Regulierung von ausdauernden Unkrautarten im ökologischen Ackerbau Dr. Arnd Verschwele Julius Kühn-Institut, Braunschweig Fachtagung “Pfluglose Bodenbearbeitung im ökologischen Ackerbau auf Dauer?“ Stadtroda, 20.02.2015 Mein Vortrag • • • • • • • • Zur Biologie ausdauernder Unkrautarten Merkmale der Acker-Kratzdistel Ampfer auch auf dem Acker Andere ausdauernde Unkrautarten Grundsätze der Regulierung Bodenbearbeitung und Pflanzenbau Direkte Bekämpfungsmöglichkeiten Ausblick JKI-Versuchsflächen Öko-Landbau Ahlum (Niedersachsen): 12 ha Gesamtfläche Löss, 75 Bodenpunkte Ökologisch seit 1995 Dahnsdorf (Brandenburg): 2,2 ha Gesamtfläche Sand, 35 Bodenpunkte Ökologisch seit 1996 Die Acker-Kratzdistel Eigene Erfahrungen Ahlum 1996 Triebe/m² 100 1 bis 10 11 20 11 bis 21 _ 21 bis 200 > 20 0 0 100 200 300 400 500 600 700 100 200 300 400 500 600 700 5 Jahre später 100 0 0 Merkmale ausdauernder Arten • Lebensdauer länger als 2 Jahre • Mehrmaliges Blühen und Fruchten • Überdauern der Vegetationsruhe mit unterirdischen Organen („Wurzelunkräuter“) • Regeneration und Vermehrung aus unterirdischen Organen • Vermehrung auch über Samen • Auftreten oft nesterweise, aber in allen Kulturen Vegetative Vermehrung Knaulgras A.-Winde Ampfer Hahnenfuß Quecke Herbstzeitlose Schachtelhalm Weinberglauch A.-Kratzdistel (nach Koch & Hurle, 1978) Biologie der Acker-Kratzdistel • 2.000 Samen/Trieb, 15 Jahre lebensfähig • Keimpflanzen benötigen Wärme und Licht • Pflanze ist zweijährig (wenn ungestört!) • Wurzeln wachsen bis zu 12 m im Jahr • 1 cm kleine Wurzelstücke treiben aus • 70 % der Wurzeln sind unter der Pflugfurche • Großer Reservestoffvorrat in den Wurzeln Lebenslauf der Acker-Kratzdistel Samen reproduktive Pflanzen neu etablierte Pflanzen überwinternde Wurzeln Samenvorrat Keimpflanzen ( nach Häni u. Zürcher 2000) Warum nehmen Disteln zu ? Ergebnisse einer Umfrage 2003 einseitige Fruchtfolge8 geringer Anteil Kleegras7 Grundbodenbearbeitung6 Stoppelbearbeitung5 Schwache Bestände4 Bestandeslücken3 Rand- u. Bracheflächen2 Saatgut, Düngung u.a.1 0 10 20 30 40 50 60 Anteil der Landwirte (%) 70 Regulierung Störung Konkurrenz Bekämpfung Viele Möglichkeiten Fruchtfolge Sorten Bodenbearbeitung Aussaat Zwischenfrucht Bekämpfung Langfristiges Ziel Fruchtfolge Verhinderung der Reservestoff-Einlagerung und Erschöpfung der Reservestoff-Vorrats durch: • Wasser-, Nährstoff- und Lichtkonkurrenz durch die Kulturen • Zerstörung der Sprosse durch Mulchen oder Schneiden • Zerschneiden der Wurzeln und Sprosse durch Bodenbearbeitung Bodenbearbeitung Beispiele zur Umsetzung Fruchtfolge • Tiefwurzler wie Luzerne, Raps, Winterroggen, Triticale, Hafer • Zweijähriges Kleegras (Mulchen) • Zwischenfrüchte (über Winter) + Mulchen im Frühjahr • Frühjahrsfurche + Erbsen + Mulchen + Grubbern • Intensive Stoppelbearbeitung (2-3 x ganzflächig schneiden) Bodenbearbeitung Grubbern oder Zwischenfrucht ? Rückgang der Acker-Kratzdistel Zw.