Clostridium difficile – Bedeutung im Gesundheitsdienst Ulrike Weber 17.09.2007 / Bielefeld • C. difficile - assoziierte Erkrankungen (CDAD) zunehmendes Problem v.a. bei der Versorgung schwer kranker und alter Patienten • neuer, hochvirulenter C. difficile - Stamm (in Nordamerika und Europa nachgewiesen) hat die Übertragbarkeit, Morbidität und Letalität gesteigert* • nosokomialer Infektionserreger (seit mehr als 30 Jahren bekannt)** erhebliche Kosten im Gesundheitswesen* Quellen: * Schneider et.al. (2007): Clostridium difficile-assoziierte Diarrhö – ein zunehmendes klinisches Problem durch neue hochvirulente Stämme. Krh.-Hyg. + Inf.verh. 29. Heft 4 ** RKI (2006): Clostridim difficile Infektionen: Nosokomiale Ausbrüche durch einen neuen, besonders virulenten Stamm in den USA, Kanada, England, Belgien, Holland und Frankreich. Epidemiologisches Bulletin 36/2006 Kosten • 3 Milliarden EUR/Jahr in Europa* • 1,1 Milliarden $/Jahr in den USA* • intensivere Betreuung • verlängerter Krankenhausaufenthalt Quelle: Schneider et.al. (2007): Clostridium difficile-assoziierte Diarrhö – ein zunehmendes klinisches Problem durch Neue hochvirulente Stämme. Krh.-Hyg. + Inf.verh. 29. Heft 4 Situation in Nordamerika • in den letzten Jahren vermehrt Ausbrüche mit einem neuen, hochvirulenten Stamm • um den Faktor 5-20 erhöhte Inzidenz und • um den Faktor 3-5 erhöhte Morbidität und Letalität Quelle: Schneider et.al. (2007): Clostridium difficile-assoziierte Diarrhö – ein zunehmendes klinisches Problem durch Neue hochvirulente Stämme. Krh.-Hyg. + Inf.verh. 29. Heft 4 Situation in Europa • seit 2003 Nachweise in - England, Belgien, Niederlanden, Frankreich, Österreich* - für Deutschland bislang keine Hinweise für eine Einschleppung* • RKI (2006)**: „Mit dem Auftreten der beschriebenen besonders virulenten Stämme ist auch in Deutschland früher oder später zu rechnen.“ Quellen: * Schneider et.al. (2007): Clostridium difficile-assoziierte Diarrhö – ein zunehmendes klinisches Problem durch neue hochvirulente Stämme. Krh.-Hyg. + Inf.verh. 29. Heft 4 ** RKI (2006): Clostridim difficile Infektionen: Nosokomiale Ausbrüche durch einen neuen, besonders virulenten Stamm in den USA, Kanada, England, Belgien, Holland und Frankreich. Epidemiologisches Bulletin 36/2006 Was ist Clostridium difficile? Eigenschaften • • • • anaerobes, grampositives Stäbchenbakterium Sporenbildung nosokomialer Erreger beim Gesunden harmloses Darmbakterium • wenn konkurrierende Arten der normalen Darmflora durch Antibiotika zurückgedrängt C. difficile vermehrt sich und bildet Toxine • können u. U. zu einer lebensbedrohenden Durchfallerkrankung führen Epidemiologie • 3–7 % der Patienten sind bei der Aufnahme in eine Krankenhaus Träger von C. difficile • steigt in Abhängigkeit von den Risikofaktoren auf 16–35% Quelle: Schneider et.al. (2007): Clostridium difficile-assoziierte Diarrhö – ein zunehmendes klinisches Problem durch Neue hochvirulente Stämme. Krh.-Hyg. + Inf.verh. 29. Heft 4 Epidemiologie • 3–7 % der Patienten sind bei der Aufnahme in eine Krankenhaus Träger von C. difficile Mehrzahl bleibt asymptomisch • steigt in Abhängigkeit von den Risikofaktoren auf 16–35% 15-71% entwickeln eine symptomische C. difficileassoziierte Diarrhö Quelle: Schneider et.al. (2007): Clostridium difficile-assoziierte Diarrhö – ein zunehmendes klinisches Problem durch Neue hochvirulente Stämme. Krh.-Hyg. + Inf.verh. 29. Heft 4 Risikofaktoren • Dauer des Aufenthalts • Alter (> 65 Jahre) • Ernährung durch Sonde • Unterbringung im gleichen Zimmer wie ein Patient mit manifester C. difficile - Infektion (CDI) • Schwere der Grunderkrankung • Antibiotikaeinnahme (!) Quelle: * Schneider et.al. (2007): Clostridium difficile-assoziierte Diarrhö – ein zunehmendes klinisches Problem durch Neue hochvirulente Stämme. Krh.