Zecken Wissenswertes und Irrtümer Barbara Klesse, Beraterin für Hygiene und Infektionsprävention im Schweizer Paraplegiker Zentrum, Nottwil Zecken Familien Lederzecken (Tropen und Subtropen) Schildzecken (in Mitteleuropa am häufigsten vertreten) Klasse: Spinnentiere (8 Beine) Ordnung: Milben Verbreitung: über 850 Arten, weltweit Parasiten (Schmarotzer) Zecken Schildzecke Gemeiner Holzbock (Ixodes ricinus) In Europa die häufigste Art Lebensbedingungen: Wärme (ca. März bis Oktober – mind. 8-10°) Feuchtigkeit (Erde, Laub, Unterholz, Wiesen, Gräser, bis 80cm Höhe, höchstens 1,50m) Ernährung nur durch Blut Zecken Entwicklung 2 – 3 Jahre 3 Entwicklungsstadien Weibchen Saugt Blut Sendet einen Duftstoff aus, lockt das Männchen an, wird begattet das Männchen stirbt Fällt vom Wirt ab Legt bis zu 3000 Eier Stirbt Zecken Larven / Nymphen Larven: Schlüpfen im Frühjahr darauf Saugen Blut meist von Kleinsäugern Häuten sich mehrfach Entwicklung zur Nymphe Saugen Blut (grössere Säugetiere) Überwintern im Boden Häuten sich im Frühjahr zur erwachsenen Zecke Zecken Zecke Saugt Blut von z.B. Menschen, Rehen, Wildschweinen Klima kann die Stadien verlängern oder verkürzen Menschen können von allen drei Stadien als Wirt benutzt werden Zecken Zecken Ernährung Blutsauger Leicht voll gesogen Kommt lange ohne Blut aus (Laborversuch 10 Jahre) Saugt das Blut in ihren Darm Kann bis zu 200 mal das eigene Körpergewicht aufnehmen Voll gesogen bis zu 3 cm gross Voll gesogen (von unten) Zecken Die Zecke hat eine geeignete Einstichstelle gefunden Zecken Der Stich Stechapparat ist hoch entwickelt Mundwerkzeuge (Cheliceren) „Stachel“ (Hypostom) Betäubungsmittel Gerinnungshemmer Entzündungshemmer Können mehrere Tage an ihrem Opfer saugen Zecken Verdauung – Übertragung der Erreger Sie produzieren etwa 5 – 30 Minuten nach dem Stich eine Art Klebstoff (Zement), durch den sie sich mit dem Wirt fest verkleben Nahrhafte und wichtige Bestandteile werden aufgenommen Überschüssige Flüssigkeit wird dem Wirt „zurückgegeben“ …und damit auch vorhandene Erreger Zecken Der Weg zum Wirt…… ….oder wie findet die Zecke zu ihrem Opfer? Hallersches Organ Spürt die kleinsten Bewegungen im Gras Nimmt minimale Veränderungen der Temperatur war Sucht sich die geeignete Stichstelle Kniekehle, hinter dem Ohr, Gesässfalte, Leiste, Achselhöhle, Haaransatz, Nacken, usw. Zecken Gestochen – was nun? Zecke schnell und sachgerecht entfernen Bei Unsicherheit Hausarzt aufsuchen Einstichstelle beobachten (Tage bis Wochen) Bei Symptomen sofort den Hausarzt aufsuchen Zecken Wie wird die Zecke entfernt? Mit Pinzette oder Zeckenzange So nah an der Haut, wie möglich Stechapparat in der Wunde ist nicht gefährlich (evtl. Fremdkörperinfektion) Zecke lockern (leicht hin und her bewegen) Langsam nach oben rausziehen Wunde desinfizieren KEINESFALLS die Zecke vorher mit Öl, Alleskleber oder Nagellack ersticken. Beim Ersticken befindet sich die Zecke in einem Todeskampf, der dazu führt dass die Krankheitserreger aus dem Darm der Zecke sofort über den Stechrüssel freigesetzt werden. Zecken 1. Drücken Sie die Schlinge nach vorne und legen Sie diese um die Zecke, so nahe zur Haut wie möglich, wobei die Stiftspitze direkt neben der Zecke leicht in der Haut eingedrückt ist. 2. Knopf loslassen und den Stift nach oben richten. 