzes könnte ein Faktor sein, der zwar zu höherer Mitarbeiterzufriedenheit, aber nach Meinung der Mitarbeiter und Kunden gleichzeitig zu geringerer Kundenzufriedenheit führt. Ein zu starker Betriebsrat beispielsweise, der den Mitarbeitern zwar Sicherheit gibt, aber die flexible Anpassung der Arbeitszeiten an die Ladenöffnungsund Haupt-Kundenverkehrszeiten blockiert, könnte auf dem Weg zu mehr Serviceorientierung hinderlich wirken. Zu viel Sicherheit kann eventuell zur Verschlechterung der Mitarbeiterleistungen führen, nämlich nach Meinung der befragten Führungskräfte und teilweise auch der Kunden dann, wenn die Mitarbeiter sich »in Sicherheit wiegen« und sich auch bei der Beratung der Kunden weniger anstrengen. Allerdings ist hier die Frage zu stellen, ob die Führung durch Druck, z.B. Umsatzvorgaben oder Drohung mit Kündigung überhaupt eine erstrebenswerte Praxis ist. Der Faktor Entlohnung funktioniert dagegen nach dem Mechanismus der positiven Verstärkung. Hier werden Anreize für gute Leistungen geschaffen. Die Entlohnung des Personals wird sowohl von Mitarbeitern, als auch von Kunden als Einfluss nehmend auf die Mitarbeiterzufriedenheit und das Mitarbeiterverhalten gesehen. Ist die Entlohnung leistungsgebunden (z.B. Verkaufsprovision), sehen sowohl Mitarbeiter, als auch Kunden darin eine gute Möglichkeit zur Steigerung der Mitarbeiterleistung, vor allem auch im Beratungsverhalten gegenüber Kunden. Die Identifikation wird ebenfalls von Mitarbeitern und Kunden als Einflussfaktor erwähnt. Identifikation mit den Preisen, Begeisterung für die Ware oder Identifikation mit der Warenpräsentation können einerseits auf die Mitarbeiter motivierend wirken, andererseits kann es für die Kunden zu spüren sein, wenn die Mitarbeiter nicht desinteressiert sind. Identifikation und Commitment sind nach Aussage der Mitarbeiter und Kunden mit der Mitarbeiterzufriedenheit wechselseitig verbunden. Die Identifikation mit dem Unternehmen wird nach Meinung der Befragten einerseits durch die Mitarbeiterzufriedenheit beeinflusst, andererseits wirkt die Identifikation mit dem Unternehmen sich wiederum auf die Mitarbeiterzufriedenheit aus. Ähnlich verhält es sich auch mit der Identifikation mit Beruf und Tätigkeit. Die Identifikation kann durch Partizipation der Mitarbeiter erreicht werden, beispielsweise indem die Mitarbeiter die Ware selbst mit aussuchen, die Preise selbst kalkulieren und die Warenpräsentation in Eigenregie gestalten. Mit der Beteiligung und der Identifikation steigt auch das Interesse am Verkauf und die Motivation, sich dafür einzusetzen, also das Commitment. Zusammenhänge und gemeinsame Einflussfaktoren von Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit Die Identifikationen mit dem Unternehmen, die durch Partizipation der Mitarbeiter erreicht werden kann, begünstigt somit höchstwahrscheinlich auch das Commitment und die allgemeine Leistungsbereitschaft und beeinflusst damit ebenfalls das Verhalten der Mitarbeiter positiv. Außer den soeben beschriebenen Einflussfaktoren der Mitarbeiterzufriedenheit mit Auswirkungen auf das Mitarbeiterverhalten und damit auf die Kundenzufriedenheit gibt es weitere Faktoren, die zwar die Zufriedenheit der Mitarbeiter beeinflussen, den Ergebnissen dieser Untersuchung zufolge nicht aber deren Verhalten. Sie werden von den Kunden im Interview nicht erwähnt und wirken sich scheinbar nicht direkt auf die Kunden aus, da sie für sie nicht spürbar sind. Dazu gehören die Warenorganisation und die Logistik, die Arbeitszeit und der Umsatz. Theoretisch durchaus denkbar ist allerdings ein Einfluss dieser Faktoren auf das Mitarbeiterverhalten, beispielsweise könnten lange Arbeitszeiten zu Erschöpfung bei den Mitarbeitern führen und dadurch auch deren Verhalten gegenüber dem Kunden beeinträchtigen. 