JATROS Vaccines 2| 2008 4-fach-Auffrischung für Generation 25+ Erhebliche Impflücken bei jungen Erwachsenen Jungen Erwachsenen, die zuletzt im Alter von 15 Jahren gegen Diphtherie, Tetanus, Poliomyelitis und Pertussis geimpft wurden, empfiehlt der Österreichische Impfplan die erste Auffrischung mit 25 Jahren. Speziell in der Generation der heute 25-Jährigen sind jedoch erhebliche Impflücken feststellbar. Um die Aufmerksamkeit für diese Impfung zu heben, wurde vom 1. Mai bis 30. Juni unter dem Motto „Sicher ist Sicher – Frisch dich auf!“ eine bundesweite Impfaktion durchgeführt. Infektionskrankheiten weltweit im Vormarsch Diphtherie, Tetanus, Poliomyelitis und Pertussis sind eine unterschätzte Gefahr, auch in Österreich. Zunehmende wirtschaftliche Vernetzung und vermehrte Reisetätigkeit fördern die Verbreitung von Krankheitserregern und diese gelangen auch nach Österreich. Zwischen 1990 und 1998 verzeichneten etwa die GUS-Staaten rund 157.000 Diphtheriefälle und 5.000 Todesopfer. „Die Auffrischungsimpfung gegen Diphtherie, Tetanus, Kinderlähmung und Keuchhusten ist auch in unseren Regionen von großer Bedeutung, damit diese Krankheiten weiterhin ausbleiben und vor allem ältere Personen ausreichend geschützt sind“, bestätigt Univ.-Prof. Dr. Ingomar Mutz, Vorsitzender des Österreichischen Impfausschusses des Obersten Sanitätsrates. Gleichzeitig ergibt sich daraus der Vorteil, dass im Falle von Reisen der Basisschutz bereits gegeben ist und nur spezielle, dem Reiseziel und Reisestil angepasste zusätzliche Impfungen verabreicht werden müssen. Vorteil durch Mehrfachimpfstoffe Bestanden für die Einzelimpfungen im Kindesalter relativ genaue Altersangaben, war die Einhaltung der Intervalle für Pertussis-Altersverteilung © UNIVERSIMED ® 25 Prozent 20 15 10 5 0 1–2 M 3–4 M 5–6 M 7–12 M 2–7 J 8–12 J Alter 15–20 J 20–25 J Abb.: Altersverteilung von Spitalsaufnahmen aufgrund schwerer Pertussis I 10 25–35 J >35 J Auffrischungsimpfungen bei Erwachsenen stets problematisch, weil bei Einzelimpfungen ein verwirrendes Zeitschema einzuhalten war. Mit der Verfügbarkeit von passenden Mehrfachimpfstoffen ab 2003 konnte ein fixes Altersschema vorgegeben werden. Nach diesem soll etwa zehn Jahre nach der letzten Kinderimpfung, ungefähr im Alter von 15 Jahren, ab 25 Jahren die Auffrischung der Impfung gegen Diphtherie, Keuchhusten, Kinderlähmung und Tetanus alle zehn Jahre erfolgen. Diphtherie Noch im 19. Jahrhundert starben bis zu fünf Prozent der Kinder an der durch das Corynebacterium diphtheriae ausgelösten Erkrankung. Für die Erkrankung entscheidend ist dabei aber nicht das Bakterium, sondern das von ihm produzierte Toxin. Die Übertragung erfolgt durch Tröpfcheninfektion, die Inkubationszeit beträgt 2 bis 5 Tage. Je nach Verlauf kommt es zu Nasen-, Rachenoder Kehlkopfbefall sowie Fieber, Erbrechen, Schluckbeschwerden, grauweißen Belägen an den Mandeln und Lymphknotenschwellung. In schweren Fällen kommt es zu Erstickungsgefahr, Er krankungen des Herzens und Nervensystems und zu Leber- oder Nierenschäden. In Österreich ist zwar seit Jahren kein Diphtheriefall aufgetreten, in einigen universimed.com | kongress EU-Staaten wie beispielsweise in den baltischen Ländern gibt es jedoch noch Erkrankungsfälle. Auch in vielen Entwicklungsländern ist Diphtherie noch immer eine endemische Erkrankung. Um eine Populationsimmunität zu erreichen, müsste die Durchimpfungsrate bei über 80% liegen, in Österreich beträgt diese nicht einmal 60%. Prinzipiell ist die Erkrankung meldepflichtig. Tetanus Der Tetanuserreger ist weltweit verbreitet und verursacht jährlich 50.000 Todesfälle. Er kommt im Erdboden, in Schmutz und Exkrementen vor und produziert ein Nervengift, das zu einer krampfartigen Starre