3. Fließend langsame Stiftdrehung und die Zecke wegheben. Wunde säubern. Die Zecke aufheben, um einen Test auf z.B. Borrelien zu ermöglichen. Die Zeckenschlinge, das Original ist ein Profiwerkzeug, aber auch für Ungeübte einfach zu bedienen. Wichtig: Die Zecke immer herausdrehen! Das Original ist für Tier UND Mensch zugelassen. Zecken Erkrankungen durch Zeckenstich Lyme – Borreliose FSME Ehrlichose usw. Zecken Lyme - Borreliose Lyme – Ort in den USA Borreliose – Erreger Borrelia burgdorferi Bakterien (Spirochäten) Über 3000 Erkrankungen in der Schweiz pro Jahr 27% erkranken (mit Borreliose verseuchten Zecken) Symptome unterschiedlich deshalb oft schwer zu diagnostizieren Zecken Symptome – 1. Stadium Unspezifische Beschwerden Müdigkeit, Kopfschmerzen, Fieber, Nackensteifigkeit, Sehbeschwerden, Schwindel, Übelkeit, Erbrechen sowie psychische Veränderungen Lokalinfektion der Haut nach 5 – 29 Tagen Erythema migrans, der Wanderröte ( in 60% der Fälle) Zecken Wanderröte Zecken Symptome – 2. Stadium Grippeähnliche Symptome Leichtes Fieber (bis 38°C) Befall von Organen, Gelenken, Muskeln, zentrales und peripheres Nervensystem Bannwarth Syndrom mit Nervenwurzelschmerzen und Facialisparese Von Gelenk zu Gelenk springende Arthritiden und Myalgien Zecken Symptome – 2. Stadium Störungen des Tastsinnes Sehstörungen Herzrhythmusstörungen Immunsystem ist oft nicht mehr in der Lage, die Infektion zu bewältigen Borrelien scheinen sich nicht lange im Blut aufzuhalten, sie setzen sich schnell im Bindegewebe fest Zecken 3. Stadium–chronische Infektion Ohne Therapie, nicht erkannt Erregerpersistenz Monate bis Jahre Krankheit rezidiviert Chronische Entzündungen Bis hin zum Befall des Gehirns Zecken Diagnose und Therapie Wanderröte Antikörper (IgM und IgG) Antibiotika Je früher, desto besser Zecken FSME Frühsommer – Meningoenzephalitis Ca. 90% der Stiche virustragender Zecken bleibt folgenlos Lähmungen und bleibende Schäden in 10 bis 20% der Fälle 2% der Erkrankungsfälle verlaufen tödlich Ca. 120 Erkrankungen pro Jahr in der Schweiz (2006 waren es 260 Fälle) Zecken Symptome 1. Phase (nach ca. 7 – 14 Tagen) „Sommergrippe“ Fieber Kopf- und Gliederschmerzen 2. Phase Meningitis (Hirnhäute) Meningoenzephalitis (Gehirn) Myelitis (Rückenmark) Radikulitis (Nervenwurzel) Zecken Diagnose und Therapie Blut- und Liquoruntersuchungen Antikörper (IgM und IgG) Nucleinsäurennachweis (z.B. per PCR) Kausal keine Therapie möglich In der 2. Phase Spitaleinweisung Bettruhe, Symptombehandlung, evtl. IPSÜberwachung, Beatmung, Anfallstherapie, Schmerztherapie, Rehabilitation Zecken Warum nehmen Erkrankungen zu? Klimawandel Freizeitverhalten Sportarten wie Mountainbike fahren, Wandern, Walken usw. steigen Verbesserte Diagnostik Zecken vermehren sich stärker Verbreitung auch nach Norden PCR (eng. Polymerase Chain Reaction) ????? Zecken Schutzmassnahmen Einen sicheren Schutz gibt es nicht Tipps Kleidung: lange Ärmel, lange Hosen, Socken über die Hosenbeine ziehen, hell Körper auf Zecken absuchen Insektenabweisende Mittel helfen zumindest eine Weile Aufenthalt in Gräsern und Unterholz vermeiden Zecken Impfung I Borreliose Zurzeit nicht möglich Nordamerika wegen Nebenwirkungen wieder abgesetzt Neu 2006: Impfstoff aus Tabakpflanze (an Mäusen erprobt) FSME: FSME – Virus – Antigen, aktiver Impfstoff Zecken Impfung II Kinder von 1 Jahr bis 16 Jahren (Junior 0,25ml i.m.) Erwachsene ab 16 Jahre (0,5ml i.m.) Grundimmunisierung Zeitpunkt 1. Teilimpfung 2. Teilimpfung 1-3 Monate nach der ersten Teilimpfung 3. Teilimpfung 9-12 Monate nach der zweiten Teilimpfung Auffrischungsimpfung 3 Jahre nach der letzten Impfung Zecken Zeiten der Impfung Sehr empfohlen: in der kalten Jahreszeit BAG: zu jeder Zeit möglich Virologin aus Zürich: nur in der kalten Jahreszeit (Impfschutzaufbau und Zechenstich können die FSME verschlimmern) Puls Sendung vom 15. Januar 2007 Zecken Wer sollte geimpft werden? Alle Personen, die sich vorübergehend oder dauerhaft in FSME- Risikogebieten aufhalten die durch entsprechendes Verhalten ein erhöhtes Infektionsrisiko haben Exponierte Einwohner, Land- und Forstarbeiter, Jäger, Sportler, Wanderer, Pilzsammler usw. Zecken Wer sollte nicht geimpft werden? Wer akut und fieberhaft erkrankt ist Ein- bis zweijährige Kinder Personen mit schwerer Überempfindlichkeit gegen Hühnereiweiss Schwangere und stillende Frauen Zecken Impfschutz 1. Teilimpfung: keine Angaben 2. Teilimpfung: mehr als 