Wie sich die Ernährung auf Krebs auswirkt … nach Dr. Joseph Mercola Das Projekt „Cancer Genome Atlas“ begann 2006 und sollte die Genome von Krebszellen sequenzieren. Es war das größte Regierungsprojekt der USA aller Zeiten. Leider passten die Ergebnisse jedoch nicht zu den ursprünglichen Erwartungen. Als Chirurg Dr. Gary Fettke selbst mit Krebs zu kämpfen hatte, erkannte er den Einfluss der Ernährung auf Krebs und die große Bedeutung einer Ernährung mit vielen gesunden Fetten und wenigen NettoKohlenhydraten (Gesamtanzahl der Kohlenhydrate abzüglich der Ballaststoffe). Das Stoffwechselmodell von Krebs Die Befunde zeigten ganz klar, dass da etwas anderes als bloße Genmutation im Spiel war. Die Mutationen in Krebszellen waren schlicht zu beliebig. Manche Krebsformen wurden sogar von gar keinen genetischen Veränderungen angestoßen. Was also konnte der Auslöser sein? Kurz gesagt: Die genetischen Defekte im Zellkern, die man eigentlich für die Krebsverursacher gehalten hatte, finden tatsächlich weiter »flussabwärts« statt. Zuerst treten mitochondriale Schäden auf, die dann nukleäre Genmutationen auslösen, die wiederum zu Krebs führen können. Darüber hinaus finden nun Wissenschaftler heraus, dass mitochondriale Fehlfunktionen bei praktisch ALLEN Krankheiten eine zentrale Rolle spielen. Deshalb sollte die mitochondriale Funktion eigentlich im Mittelpunkt aller Wellness- oder Gesundheitsprogramme stehen. Fettke sagt, eine der wichtigsten Überlegung sollte dem Glucosestoffwechsel in den Mitochondrien gelten – diese Theorie vertrat Dr. Otto Warburg bereits in den 1920er-Jahren. Für seine Entdeckung, dass Krebszellen im Vergleich zu gesunden Zellen einen vollkommen anderen Energiestoffwechsel haben, bekam Warburg 1931 den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin. Wie sich jetzt herausstellt, haben Krebszellen nicht dieselbe metabolische Flexibilität wie gesunde Zellen. Krebszellen brauchen für den Stoffwechsel Zucker Eine Zelle kann Energie entweder aerob in den Mitochondrien erzeugen oder anaerob im Zytoplasma. Beim anaeroben Stoffwechsel entsteht viel überschüssige Milchsäure, die toxisch sein kann. Warburg fand heraus, dass Krebszellen unter Sauerstoffeinfluss zu viel Milchsäure produzieren. Kurz: Krebs „ernährt“ sich von Zucker, während Fette ihn „aushungern“. Gesunde Zellen können als Energiequelle entweder Glucose oder Ketonkörper nutzen, aber Krebs ist metabolisch einzig auf Glucose angewiesen. Krebszellen haben kaum metabolische Flexibilität und können Ketone schlicht nicht verarbeiten. Darin liegt dann wohl auch die Effektivität der Ernährungsketose begründet. Krebs könnte tatsächlich genauer als mitochondriale Stoffwechselkrankheit bezeichnet werden. Nur wenige Menschen haben angeborene Gene, die sie für Krebs prädisponieren. Die meisten haben vielmehr angeborene Gene, die sie vor Krebs schützen. Vererbte Mutationen stören normalerweise die Funktion der Mitochondrien, und das erhöhte Krebsrisiko ist die Folge dieser Schwäche. Die gute Nachricht ist, dass man die mitochondriale Funktion stärken kann, indem man bestimmte Faktoren im Lebensstil wie etwa Ernährung und sportliche Betätigung ändert. Diese Erkenntnis eröffnet eine gänzlich neue Sicht auf die Krebsbehandlung. Wie Fettke erklärt, basiert das Stoffwechselmodell von Krebs »auf Energie und Wachstum; beliebige Chromosomenmutationen sind sekundär«. Er fährt fort: „Alle Zellen brauchen Adenosintriphosphat (ATP) als Energiequelle. Und sie brauchen Baumaterialien, die entweder vor Ort vorhanden sind oder in normale