Ausland - Tages-Anzeiger 1 von 2 http://www.tagesanzeiger.ch/dyn/news/print/ausland/831742.html Ausland 14. Januar 2008, 21:20 – Von Bernhard Odehnal FPÖ-Politikerin beleidigt Muslime In der steirischen Stadt Graz hat die Hetzkampagne der nationalistischen Parteien im Wahlkampf einen neuen Höhepunkt erreicht. Bis zum gestern, 10.45 Uhr, war Susanne Winter in Österreich ein unbeschriebenes Blatt. Selbst ausgewiesenen Experten des politischen Systems fiel zur Spitzenkandidatin der Freiheitlichen Partei (FPÖ) in der steirischen Landeshauptstadt Graz nichts ein. Ihre Rede beim Neujahrstreffen der FPÖ aber brachte Winter auf die Frontseite aller Zeitungen und machte sie mit einem Schlag im ganzen Land bekannt - was sicher kein Nachteil ist für eine Politikerin, die am kommenden Wochenende bei den Wahlen zum Stadtparlament kandidiert. Winter hatte vor 3000 Zuhörern den Islam als «totalitäres Herrschaftssystem» bezeichnet, der «dorthin zurückgeworfen gehört, wo er herkam, nämlich hinters Mittelmeer». Den Propheten Mohammed bezeichnete sie als Feldherrn, der den Koran «in epileptischen Anfällen» geschrieben habe. Und durch die Heirat mit einer Sechsjährigen sei Mohammed nach heutigen Massstäben ein «Kinderschänder». Susanne Winter war schon bisher in der Wortwahl nicht zimperlich gewesen. Sie bestand darauf, Menschen mit schwarzer Hautfarbe als Neger zu bezeichnen («das ist ja kein Schimpfwort»), bezeichnete die Einwanderung von Muslimen als Tsunami, sprach von Tierbordellen in islamischen Ländern und von «weit verbreitetem Kindesmissbrauch durch islamische Männer». Aber erst ihre Attacken gegen den Propheten provozierten Reaktionen, die über die Steiermark hinausgingen. Alle anderen Parteien verurteilten die Aussagen einhellig. Eine Sprecherin der islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich rief in einem Radiointerview auf, beim «sachlichen Diskurs» zu bleiben: Die Provokation der FPÖ sei zu erwarten gewesen, nun dürfe man «jenen Leuten, die so etwas in die Welt setzen, nicht auch noch den Gefallen tun, hier überzureagieren.» Die Staatsanwaltschaft Graz untersucht nun, ob die Rede den Tatbestand der Verhetzung erfüllt. Selbst aus der FPÖ kam am Montag Kritik an Winters Wortwahl. Ein Lob seitens der SVP Besonders laut und besonders stark waren die nationalen Kräfte in Graz schon immer. Im Februar 1938 übernahmen die steirischen Nationalsozialisten hier die Macht, noch bevor die deutschen Truppen einmarschierten und den «Anschluss» Österreichs an Deutschland offiziell vollzogen. Von Adolf Hitler bekam Graz dafür den Ehrentitel «Stadt der Volkserhebung» verliehen. In den 70er-Jahren hatte die FPÖ in Graz ihre Hochburg und stellte viele Jahre lang den Bürgermeister. Heute hofft FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache auf deutlichen Stimmenzuwachs und einen Sitz für seine Partei in der Stadtregierung. Während seine Spitzenkandidatin Winter den Islam geisselte, hetzte Strache bei seinem Auftritt am sonntäglichen Neujahrstreffen vor allem gegen die «Unionsdiktatur» der EU und den Vertrag von Lissabon, den er mit der Okkupation Österreichs durch Nazi-Deutschland verglich. Für die FPÖ geht es am Sonntag aber auch darum, den Konkurrenten am rechten Rand, Jörg Haiders Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ), einzudämmen. Das BZÖ liegt bundesweit in allen Umfragen nur knapp über der Wahrnehmungsschwelle und könnte einen Wahlerfolg gut gebrauchen. Der Wahlkampf unterscheidet sich daher kaum von jenem der FPÖ: Unter dem Slogan «Wir säubern Graz» marschieren Haiders Buben mit Strohbesen durch die Strassen. Damit wollen sie Ausländer, Drogensüchtige, Bettler aus der Stadt kehren. Das gefällt auch im Nachbarland: Gestern wurde auf der Neujahrstagung des BZÖ in Graz eine Grussbotschaft von SVP-Nationalrat Lukas Reimann mit viel Lob für die Haider-Partei verlesen: Wer 18.01.2008 11:26 Ausland - Tages-Anzeiger 2 von 2 http://www.tagesanzeiger.ch/dyn/news/print/ausland/831742.html unerbittlich für Volk und Land kämpfe, so schreibt der St. Galler Politiker, der werde bei den Medien nie beliebt sein. «Aber genau weil wir uns gegen den Zeitgeist stellten, hat die SVP gewonnen.» © Tamedia AG – Quellen: tagesanzeiger.ch – Agenturen – » Fenster schliessen 18.01.2008 11:26