90% sind für 1 Jahr geschützt 3. Teilimpfung: es besteht ein mehr als 97%tiger Schutz Auffrischung: Angaben schwanken zwischen drei und zehn Jahren Zecken Nebenwirkungen Lokalreaktionen (bis 1/3 der Geimpften) Kopfschmerzen, Müdigkeit, Myalgien, Übelkeit, Arthralgien Fieber selten, bei Kindern häufiger Zecken Impfung im SPZ Rezept (Arztunterschrift) Impfstoff kann in der Apotheke bezogen werden Barzahlung (37.75 CHF) Anmeldung im Ambi (5858) oder zu den Öffnungszeiten am Schalter melden Krankenkassen zahlen die Impfung Zecken Tiere und FSME, Borreliose? FSME äusserst selten (2 Fälle in 5 Jahren) Borreliose schon eher (auch andere Erkrankungen) Prophylaxe Zeckenhalsbänder, sog. Spot-on Produkte zum Einreiben (Zecke kann zwar stechen, fällt aber früher ab) Impfung FSME - ist aber nicht zugelassen, evtl. Humanimpfstoff Borreliose – gibt es, wird aber nicht empfohlen Zecken Haustiere Noch nicht voll gesogene Zecken können beim Streicheln des Tieres auf den Menschen übertragen werden Vollgesogene Zecken dagegen übertragen keine Erkrankungen vom Tier auf den Menschen Zecken Zecken in der Wohnung - eine Gefahr? Keine 100%tige Antwort Können mit der Kleidung in die Wohnung gelangen Überleben aber unwahrscheinlich Werden durch Staubsaugen, wischen usw. entfernt Durch Verschlucken einer Zecke keine Gefahr (Magensäure, Erreger müssen in die Blutbahn gelangen) Zecken Weiteres Zecken können auch in der Kleidung überleben Werden im Wäschetrockner abgetötet An Hirschen, Rehen können hunderte bis tausende Zecken haften Garten (gepflegte, ungepflegte) Krankenkasse: Unfall (plötzliche Einwirkung) Entfernte Zecken können auf Erreger untersucht werden (Lebende Tiere in Gefäss zum Arzt bringen) Zecken Vorkommen von Zecken mit FSME BAG, November 2006 Zecken FSME – Zahlen in der Schweiz Kanton 1999-2004 2005 Aarau 12 36 Luzern 6 19 St. Gallen 6 12 Zürich 34 62 Zecken Vorkommen von Zecken mit Lyme - Borreliose Zecken Wie werden Risikogebiete ermittelt? Klinische Erkrankungen (Meldepflicht der FSME) Nachweis der Viren, Bakterien in eingefangenen Zecken mittels PCR Wie werden Zecken gefangen? Weisses Tuch über z.B. eine Wiese ziehen, die Zecken sammeln und mittels PCR untersuchen Zecken Natürliche Feinde der Zecke Extrem kalte Winter Einige Pilzarten Fadenwürmer Einige Vogelarten Kleine, parasitische Wespen Zecken Irrtümer Zecken fallen von Bäumen Zecken lassen sich nicht von Bäumen fallen. Sie warten im Gras, im Unterholz und in Büschen auf Warmblüter, die die Zecken im Vorbeigehen abstreifen Jäger und Forstarbeiter sind am meisten gefährdet 90% der FSME Infektionen geschehen bei Freizeitaktivitäten (Gartenarbeit, Campen, Wandern usw) Die Krankheit kommt nur im Sommer vor Die meisten Erkrankungen werden in den Monaten April bis Juli gemeldet. Zecken sind aber schon ab 8 bis 10° aktiv. Zecken Irrtümer über Zecken Mit der richtigen Kleidung kann ich mich schützen Im Prinzip halten Gummistiefel und lange Hosen Zecken ab oder zumindest auf. Sicheren Schutz kann Kleidung allein jedoch nicht gewähren. Zecken können eine ganze Zeit herumkrabbeln und nach einer geeigneten „Stichstelle“ suchen. Rechtzeitiges Entfernen der Zecke reicht aus FSME-Viren können schon unmittelbar nach dem Stich übertragen werden. Bei Borreliose wahrscheinlich erst nach längerem Saugen (ca. 12 Stunden) Evtl. spielt die Zeckenentfernung eine Rolle. Je länger eine Zecke mit FSME Viren Blut saugt und wieder in den menschlichen Körper „erbricht“, desto grösser wird wahrscheinlich auch die Viruslast, die übertragen wird. Zecken Zecken Quellen www.zecken.de www.zeckenschule.de Zecke in Lauerstellung auf einem Grashalm www.wikipedia.org www.medizininfo.de www.netdoktor.de Bundesamt für Gesundheit (BAG) der Schweiz Baxter „Nur FSME – Impfung schützt“, Patienteninformationsbroschüre Robert Koch Institut, Berlin Zeckenliga Schweiz und andere Zecken Zecken