Die Kosmische Symphonie Kosmologie und Teilchenphysik 1. 2. 3. 4. 5. Kosmologie: Überblick Die Mikrowellen vom Urknall Dunkle Materie Die Ursuppe Die Entstehung der Masse Michael Kobel TU Dresden Teilchenwelt Schülerworkshop CERN 17.6.2011 Strukturbildung im Universum MPI für Astrophysik München, MIllenium Simulation http://www.mpa-garching.mpg.de/galform/virgo/millennium/ t = 0,2 Mrd. Jahre 20 Mio Lichtjahre t = 4,7 Mrd. Jahre 150 Mio Lichtjahre “erste Sterne” t = 1,0 Mrd. Jahre 50 Mio Lichtjahre “erste Galaxien” t = heute 300 Mio Lichtjahre Ursprung der Dichteunterschiede Postulat: Nachhall der Quantenfluktuationen des Urknalls, „eingefroren“ durch Inflation (überholen Ereignishorizont) Verstärkt durch gravitatives „Aufsammeln“ der Umgebung Grenze der Beobachtung: Kosmischer Mikrowellenhintergrund Ursprung der Hintergrundstrahlung Bis zu 380.000 Jahre nach Urknall: „Plasma“ aus Protonen, Heliumkernen, Elektronen, Photonen 0,9 : 0,05 : 1 : 2.000.000.000 Strahlung (Photonen) und Materie in Wechselwirkung Temperatur T > 6000 K Ionisation von H-Atomen durch Photonen 380.000 Jahre nach Urknall: Atomhüllen bilden sich Das Universum wird durchsichtig Strahlung breitet sich ungehindert aus Wenn das Universum heute 80 Jahre wäre… (13.700.000.000 Jahre 80 Jahre) Ein Neugeborenes, 19 Stunden alt. Erste Schritte mit 13 Monaten Schulanfang mit 6 Jahren Das Universum ist 80. „Hat“ seit 5 Stunden Homo Sapiens Unsere Sonne Wie lange braucht das Licht (Photonen) vom Inneren an die Sonnenoberfläche? A: 2 sec C: 12 Monate B: 8 min D: 100,000 100.000 Jahre Analogie: Die Sonne Gasball aus H und He, normalerweise durchsichtig Innen: T > 10.000.000 K Ionisation der Atome freie Elektronen Licht jeder Energie wird absorbiert und wieder emittiert Erst nach ~100.000 Jahren Ankunft nahe der Oberfläche Oberfläche (Photosphäre) T = 6000 K Elektronen an Atome gebunden Licht kann entweichen erreicht nach 8 min ungehindert die Erde Beispiele zur Vermessung der Hintergrundstrahlung 1999 BOOMERanG Temperaturschwankungen Dichtere Regionen sind etwas wärmer als dünnere Hintergrundstrahlung von dort ist etwas energiereicher Mittlere Temperatur heute: 2,73 K über absolut Null (-270,42 oC) Typische Temperaturschwankungen: +- 0,0002 K Physik Nobelpreis 2006: Entdeckung dieser Schwankungen John C. Mather und George Smoot (COBE Satellit) COBE Mikrowellen als Babyfoto Cobe 1994 WMAP 2003 Nach Abzug unserer Milchstraße • Winzige Temperaturschwankungen: T=2,73 K +- 0,0002 K • “heiße” und “kalte” Flecken = “dichte” und “dünne” Gebiete • genau wie bei Schall Klang des Universums Akustische Analogie I: Chladni-Figuren Akustische Analogie II: Musikinstrumente Die Obertöne des Kosmischen Klangs • Das Ohr hört an Obertönen: • Art des Instruments • geübtes Ohr: Bauweise Astrophysiker erkennen an den Obertönen: •„Form“ des Universums • Zusammensetzung Vergleich der Akustischen Wellen Schallgesc hwindigkei t im Gas p Frequenz f Luft Frühes Universum Wechselwirkung Druck d. Stöße Druck d. Strahlung + Gravitation (!) Dichte 3x1025 Moleküle / m3 3x108 Protonen / m3 10-17 (bei 380.000 Jahren) Verhält. Zustandsgleichung pVk = const. p ~ k p = ⅓c2 Geschwindigkeit v kp/ 340 m/s vc/3 =1,7x108 m/s 500.000 Wellenlänge 20 mm – 20 m 20.000 – 400.000 Lj 1020 - 1022 Frequenz 17.000 – 17 Hz 10-12 – 0,4x10-13 Hz 