3.2 Faktoren der Kundenzufriedenheit und ihr Einfluss auf die Mitarbeiterzufriedenheit Der umfassendste Zufriedenheitsfaktor aus Kundensicht ist Service & Marketing, womit alle Aktivitäten des Unternehmens gemeint sind, die dem Kunden den Einkauf erleichtern und zum Freizeiterlebnis anreichern. Einige der aufgeführten Punkte zum Faktor Service & Marketing werden auch von Mitarbeitern erwähnt, vor allem im Zusammenhang mit Verbesserungsvorschlägen. Kunden wie Mitarbeiter unterstützen die Idee des »Erlebniseinkauf« und wünschen sich Events und Sonderaktionen. Für die Kunden wird der Einkauf so zum Freizeitereignis, für die Mitarbeiter ist es zum einen erstrebenswert, den Kunden mehr Erlebniswert beim Einkaufen zu bieten, zum anderen verschafft es ihnen auch selbst, durch die positive Reaktion der Kunden, eine Abwechslung vom Arbeitsalltag. Aktivitäten, welche die Erhöhung der Kundenzufriedenheit zum Ziel haben, können sich demnach über das Verhalten der Kunden auch positiv auf die Mitarbeiter auswirken. Faktoren wie das Preis-Leistungs-Verhältnis, die Qualität der Ware, die Reibungslosigkeit des Einkaufs und die Einkaufsbedingungen betreffen die Mitarbeiter weniger direkt, es sei denn, sie treten selbst als Kunden in Erscheinung. Eine vorstellbare Konsequenz ist allerdings, dass, wenn diese Faktoren nicht in zufrieden- Seite 25 stellendem Maße verwirklicht sind, sich dies auf das Beschwerdeverhalten der Kunden auswirkt, die Mitarbeiter somit dadurch indirekt auch in Mitleidenschaft gezogen werden. 3.3 Gemeinsame Einflussfaktoren der Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit Weiterhin konnten eine Reihe gemeinsamer Einflussfaktoren identifiziert werden, welche gleichermaßen die Mitarbeiter- und die Kundenzufriedenheit beeinflussen. Die Kompetenz des Personals bezeichnen Mitarbeiter und Kunden explizit als relevant für das Verhalten in der Interaktion. Das Fachwissen der Mitarbeiter ermöglicht eine kompetente Kundenberatung und die Kompetenz in Bezug auf organisatorische Abläufe wie Bedienung der Kasse, Umtausch etc. beschleunigt den Prozess für den Kunden. Beide Formen der Fachkompetenz wirken sich demnach auf die Leistungen und das Verhalten der Mitarbeiter aus. Die positive Reaktion der Kunden wiederum erzeugt Zufriedenheit bei den Mitarbeitern. Ähnlich stellt sich auch die soziale Kompetenz der Mitarbeiter (z.B. bei der Behandlung von Kundenbeschwerden) dar, die sich direkt auf das Verhalten der Mitarbeiter in der Interaktion mit dem Kunden bezieht. Die Personalbesetzung ist ebenfalls ein Faktor, bei dem von Mitarbeitern und Kunden angenommen wird, dass er sich auf das Verhalten besonders der Mitarbeiter, eventuell aber auch das Verhalten der Kunden auswirkt. Stress und Überlastung auf Seiten der Mitarbeiter, Ungeduld und Ärger auf Seiten der Kunden wurden hier als Folgen von zu geringer Personalbesetzung beschrieben. Da Reklamationen und Umtausch häufig eine Art Streitpunkt zwischen Mitarbeiter und Kunde bzw. zwischen Unternehmen und Kunden darstellt, ist die Kulanz des Unternehmens in diesen Punkten für Mitarbeiter und Kunden von Bedeutung, d.h. je kulanter die Unternehmensvorgaben, desto weniger Konfliktpotential zwischen Mitarbeitern und Kunden gibt es. Der Faktor Erleichterung der Arbeitsabläufe wirkt eher indirekt auf das Verhalten, indem er Schnelligkeit, Reibungslosigkeit und Auskunftsbereitschaft und -fähigkeit der Mitarbeiter verbessert und damit auch eine positive Reaktion beim Kunden erzeugt. Weiterhin scheinen sich die räumlichen Gegebenheiten bzw. das Umfeld, das Sortiment, die Warenpräsentation und das Image des Unternehmens direkt auf die Zufriedenheit von Mitarbeitern und Kunden auszuwirken. Seite 26 Stephanie Mittelstaedt und Stefanie Winter 3.4 Grafische Veranschaulichung