Jänner 2016, Nr. 90 Die Heiligen Drei Könige Der Evangelist Matthäus und nur dieser berichtet vom Zug der Magier/Sterndeuter aus dem Osten nach Jerusalem und Bethlehem (Mt 2,1-12). Gleich zu Beginn wird der weltweite Horizont der Jesus-Geschichte geöffnet. Gleich zu Beginn werden auch Jerusalem und Bethlehem als Mittelpunkt der Welt markiert. Gott, den Jesus verkündet, ist der eine Gott für alle Völker; aber er ist es als der Gott Israels. Biblisch ist von Magiern, nicht aber von Königen die Rede, wobei man auf die Zahl drei schloss, weil von drei Geschenken die Rede ist: Gold, Weihrauch und Myrrhe. Diese sollen die Würde des Messias verdeutlichen: Gold steht für den König, Weihrauch für den Hohenpriester und Myrrhe (eine Heilpflanze) für den Arzt (Tod – Auferstehung; Erlösung). Heiliggesprochen wurden die Drei Könige nie. Aus dem vielfältigen Brauchtum ist besonders die Segnung der Häuser bekannt: C + M + B – „Christus mansionem benedicat“ (Christus segne das Haus) -, im Volksmund als Namen der Könige gedeutet: Caspar, Melchior und Balthasar. Seit dem Mittelalter treten in der Volksfrömmigkeit die „Heiligen Drei Könige“ in den Mittelpunkt, besonders seit der Überführung ihrer Gebeine 1164 nach Köln. Der Kölner Dreikönigsschrein wurde zwischen 1190 und 1225 zuerst von Nikolaus von Verdun, nach dessen Tod von anderen Werkstätten gefertigt; er übertrifft an Kostbarkeit und Größe alle zuvor entstandenen Großreliquiare Europas. Die Echtheit der darin liegenden Gebeine ist ungewiss. Bei der letzten Öffnung des Schreins 1864 fanden sich darin u. a. der Schädel des Heiligen Gregor von Spoleto († 304 n. Chr.) sowie mit Seidendamast aus dem 2. Jh. n. Chr. umwickelte Knochen und Schädel dreier Männer. In der frühchristlichen Kunst sind die Magier durchweg Orientalen in persischem, bisweilen buntem Kostüm mit phrygischen Mützen. Wo sie verzierte Tiaren tragen, sind vielleicht schon iranische Könige gemeint. Königskronen haben sie zuerst in der westlichen und byzantinischen Buchmalerei, seit ca. 975. Die Dreizahl ist seit Anfang üblich. Seit dem Frühmittelalter (Osten) vertreten sie meist zugleich die drei Lebensalter, später auch die Erdteile, nachdem einer als Mohr auftritt, zuerst Balthasar, dann Caspar. Die wahrscheinlichste Situation für den Stern von Bethlehem hat schon Johannes Kepler im 16. Jh. beschrieben: eine sogenannte „größte Konjunktion“. Eine Konjunktion zweier Gestirne ist die Stellung, bei der sie am Himmel nahe beisammen, von unserer Erdposition aus gesehen in einer Blickrichtung stehen. Die Planeten Jupiter und Saturn geraten wegen ihrer langen, aber unterschiedlichen Umlaufzeiten nur alle zwanzig Jahre in Konjunktion zueinander, diese seltene Konjunktion galt seit alters her als die „große Konjunktion“. Von der „größten Konjunktion“ spricht man, wenn die Konjunktion so fällt, dass beide Planeten in Opposition zur Sonne (von der Erde aus gesehen gegenüber der Sonne) stehen. Um die Oppositionszeit ziehen die Planeten ja stets eine Schleife. Ursprünglich rechtläufig wenden sie, werden rückläufig, in die Mitte des Rücklaufs fällt die Oppositionsstellung, dann stoppen sie wieder und werden erneut rechtläufig. Wenn die beiden Planeten diese ihre Oppositionsschleifen