Friedrichstraße 148 10117 Berlin www.bpi.de Stellungnahme Stellungnahme zum Positionspapier des überarbeitete Apothekenbetriebsordnung Telefon: Telefax: E-Mail: (0 30) 2 79 09-1 72 (0 30) 2 79 09-3 72 [email protected] Bundesgesundheitsministeriums für eine Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hat ein Positionspapier für eine überarbeitete Apothekenbetriebsordnung vorgelegt, zu dem der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie wie folgt Stellung nimmt. Der Verband unterstützt eines der Hauptziele des BMG, mit der geplanten Überarbeitung der Apothekenbetriebsordnung zu einer Verbesserung der Arzneimittelsicherheit in Deutschland beizutragen. So ist u. a. vorgesehen, die Anforderungen an die allgemeine Arzneimittelherstellung und –prüfung in der Verordnung zu präzisieren. Es soll bezüglich der Anforderungen an die Arzneimittelherstellung in Apotheken unterschieden werden zwischen i.d.R. unkritischen, im Einzelfall hergestellten Rezepturarzneimitteln (z.B. Nasentropfen, Salben), und solchen, die kritisch sind, weil sie steril sein müssen (Injektions- / Infusionslösungen), oder weil sie in der Apotheke maschinell (wie in der Industrie) hergestellt werden (Blister). Diese Unterscheidung deckt sich mit den Forderungen der Resolution “CM/ResAP(2011)1 on quality and safety assurance requirements for medicinal products prepared in pharmacies for the special needs of patients”1 des Europarates, der die Bundesregierung Anfang 2011 zugestimmt hat. Forderung nach Wirkstoffen in GMP-Qualität für Rezepturarzneimittel, soweit diese Qualität im Markt verfügbar ist Die Resolution sieht unter anderem in ihrem Anhang in Punkt „5. Product Dossier” vor, dass “where appropriate, active pharmaceutical ingredients manufactured according to GMP and analysed according to pharmacopoeial standards should be used.” Hinter dieser Forderung bleibt das BMG insbesondere bezgl. der Herstellung von Niedrigrisikorezepturen zurück. Das Eckpunktepapier sieht hier vor, dass diese praxisorientiert nach „anerkannten pharmazeutischen Regeln“ erfolgen soll. Es ist hinsichtlich der Anforderungen an Räume und Ausstattung in einer Apotheke bezgl. Niedrigrisikorezepturen sicherlich nicht zu fordern, dass diese vollständig in Übereinstimmung mit den Anforderungen der Guten Herstellungspraxis (GMP) sein müssen. Es ist aber nicht nachvollziehbar, warum die Wirkstoffe, 1 Die Resolution ist über den folgenden Link zu finden: https://wcd.coe.int/wcd/ViewDoc.jsp?Ref=CM/ResAP(2011)1&Language=lanEnglish&Ver=original&Site=CO E&BackColorInternet=DBDCF2&BackColorIntranet=FDC864&BackColorLogged=FDC864 2011-04-13 BPI-Stn Eckpunktepapier BMG Änd ApoBetrO.doc Seite 1 von 4 die zur Herstellung einer solchen Rezeptur von der Apotheke eingekauft werden sollen, nicht GMP-konform sein müssen, wenn diese Qualität im Markt zur Verfügung steht. Die Auswahl GMP-konformer Wirkstoffe ist aus Sicht des Verbandes aus Gründen des Patientenschutzes und der Arzneimittelsicherheit erforderlich. Auch bezgl. Rezepturarzneimitteln muss sich ein Patient darauf verlassen können, dass der in seinem Arzneimittel enthaltene Wirkstoff den hohen Qualitätsanforderungen des EG-Pharmarechts genügt. Unterschiedliche Anforderungen bezüglich der Qualität der Wirkstoffe für industrielle Hersteller einerseits und Apotheken andererseits führen zudem zu Preisverwerfungen der Endprodukte, wenn industrielle Hersteller den gesamten Produktionsprozess inklusive der Wirkstoffe GMPkonform ausgestalten müssen, während für die Rezeptur- und Defekturherstellung in Apotheken auch Ausgangsmaterialen niedrigerer Qualitätsstufe akzeptiert werden. Es ist daher zu fordern, dass in Apotheken für die Herstellung von Rezepturen Wirkstoffe in GMPQualität einzusetzen sind, soweit diese am Markt verfügbar sind. Vorrang von behördlich zugelassenen Fertigarzneimitteln gegenüber Rezepturarzneimitteln Erschwerend hinzu kommt, dass gerade im Bereich der Niedrigrisikorezepturen und zunehmend auch im Bereich von Rezepturen mit höherem Risiko vielfach vergleichbare zugelassene Fertigarzneimittel im Markt vorhanden sind. Der Anteil an topischen Rezepturen mit bspw. Kortikoiden und/oder Antimykotika ist im Bereich der Rezeptur- bzw. Defekturherstellung in Apotheken weiterhin sehr hoch, obwohl eine Vielzahl von zugelassenen Fertigarzneimitteln in GMP-konformer Qualität, sowohl hinsichtlich der Herstellung als auch hinsichtlich der eingesetzten Wirkstoffe, im Markt zur Verfügung steht. Vor diesem Hintergrund möchte der Verband auch auf folgenden Passus in Punkt „3. Added value of pharmacy preparations and responsibilities of health care professionals” des Anhangs der Resolution verweisen: “Pharmacy preparations are not advisable if a suitable pharmaceutical equivalent with a marketing authorisation is available. Before preparation the pharmacist should verify whether a pharmaceutical equivalent is available on the national market, taking into consideration the pharmaceutical form and the strength.” Weiterhin heißt es: “The professionals involved in patient care should jointly assume responsibility for determining whether a pharmacy preparation could be of added value. They should take into account the medical need of the patient. A pharmacist should be able to refuse a prescription for a pharmacy preparation if a suitable pharmaceutical equivalent is available on the national market, inform the physician that a suitable pharmaceutical equivalent is available and discuss with the physician if there is a specific need to dispense a pharmacy preparation.” Der hier postulierte Vorrang eines Fertigarzneimittels gegenüber einem Rezepturarzneimittel ist gerechtfertigt, da - wie den Erwägungsgründen der Resolution zu entnehmen ist - 2011-04-13 BPI-Stn Eckpunktepapier BMG Änd ApoBetrO.doc Seite 2 von 4 “medicinal products manufactured on an industrial scale must obtain marketing authorisation issued by the competent regulatory authority before being placed on the market.” Diese Arzneimittel sind im Gegensatz zu Rezepturarzneimitteln auf Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit in einem behördlichen Zulassungsverfahren geprüft. Der BPI möchte klar herausstellen, dass die Herstellung von Rezepturarzneimitteln in Apotheken wichtig ist. Die Resolution führt hierzu in den Erwägungsgründen aus, dass “preparation of medicinal products in pharmacies, which may be required as a consequence of the individual or medical condition of the patient in the absence or unavailability of appropriate medicinal products on the market, is indispensable for accommodating the special needs of individual patients in Europe.” Es ist aber richtig und dem Wortlaut der Resolution nach auch konsequent, den Einsatz von Rezepturarzneimitteln auf Fälle zu beschränken, in denen für ein Patient kein adäquates Fertigarzneimittel zur Verfügung gestellt werden kann. Dies wäre bezogen auf die oben beispielhaft genannten topischen Dermatika nachdrücklich zu hinterfragen. Dem BMG wurde in einem mittlerweile durch Frau Dr. Krüger beantworteten Schreiben unseres Mitgliedsunternehmens medac bezogen auf ein Orphan Drug zur Kenntnis gebracht, dass in Krankenhausapotheken in erheblichem Umfang Herstellungen von zu dem zugelassenen Fertigarzneimttel in Darreichungsform und Wirkstärke vergleichbaren Rezepturarzneimitteln erfolgen. Dies trifft in vergleichbarer Weise auch für andere Orphan-Drug-Hersteller zu, insbesondere dann, wenn das Orphan Drug einen bekannten Wirkstoff enthält. Es ist nicht nachvollziehbar, dass der Gesetzgeber einerseits hohe Anforderungen an die Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit eines zugelassenen Fertigarzneimittels stellt, die im konkreten Fall auch noch durch aufwändige Risikomanagement-Programme ergänzt werden, während andererseits unter fragwürdiger Nutzung der Forschungsleistungen von industriellen Herstellern, Rezepturarzneimittel rechtlich privilegiert in Apotheken hergestellt werden dürfen, die zu diesem nahezu identisch sind und für die die erhöhten pharmarechtlichen Anforderungen insbesondere bezgl. der Patientensicherheit nicht gelten. Auch Preisunterschiede, die sich für manche Rezepturarzneimittel ergeben, da keine Forschungsleistungen erbracht werden müssen und an Herstellung und Wirkstoff niedrigere Qualitätsanforderungen gestellt werden, dürfen hier aus Sicht des Verbandes kein Argument sein. Arzneimittelsicherheit, die sich auch in der vorrangigen Versorgung von Patienten mit zugelassenen und daher behördlich geprüften Arzneimitteln ausdrückt, darf keine Chimäre sein. Wenn Anforderungen aus Sicherheitsgründen zum Schutz des Patienten erforderlich sind, dann sind diese ubiquitär und gelten unabhängig vom Ort der Herstellung. Es ist nicht einzusehen, warum im Fall des Herstellungsortes Apotheke per se ein geringeres Schutzniveau des Patienten akzeptiert werden sollte. In diesem Zusammenhang sei auch darauf hingewiesen, dass das EG-Pharmarecht mit der Verordnung (EG) 141/2000 einem Zulassungsinhaber für ein Orphan Drug eine 10-jährge Marktexklusivität als Anreiz gewährt, in sehr kleinen Patientenkollektiven zu forschen. Es liegt auf 2011-04-13 BPI-Stn Eckpunktepapier BMG Änd ApoBetrO.doc Seite 3 von 4 der Hand, dass dieser Anreiz durch die weitgehende rechtliche Privilegierung Rezepturarzneimittel im deutschen Recht im konkreten Fall faktisch ins Leere läuft. der Vor dem Hintergrund der dargestellten Zusammenhänge möchte der BPI das BMG dringend bitten, die sinnvollen Festlegungen in der Resolution CM/ResAP (2011)1 des Europarates in Gänze umzusetzen. Hierzu sollte, soweit dies inhaltlich möglich ist, die anstehende Novelle der Apothekenbetriebsordnung genutzt werden. Darüber hinaus ist es erforderlich, ergänzend Änderungen auf der Ebene des Arzneimittelgesetzes anzustreben, die den in der Resolution enthaltenen Vorrang von Fertigarzneimitteln gegenüber Rezepturarzneimitteln klarstellen, wenn für die Behandlung eines Patienten ein zugelassenes Arzneimittel zur Verfügung steht. Berlin, 18.04.2011 MW 2011-04-13 BPI-Stn Eckpunktepapier BMG Änd ApoBetrO.doc Seite 4 von 4