10-14-10-16 www.astro.virginia.edu/~dmw8f/BBA_web/unit05/unit5.html Akustik bis zu Frequenzen von 0,04 pHz ! Schallwellen vermessen Geometrie (Geometrie ) (1/ Dichte ) f (Tonhöhe) Geometrieänderung (Dichte=const.) ergibt Frequenzänderung Länge Tonhöhe ( Saiten, Pfeifen) Form Klang (Frequenzzusammensetzung) ( Fourierzerlegung ) a e i o u Dichteänderung (Geometrie=const.) ergibt ebenfalls Frequenzänderung ( Einatmen von Helium oder Schwefelhexafluorid SF6 ) Universum: Kenne v und f bestimme (Maßstab) Geometrie der Raumkrümmung erlaubt Rückschluss auf gesamten Energieinhalt ( Masseninhalt) W W = M / Mflach W<1 negativ gekrümmt flach W1 positiv gekrümmt W>1 allgemeine Relativitätstheorie Geometrie = „Form“ des Universums W>1W1W<1 13,7 Mrd. Lichtjahre bekannter Maßstab - neg. gekrümmt - flach - pos. gekrümmt W= 1,005 +- 0,006 Das Universum als Spiegelsaal? Flach:= Parallele bleiben Parallel trotzdem endliches Volumen möglich! einfachste Lösung: Torus (eingeschränkte 3D2D Visualisierung) 3D Visualisierung als Spiegelsaal Möglicher Nachweis: “circles-in-the sky” Sobald Ereignishorizont größer Einheitszelle gleiche Muster gegenüber (heutiger Ereignishorizont: 46 Mrd. Lichtjahre) ) konsistent mit Muster des kosmischem Mikrowellen Hintergrunds (CMB) Spektrum der Wissenschaft, Januar 2009 http://www.spektrum.de/artikel/974631 Beste Anpassung an CMB Daten: (Aurich, Steiner et al, Uni Ulm, 2008) http://arxiv.org/abs/0708.1420 Kantenlänge = 54 Mrd. Lichtjahre (große Unsicherheiten!) Zusammensetzung des Universums Beiträge zur Gesamtenergie W atomare Materie (p,n,e): WB Sterne, Planeten, Gaswolken, Schwarze Löcher,… -- dämpft den ersten „Oberton“ -- verstärkt den zweiten „Oberton“ nichtatomare „dunkle“ Materie (n,…): WDM Ungebundene Elementarteilchen, schwach wechselwirkend -- verstärkten den zweiten „Oberton“ „dunkle“ Energie: WV „kosmologische Konstante“ „Vakuumenergie“ unverdünnbar W= WB + WDM + WV = 1 Ergebnis 5% atomare Materie (WB 0,05) 22% nichtatom. Materie (WDM 0,22) Summe: W1,00 73% „dunkle Energie“ (WV 0,73)! Unabhängige Bestätigungen: Supernovae und Galaxiencluster WV WB + WDM Zwischenbilanz • Nur 27% des Universums ist Materie Wm = WB +WDM 0,27 • 5/6 davon ist nichtatomare, „dunkle“, Materie möglicherweise uns völlig unbekannt • 73% ist keine Materie, sondern „dunkle Energie“ und treibt das Universum auseinander •Weder die Erde noch die Sonne noch die Milchstraße ist Mittelpunkt des Kosmos •Selbst der Stoff aus dem all das gemacht ist, ist eine „Randerscheinung“ (~ 5%) •Die „dunkle Energie“ bestimmt die Zukunft Sind Neutrinos die „Dunkle Materie“? 1930: theoretische Einführung (Pauli) 1956: experimentelle Entdeckung (Cowan und Reines) Neutrinos: “Singles“ des Universums schwach wechselwirkend: 999.999.999 von 1.000.000.000 schaffen Erddurchquerung ziemlich verbreitet: 366.000.000 Neutrinos / m3 im Vergleich zu 0,2 Protonen / m3 wesentlicher Beitrag zu zu Dunkler Materie, selbst wenn 1.000.000.000 Mal leichter als Protonen!!! aber (bis vor kurzem): Ruhemasse unbekannt Flavor-Oszillation als Waage für Neutrinos Qmechanik:Jede einzelne Neutrinosorte („flavor“) ne nµ nt ist Summe dreier stabiler Neutrinos n1 n2 n3 mit leicht versch. Massen Summe von Tönen mit leicht verschiedenen Frequenzen Regelmäßige Oszillation der Lautstärke (Schwebung) Schwebungsfrequenz = Frequenzunterschied Df Summe von Neutrinos mit leicht verschiedenen Massen Regelmäßiges Verschwinden und Erscheinen abhängig von Dm2 Korrespondenzen zur Akustischen Schwebung Akustik Neutrinos Schallwelle Kreisbewegung der „Phase“ Töne (feste Frequenz) Massezustände ( feste Phasenfrequenz) Klang= Überlagerung der Töne Flavorzustand = QM-Mischung der Massenzustände Lautstärke Schallamplitude2 QM-Nachweiswahrscheinlichkeit |Wellenfunktion|2 Schwebungsfrequenz Df der Töne Flavor-Oszillation der Neutrinos Dm2 der Massezustände Größenordnung: ~Hz 0,1 – 10 kHz (Beobachter) 0,1 – 10 THz (n-Eigenzeit) Beispiele von Messungen • Sonnenneutrinos: weniger ne wegen Oszillation ne nµ, t Atmosphärische Neutrinos: weniger nµ wegen Oszillation nµ nt CNGS Strahl: Erscheinen von nt wegen Oszillation nµ nt • Nur möglich bei Energiedifferenz (d.h. Massendifferenz!) zwischen den stabilen Moden n1 n2 n3 • Neutrinos haben Masse!! (Allerdings hier nur Differenzen von m2 messbar!) • Beitrag zur Masse des Universums: 0.1% < Wn< 3% • erklärt nur kleinen Teil der „dunklen“ Materie 1 2 3 •Animation: Ch. Weinheimer Andere Kandidaten für Dunkle Materie? Supersymmetrische Teilchen? Würden helfen, mehrere Theoretische Fragen zu lösen Vereinigung aller Kräfte incl Gravitation Verständnis großer Zahlenverhältnisse Leichtestes SUSY Teilchen stabil = Dunkle Materie (ca (ca 3000 /m3)? stabil, massiv (> 50 Protonmassen), schwache Wechselwirkung Direkte Entdeckung möglich bei: ATLAS & CMS am LHC des CERN Mit dem LHC zurück zum Urknall Heißes Universum <<-> typische Teilchenenergie 7 Sonne: T = 10 K <<-> E = 10-6 GeV LHC : T > 1016K <<-> E > 10 3 GeV (>109 mal höher!) Die „Ursuppe „Ursuppe“: “: Nachstellen im Teilchenensemble ALICE: Pb+Pb Quark Quark--Gluon „Plasma“? Das „Suppenpulver“: Prozesse einzelner Teilchen ATLAS, CMS, LHCb LHCb:: p+p b, t, W, Higgs Higgs? ? SUSY? A lte r LHC Pb+Pb T e m p e ra tu r E n e rg ie G rö ß e 10 -4 3 s 10 32 K 10 19 G eV N a d e ls p itz e 10 -3 6 s 10 28 K 10 15 G eV T e n n is b a ll 10 -2 4 s 10 22 K 10 G eV 50 km 10 -1 4 s 10 17 K 10000 G eV w ie S o n n e 10 -1 0 s 10 15 K 100 G eV s 10 13 K 1 G eV 10 10 K 0 .0 0 1 G e V w ie S o n n en -s ys te m 1 L ic h tja h r 10 -6 1s 9 1 m in 10 K 9 0 .0 0 0 1 G e V 5 0 L ic h tja h re 1 Jahr 10 K 6 0 .0 0 0 0 0 0 1 G e V 1 0 0 .0 0 0 J a h re 1 0 .0 0 0 K 1 eV h e u te 3 K w ie M ilch s tra ß e 1 M illio n L ic h tja h re 1 0 M illia rd e n L ic h tja h re 10 -4 eV Theorien LHC (p+p) gemessene Einzelprozesse (2008) ALICE kocht die Ursuppe Untersuchung des QuarkQuark-Gluon Plasmas Neuer Zustand von Materie: „flüssige(?)“ Quarks und Gluonen Eis schmilzt bei 0 oC @ @270 270 K Hadronen = Quarks+Gluonen schmelzen bei 170 MeV = 2x1012K Beschleunige und Kollidiere „Hadronen „Hadronen““-Eis, um „Quark„Quark-Gluon Gluon““-Wasser herzustellen (erreiche > 200.000 fache Sonneninnentemperatur) ALICE wird Eigenschaften dieses neuen Materiezustand untersuchen (Zustandsgleichung Zustandsgleichung,, Brechungsindex, Suszeptibilität Suszeptibilität,, Viskosität Viskosität,, Wärmeleitfähigkeit,, Schallgeschwindigkeit Wärmeleitfähigkeit Schallgeschwindigkeit,…) ,…) ideale Flüssigkeit Flüssigkeit? ? Die Bedeutung der Teilchenmassen Größen- und Energieskala der Atome (Moleküle, Festkörper, Lebewesen, …) Elektronmasse