gleichzeitig in unmittelbarer Nachbarschaft ziehen, begegnen sie sich insgesamt dreimal. Im Jahr 7 v. Chr. fand eine größte Konjunktion im Sternbild der Fische statt. Kepler kannte auch die uralten Deutungen: Das Sternbild der Fische stand für das „Westland“, für die Juden war es „ihr Sternbild“, das Sternbild des Messias. Jupiter galt als der Königsstern, der Stern der Glück verheißt. Für die Magier aus dem Osten stand der Saturn für die Nachbarländer Palästina und Syrien. Das bedeutete: In Israel sollte ein neuer König zur Welt kommen, der sie und ihr Land direkt anging. Die erste Konjunktion machte die Sterndeuter wohl aufmerksam, die zweite veranlasste sie, dem Stern nach Westen zu folgen. Mit der Beschreibung im Evangelium stimmt überein, dass die dritte Konjunktion der Planeten im Süden zu sehen war. Die Magier reisten nach ihrem Besuch bei Herodes nach Bethlehem, das im Süden von Jerusalem liegt. So zog der Stern tatsächlich „vor ihnen her“. Auch beendeten Jupiter und Saturn Ende November und Anfang Dezember ihre Rückläufigkeit, d.h., beide Planeten blieben am Himmel „über der Krippe“ scheinbar stehen. Karl Rahner hat die Geschichte vom Zug der Magier so gedeutet: Siehe, die Weisen haben sich aufgemacht. (…) Sie sehen einen Stern seltsam am Himmel emporsteigen. Und wenn sie auch erschrecken vor der Kühnheit ihres Herzens, so gehorchen sie doch und brechen auf. (…) Der Weg ist weit, die Füße werden müde und das Herz wird schwer. Es kommt sich seltsam vor, das arme Herz, weil es so anders sein muss als die Herzen der anderen Menschen, die so ernsthaft dumm in ihren Alltagsgeschäften versunken sind, wenn sie mitleidig oder ärgerlich diese Reisenden vorüberziehen sehen auf der Reise der nutzlosen Verschwendung des Herzens. Aber ihr Herz hält durch. Und wie sie endlich ankommen und niederknien, tun sie nur, was sie eigentlich immer taten (…); sie bringen das Gold ihrer Liebe, den Weihrauch ihrer Ehrfurcht, die Myrrhe ihrer Schmerzen vor das Antlitz des unsichtbaren Gottes. (…) Laßt auch uns auf die abenteuerliche Reise des Herzens zu Gott gehen! Laßt uns aufbrechen und vergessen, was hinter uns liegt! Es ist noch alles Zukunft – weil wir Gott noch finden, noch mehr finden können. (…) Brich auf, mein Herz und wandre! Es leuchtet der Stern. Viel kannst du nicht mitnehmen auf den Weg. Und viel geht dir unterwegs verloren. Laß es fahren! Gold der Liebe, Weihrauch der Sehnsucht, Myrrhe der Schmerzen hast du ja bei dir. Er wird sie annehmen. Denn du wirst ihn finden! Aus: K. Rahner, Kleines Kirchenjahr, nach A.Grün/M. Reepen: Heilendes Kirchenjahr Den Anregungen Rahners kann ich nichts hinzufügen! Ich wünsche euch ein gutes, glückliches, gesegnetes neues Jahr auf der Reise des Herzens zu Gott! Liebe Grüße Annemarie Literatur: Gerrhard, Christoph: Astronomie und Spiritualität. Der Stern von Betlehem. Vier-TürmeVerlag, 2008 Gerstenberger, Max: Das Himmelsjahr 1981. Francksche Verlagshandlung, 1980 Grün, Anselm/Reepen, Michael: Heilendes Kirchenjahr, Vier-Türme-Verlag, 1985 Söding, Thomas: Das Matthäusevangelium in der Bibel, Verlag Herder, Neuausgabe 2013 Lexikon der christlichen Ikonographie, 1. Bd., Herder,1968 Salzburger Nachrichten v. 30.12.2015, S. 21