der Muskulatur führt. Die Krankheit wird durch Wundinfektion übertragen, sie ist nicht ansteckend und hinterlässt keine Immunität. Die Sterblichkeit beträgt rund 30%. Durch die hohe Durchimpfungsrate ist Tetanus in Österreich recht selten. Poliomyelitis Kinderlähmung ist eine akute fieberhafte Virusinfektion, bei der Polioviren bevorzugt die motorischen Nervenzellen im Rückenmark befallen. Noch zwischen 1946 und 1961 gab es 12.620 Erkrankungsfälle und 1.426 Todesfälle in Österreich. Durch die 1960 eingeführte Schluckimpfung wurde die Erkrankung in Österreich weitgehend eingedämmt. Das Ziel der WHO, Kinderlähmung bis universimed.com Ende 2000 weltweit auszurotten, konnte in einigen Regionen aufgrund kriegsähnlicher Konflikte nicht erreicht werden. Auch in einigen osteuropäischen Ländern gibt es nach wie vor hohe Erkrankungsraten. Eine Weiterimpfung ist daher noch eine längere Zeit erforderlich. Pertussis Eine besondere Gefahr stellt der Keuchhusten dar, eine langwierige Erkrankung der Atemwege mit schweren krampfartigen Hustenattacken. Die Übertragung erfolgt durch Tröpfcheninfektion, also bereits beim Sprechen, Niesen oder Husten. Da Pertussis eine Komponente der 6-fach-Impfung im Rahmen des Gratisimpfprogramms ist, liegt die Durchimpfungsrate bei Säuglingen und Kleinkindern erfreulich hoch. Pertussis ist jedoch keine Kinderkrankheit (Abb.), sie tritt in jedem Lebensalter auf, wenn auch die Krankheitsbilder unterschiedlich sein können. Während Keuchhusten bei Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren dank der hohen Durchimpfungsrate zurückgeht, sind Erkrankungen bei älteren Jugendlichen und Erwachsenen im Steigen. Ab dem 50. Lebensjahr ist bei einer Erkrankung auch mit vermehrten zusätzlichen Komplikationen zu rechnen, wie schweren Lungenentzündungen, Rippenfrakturen, Hirnblutungen. Der wochenlange uncharakteristische Husten ist hochinfektiös und stellt besonders für junge noch nicht geimpfte Neugeborene und junge Säuglinge eine besondere Gefährdung dar. Diese Tatsache ist besonders für Eltern bzw. für Haushaltsangehörige von Neugeborenen zu bedenken. Diese Personengruppe sollte speziell an die Notwendigkeit der Auffrischungsimpfung erinnert werden. Aber auch Personal in Krankenhäusern, Kinderbetreuungseinrichtungen und Schulen sowie Menschen mit häufigem Publikumskontakt sollten sich dieser besonderen Verantwortung bewusst sein. Denn der einzige effektive Weg, einer Infektion vorzubeugen und anderseits besonders empfängliche Gruppen der Bevölkerung zu schützen, ist die regelmäßige Auffrischungsimpfung und dadurch die Aufrechterhaltung der Immunität. Daher werden regelmäßige Auffrischungsimpfungen für alle Jugendlichen und Erwachsenen als sinnvoll und wirksam empfohlen. 4-fach-Impfstoff schützt mit nur einer Injektion Die Schutzimpfung zählt zu den wirksamsten, einfachsten und kostengünstigsten Präventivmaßnahmen in der Medizin. Der 4-fach-Impfstoff gegen Diphtherie, Tetanus, Poliomyelitis und Pertussis schützt mit nur einer Injektion vor allen vier Infektionskrankheiten und wird vom Österreichischen Impfausschuss empfohlen. Mit der 4-fach-Auffrischung können sich junge Erwachsene mit nur einem Stich umfassend schützen. Die Schutzrate nach vollständiger Immunisierung beträgt annähernd 100%, regelmäßige Auffrischungen nach zehn Jahren stellen sicher, dass der Impfschutz erhalten bleibt. „Sicher ist Sicher“ wurde vom Österreichischen Grünen Kreuz für Gesundheit in Kooperation mit der Österreichischen Ärztekammer und der Österreichischen Apothekerkammer initiiert, unterstützt wurde sie vom Pharmaunternehmen Sanofi Pasteur MSD. ● Bericht: Dr. Friederike Hörandl Quelle: Pressekonferenz „Frisch dich auf“, 29. April 2008, Wien vac080210 11 I