-Hyg. + Inf.verh. 29. Heft 4 ** Merkblatt Clostridium difficile. Landesinstitut für den öffentlichen Gesundheitsdienst NRW, Dez. 5.2 Hygiene in Krankenhäusern 01 / 2007 C. difficile als "nosokomialer Problemkeim" • entscheidend bei der Prävention: Verhinderung der Ausbreitung • zentrales Problem: Fähigkeit der Clostridien zur Sporenbildung • rationaler und gezügelter Umgang mit Antibiotika ist generell, aber auch insbesondere im Hinblick auf C. difficile-Erkrankungen dringend angezeigt Quelle: Arbeitskreis "Krankenhaus- & Praxishygiene" der AWMF C. difficile als "nosokomialer Problemkeim" • Erreger regelmäßig in der Umfeld infizierter Patienten* • wurde unter anderem auf Telefonhörern, der Möblierung und in Nassräumen gefunden* • 15,4 % der Toilettenstühle kontaminiert** Quelle: *Arbeitskreis "Krankenhaus- & Praxishygiene" der AWMF **Grünewald Th (2001): Nosokomiale Epidemiologie und Transmission der Clostridium-difficile-Infektion Dtsch med Wochenschr 2001; 126: 519-522 C. difficile als "nosokomialer Problemkeim" • Tierversuch: Inokolum von 2 Bakterien genügt, um Infektion auszulösen • Patienten mit Diarrhoe scheiden 107 bis 109 KbE/g Stuhl aus Quelle: Universitätsklinikum Wien (2007): Clostridium difficile Besonderheiten • orale Antibiotika physiologische Darmflora gerät aus dem Gleichgewicht C. difficile ist gegen die meisten Antibiotika resistent besetzt die freiwerdende ökologische Nische • Sporenbildung • hochgradig widerstandsfähig gegen Desinfektionsmaßnahmen • Sporen für die meisten nosokomialen Infektionen verantwortlich Quelle: Newsletter Deutsches Ärzteblatt vom Montag, 26. Juni 2006 Besonderheiten • außergewöhnliche Flexibilität • Produktion von Paracresol • tötet andere Bakterien ab sichert sich Platz in der Darmflora • gegen Gallensäuren unempfindlich Quelle: Newsletter Deutsches Ärzteblatt vom Montag, 26. Juni 2006 Übertragung • aerotoleranter Erreger (Infektionsfähigkeit außerhalb des Organismus hält bis zu 1 Woche an) • Bildung von Sporen in der Umwelt • Fäkal-orale Übertragung: durch direkten und indirekten Kontakt (Hände, kontaminierte Gegenstände, fäkale Kontamination von Toiletten, Steckbecken, Bettwäsche, Bettgestellen, Telefonen etc.) Quelle: Arbeitskreis "Krankenhaus- & Praxishygiene" der AWMF Infektionsweg • Erreger über Stuhl ausgeschieden • Kontaktübertragung von Mensch zu Mensch bzw. fäkaloral • sehr hohe Infektiösität • Sehr geringe Infektionsdosis • größte Rolle: direkte Übertragung von Mensch zu Mensch Hände vom Krankenhauspersonal !! • Kontakt mit kontaminierten Gegenständen (Sporen) Quelle: Merkblatt Clostridium difficile. Landesinstitut für den öffentlichen Gesundheitsdienst NRW, Dez. 5.2 Hygiene in Krankenhäusern 01 / 2007 Inkubationszeit • 1- 3 Tage • Symptomatik kann auch erst 1-2 Wochen nach Absetzen des Antibiotikums einsetzen Quelle: Merkblatt Clostridium difficile. Landesinstitut für den öffentlichen Gesundheitsdienst NRW, Dez. 5.2 Hygiene in Krankenhäusern 01 / 2007 Hygienemaßnahmen bei C. difficile Stufen der Prävention 1. Rationale Antibiotikatherapie 2. Kontaktisolierung der betroffenen Patienten 3. Reinigung und Desinfektion der Umgebung Quelle: Schneider et.al. (2007): Clostridium difficile-assoziierte Diarrhö – ein zunehmendes klinisches Problem durch Neue hochvirulente Stämme. Krh.-Hyg. + Inf.verh. 29. Heft 4 Isolierung (Kontaktisolierung) • bei Patienten mit massiven und unkontrollierbaren Durchfällen Einzelzimmerisolierung • bei stabilisierten Patienten mindestens eigene Toilette • in Ausbruchssituationen Kohortenisolierung • Patienten: gründliches Händewaschen und anschließende Händedesinfektion nach Toilettenbesuch Quelle: Arbeitskreis "Krankenhaus- & Praxishygiene" der AWMF Kontaktpersonen • Besucher sind vom Stationspersonal einzuweisen • Schutzkittel (vor Verlassen des Patientenzimmers entsorgen) • Hände desinfizieren und anschließend gründlich waschen Quelle: Arbeitskreis "Krankenhaus- & Praxishygiene" der AWMF Aufhebung der Isolierung • kann beendet werden, sobald die klinischen Symptome (Durchfall, Tenesmen) abgeklungen sind • Patienten, bei denen eine Kontamination der Umgebung mit Stuhl zu befürchten ist (z. B. verwirrte Patienten), müssen für die Dauer des stationären Aufenthalts isoliert werden • immunsupprimierte Patienten dürfen nicht mit Trägern von C. difficile zusammengelegt werden Quelle: Arbeitskreis "Krankenhaus- & Praxishygiene" der AWMF