Wenn Häuser krankmachen Biologische Luftschadstoffe

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Feuchtetag `99
Umwelt · Meßverfahren · Anwendungen
7./8. Oktober 1999, BAM, Berlin
DGZfP-Berichtsband BB 69-CD
Vortrag U2
Wenn Häuser krank machen ... Biologische Luftschadstoffe
V.C. Gutzeit, Ingenieurbüro für Umweltmesstechnik, Monschau
Kurzfassung
Gerade der moderne Wohnungsbau hat in zunehmendem Masse mit Schimmel- und
Bakterienbildung zu kämpfen. Die Folgen sind Bauschäden und gesundheitliche
Probleme der Bewohner.
Der vorliegende Artikel macht einen kurzen Ausflug in die Historie der Problematik,
beschreibt Ursachen für den zunehmenden biologischen Angriff, schildert
Auswirkungen auf das Gebäude und die Bewohner (unter besonderer
Berücksichtigung der scheinbaren Widersprüche, die sich bei einer Diagnose
ergeben) und gibt Empfehlungen zur Abhilfe.
Insbesondere beschäftigt sich der Artikel jedoch mit einem Verfahren zum schnellen
und sicheren Nachweis auch versteckter Schimmel- und Bakterienbildung in
Wohnungen und Häusern.
Einleitung
Zur Veranschaulichung der folgenden Ausführungen soll eine Modellbetrachtung
eines Hauses hinsichtlich des "Wasserhaushaltes" angeführt werden. Es handelt sich
dabei um eine beliebte Prüfungsaufgabe der Physik-Vordiplomklausuren an der
RWTH Aachen. In Studentenkreisen wird sie als "Klospülungsaufgabe" bezeichnet:
•
V g esam t
V zu
•
V ab
V0
Abb. 1: Symbolischer Wasserhaushalt eines Gebäudes
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Die Fragestellung ist ganz einfach: Gegeben ist ein Wasserbehälter mit einem
Gesamtvolumen Vgesamt, der bereits teilweise gefüllt ist mit V0. Der zufliessende
Volumenstrom Vzu ist grösser als der abfliessende Volumenstrom Vab. Wie lange
dauert es, bis der Behälter überläuft?
Die Lösung ist ebenso einfach (anschaulich, ohne Integration - Mathematiker mögen
verzeihen):
•
•
∆(Vzu − Vab )
∆Vzu •
∆Vab
,Vab =
⇒ V zu − V ab =
Vzu =
∆t
∆t
∆t
−V =V
und V
•
0
gesamt
rest
Nun ist klar, dass der Behälter genau dann überläuft, wenn das innerhalb einer
bestimmten Zeit ∆t zugelaufene Differenzvolumen ∆(Vzu-Vab) genauso gross ist, wie
das freie Restvolumen Vrest.
So anschaulich und einfach die Zusammenhänge in diesem Beispiel sind, so
schwierig scheint es für die meisten Leute, diese Zusammenhänge auf ein Gebäude
zu übertragen.
Übertragung auf die Gebäudeproblematik
Vgesamt entspricht dem Wasservolumen, das ein Gebäude einschliesslich seiner
Baustoffe, Einrichtungsgegenstände und seines Luftvolumens aufnehmen kann,
ohne dass oberflächlich kondensiertes Wasser auftritt. V0 entspricht dem
vorhandenen Wasservolumen, z.B. Restfeuchte nach dem Bau und aktuelle
Luftfeuchte. Vzu entspricht dem Wassereintrag in das Gebäude durch Aktivitäten wie
Kochen, Waschen, Duschen aber auch durch erhöhte Luftfeuchte aussen. Vab
entspricht dem Wasseraustrag durch Lüften und Feuchtediffusion durch das
Mauerwerk.
Das Überlaufen des Behälters entspricht dem Auftreten kondensierten Wassers an
der Gebäudekonstruktion oder den Einrichtungsgegenständen. Und genau das ist
der Moment, auf den die allgegenwärtigen Schimmelpilz- und Bakteriensporen
warten.
Was ein Pilz zum Leben braucht
Pilze und Bakterien sind äusserst spartanisch, was ihre Lebensgrundlage angeht.