Zellen transportiert werden und Glucose zum größten Teil in ATP und zu einem kleinen Teil in Erhaltungsenergie umwandeln. Krebszellen machen das Gegenteil. Glucose wird von der ATP-Produktion zu den Baumaterialien umgelenkt, die fürs Zellwachstum nötig sind … Die anderen Baustoffe brauchen Proteine und Fettsäuren, und Krebs stiehlt sie aus seiner Umgebung. Diese Invasion in umliegendes Gewebe ist dafür verantwortlich, wie sich Krebs ausbreitet und metastasiert … Die treibende Kraft hinter all dem ist die Produktion freier Sauerstoffradikale.“ Industriell verarbeitete Lebensmittel fördern Krebs Was verursacht die Produktion freier Radikale? Entzündungen kurbeln sie enorm an, und unsere moderne Ernährung mit industriell verarbeiteten Lebensmitteln ist höchst entzündungsfördernd. Zu den größten Übeltätern gehören mehrfach ungesättigte Fettsäuren, Transfettsäuren und Zuckerzusätze in all ihren Formen, insbesondere raffinierte Fructose und raffiniertes Getreide (wie etwa fructosereicher Maissirup und Weißmehl). Auch künstliche Inhaltsstoffe können Entzündungsreaktionen hervorrufen. Indem Sie Ihren Konsum von Netto-Kohlenhydraten einschränken, erreichen Sie dadurch vier Verbesserungen, die schließlich zu weniger Entzündungen und reduzierter Stimulation des Krebswachstums führen: 1. 2. 3. 4. Sie senken Ihren Blutzuckerwert. Sie reduzieren Ihren mTOR-Wert durch gezielten Nahrungsmangel. Sie senken Ihren Insulinspiegel. Sie senken Ihren Insulinähnlichen Wachstumsfaktor (IGF-1, ein leistungsstarkes Hormon, das auf Ihre Hirnanhangdrüse einwirkt, um Stoffwechsel- und endokrine Effekte anzuregen, z. B. Zellwachstum und -replikation. Ein hoher IGF-1-Wert wird mit Brustkrebs und andere Krebsarten in Zusammenhang gebracht). Tatsächlich wirkt eine fettreiche, kohlenhydratarme Ernährung (ketogene Diät) so gut, weil sie unter anderem Entzündungen gegen null reduziert. Und wenn Entzündungen verschwinden, kann Ihr Körper heilen. Was Krebs zum Wachsen braucht Um zu gedeihen und zu wachsen, brauchen Krebszellen Kraftstoff in Form von Glucose sowie Baumaterial in Form von Proteinen, Fettsäuren, Phosphat und Acetat. Diese Baumaterialien sind in Ihrem Blutkreislauf nicht vorhanden, weshalb die Krebszellen sie aus den umliegenden Zellen »stehlen«. Der Vorgang, der es Krebszellen erlaubt, in umliegendes Gewebe einzudringen, wird als »umgekehrter Warburg-Effekt« bezeichnet. Er basiert auf der Bildung von Wasserstoffperoxid aufgrund des Zusammenspiels von freien Sauerstoffradikalen und Wasser. Invasive oder metastasierende Tumore sind also im Wesentlichen die Folge des Warburg-Effekts und des umgekehrten Warburg-Effekts. Wie Fettke betont, gewinnen wir durch das Wissen um diese Vorgänge eine ganze Reihe neuer Möglichkeiten, Krebs vorzubeugen und zu behandeln, darunter die folgenden: Reduzierung oder gänzliche Streichung von Zucker und Netto-Kohlenhydraten (ballaststofffreien Kohlenhydraten), um Krebszellen nicht zu »füttern«. Reduzierung oder gänzliche Streichung von mehrfach ungesättigten Fettsäuren, um die Bildung schädlicher freier Radikale und kleiner, dichter LDL-Partikel zu verhindern. Reduzierung von Eiweiß (ich empfehle ein halbes Gramm Protein pro Pfund magere Körpermasse), um die Stimulierung von mTOR-Bahnen zu vermeiden. Erhöhung des Antioxidantienkonsums (über Vollwertkost und/oder Nahrungsergänzungsmittel), um Schäden durch freie Radikale zu vermeiden. Erhöhung des Konsums gesunder Fette, um gesunde Zellen zu nähren und Krebszellen auszuhungern. Die Bedeutung der Ernährung Denken Sie daran: Als Erstes muss der gestörte Mitochondrienstoffwechsel angegangen werden. Dazu müssen Sie den Konsum von Netto-Kohlenhydraten radikal einschränken und den Konsum hochwertiger Fette erhöhen. Das heißt nicht, gänzlich auf Kohlenhydrate zu verzichten: Frisches, biologisch angebautes und ballaststoffreiches Gemüse sollten Sie reichlich zu sich nehmen. Sie können täglich mehrere Hundert Gramm Gemüse essen, denn die Ballaststoffe werden in kurzkettige Fettsäuren umgebaut, die die Verbrennung von Fett als Kraftstoff ankurbeln und Ihr Mikrobiom nähren. Laut Fettke haben Studien gezeigt, dass eine Ernährungsketose, also eine fettreiche, kohlenhydratarme Diät, bei Patienten, die sich konventionellen Krebsbehandlungen, wie einer Chemotherapie unterziehen, nachweislich die Gesundheit stärkt. Bedenken Sie auch, dass Glucose grundsätzlich ein „schmutziger“ Treibstoff ist, weil sie viel mehr reaktive Sauerstoffspezies und freie Radikale produziert als bei der Fettverbrennung. Aber um Fett zu verbrennen, müssen Ihre Zellen gesund und normal sein. Krebszellen verfügen nicht über die metabolische Flexibilität, um Fett zu verbrennen. Deshalb ist eine fettreiche Ernährung eine so effektive Antikrebs-Strategie. Wenn Sie Ihren Körper von Glucoseverbrennung auf Fettverbrennung umstellen, haben Krebszellen schwer ums Überleben zu kämpfen, weil die meisten ihrer Mitochondrien funktionsgestört sind und Sauerstoff nicht effektiv für die Verbrennung von Kraftstoffen verwenden können. Zugleich bekommen gesunde Zellen das perfekte »Futter«, das oxidative Schäden mindert und die Mitochondrienfunktion optimiert. Insgesamt beginnen gesunde Zellen zu gedeihen, und Krebszellen werden nach und nach ausgehungert. Gesunde Mitochondrien Für die optimale Gesundheit brauchen Sie ausreichend Kohlenhydrate, Fette und Eiweiß. Doch seit dem Aufkommen industriell gefertigter Lebensmittel und der industriellen Landwirtschaft ist es besonders wichtig, bei diesen Nährstoffen zu unterscheiden: Es gibt gesunde und ungesunde Fette, dasselbe gilt für Kohlenhydrate und Proteine. Für eine Ernährungsketose ist es wichtig, den Konsum von Netto-Kohlenhydraten und Proteinen im Auge zu behalten. Netto-Kohlenhydrate errechnen Sie, indem Sie von den Gesamtkohlenhydraten in Gramm die enthaltenen Ballaststoffe, den Faseranteil abziehen. Die Zahl, die sich daraus ergibt, sind die Netto-Kohlenhydrate. Für optimale Gesundheit und zum Schutz vor Krankheiten empfehle ich, täglich nicht mehr als 40 bis 50 Gramm Netto-Kohlenhydraten zu sich zu nehmen. Welche Lebensmittel liefern wie viel Eiweiß? Viel Eiweiß ist in Fleisch, Fisch, Eiern, Milchprodukten, Hülsenfrüchten, Nüssen und Samen enthalten. Auch einige Gemüsesorten, z. B. Brokkoli, liefern reichlich Protein. Um abzuschätzen, ob Sie eventuell zu viel Eiweiß konsumieren, sollten Sie Ihren Bedarf berechnen: Ziehen Sie basierend auf Ihrer mageren Körpermasse den prozentualen Fettanteil von 100 ab, und schreiben Sie ein paar Tage lang alles auf, was Sie zu sich nehmen. Dann berechnen Sie, wie viel Eiweiß Sie aus allen möglichen Quellen konsumieren. Auch hier rate ich zu einem halben Gramm pro Pfund magere Körpermasse. Wenn Sie derzeit mehr Eiweiß zu sich nehmen, passen Sie die Menge entsprechend an. Dazu können Sie die nachfolgende Tabelle verwenden oder einfach das entsprechende Lebensmittel im Internet recherchieren. Rotes Fleisch, Schweinefleisch, Geflügel und Meeresfrüchte: 18 bis 30 Gramm Eiweiß pro 100 Gramm. Für die meisten Menschen ideal sind ca. 100 Gramm Fleisch oder Fisch, also 20 bis 30 Gramm Eiweiß. Samen und Nüsse: 16 bis 32 Gramm Eiweiß pro 100 Gramm. Getreide: 5 bis 7 Gramm Eiweiß pro 100 Gramm. Eier: 6 bis 8 Gramm Eiweiß pro Stück. Ein Omelett aus zwei Eiern liefert demnach 12 bis 16 Gramm Eiweiß. Wenn Sie Käse dazugeben, müssen Sie auch dessen Proteingehalt einrechnen. Gekochte Bohnen: 7 bis 9 Gramm Eiweiß pro 100 Gramm Gemüse: Die meisten Sorten enthalten 3 bis 7 Gramm Eiweiß pro 100 Gramm. Finger weg vor ungesunden Fetten Bei Fetten ist es wirklich unerlässlich, zwischen gesunden und ungesunden zu unterscheiden. Die allermeisten Fette, die wir konsumieren, sind sehr ungesund. Im Allgemeinen sollten Sie alle raffinierten und in Flaschen abgefüllten pflanzlichen Öle vermeiden, die generell viel beschädigte Omega-6-Fettsäuren enthalten. (Auch bei Olivenöl sollte man vorsichtig sein. Es ist zwar gesund, aber bis zu 80 Prozent des kommerziell produzierten Olivenöls sind tatsächlich mit oxidierten Omega-6-Pflanzenölen gepanscht). Eine weitere grundsätzliche Regel: Haben Sie keine Angst vor natürlichen gesättigten Fettsäuren! Sie gehören zu den gesunden. Gesunde Fette enthalten folgende Lebensmittel: Oliven und Olivenöl (als »echt« zertifiziert) rohe Nüsse, z. B. Macadamia- und Pekannüsse, und Samen wie schwarzer Sesam, Kreuzkümmel, Kürbiskerne und Hanfsamen Fleisch (von Weidetieren) Kokosnüsse und Kokosöl Eigelb (von Hühnern aus Freilandhaltung) Schweineschmalz, Rindertalg und Ghee Butter aus Milch von Weidetieren und Kakaobutter Avocados tierische Omega-3-Fettsäuren, z. B. Krillöl Ernährungsketose kann Hoffnung und Hilfe bieten Am Schluss seines Vortrags zählt Fettke die bekannten Vorteile der Ernährungsketose in der Krebsbehandlung auf, darunter folgende: Sie ist sicher. Sie kann zusammen mit anderen Behandlungen angewandt werden (und die Wirksamkeit konventioneller Therapien erhöhen). Sie gibt Patienten das Gefühl der Kontrolle, das nachweislich die Überlebensquote erhöht. Sie gibt Patienten Hoffnung, die ebenfalls zum Überleben beiträgt. Sie ist gut verträglich. Ketone schützen die umliegenden Zellen und verringern die Ausbreitung von Krebs. Wenn sie schon für die Behandlung förderlich ist, sollte sie doch auch als Vorbeugemaßnahme erwogen werden. Sie ist die preiswerteste Krebstherapie überhaupt. Ein radikales Experiment zu Ernährungsketose Dr. Peter Attia hat an der Stanford University Medizin studiert und entwickelte als Arzt eine Leidenschaft für die Stoffwechselforschung. Er entschloss sich, selbst als Versuchskaninchen zu fungieren. Obwohl er immer aktiv und fit war, waren ihm seine Erbanlagen nicht eben wohlgesonnen. Er neigte von Natur aus zum metabolischen Syndrom, obwohl er gewissenhaft auf seine Ernährung und genügend Sport achtete. Deshalb beschloss er, mit Ernährungsketose zu experimentieren, um zu sehen, ob er seine allgemeine Gesundheit dadurch verbessern könnte. 10 Jahre lang nahm er 80 Prozent seiner Kalorien in Form gesunder Fette zu sich und kontrollierte regelmäßig seine Stoffwechselmarker wie Blutzucker, Körperfettanteil, Blutdruck, Lipidwerte etc. Wie sich alle seine Werte verbesserten, illustriert die Tabelle unten. Eine Magnetresonanztomografie bestätigte, dass er nicht nur subkutanes Fett verlor, sondern auch Eingeweidefett, die schädlichste Fettform. VORHER - NACHHER Nüchternblutzucker 100 mg/dl Körperfettanteil 25 % 75 bis 95 mg/dl 10 % Taillenumfang 102 cm 79 cm Blutdruck 130/85 110/70 LDL 113 mg/dl 88 mg/dl HDL 31 mg/dl 67 mg/dl Triglyceride 152 mg/dl 22 mg/dl Insulinsensitivität Ausgangswert um mehr als 400 % erhöht www.lotharmayer.com