Schutzkleidung • bei direktem Patientenkontakt, Bettenmachen und Reinigungsarbeiten geschlossene, langärmlige Schutzkittel (nach Gebrauch im Zimmer entsorgen) • Maske & Haube nicht erforderlich Quelle: Arbeitskreis "Krankenhaus- & Praxishygiene" der AWMF Einmalhandschuhe • bei direktem Patientenkontakt (Gesäßbereich, Körperpflege) • bei Kontakt mit Stuhl und stuhlkontaminierten Gegenständen (Steckbecken, Bettwäsche) • mit bereits kontaminierten Handschuhen keine weiteren Gegenstände (Steckbeckenspüler!) anfassen • benutzte Handschuhe im Patientenzimmer entsorgen Quelle: Arbeitskreis "Krankenhaus- & Praxishygiene" der AWMF Händedesinfektion • • • • nach direktem Patientenkontakt nach Kontakt mit Stuhl nach Ausziehen der Handschuhe vor Verlassen des Patientenzimmers • üblichen alkoholischen Händedesinfektionsmittel nicht gegen bakterielle Sporen wirksam nach der hygienischen Händedesinfektion Hände zusätzlich gründlich waschen Quelle: Arbeitskreis "Krankenhaus- & Praxishygiene" der AWMF Abfälle • mit infektiösem Material (einschließlich Stuhl) kontaminierte Abfälle keine Sonderabfälle • Desinfektion von Ausscheidungen ist nicht erforderlich Quelle: Arbeitskreis "Krankenhaus- & Praxishygiene" der AWMF Textilien • Bettwäsche nach Verunreinigung, aber mindestens einmal täglich wechseln • Schmutzwäsche in flüssigkeitsdichten Wäschesäcken im Zimmer sammeln und auf direktem Weg zur Wäscherei bringen . Quelle: Arbeitskreis "Krankenhaus- & Praxishygiene" der AWMF Reinigung und Desinfektion des Patientenzimmers • zur Entfernung von Sporen • Pflege-, Behandlungs- und Untersuchungsmaterialien in Kontakt mit Patienten (oder seinen Ausscheidungen) mindestens einmal täglich desinfizieren • alkoholische Flächendesinfektionsmittel kontraindiziert • Reinigungsutensilien entsorgen oder aufbereiten Quelle: Arbeitskreis "Krankenhaus- & Praxishygiene" der AWMF Schlussdesinfektion • nach Aufhebung der Isolierungsmaßnahmen gründliche (sporozid) desinfizierende Reinigung des Patientenzimmers • Material, das nicht aufbereitet werden kann, entsorgen Quelle: Arbeitskreis "Krankenhaus- & Praxishygiene" der AWMF Aufbereitung von MP und Gegenständen • alle MP in direktem Kontakt mit Patient (z.B. EKGElektroden, Thermometer) patientenbezogen verwenden • nach Gebrauch zu desinfizieren • bei Transport in geschlossenem Behälter ist zentrale Aufbereitung möglich • thermische Desinfektionsverfahren sollten bevorzugt werden Quelle: RKI (2007): Empfehlungen des Robert Koch-Institus zu Hygienemaßnahmen bei Patienten mit Durchfällen Aufgrund von toxinbildendem Clostridium difficile Aufbereitung von MP und Gegenständen • Steckbeckenspülautomat • äußerliche Kontamination im Arbeitsraum vermeiden! Quelle: Universitätsklinkum Tübingen (2006): Infektonen durch Clostridium difficile; Hygieneplan Geschirr • Geschlossen zur Spülmaschine transportieren und > 60°C reinigen Quelle: RKI (2007): Empfehlungen des Robert Koch-Institus zu Hygienemaßnahmen bei Patienten mit Durchfällen Aufgrund von toxinbildendem Clostridium difficile Epidemiologische Maßnahmen • nichtnamentliche Meldepflicht bei gehäuften nosokomialen Infektionen (§ 6 Abs. 3 IfSG) Quelle: Arbeitskreis "Krankenhaus- & Praxishygiene" der AWMF Wahl der Desinfektionsmittel • sporozide Präparate • z.B. Sauerstoffabspalter, aldehydische Präparate • Präparate auf Alkoholbasis kontraindiziert Wahl der Desinfektionsmittel • keine Normen- und Methodenvielfalt wie für bakterizide, levurozide/fungizide oder viruzide Eigenschaften • zahlreiche Testansätze (beispielsweise innerhalb der DGHM Methoden vegetative Formen gegen Sporen auszutauschen; gleiche methodische Ansätze) • DIN EN 14347 (2005): quantitativer Suspensionsversuch (Phase 1); Bacillus subtilis (ATCC 6633) und Bacillus cereus (ATCC 12826) • direkt gegen Sporen von Clostridium difficile keine Testnorm entsprechend der Wirksamkeit gegen die in DIN EN 14347 (2005) benannten Sporen Analogie Quelle: Kramer A et. al. (2005): Hygiene. Prüfungswissen für Pflege- und Gesundheitsfachberufe. Urban & Fischer. 2. Auflage. S. 55 vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit