7. Juni 2011 Leiterin: Mag. Maja Matić Student

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Fach: Textlinguistik
Datum: 7. Juni 2011
Leiterin: Mag. Maja Matić
Student: Aleksandar Živković
Analyse der Textsorte „Horoskop“
Einleitung
Die folgende Analyse der Textsorte „Horoskop” basiert auf dem Jahres-Horoskop 2011
(auf 3 von 12 Sternzeichen) auf der Internetseite der Bild-Zeitung.
DUDEN unterscheidet die folgenden Bedeutungen des Horoskops: 1. Schematische
Darstellung der Planetenkonstellation zu den Tierkreiszeichen zu einem bestimmten Zeitpunkt,
bes. bei der Geburt eines Menschen, als Grundlage zur Schicksalsdeutung; 2. Voraussage über
kommende Ereignisse aufgrund von Sternkonstellationen. Die zweite Bedeutung ist diejenige,
mit der wir uns beschäftigen möchten. Wir werden am Anfang versuchen, das Phänomen der
Pressehoroskope sowie die Intentionen des Verfassers zu erläutern. Dann kommen verschiedene
Funktionen des Textes sowie die Antwort auf die Frage, welchen Einfluss der Text auf den
Rezipienten ausüben soll. Danach legen wir kurz die typischen Themen und die Struktur dieser
Textsorte dar, und letztendlich gehen wir auf die grammatische und lexikalische Analyse ein.
Kommunikative Situation
Pressehoroskope erscheinen öffentlich in einem Massenmedium. So ist auch Astrologie
zu einer öffentlich angebotenen Ware, einem alltäglichen Massenphänomen geworden. Häufig
wird darüber diskutiert, ob Horoskope überhaupt ein Teil der seriösen Astrologie sind oder nur
ihre
unzureichende
Vereinfachung
und
Abwertung
des
gesamten
astrologischen
Deutungssystems.
Die Pressehoroskope sind an ein breites, anonymes Publikum gerichtet. Dabei gibt es nur
minimale Unterschiede in den untersuchten Gruppen: Horoskope werden unabhängig von Alter,
Berufsgruppe, Schulbildung oder politischer Orientierung etwa gleich häufig gelesen. Allerdings
gibt es geschlechtsspezifische Unterschiede: Untersuchungen zeigen, dass Horoskope mehr von
Frauen als von Männern gelesen werden. Daher ist es nicht verwunderlich, dass es so gut wie
keine
Frauenzeitschrift
oder
Familienzeitschrift
ohne
Horoskope
und
kaum
eine
Männerzeitschrift mit Horoskopen gibt.
Was tut jemand, der ein Horoskop erstellt? Er sagt dem Adressaten für einen bestimmten
Zeitraum Situationsarten, Handlungsarten und Handlungsdispositionen voraus, die den
Adressaten betreffen. Der Zeitpunkt, für den die Voraussage gilt, liegt für den Schreiber in der
Zukunft, für den Adressaten ist er je nach Lesezeitpunkt unterschiedlich. Das Voraussagen
geschieht, indem etwas als sicher, wahrscheinlich, möglich usw. behauptet wird.
Die Verfasser sind zu einem erheblichen Teil Medienagenturen und keineswegs nur
Astrologen. Deren Name kann in den Zeitungen angegeben werden, aber kann auch ausgelassen
bleiben.
Textfunktion
Horoskope sind, grob betrachtet, informierende Texte. Sie informieren einen Leser
darüber, was dieser als Vertreter eines Sternzeichens in einem definierten Zeitraum an
Ereignissen, Tendenzen, Möglichkeiten usw. erwarten kann. Diese Informationen sollen dem
Leser zur Orientierung verhelfen. Viele Leser suchen in Horoskopen eine höhere Instanz, die
ihnen Trost und Beruhigung, Lob und Ermutung, Bestätigung und Beistand signalisieren. Im
vorliegenden Korpus findet sich eine Fülle davon.
Konzentriert man sich ausschließlich auf die Handlungsstruktur von Horoskoptexten, so
wird diese Perspektive durch die zahlreichen Informationshandlungen unterstützt, vor allem
durch Voraussagen, Ankündigen, Behaupten, Konstatieren und Vermuten (Sie haben immer
wieder eine gute Idee, wie Sie sich die Arbeit erleichtern können; Es fällt Ihnen leicht, Ihren
Schatz immer wieder neu zu erobern).
Das Horoskop kann auch als Appelltext verstanden werden Ein Text mit dominanter
Appellfunktion liegt immer dann vor, wenn der Verfasser dem Rezipienten signalisiert, dass er
ihn dazu bewegen will, eine bestimmte Einstellung seiner Sache gegenüber einzunehmen oder
eine bestimmte Handlung zu vollziehen. Horoskoptexte fordern die Rezepienten oftmals dazu
auf, bestimmte Handlungen auszuführen oder zu unterlassen. Der Textemittent gibt Ratschläge,
Empfehlungen, er warnt, schlägt vor, motiviert, fordert auf, rät ab, erlaubt und verbietet (Sie
müssen schließlich nicht immer mit Ihrem Schatz zusammenhängen; Essen Sie möglichst
natürlich und meiden Sie Fast Food).
Ganz allgemein ausgedrückt stellen die Horoskope letztendlich einen Kontakt zum Leser
her, der sich direkt angesprochen fühlt, indem er sich mit seinem Tierkreiszeichen identifiziert.
Der Kontakt wurde nicht nur durch Aufforderungen und Ratschläge hergestellt, sondern auch
durch andere Kontakthandlungen. Am weitesten verbreitet sind dabei Beglückwünschen, Loben,
Bewundern und Fragen (Sie sind 2011 ziemlich freigebig; Ob das Ihrer Linie so gut bekommt?
Doch das interessiert Sie jetzt nicht).
Thema und Struktur
Zunächst wollen wir die Makrostruktur des Horoskops näher bringen. Ganz am Anfang
des Textes steht der Name des Sternzeichens und die Datumsbegrenzung. Ähnlich wie beim
Zeitungsartikel ist ein Titel für jedes Sternzeichen vorhanden. Danach kommt eine kurze
Einleitung, wo man ganz allgemein ausdrückt, was im ganzen Jahr zu erwarten ist.
Das Thema wird durch die einzelnen Teilthemen behandelt, die sich auf den zentralen
Textgegenstand beziehen. Das Beispiel aus dem Korpus ist durch die klare Nennung der
Lebensbereiche kennzeichnend. Auf diese Weise erhält der Leser Bezugsvorgaben. Die
Lebensbereiche werden gewissermaßen thematisch in einzelne Teilaspekte zerlegt. Typische
Teilthemen, die auch hier gesetzt und entfaltet werden, sind etwa die folgenden:
1) Liebe:
Verliebtsein,
Flirt,
Streit,
Eifersucht,
gemeinsame
Unternehmungen,
Schüchternheit, Erotik, Romantik, Leidenschaft
2) Beruf/Finanzen:
Karriereenentwicklung,
Vorgesetzte,
Kollegen,
Anforderungen,
Konflikte, Weiterbildung, Gehaltserhöhung, Jobsuche, Geldausgeben, Sparen, Gewinn,
Verlust, Glückspiel
3) Gesundheit: Ernährung, Entspanung, Schlaf, Sport, Körpersignale, Wellness, Fitness
Das Bild oder Symbol des jeweiligen Tierkreiszeichen begleitet in der Regel den Text.
Unabhängig davon, um welche Art des Horoskops (Tages-, Wochen-, Monats- und JahresHoroskop) es sich handelt, bleibt die Struktur des Textes meistens unverändert. Nur die Länge
der Teilthemen variiert.
Typische grammatische und lexikalische Strukturen
Da die typische Handlungen, die im Horoskop vorkommen, schon im Abschnitt über die
Funktion des Textes erklärt wurden, werden wir uns hier mit den grammatischen Konstruktionen
beschäftigen, die diese Handlungen ausdrücken.
Was schon auf den ersten Blick zu bemerken ist, ist die Verwendung des Imperativs bzw.
seiner Ersatzformen (z. B. durch Adverbien). Die Ratschläge, Aufforderungen und Warnungen
werden (wie im vorliegenden Korpus) durch die Höflichkeitsform realisiert (Sagen Sie notfalls
ein paar Verabredungen ab; Vorsicht, sonst rutscht Ihr Konto öfter mal ins Minus).
Daneben findet sich die indirekte Form der imperativischen Adressierung mithilfe des
Aussagesatzes und des Modalverbs „sollen“ (Im Freien schalten Sie einfach am besten ab; Den
April und Oktober sollten Sie sich aber für die Liebe freihalten).
Für nicht explizite Referenzen auf den Leser können Indefinitpronomina (einige, manche,
wenige, man) stehen. Mit Pronomina wird ebenfalls auf Objekte verwiesen (etwas, einiges, es).
Temporale Adverbiale sind sehr häufig. Sie zeigen sich deutlich ihre Unbestimmtheitsfunktion (Von Mitte Mai bis Ende Juni, in der zweiten Septemberhälfte und ab dem 11. November
gehen Sie sehr diszipliniert zu Werke).
Eine Relativisierung der Voraussagen erfolgt durch Adverbien (vielleicht, vermutlich)
und Modalverben, häufig im Konjunktiv II (Schlafzimmer ist nun vermutlich Ihr Lieblingsort;
Flirten Sie nicht mit anderen, sonst könnte Ihr Partner ziemlich eifersüchtig reagieren).
Für Horoskoptexte sind voll- oder teilidiomatische Phraseologismen hervorragend
geeignet, Affekte direkt zu thematisieren oder eine emotionale Sprechereinstellung ausdrücken zu
lassen. Die ihnen eigene Unschärfe, semantische Dehnbarkeit und ihre Vagheit gewährleistet die
Anschlussfähigkeit an Alltagsthemen und unterschiedliche konkrete Lebenssituationen der Leser.
Aus diesem Grund sind viele Konstruktionen in die Idiomatizität gekleidet:
Sie können sich eigentlich nur selbst ein Bein stellen, indem Sie vieles anfangen, aber
nichts zu Ende bringen.
Achten Sie auf das rechte Maß und schlagen Sie nicht über die Stränge.
Sie möchten frischen Wind in die Beziehung bringen.
Es lassen sich rhetorische Figuren erkennen. Besonders auffällig ist ist die
Personifikation, und zwar bei der Nennung der Planeten (Saturn macht Ihnen das Leben ab und
an ein wenig schwer). Verwendet werden auch die rhetorische Frage (Also worauf warten Sie
noch?) und die Ellipse (Nur zu, aber bitte innerhalb der Beziehung).
Es lassen sich auch einige Besonderheiten der Umgangssprache bemerken. Dazu gehören
Anglizismen wie z.B. Powerplanet oder Singles und die Verwendung der Demonstrativ- statt
Personalpronomina, z.B. Ab Anfang Juni übernimmt das dann Jupiter. Der hat neben guter
Laune auch jede Menge Unternehmungslust im Gepäck.
Literatur
Burger, Harald, Phraseologie: ein internationales Handbuch zeitgenössischer Forschung,
Berlin: Walter de Gruyter, 2007.
Furthmann, Katja, Die Sterne lügen nicht, Göttingen: V&R unipress, 2006.
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