Drei Dinge müssen vorhanden sein:
1. Sie brauchen eine Temperatur von 18-25°C. Diese finden sie in Innenräumen
ohnehin vor.
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2. Sie brauchen Feuchtigkeit. Aus den nachfolgenden Abschnitten geht hervor, dass
diese Bedingung immer häufiger erfüllt ist.
3. Sie brauchen Nahrung. Dabei sind geringe Mengen organischer Substanz
ausreichend, man denke nur an den schimmeligen Duschvorhang: Bereits
geringe Seifenreste und Hautschuppen sind genug.
Daraus wird deutlich, dass Schimmel- und Bakterienbefall absolut nichts mit
Unsauberkeit zu tun hat. Vielmehr sind die Sporen allgegenwärtig. Finden sie
geeignete Lebensumstände, beginnen sie auch zu wachsen.
Das Problem ist nicht neu...
Ein schwedisches Buch "Allgemeine Gesundheitspflege" schreibt im Jahr 1899: "In
früheren Zeiten hatte man so viel Angst vor Schimmel im Haus, dass man eine
schimmelige Wohnung so lange als völlig unbewohnbar betrachtete, bis sie
vollständig gereinigt war. (...)Ein Haus mit schimmeligen Wänden soll von der Pest
besessen sein, und wenn die Schimmelflecken, nachdem sie einmal entfernt worden
waren, wieder auftauchten, wurde das Haus abgerissen oder verlassen."
Anfang des 19. Jahrhunderts war man sich der Schimmelproblematik derart bewusst,
dass man anfing, Häuser auf Streifenfundamenten zu bauen, um das Problem der
aufsteigenden Feuchtigkeit zu beseitigen. Ausserdem wurden diese Fundamente
(passiv) belüftet und akribisch frei von organischen Substanzen gehalten, dass "sich
ungesunde Dünste" (nicht) "in die darüberliegenden Räume einschleichen".
...wird aber wieder akut
Mit der Einführung moderner Baustoffe schien das Problem kein Problem mehr zu
sein, und geriet in Vergessenheit. Es zeichnet sich jedoch ab, dass wir umdenken
müssen, denn gerade die modernen Baustoffe und Bauweisen sind es, die das
Problem heute wieder akut werden lassen. Dafür gibt es im wesentlichen vier
Gründe:
•
Es wird schneller gebaut.
Wurde ein (Massiv-)Haus vor etwa 10 Jahren über einen Zeitraum von 18-24
Monaten gebaut und blieb in der Regel einen Winter über im Rohbau stehen
("Das Wasser muss 'rausfrieren"), wird ein Gebäude heute nach 6-9 Monaten
Bauzeit bezogen mit der Folge überschüssigen Wassers. Unser V0 ist also
grösser als früher!
•
Es wird mit mehr Wasser gebaut.
Schnelleres Bauen verlangt eine andere (bessere) Verarbeitbarkeit der
Baustoffe. Bauen soll aber nicht nur schneller, sondern auch einfacher
werden, damit auch ungelernte und damit billigere Arbeitskräfte eingesetzt
werden können. Auch dies kann, neben Maschineneinsatz, nur durch eine
einfachere Verarbeitbarkeit erreicht werden. Dieser Forderung wird in der
Regel durch einen höheren Wasseranteil genüge getan. Gleichzeitig werden
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den Baustoffen unterschiedliche Zusätze als Fliessverbesserer und
Konsistenzbildner zugegeben. Teilweise handelt es sich dabei um organische
Stoffe, die gleichzeitig eine hervorragende Nahrungsgrundlage für Pilze und
Bakterien bilden. Auch hierdurch ist unser V0 grösser als früher!
•
Es wird zunehmend dichter gebaut
Konnte überschüssiges Wasser früher durch "zugige" Fenster oder
diffusionsoffenes Mauerwerk nach aussen abgeführt werden, fällt dieser Weg
durch Abdichtungsmassnahmen heute nahezu vollständig weg. Im Sinne der
Energieeinsparung schliessen Fenster völlig luftdicht und das Mauerwerk ist
durch Dämmstoffe oder Putze aus Kunststoffen nicht mehr atmungsfähig.