-frucht + Grubber S-Raps 2 W-Weizen W-Weizen Perserklee 0 S-Gerste W-Weizen Perserklee 0 Kartoffeln Kleegras 1 W-Weizen - 23 % - 33 % - 71 % • • • • Wasserversorgung? Fruchtfolge? Erosionsschutz? Nutzung der Zwischenfrucht? - 73 % Schneidende Geräte Flügelschargrubber Ökomat Arado Schneidende Geräte Grubber Arado Ökomat Bearbeitungs-Effekte Gerät Versuche Distelrückgang Wendepflug 3 12 % 2-Schichten-Pflug 3 12 % Grubber 2 33 % Arado 2 54 % Ökomat 2 82 % Praxisbetriebe, 2002 und 2003 Geht es ohne Pflug? Wenden oder nicht wenden? − − − − Unkräuter werden weniger gestört Erntereste stören Auflaufen der Kultur Wachstum und N-Nachlieferung verzögert Pfluglos heißt nicht mehr Bodenruhe … Fraß von Unkrautsamen Richtig Grubbern Zweimal, ganzflächig schneiden, erst flach, dann tiefer Direkte Bekämpfung der Distel • Ziehen und Stechen muss mehrfach wiederholt werden • Köpfen (Abschneiden der Blütenköpfe) verhindert Neu-Besiedlung, fördert Erkrankungen • Hacken in der Kultur hat kurzfristigen Effekt (Zeitpunkt wichtig) • Striegeln und Abflämmen sind nahezu wirkungslos Vielfalt an Ampfer-Arten (Rothmaler, 2000) Die wichtigsten Ampfer-Arten Stumpfblättriger Ampfer (Rumex obtusifolius) Krauser Ampfer (Rumex crispus) Raumberg-Gumpenstein 2015 G. Calow, 2006 Kleiner Ampfer (Rumex acetosella) Verbreitung in Deutschland (Floraweb, 2013) Krauser und Stumpfblättriger Ampfer haben keine Rhizome! Keine aktive Ausbreitung im Boden! Samenpotenzial beachten! (Kutschera, 1960) Steckbrief Ampfer-Arten Sehr vital, aber auch giftig (Oxalsäure) Pfahlwurzel mit hohem Speichervermögen bis zu 30.000 Samen/Pflanze Samen können 20 Jahre überdauern Keimung bei über 15° C Lichtkeimer mit hoher Dormanz Bevorzugt feuchte und schwere Böden Stickstoffzeiger Pfahlwurzel 2-3 m lange Pfahlwurzel Austrieb aus den oberen 10 cm Kleinste Wurzelstücke treiben aus Hohe Regenerationsfähigkeit Luftgewebe am Wurzelrand Aktiver Fäulnisschutz (Gerbsäure)) Raumberg-Gumpenstein 2015 Einschleppung verhindern Ausbreitung mit der Erde verhindern Ampferbesatz in Gras- und Kleesaatgut Keimlinge brauchen Licht und Wärme Samen überleben den Verdauungstrakt Kaum Schädigung in Heu, Gülle und Mist Verluste in Silage und Biogassubstrat Ampfer breitet sich aus … Wachstum in lückigen Beständen Bodenruhe fördert Wurzelwachstum N-Verlagerung fördert Tiefwurzler Aussaat bei intensiver Sonne fördert Auflauf! Klimawandel (Frostmangel schont Wurzel) Ampfer auf Ackerland Praxis-Erfahrungen: Flaches Köpfen der Ampferwurzel in einem Bereich von 5-8 cm. Grubber mit Gänsefußscharen • Schälpflug oder andere Grubber arbeiten zu tief • Keine Bodenlockerung davor! • Bester Zeitpunkt: als erste Stoppelbearbeitung • Funktioniert nicht bei Trockenheit Wirkprinzip: Wurzelrest muss ungestört im Boden bleiben, treibt aber nicht mehr aus. Der abgeschnittene Wurzelkopf wächst weiter und verausgabt sich. Gegen Ampfer hilft: Frühzeitig eingreifen! Schlepper und Maschinen ggf. reinigen Ampferfreies Saatgut verwenden Wurzeln und Pflanzen sammeln und entsorgen Stoppelbearbeitung vor Zwischenfruchtanbau Konkurrenzkraft fördern (Kultur und Aussaat) Ampferwuzi(s) Maschinenring Österreich, 2013 Heißwasser (Latsch & Sauter, 201 Bioherbizide Bioherbizide Essigsäure Pelargonsäure Citronella-Öl Pinien-Öl Nelken-Öl Mais-Gluten Gemeine Quecke Rhizome innerhalb der Pflugfurche Kleine Rhizome (2 cm) treiben aus Stickstoffliebend (N-Verlagerung) An kühles Klima angepasst Wirtspflanze für Getreidekrankheiten Beschattung fördert Rhizomwachstum Bedeutung der Samen gering Wurzelsysteme von Distel und Quecke (Wehsarg, 1954; Kutschera, 1960) Otto Wehsarg, 1954: „Die Quecke ist nämlich, wie alle ausdauernden Arten, im Frühjahr ein tatendurstiger Mann, im Juni, Juli ein altersschwacher Greis, im August ein anfälliges Kind, das im September, Oktober zum Jüngling erstarkt.