Klinisches Institut für Hygiene und Medizinische Mikrobiologie der Medizinischen Universität Wien Abteilung für Medizinische Parasitologie Kinderspitalgasse 15, A-1095 Wien Univ. Prof. Dr. Herbert AUER Tel.: +43 1 40490 79443 Naturhistorisches Museum Wien 3. Zoologische Abteilung Burgring 7, A-1010 Wien Naturhistorisches Museum Wien 3. Zoologische Abteilung Burgring 7, A-1010 Wien Dr. Helmut SATTMANN Tel.: +43 1 52177 329 Fax: +43 1 40490 79435 [email protected] Fax: +43 1 52177 327 [email protected] Mag. Christoph HÖRWEG Tel.: +43 1 52177 329 Mobil: +43 699 19209941 Fax: +43 1 52177 327 [email protected] DIE ZERKARIEN-DERMATITIS EINE HARMLOSE, ABER UNANGENEHME KRANKHEIT Unter Zerkarien-Dermatitis versteht man jene Hauterscheinungen, die durch wiederholtes Eindringen von Zerkarien (= Larvenstadien von Saugwürmern) hervorgerufen werden und durch Juckreiz, Hautrötung an den Eindringstellen sowie durch Pappel- und Quaddelbildung gekennzeichnet sind. Andere Bezeichnungen für diese Hauterscheinungen: Bade- oder Schwimmdermatitis, Reisfeldkrätze, Entenwurmkrankheit, Hundsblattern, Weiherhibbel, swimmers’ itch. Erreger: Die Zerkarien-Dermatitis ist eine weltweit vorkommende Wurm-Krankheit, zahlreiche Arten aus fünf Gattungen (Ornithobilharzia, Austrobilharzia, Bilharziella, Trichobilharzia, Gigantobilharzia) werden unter dem Begriff „Vogelbilharzien“ zusammengefasst, weil Vögel, insbesondere Wasservögel, als Endwirte dieser Saugwürmer fungieren. Zwischenwirte sind im Süß-, Brack- oder Salzwasser lebende Lungenschnecken. Geographische Verbreitung: In Mitteleuropa sind derzeit nur einige wenige Arten der Gattungen Bilharziella, Trichobilharzia und Gigantobilharzia als Erreger einer „Bade-Dermatitis“ bekannt. In Österreich kommt die Zerkarien-Dermatitis regelmäßig vor, bis heute sind aber nur zwei Arten identifiziert worden: Trichobilharzia szidati in Niederösterreich und Bilharziella polonica im Burgenland. Mit großer Wahrscheinlichkeit fungieren in Österreich aber noch andere Wurmarten als Erreger einer Zerkarien-Dermatitis. Lebenszyklus des Erregers und Übertragung (Abbildung: siehe unten): Die natürlichen Endwirte sind Wasser-, insbesondere Entenvögel. Diese beherbergen die erwachsenen 5 – 6 mm langen, erwachsenen Egel in den darmnahen Blutgefäßen. Die Weibchen legen die Eier zwar in den Blutgefäßen ab, diese ulzerieren aber in den Darm und werden mit dem Entenkot ausgeschieden. Im Wasser schlüpfen aus den Eiern Larvenstadien („Mirazidien“), die in Schnecken (= Zwischenwirte) eindringen, wo sie sich innerhalb weniger Monate über ein weiteres Entwicklungsstadium (Sporozyste) zu Zerkarien entwickeln, die noch in der Schnecke überwintern. Mit zunehmender Wassertemperatur im Frühjahr und v. a. im Sommer verlassen die Zerkarien die Schnecken und versuchen, in die Haut eines geeigneten Endwirtes (z. B. Ente) einzudringen. Eine Wasserschnecke kann pro Tag mehrere tausend Zerkarien ausscheiden. Die Infektion des Menschen erfolgt durch zufälliges Eindringen der Zerkarien in die Haut, im Menschen können sich die Zerkarien allerdings nicht weiterentwickeln und sterben nach mehreren Tagen bis Wochen ab. Infoblatt Zerkariendermatitis Seite 1 Abbildung: Lebenszyklus der Zerkarien-Dermatitis-Erreger (nach ALLGÖWER 1999) Die Krankheit Erstinfektionen verlaufen in der Regel ohne klinische Symptome, es kann jedoch gelegentlich auch schon wenige Minuten nach dem erstmaligen Kontakt ein Prickeln oder leichtes Hautjucken auftreten, das von kleinen roten Flecken begleitet ist. Bei sensibilisierten (= bereits mehrfach befallenen) Personen stellt sich meist erst einige Stunden nach der Exposition starker Juckreiz ein, und es entwickeln sich rötliche Quaddeln. Die Symptome klingen nach 10 bis 20 Tagen ab. Diagnose: Die Anamnese (Baden in einem freien Gewässer) und die klinischen Symptome (Juckreiz, Hautausschlag) führen schnell zur Verdachtsdiagnose, die sich meist dadurch erhärten lässt, dass meist zahlreiche Personen nach dem Baden in einem bestimmten Gewässer die Symptomatik zeigen. Der endgültige Beweis – der allerdings für die Durchführung einer Behandlung durch den praktischen Arzt oder Hautarzt nicht notwendig ist – erfordert jedoch den Nachweis der Zerkarien im Wasser oder in den Schnecken aus dem Gewässer. Die Artbestimmung der Zerkarien ist jedoch schwierig und bedarf morphometrischer und molekularbiologischer Untersuchungen, die im Naturhistorischen Museum Wien und dem Klinischen Institut für Hygiene und Medizinische Mikrobiologie der Universität Wien (siehe Briefkopf) durchgeführt werden können. Therapie: Die Behandlung der Zerkarien-Dermatitis ist ausschließlich eine symptomatische und besteht vor allem in der Verabreichung von juckreiz- und entzündungshemmenden Salben, Gelen oder Lotionen. Prophylaxe: Der beste Schutz vor einer Zerkarien-Dermatitis besteht im Verzicht auf Baden in Gewässern mit „Vogelbilharzien“; die Vermeidung des Aufenthalts in (seichten) pflanzenbestandenen Uferbereichen sowie in Gewässern mit hoher Schneckendichte und Schwimmen in tieferen Gewässerbereichen senken das Infektionsrisiko erheblich. Nach dem Verlassen des Wassers sollte die Badebekleidung abgelegt und der Körper mit einem Handtuch kräftig abgetrocknet werden. Reichliche Anwendung von neutralen fettreichen Salben und Cremes (z. B. Vaseline) schützt zwar weitgehend die Haut vor dem Eindringen der Zerkarien, allerdings kann das massenhafte Einbringen von Badecremes und -ölen das ökologische Gleichgewicht des Gewässers beträchtlich stören und ist daher nicht anzuraten! Infoblatt Zerkariendermatitis Seite 2