der Einflussfaktoren von Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit Zur Veranschaulichung sind die gefundenen Einflussfaktoren der Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit zusammenfassend in der folgenden Grafik dargestellt. Die Auswirkungen der einzelnen Faktoren auf die Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit werden durch schwarze durchgezogene Pfeile dargestellt. Wurde in der Untersuchung eine Auswirkung eines Faktors auf das Mitarbeiterverhalten festgestellt, wird dieser Sachverhalt durch blaue Pfeile symbolisiert. Sind die blauen Pfeile gestrichelt, soll dies auf einen Zusammenhang deuten, der theoretischen Plausibilitätsannahmen folgend hypothetisch angenommen wird, aber nicht direkt in der Untersuchung gefunden wurde. Gemeinsame Einflussfaktoren in dieser Untersuchung, also Faktoren, die explizit von beiden, Mitarbeitern und Kunden, als Einflussfaktoren für ihre Zufriedenheit genannt wurden sind im oberen Bereich von Abbildung 2 dargestellt. Die Faktoren im linken Kasten (Kompetenz des Personals, Personalbesetzung, Kulanz bei Umtausch und Rückgabe und Arbeitserleichterung) wirken sich wahrscheinlich direkt sowohl auf Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit, als auch, den Aussagen der Befragten zufolge, auf das Mitarbeiterverhalten aus. Eine Auswirkung auf die Reaktion der Kunden auf diese Bedingungen (z.B. bei Kulanz) ist auch durchaus denkbar (s. gestrichelter blauer Pfeil). Diese Faktoren wirken demnach, vor allem auf die Kundenzufriedenheit, aus zwei Richtungen: zum einen auf die Zufriedenheit direkt, zum anderen auf das Mitarbeiterverhalten, eventuell auch auf das Kundenverhalten, was sich wiederum in der Interaktion auswirkt. 3.5 Zusammenhänge zwischen Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit in der Interaktionssituation Ergänzend zu den vorausgegangenen Ausführungen zu den Einflussfaktoren und -wegen der Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit soll nun ein besonderes vertiefendes Augenmerk auf die konkreten Vorgänge in der Interaktionssituation gelegt werden. Zufriedenheit bei Mitarbeitern äußert sich nach Aussage der Befragten in Freundlichkeit, positivem nonverbalen Verhalten, Aufmerksamkeit und Hilfsbereitschaft. Unzufriedenheit dagegen bewirkt Unfreundlichkeit, mangelnde Hilfsbereitschaft und weniger Bemühen um den Kunden, negatives nonverbales Verhalten, Gleichgültigkeit, fehlende Aufmerksamkeit, schlechtere Beratung und Leistungen allgemein, sowie die Kommunikation der Unzufriedenheit (verbales Verhalten). Diese Äußerungen von (Un-) Zufriedenheit beeinflussen nun die Zufriedenheit der Kunden mit der Interaktion. Dies geschieht allerdings nur unter der Voraussetzung, dass MitGemeinsame Faktoren arbeiterzufriedenheit Kompetenz des Personals Räumliche Gegebenheiten/Umfeld Ergebnis: Auswirkung auf Zufriedenheit sich auch im VerhalPersonalbesetzung Warenpräsentation Ergebnis: Auswirkung auf ten zeigt. Manche Verhalten Kulanz Sortiment Mitarbeiter sind der Hypothese: Auswirkung auf Erleichterung der Arbeitsabläufe Image Verhalten Meinung, dass, da sie immer zu gleichbleiFührung bender FreundlichNebentätigkeiten keit angehalten sind, Kollegen ihre Unzufriedenheit Weiterbildung/ MitarbeiterMitarbeiterKundenzuKundenfür die Kunden nicht Berufliche Entwicklung zufriedenheit verhalten friedenheit verhalten spürbar ist. Sicherheit Die KundenEntlohnung zufriedenheit zeigt Service & Marketing Identifikation Warenorganisation/ sich ebenfalls im VerPreis-Leistungs Logistik halten der Kunden, Verhältnis Faktoren der Umsatz die Befragten nannMitarbeiterQualität Faktoren der Arbeitszeit ten hierzu Lob und zufriedenheit Einkaufsbedingungen KundenDank, Großzügigkeit zufriedenheit Reibungslosigkeit und Nachsichtigkeit bei