Hinzu kommt ständiger Feuchtigkeitseintrag des modernen Bewohners:
Waschen, Duschen, Kochen.... Unser Vab ist kleiner als früher und unser Vzu
grösser!
•
Heute verwendete Baustoffe haben ein geringeres Puffervermögen
Wurden früher in grösserem Masse Baustoffe wie Holz, Lehm, Ziegel, Kalk,
Gips eingesetzt, die teilweise ein enormes Puffervermögen haben (sie
nehmen Feuchtigkeit bereitwillig auf und geben es ebenso bereitwillig wieder
ab), finden heute Baustoffe Anwendung, die diese Fähigkeit nicht in diesem
Masse haben: z.B. Beton, KS. Unser Vgesamt ist also unter Umständen kleiner
als früher.
Man geht heute davon aus, dass in einem konventionell (massiv) gebauten Haus
beim Bezug ein Restwassergehalt von 1.400l/100m² vorhanden ist. Zur
Visualisierung: Auf jedem Quadratmeter des Hauses steht ein gefüllter 10-l-Eimer
und in den kältesten Raum werden zusätzlich 40 Eimer Wasser pro100m²
geschüttet.
In bezug auf unsere "Klospülungsaufgabe" bedeutet dies: Die Gefahr, dass der
Behälter überläuft, ist grösser und wenn es passiert, ist der Zeitraum, innerhalb
dessen es passiert, kürzer.
Begriffsbestimmungen
Neudeutsch werden biologische Luftschadstoffe als Microbial Volatile Organic
Compounds (MVOC) bezeichnet, was frei übersetzt "Flüchtige Organische
Verbindungen aufgrund mikrobieller Aktivität" bedeutet. Diese Begriffsbestimmung
wurde in Anlehnung an die bereits länger in der Diskussion befindlichen Volatile
Organic Compounds (VOC) gewählt. Letztere haben ihre Ursache hauptsächlich in
der Ausgasung von Schadstoffen aus Einrichtungsgegenständen und Baustoffen.
Aus der Begriffsbestimmung wird die Ursache der MVOC bereits deutlich: Es handelt
sich um Schadstoffe, die durch das Wachstum von Pilzen und Bakterien in unseren
Wohnungen und Häusern entstehen. Wie jeder lebende Organismus haben auch
Pilze und Bakterien einen Stoffwechsel, sie nehmen Nahrung auf und geben
gewissermassen Abfallprodukte ab. Bei diesen Abfallprodukten handelt es unter
anderem um höhere Alkohole, die in die Umgebungsluft übergehen. Eigentlich
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benutzen Pilze und Bakterien diese Alkohole zu ihrem Schutz, zur Abgrenzung ihres
Territoriums gegenüber "gefrässigen" Nachbarn. Wenn sie aber in Innenräumen
wachsen, können sie sehr unangenehm werden.
Bedeutung für das Gebäude
Die Gebäudeschäden, die durch kondensierte Feuchtigkeit entstehen sind allgemein
bekannt: Oxidation von Metallteilen (z.B. Putzschienen), Zerrüttung von Baustoffen,
abplatzender Putz, Frostschäden, Verfärbungen, Verlust der Dämmwirkung von
Wärmedämmstoffen, Verformungen durch Quellen und Schrumpfen der Baustoffe,
Riss- und Spaltenbildungbildung und so weiter. Viel wichtiger im Zusammenhang mit
dem aktuellen Thema ist jedoch die...
Bedeutung für die Bewohner
Tritt wiederholt oder langanhaltend kondensierte Feuchtigkeit in einem Gebäude auf,
werden Pilze und/oder Bakterien zu wachsen beginnen. Dabei produzieren Sie
Sporen zur Fortpflanzung und Stoffwechselprodukte.
Im Grunde können durch diese Pilz- oder Bakterienbelastung drei verschiedene
Krankheiten auftreten:1
Die erste Form wäre eine Infektion mit den vorhandenen Pilzen oder Bakterien:
Organismen, die auf den Baustoffen wachsen, wachsen auch auf oder in den
Bewohnern. Diese Form der Erkrankung ist jedoch äusserst selten und tritt nur in
Extremfällen (Immunschwäche) auf. Der Grund liegt darin, dass diese
Mikroorganismen an das Leben auf Baustoffen und nicht auf oder in Warmblütern
angepasst sind.
Die zweite Form ist die "allergische" Reaktion auf Sporen oder Stoffwechselprodukte.
Allerdings ist der Begriff "allergisch" irreführend, denn es handelt sich in der Regel
um eine Abwehr von krankmachenden Fremdstoffen durch das Immunsystem.
Letzteres ist aber per definitionem keine allergische Reaktion, sondern eine
Massnahme des Körpers zur Abwehr einer Infektion.
Während bei einer echten Infektion irgendwann "der Feind besiegt" ist, ist bei der
vorliegenden ständigen Belastung nicht mit einem Abklingen der
Krankheitssymptome zu rechnen. Daher muss der Körper ständig gegen den
Einfluss ankämpfen mir der Folge von "diffusen" Krankheitsbildern wie Fieber,
bleierne Müdigkeit, Kopfschmerzen, Atemwegsreizungen, Antriebslosigkeit und so
weiter.
Ein Arzt stellt in der Regel höchstens geringe Entzündungszeichen fest, meistens
diagnostiziert er jedoch, dass der Patient völlig gesund ist. Der Betroffene ist
1
Dr. med. Sigrist, Köln: "Warum sind Gesundheitsstörungen durch Schimmelpilze
medizinisch so schwer zuzuordnen?"
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hingegen anhaltend krank und die ständige Abwehr führt zu einem intensiven
Krankheitsgefühl und zu verminderter Leistungsfähigkeit.
Die dritte Form ist schliesslich die echte Allergie, die sich nach einer langen
Exposition einstellt.
Gemeinhin wird bei einem Verdacht auf eine Schimmelpilz- oder Bakterienbelastung
(z.B. ist ein Allergietest positiv) eine Sporensammlung in der Raumluft durchgeführt.
Zur Beurteilung der Belastung wird dabei bestimmt, wie viele Sporen in einem m³
Luft vorhanden sind.
Bemerkenswert ist aber häufig, dass Symptome auch dann auftreten, wenn bei einer
Innenraumdiagnose keine nennenswert überhöhte Konzentration an Schimmel- und
Bakteriensporen in der Raumluft nachgewiesen werden kann. Die Ursache für diese
Diskrepanz liegt in der Tatsache, dass die Sporen im Falle einer okkulten
(versteckten, im Verborgenen liegenden) Schimmelpilz- oder Bakterienbelastung die
Baumaterialien nicht überwinden können, sehr wohl aber deren
Stoffwechselprodukte! Diese können durch Baustoffe hindurch diffundieren und zu
einer erheblichen Belastung der Innenraumluft führen. Es zeichnet sich also ab, dass
vielmehr die höheren Alkohole für die Krankheitssymptome verantwortlich sind, und
nicht die Sporen!
Dieser Umstand ist in doppelter Weise alarmierend. Während ein offener
Schimmelbefall in der Regel zu sofortigen Massnahmen führt oder zumindest eine
Verbindung zwischen Befall und körperlichen Beschwerden hergestellt wird, kann
eine versteckte Schimmelbildung über sehr lange Zeiträume zu einer Erkrankung der
Bewohner führen, ohne dass diese eine Chance haben, die Ursache festzustellen.
Die typischen Gerüche der Stoffwechselprodukte (Kartoffelkellergeruch) sind keine
grosse Hilfe, denn der menschliche Geruchssinn arbeitet selektiv, das bedeutet: ist
man einem Geruch längere Zeit ausgesetzt, wird er nicht mehr wahrgenommen.
Was getan werden kann
Wenn die Sporen kein sicheres Indiz für eine Schimmel- oder Bakterienbelastung
sind, so sollten sich die Bemühungen auf die Stoffwechselprodukte konzentrieren.