regiert atomare Energien und Radien Bindungsenergie steigt mit me Atomdurchmesser fällt mit 1 / me Stabilität der Nukleonen: Feine Abstimmung zwischen Starker Kraft Elektromagn. Abstoßung der Quarks Massen(differenzen): md - mu , md - me 35 Kosmologische Auswirkungen von Massenänderungen Die Masse der Atome kommt Ändern von mu ,md oder me hätte Leben: 30m große Riesenwesen auf Titan? Erniedrige md – me um 1 MeV MeV/c /c2 kaum Effekt auf Kern ern-- und Atommassen kaum Effekt auf Materiedichte ABER:riesigen Effekt auf Mat.eigenschaften Erniedrige me auf 0.025 MeV MeV/c /c2 nur ~1% aus Ruhemasse der Bausteine 99% aus Energie der Quarkbindung ermöglicht Umwandlung des Wasserstoffs: Wasserstoffs: keine WasserstoffWasserstoff-Atome, n stabil Erniedrige md – mu um 2 MeV MeV/c /c2 Proton- und Deuteriumzerfall Keine Sterne nur neutrale Teilchen (n, g,n) p n W- e- ne Animation: Was wäre wenn wenn… … Kleinere W-Masse Tatsächlicher Ablauf Kleinere d-Quarkmasse Kleinere Elektronmasse View Online: www.tricklabor.com/de/portfolio/was-waere-wenn Download: www.teilchenphysik.de/multimedia/informationsmaterial/veranstaltungen/ Erst nachdem der LHC geklärt hat, wie Teilchenmassen überhaupt entstanden sind, wird man erforschen können, wie ihre Werte zustande kamen. http://prola.aps.org/abstract/RMP/v68/i3/p951_1 R.N. Cahn, „The 18 arbitrary parameters of the standard model in your everyday life life“(1996) “(1996) http://arxiv.org/abs/hep--ph/9707380 http://arxiv.org/abs/hep V.Agrawal,, S.M.Barr V.Agrawal S.M.Barr,, J.F.Donoghue J.F.Donoghue,, D.Seckel D.Seckel,, „The anthropic principle and the mass scale of the Standard Model“ (1997) http://arxiv.org/abs/astro--ph/9909295v2 http://arxiv.org/abs/astro C. Hogan, „Why „Why the Universe is Just So“ (1999) http://arxiv.org/abs/0712.2968v1 Th Damour und J.F.Donoghue J.F.Donoghue,, „Constraints on the variability of quark masses from nuclear binding binding““ (2007) Zusammenfassung • Die „Kosmische Symphonie“ der Mikrowellenhintergrund Obertöne ergeben Form und Zusammensetzung des Universums • Das Universum ist im Mittel flach • Die Masse der uns bekannten atomaren Materie bildet ca. 5% der Gesamtenergie des Universums • Neutrinos erklären nur einen kleinen Bruchteil der 22% nichtatomaren „dunklen“ Materie im Weltall • Es gibt Ideen, was der Rest ist ( LHC Experimente 2010-…?) • Der Ursprung der Masse wird sicher am LHC geklärt werden (Higgs?) • 73% der Gesamtenergie steckt in „dunkler Energie“, unverstanden, aber bestimmend für die Zukunft • Kosmologie und Teilchenphysik, Quantenphysik und Akustik sind eng verknüpft Literaturempfehlungen (zusätzlich zu den schon genannten) • Dieser Talk auf: http://iktp.tu-dresden.de/IKTP/forschung/Pub.php (Projekt: Outreach) • Harald Lesch / Jörn Müller Kosmologie für Helle Köpfe (Goldmann Taschenbuch, 2006) • Wayne Hu, The Physics of microwave background anisotropies http://background.uchicago.edu/~whu/physics/physics.html (mit Artikel aus Scientific American: The cosmic symphony, 2004) • Kosmologie und Teilchenphysik generell www.weltderphysik.de Das Weltall, Welt des Allerkleinsten www.teilchenphysik.de • Physik am LHC www.weltmaschine.de www.weltderphysik.de/de/351.php • Teilchenphysik für die Schule www.teilchenwelt.de www.physicsmasterclasses.org (nächste Veranstaltungen: März 2012)