kleinen Fehlern Abbildung 2. Einflussfaktoren der Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit sowie nonverbales Zusammenhänge und gemeinsame Einflussfaktoren von Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit Keine Auswirkung auf Verhalten, da zu immer gleichbleibender Freundlichkeit verpflichtet Mitarbeiterverhalten: Freundlichkeit Hilfsbereitschaft Aufmerksamkeit Nonverbales Verhalten Mitarbeiterzufriedenheit Kundenzufriedenheit Kundenverhalten: • Erfolgserlebnis/ Motivation • Mitarbeiter unglücklich/ frustriert/ verärgert Lob & Dankbarkeit Nonverbales Verhalten Nachsichtigkeit Unfreundlichkeit/ schlechte Laune Keine Auswirkung auf Verhalten, da Abwanderung unzufriedener Kunden Abbildung 3. Die Zusammenhänge zwischen Mitarbeiterzufriedenheit und Kundenzufriedenheit Verhalten. Bei Unzufriedenheit sind die Kunden unfreundlicher und weniger nachsichtig, dies wirkt sich teilweise auch direkt auf das Mitarbeiterverhalten in Form von negativen Reaktionen aus. Die signalisierte Zufriedenheit der Kunden bewirkt Motivation und Zufriedenheit bei den Mitarbeitern, die Kundenunzufriedenheit dagegen Frustration und Unzufrie- Seite 27 denheit. Allerdings besteht nach Aussage einiger Kunden auch die Möglichkeit, dass Kundenunzufriedenheit erst gar nicht bei den Mitarbeitern ankommt, da unzufriedene Kunden abwandern und somit nicht mit Mitarbeitern in Kontakt kommen. Die Interaktion zwischen Mitarbeitern und Kunden und die Zusammenhänge zwischen Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit sind in der folgenden Abbildung 3 zusammmengefasst. Hier ist der Kreislauf von Mitarbeiterzufriedenheit über Mitarbeiterverhalten zu Kundenzufriedenheit zu Kundenverhalten und wiederum zu Mitarbeiterzufriedenheit dargestellt. 3.6 Gesamtmodell der Zusammenhänge und Einflussfaktoren der Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit Abschließend werden alle Befunde zu Zusammenhängen und gemeinGemeinsame Einflussfaktoren samen Einflussfaktoren von Mitarbeiter- und Kompetenz des Personals Räumliche Gegebenheiten/Umfeld Kundenzufriedenheit in Personalbesetzung Warenpräsentation ein Gesamtmodell inteErgebnis: Auswirkung auf Zufriedenheit Kulanz Sortiment griert, das in Abbildung Ergebnis: Auswirkung auf Arbeitserleichterung Image Verhalten 4 dargestellt ist. Hypothese: Auswirkung auf Zusammenfassend Verhalten lässt sich feststellen, dass die überwiegende Mehrheit der Befragten von einem Zusammenhang Mitarbeiterverhalten: zwischen MitarbeiterFührung Freundlichkeit und KundenzufriedenNebentätigkeiten Hilfsbereitschaft heit über das Verhalten Aufmerksamkeit Kollegen KundenMitarbeiterNonverbales Verhalten der Mitarbeiter bzw. Weiterbildung/ zufriedenheit zufriedenheit Berufliche Entwicklung Kunden ausgeht. Sind Sicherheit Kundenverhalten: die Mitarbeiter zufrieEntlohnung Lob & Dankbarkeit den, verhalten sie sich Nonverbales Verhalten Identifikation eher den Erwartungen Nachsichtigkeit und Wünschen der KunUnfreundlichkeit/ Service & Marketing den entsprechend. schlechte Laune Faktoren der Preis-LeistungsAus UnternehWarenorganisation/ MitarbeiterVerhältnis Logistik menssicht ist es demnach zufriedenheit Faktoren der Qualität Umsatz erstrebenswert, hohe KundenEinkaufsbedingungen Arbeitszeit Mitarbeiterzufriedenheit zufriedenheit Reibungslosigkeit zu erreichen, da diese wiederum KundenzuAbbildung 4. Zusammenhänge und gemeinsame Einflussfaktoren der Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit friedenheit bewirkt, was Seite 28 Stephanie Mittelstaedt und Stefanie Winter sich dann positiv auf die Mitarbeiter auswirkt und so ein sich selbst verstärkender Kreislauf der Zufriedenheit in Gang gesetzt wird. 4 Implikationen für die Praxis Die Ergebnisse der vorliegenden explorativen Studie geben deutliche Hinweise darauf, dass es für ein Unternehmen wichtig ist, sich um die Zufriedenheit der Mitarbeiter zu kümmern, da diese über das Mitarbeiterverhalten die Kundenzufriedenheit beeinflusst. Es wurde demonstriert, dass mit Hilfe der Erhöhung der Mitarbeiterzufriedenheit ein sich selbst verstärkender Kreislauf von der Mitarbeiterzufriedenheit zur Kundenzufriedenheit und über das Kundenverhalten wieder zur Mitarbeiterzufriedenheit in Gang gesetzt wird. Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit, beide für sich bereits erstrebenswerte Ziele für ein Unternehmen, verstärken sich gegenseitig. Durch die Verbesserung gemeinsamer Einflussfaktoren können Mitarbeiter und Kunden gleichzeitig zufrieden gestellt und diese synergetischen Effekte noch gestärkt werden. Hier sind besonders diejenigen gemeinsamen Einflussfaktoren von Bedeutung, die sich sowohl auf die Zufriedenheit von Mitarbeitern und Kunden, als auch auf deren Verhalten auswirken. Dabei handelt es sich vor allem um veränderbare Faktoren, wie beispielsweise die Kompetenz des Personals, die in Trainings verbessert werden kann, die Personalbesetzung, die durch zusätzliches Personal ergänzt werden kann, die Kulanz, die sich bis zu einem gewissen Grad an die Kundenwünsche anpassen lässt oder die Erleichterung der Arbeitsabläufe, die sinnvoller weise ständig verbessert werden sollte. Diese Faktoren sind somit ein guter Ansatzpunkt für Verbesserungsmaßnahmen, da sie zum einen veränderbar sind und zum anderen ihre Verbesserung eine positive Auswirkung sowohl auf die Zufriedenheit, als auch auf das Verhalten von Mitarbeitern und Kunden haben könnte. Ein weiterer bedeutender Ansatzpunkt ist das Verhalten des Unternehmens gegenüber seinen Mitarbeitern, denn was die Mitarbeiter im Unternehmen erleben, bekommen auch die Kunden zu spüren. Daher ist der entscheidende Ausgangspunkt für Implikationen der Untersuchungsergebnisse für die Praxis der Mitarbeiter und seine Stellung im Unternehmen. Das Ziel des Unternehmens sollte somit die Schaffung einer serviceorientierten Unternehmenskultur durch ein gutes Serviceklima, mitarbeiter- und kundenorientierte HR-Praktiken und förderliche Umfeldbedingungen sein. Dazu gehört auch die Führung, geeignete Maßnahmen sind Führungskräftetrainings, in denen gelernt wird, Feedback zu geben, zu loben, Verantwortung an Mitarbeiter abzugeben und in denen die Führungs- und Sozialkompetenz der Führungskräfte verbessert wird, ein erster Schritt zur Verbesserung der Mitarbeiterorientierung der Führung. Ein Führungsprinzip, das eng mit den Faktoren Kompetenz und Erleichterung der Arbeitsabläufe verbunden ist, ist das Empowerment der Mitarbeiter, also die weitgehende Handlungs- und Entscheidungsfreiheit im Bezug auf den Kundenservice. Diese ist ein wichtiges Instrument, das sowohl für Mitarbeiter, als auch für Kunden positive Folgen hat: »Empowerte« Mitarbeiter können schneller Entscheidungen treffen, ohne erst einen Vorgesetzten suchen und um Erlaubnis fragen zu müssen und können so direkter auf den Kunden und seine Wünsche eingehen. Für die Kunden ergeben sich daraus ein individuellerer, auf ihre Wünsche zugeschnittener Service und schnellere, reibungslosere Abläufe. Die Identifikation der Mitarbeiter mit der Ware, der Warenpräsentation den Preisen kann durch Partizipation bei Auswahl und Aufbau der Ware sowie bei der Preiskalkulation gefördert werden, was das Commitment der Mitarbeiter zum Verkauf der Ware erhöht. Die Verbesserung der Identifikation mit dem Unternehmen kann durch Kommunikation der Unternehmensziele und Information über Hintergründe von Unternehmensentscheidungen, sowie ein positives Image des Unternehmens erreicht werden. Von der Identifikation mit dem Unternehmen kann angenommen werden, dass sie sowohl das Commitment zum Unternehmen, als auch die Mitarbeiterbindung erhöht. Es lässt sich festhalten, dass im Unternehmen besonders die gemeinsamen Einflussfaktoren wirksame Ansatzpunkte für Verbesserungen sowohl der Mitarbeiter- als auch der Kundenzufriedenheit bieten, da sie auf beide gleichzeitig einwirken. Allerdings darf auch die Bedeutung der Mitarbeiterfaktoren nicht unterschätzt werden, denn hier ergeben sich Ansätze zur Modifikation des Mitarbeiterverhaltens und damit zur Erhöhung der Kundenzufriedenheit. 5 Implikationen für die Forschung und Ausblick Das Ziel dieser Untersuchung war es, eine Grundlage für die Bildung und Überprüfung eines hypothetischen Modells der Zusammenhänge und gemeinsamen Einflussfaktoren der Mitarbeiter- und Zusammenhänge und gemeinsame Einflussfaktoren von Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit Kundenzufriedenheit zu schaffen. Der erste Schritt, die Eruierung von relevanten Faktoren und die Aufstellung von Annahmen über Ursache-WirkungsBeziehungen ist hiermit getan. Ausgehend von den Ergebnissen der vorliegenden qualitativen, theorien- und hypothesenbildenden Vorarbeit wäre ein nächster Schritt für die Forschung die Überprüfung und Erweiterung des erarbeiteten Modells anhand quantitativer Daten. Dazu müssten die verschiedenen Einflussfaktoren sowie die verschiedenen Verhaltensäußerungen von Zufriedenheit operationalisiert und in einer Befragung Mitarbeitern und Kunden vorgelegt werden. Anhand der so erhobenen quantitativen Daten könnte ein Strukturgleichungsmodell aufgestellt und überprüft werden. Zusätzlich könnten auch Variablen wie Mitarbeiter- und Kundenbindung in die Analyse mit eingehen, da man beispielsweise den Einfluss einzelner Zufriedenheitsfaktoren wie Weiterbildungs- und Entwicklungsmöglichkeiten oder Führung auf die Mitarbeiterbindung oder den Einfluss der Mitarbeiterbindung auf andere Faktoren wie Kompetenz oder Identifikation ermitteln könnte. Die Effekte einzelner Faktoren Seite 29 auf die Kundenbindung zu kennen wäre besonders aus Unternehmenssicht ökonomisch bedeutsam. Interessant wäre es auch, mit Hilfe einer Faktorenanalyse die Existenz und Einteilung der verschiedenen Faktoren zu überprüfen und die Interdependenzen der einzelnen Faktoren auszutesten. Das Wissen um Zusammenhänge zwischen den einzelnen Faktoren wäre für die Forschung, aber auch besonders für die Praxis von Belang, da sich hieraus Verbesserungs- und Modifikationsmaßnahmen besser planen und implementieren ließen. Wüsste man beispielsweise um einen hemmenden Effekt eines Faktors auf einen anderen oder einen sich gegenseitig verstärkenden Synergieeffekt zwischen zwei Faktoren, so könnte dies Anregungen für Umgestaltungsmaßnahmen und Hinweise für die Prioritätensetzung geben. Die übergreifende Betrachtung von Mitarbeiterund Kundenzufriedenheit im Gesamtsystem einer Organisation ist, wie mit dieser Studie gezeigt werden konnte, für den Erfolg eines Unternehmens von großer Bedeutung, so dass eine weitere intensive Untersuchung dieses Bereichs sowohl für die wirtschaftspsychologische Forschung, als auch für die unterneh merische Praxis erstrebenswert ist. Literatur Bernhardt, K. L., Donthu, N. & Kennett, P. A. (2000). A Longitudinal Analysis of Satisfaction and Profitability. Journal of Business Research, 47, 161-171. Flick, U. (1995). Qualitative Forschung. Reinbeck: Rowohlt Taschenbuch Verlag. Glaser, B. G. & Strauss, A. L. (1967). The discovery of grounded theory. Strategies for qualitative research. New York: Aldine. Kepper, G. (1994). Qualitative Marktforschung. Methoden, Einsatzmöglichkeiten und Beurteilungskriterien. Wiesbaden: DUV. Lamnek, S. (1995). Qualitative Sozialforschung. Band 2. Methoden und Techniken. Weinheim: Beltz, PVU. Loveman, G.W. 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