Hier eine kleine Auswahl:
1-butanol
1-decanol
di-m-sulfid
di-m-sulfoxid
di-m-di-sulfid
di-m-tri-sulfid
ß-Farnesen
Geosmin
2-heptanon
2-hexanon
2-m-1-butanol
3-m-1-butanol
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2-m-1-propanol
3-octanon
3-octanol
1-octen-3-ol
2-octen-1-ol
Glücklicherweise gibt es einige Stoffwechselprodukte, die von nahezu allen
Schimmeln und Bakterien produziert werden. Diese können gewissermassen als
Indikatoren benutzt und mit einer geeigneten Messtechnik festgestellt werden.
Ist eines dieser Stoffwechselprodukte vorhanden, kann zwingend von einem, auch
versteckten, Schimmel- oder Bakterienbefall ausgegangen werden!
Diese Erkenntnisse verlangen, dass bei einer Innenraumdiagnostik zur
Ursachenfeststellung von Erkrankungen eine Untersuchung hinsichtlich MVOC
unbedingt durchgeführt werden muss.
Messtechnik
Hervorragend geeignet zur Diagnose gasförmiger organischer Schadstoffe, so auch
der Stoffwechselprodukte von Pilzen und Bakterien, ist die Gaschromatographie.
Die konventionelle Methode der Probensammlung auf einem adsorbierenden
Medium (Aktivkohle, Tenax...) und der Auswertung in einem Labor ist zwar
grundsätzlich möglich, aber zeitaufwendig und daher teuer und ausserdem
fehleranfällig. Die häufigsten Fehler sind: Unzulänglichkeiten bei der Probennahme
durch ungenaue Volumenströme und Probennahmedauer, Kontamination der Probe
durch wiederholtes Anfassen, zu lange Lagerung vor der Auswertung,
Undichtigkeiten des Probebehälters, Desorption der gesuchten Stoffe durch erhöhte
Temperaturen bei Lagerung und Transport.
Gefordert ist also eine Messtechnik, die eine schnelle Untersuchung vor Ort unter
Ausschaltung der oben genannten Fehlerquellen gewährleistet. In der Praxis des
Autors hat sich dafür die Verwendung eines mobilen Gaschromatographen bewährt.
Der Gaschromatograph wird darüber hinaus selbstverständlich auch zur Diagnose
anderer gasförmiger Luftschadstoffe eingesetzt. Jedoch sollen sich die weiteren
Ausführungen aufgrund des thematischen Rahmens ausschliesslich auf die
biologischen Luftschadstoffe beschränken.
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Abb. 2: Mobiler
Gaschromatograph
Diese Geräte stehen heute in Ihrer Leistungsfähigkeit den Laborgeräten in nichts
nach. Die Forderungen sind:
•
•
•
•
•
•
Mobilität für eine Person (Masse max. 30kg)
Einfache Handhabung
Hohe Reproduzierbarkeit
Eindeutigkeit der Ergebnisse
Grosse Empfindlichkeit (Nachweisgrenze!)
Variabilität
Das vom Autoren verwendete, oben abgebildete Gerät zeichnet sich aus durch:
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Masse ca. 25kg
Autarke Trägergasversorgung
Automatisches progammierbares Probennahmesystem
Interner Computer, der eine Vorprogrammierung der zu verwendenden Methode
erlaubt
Eignung für eine Temperaturprogrammierung (im Gegensatz zu isothermen
Methoden)
Interner Konzentrierer (Anreicherungsmedium mit anschliessender
Thermodesorption, dadurch sind Messungen im ppt-Bereich möglich)
Doppeldetektorsystem (Photoionisationsdetektor PID, Elektronen-EinfangDetektor ECD) zur zweidimensionalen Messung
Schnittstelle für externen Computer zur einfachen softwareunterstützten
Auswertung der Messergebnisse
Ofen in Normgrösse, der die Verwendung beliebiger Trennsäulen erlaubt
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Mit der Vorprogrammierung eines geeigneten Temperaturprogrammes ("Methode")
ist es möglich, auch Nicht-Experten mit der Messung zu betrauen. Die eigentliche
Messung läuft nach einigen "Knopfdrucken" völlig automatisch ab.
Durch die Entwicklung und Verwendung einer geeignete Methode ist es möglich, die
Messung mit hoher Selektivität auf die gesuchten Indikatoralkohole zu fokussieren.
Die Verwendung des Konzentrieres erlaubt den Nachweis auch geringer
Akloholkonzentrationen bei widrigen Messbedingungen. Dies ist insbesondere dann
wichtig, wenn aufgrund der fortgesetzten Nutzung eines Gebäudes nicht unter worstcase-Bedingungen gemessen werden kann und die Konzentrationen durch eine
entsprechend hohe Luftwechselrate gering sind.
Der Anschluss externer Detektoren, zum Beispiel eines mobilen
Massenspektrometers, ist möglich.
Zusammenfassung
Die zunehmende Problematik des biologischen Angriffs auf Gebäude mit seinen
Auswirkungen für die Gebäudesubstanz und die Bewohner verlangt nach einer
schnellen, einfachen und sicheren Diagnosemöglichkeit. Es hat sich gezeigt, dass
der herkömmliche Nachweis einer Schimmel- oder Bakterienbelastung durch eine
Sporenzählung unzuverlässig ist. Wesentlich sicherer ist der Nachweis durch eine
Untersuchung der Raumluft hinsichtlich der Stoffwechselprodukte. Die mobile
Gaschromatographie bietet sich hierzu an. Sie ist im Gegensatz zur laborgebunden
GC in der Lage, zahlreiche Fehlerquellen prinzipbedingt auszuschliessen.
Ausblick
Auch wenn mit der mobilen Gaschromatographie ein Verfahren existiert, dass die
Diagnose eines biologischen Angriffs auf ein Gebäude erlaubt, ist die Ursache für die
zunehmende Feuchteproblematik nicht beseitigt. Vielmehr ergibt sich die Forderung,
die "konventionelle" Bauweise den modernen Erfordernissen anzupassen. Am
Sinnvollsten wäre sicherlich die Erstellung völlig neuer Baukonzepte, die den
scheinbaren Gegensatz "schnelles Bauen" und "trockene(re) Bauwerke" tiefgreifend
vereinen.
Es gibt aber auch einfachere Ansätze:
•
•
•
Es ist denkbar, eine technische Trocknung massiv gebauter Häuser in die
Bauvorschriften oder Leistungsverzeichnisse zwingend aufzunehmen.
Eine Rückbesinnung auf althergebrachte Baustoffe mit grosser
Wasserpufferfähigkeit ist sinnvoll.
Mit zunehmender Luftdichtigkeit der Gebäude wird die Feuchtediffusion durch das
Mauerwerk immer wichtiger. Der Anteil von z. Zt. 3-8% muss zwangsläufig
steigen. Durch die geeignete Wahl von Bau- und Dämmstoffen muss diesem
Umstand Rechnung getragen werden.
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Die Luftwechselraten müssen wieder höher werden: Die Installation
automatischer Abluftsysteme mit Wärmetauschern zur Wärmerückgewinnung für
die Zuluft ist denkbar, jedoch aufwendig und teuer. Konsequent ist diese Methode
nur, wenn sich die Fenster eines Gebäudes nicht mehr öffnen lassen. Es bleibt zu
überlegen, ob dies wünschenswert ist.
Spätestens am letzten Punkt wird eine Schwäche der bestehenden und erst recht
der kommenden Wärmeschutzverordnung deutlich. Diese geht stets davon aus, dass
Wärme nur von innen nach aussen entweicht und schreibt entsprechend niedrige
Luftwechselraten vor. Durch eine bewusste Konzeption und geographische
Ausrichtung von Gebäuden kann Sonnenenergie (passiv) genutzt werden.
Kommende Wärmeschutzverordnungen müssen auf einer Energiebilanz
beruhen und Wärme, die von aussen nach innen kommt, berücksichtigen. Es ist
durchaus möglich, Gebäude so zu bauen, dass sie - im Hinblick auf die
Feuchteproblematik - vernünftige (höhere) Luftwechselraten und dennoch
hervorragende Wärmebilanzen haben.
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