“ Einfluss von Bodenbearbeitung und Kultur auf die Quecke Grundbodenbearbeitung Mais in Mais nach Ernte (Triebe/m2) (Triebe/m2) keine 166 337 Grubber 72 144 Pflug 35 101 Winterweizen Grundboden- Winterweizen bearbeitung (Triebe/m2) keine 298 Grubber 180 154 Pflug keine 81 Grubber 55 Pflug 40 keine 73 Grubber 70 Pflug 30 (Schneider, 1989) Einfluss der Bodenbearbeitung auf Quecke und Ackerwinde Agropyron repens Convolvulus arvensis 250 Triebe/m² 200 150 100 50 0 Sommergerste Mais wendend Sommergerste Mais nicht-wendend (Knab, 1988) Quecke und Stoppelbearbeitung Schneiden in 5-10 cm Tiefe > Flachgrubber oder Stoppelhobel Vergraben (vollständiges Wenden) > Pflug (was passiert im Folgejahr?) Vertrocknen / Erfrieren an der Oberfläche > CMN-Queckenkiller wirksam? Wurzelteile treiben erneut aus! Wie reagieren die Samen? Verbreitung über Geräte möglich! CMN-Queckenkiller (CMN, 2013 Beach-Tech (BeachTech, 2015) Weitere ausdauernde Arten • Acker-Winde (Convolvulus arvensis) • Acker-Schachtelhalm (Equisetum arvensis) • Acker-Gänsedistel (Sonchus arvensis) • Acker-Minze (Mentha arvensis) • Huflattich (Tussilago farfara) • Gemeiner Löwenzahn (Taraxacum officinale) • Hahnenfuß-Arten (Ranunculus spp.) • Erdmandelgras (Cyperus esculentus) Acker-Winde Acker-Winde Wurzel- und Sprossausläufer Extreme Konkurrenzkraft Triebe werden bis zu 2 m lang Typische Blüten (Mai bis Oktober) Ähnlich: Zaunwinde, Windenknöterich (Kutschera, 1960) (Agridea, 2009) Acker-Schachtelhalm Acker-Schachtelhalm • • • • Vorkommen auch bei intakter Bodenstruktur Mechanische Bekämpfung: Hacken und Mähen Geringer Erfolg durch Stoppelbearbeitung (Ruhephase) Langfristige Strategie (Fruchtfolge, Tiefenlockerung) Acker-Gänsedistel Problem in Skandinavien wurzelt flach schmale Blätter, oben stark verzweigt Blüten nur vormittags geöffnet oft auch einjährig (20.000 Samen!) (Kutschera, 1960) (BASF) Einfluss der Stoppelbearbeitung Verunkrautung von Sommergetreide mit mehrjährigen Unkräutern Unkrautart Sonchus arvensis keine Stoppelbearbeitung 58 Anzahl Triebe je m² Schälen Scheiben Fräsen 34 36 32 Ranunculus repens 8 4 8 4 Mentha arvensis 25 14 21 14 Cirsium arvense 8 3 11 6 Agropyron repens 24 4 31 33 ständiger Sommergetreideanbau Stoppelbearbeitung jeweils unmittelbar nach der Ernte Ergebnisse im fünften Versuchsjahr (Koch & Hurle, 1978) Hacken im Getreide Engsaat Bandsaat Weitsaat Hacken im Getreide Unkraut (g/0,1m²) Kornertrag (t/ha) Ahlum, 2005 - 2007 Ausblick CombCut CommonSense, 2013 Nachernte-Behandlung Weed Technology, 2013 Ringschneider als mechansiches Herbizid (?) HEKO, 2015 Treffler, 2013 Einböck, 2013 Siebe & Wilms, 2007 Biologische Bekämpfung ? Rost an Distel Ampfer-Blattkäfer • Pilzliche Antagonisten sind gut erforscht • Natürlich vorkommende Schaderreger mit selektiver Wirkung • Effekte über Wuchshemmung statt Abtötung • Formulierung, Lagerung und Applikation schwierig • Hohe Datenanforderungen im Zulassungsverfahren Viele Möglichkeiten Fruchtfolge Sorten Bodenbearbeitung Aussaat Zwischenfrucht Bekämpfung Zum Schluss • • • • Fruchtfolge bleibt der Schlüssel zum Erfolg Gerätetechnik für Bearbeitung und Saat verbessert Klimawandel: Extrem-Wetterlagen nehmen zu Erderwärmung wird ausdauernde Arten begünstigen www.vhsrt.de Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit