Synthese - Bauverlag

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Fotos (2): Holzbau Amann
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Synthese
Das Apartmenthaus Chesa Futura in St. Moritz
Zweifellos ist das von Lord Norman Foster entworfene Apartmenthaus Chesa Futura ein gleichermaßen
gelungenes wie beeindruckendes Beispiel einer Synthese aus moderner Architektur und traditioneller
Handwerkskunst. Gelungen ist es auch deshalb, weil es eine hervorragende planerische Leistung mit
einer ebenso handwerklich perfekten Ausführung in idealer Art und Weise verbindet.
Die im Holzbaubetrieb vorgefertigten Wandelemente werden mit dem Kran verladen
und auf der Baustelle von den
Zimmerleuten montiert
Gegenüberliegende Seite: Die
fertig gestellte Chesa Futura
beeindruckt vor allem durch
ihre Verbindung aus moderner Form und traditioneller
Fassadenbekleidung mit
250 000 von Hand gespaltenen Holzschindeln
(Foto: Sarnafil)
Dipl.-Ing. Thomas Wieckhorst,
Bielefeld
Kaum ein Architekt ist selbst
dem Baulaien so bekannt wie
der Engländer Norman Foster. Dies liegt sicherlich nicht
zuletzt an seinem Entwurf
für den Umbau des Reichstagsgebäudes in Berlin. Um
so mehr verwundert es zunächst, dass sich das Londoner Büro nun mit einem Entwurf für St. Moritz in der
Schweiz hervortut, und noch
dazu mit einem „Holzhaus“
– dem ersten von Foster überhaupt, der sonst vorwiegend
mit Stahl, Glas und Beton
baut. Der Ort ergibt sich sowohl aus der Verbundenheit
des Londoner Architekten
mit dem Engadin und seiner
Vorliebe für den Wintersport
als auch aus der Tatsache,
dass er dieses Ferienhaus für
Freunde aus Zürich und die
als Bauherrin fungierende
SISA Immobilien AG entwarf. Die Verwendung von
Holz und von Holzschindeln
für die Fassade erklärt sich
daraus, dass Foster hier im
guten Wortsinn regional baut
und daher Baustoffe aufgreift, die für die Region typisch sind, sie aber in eine
moderne Architektursprache
übersetzt.
Haus auf Säulen
Das organisch geformte
Apartmenthaus schwebt mit
seinen über drei Geschosse
verteilten, insgesamt sechs
Wohnungen auf acht ovalen
Stahlstützen (30 x 50 cm)
über dem Hang, in dem die
Rohbauer zwei Untergeschosse mit Parkflächen,
Technik- und Abstellräumen
verschwinden ließen. Vor
allem bedurfte es jedoch ihrer handwerklichen Fähigkeiten beim Einschalen und Betonieren der beiden Betonröhren mit einem Durchmesser von jeweils 3 m, die
zusätzlich zu den Stahlstützen das Gebäude tragen, und
in denen je ein Aufzug den
Höhenunterschied von 24 m
vom 2. Untergeschoss bis
hinauf in das 3. Obergeschoss überwindet. Wendel-
treppen um diese Kerne dienen als weitere vertikale Erschließung. Die beiden Betonkerne und die Stahlstützen tragen eine Stahlbetonplatte, auf der die Zimmerleute das Apartmenthaus in
Holzbauweise errichteten.
Haus am Hang
Durch die um drei Grad in
der Längsrichtung geneigte
Fassade und die Aufständerung wird das Hanggrundstück, auf dem sich vormals
ein unansehnliches Gebäude
aus den 50er Jahren befand,
optimal ausgenutzt. So bietet
sich für die Bewohner der
Apartments von den Südbalkonen und durch die dahinter liegenden Fenster beziehungsweise Fenstertüren,
die als hoch wärmedämmende Spezialfenster (Lignaltherm) individuell in HolzMetallausführung angefertigt wurden, ein herrlicher
Ausblick auf St. Moritz und
den See. Zudem ist durch die
Aufständerung auch eine unproblematische Zufahrt in
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+ 17,48
+ 10,80
+ 10,25
+ 7,70
+ 7,05
+ 3,85
Liftschacht
+ 4,60
Via Tinus
Rampe
Rampe
Tiefgarage
Skiraum
- 5,05
Rampe
Skiraum
Tiefgarage
- 8,35
Schnitt AA, Maßstab 1:250
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Fotos (5): Küchel Architekten
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Bilder von oben links: Das
Tragwerk besteht aus im
Holzbaubetrieb vorgefertigten, gebogenen Brettschichtholzbindern und Wandelementen
Darunter: Höhenversprung
in der aus Furnierschichtholzbalken und Sperrholzplatten gefertigten Rohdecke
Die bauchige Form der
Außenwände setzt sich auch
im Gebäudeinneren fort
Gegenüberliegende Seite:
Die Wandelemente sind
vollständig montiert. Die
Zimmerleute beginnen nun
damit, die sternförmig angeordneten Brettschichtholzsparren zu montieren
die Tiefgarage im Untergeschoss möglich. Mit Hilfe
eines so genannten Steps,
eines Höhenversprungs von
65 cm in der Längsachse, mit
Treppe und Rampe, passt
sich das Gebäude an die
Hangneigung an.
Computergesteuerte
Vorfertigung
Die komplexe Form des
Holzbaukörpers, den die
Zimmerleute auf die vorbereitete Stahlbetonplatte stellten, entwickelten die Architekten im Büro Foster and
Partners in London mit einem eigens für dieses Projekt
entwickelten Konstruktionsprogramm (einer Version
von MicroStation). Die damit
festgelegte Oberfläche diente
als Bezugslinie zur Dimensionierung der Wand- und
Dachelemente bis hin zur
Festlegung der Dicke der
Konterlattung und der Lage
der als Fassadenbekleidung
gewählten Holzschindeln.
Diese Daten wurden per Internet von London aus an den
Holzbaubetrieb Amann nach
Weilheim-Bannholz in den
Schwarzwald geschickt, wo
der dortige Chefkonstrukteur, Zimmermeister Martin
Pfundt, sie so aufbereitete,
dass die insgesamt 3850 Bauteile für die Chesa Futura
CNC-gesteuert vorgefertigt
werden konnten.
Passgenaue Montage
70 LKW lieferten die im
Holzbaubetrieb vorgefertigten, Stockwerk hohen Holzelemente von WeilheimBannholz nach St. Moritz auf
die Baustelle. Dort bereitete
die Montage der passgenau
gefrästen Brettschichtholzbinder den Zimmerleuten
vor Ort erstaunlich wenig
Mühe. Die Arbeiten wurden
dabei ständig vom Schweizer
Ingenieurbüro für Holzbau
von Ivo Diethelm und von
der örtlichen Bauleitung vom
Architekturbüro Küchel Architekten von Vic Cajacob
überwacht, um die Qualität
der Arbeiten auf der Baustelle sicherzustellen. „Ohne die
konstruktive Mitarbeit von
Fredi Oberle und Martin
Pfundt von Holzbau Amann
wäre die Montage auf der
Baustelle allerdings sicher
nicht so glimpflich abgelaufen“, lobt Vic Cajacob die Zusammenarbeit mit den Zimmermeistern im Holzbaubetrieb. Die Wandelemente
wurden im Werk inklusive
der Fenster vorgefertigt, mit
dem Kran auf der Baustelle
verladen und von den Zimmerleuten dort zum bauchigen Tragwerk für das Apartmenthaus montiert. Deren
Beplankung mit OSB-Platten
(Egger
Spanplattenwerk)
wurde über die Rippen
zweifach gebogen und ver-
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schraubt. Um der gebogenen
Form dieser Außenwände
auch auf ihrer Innenseite folgen zu können, mussten die
Handwerker die hier als Beplankung vorgesehenen zwei
Lagen Gipsfaserplatten (Fermacell von Xella-Trockenbausysteme) zunächst eine
halbe Stunde lang in einem
Tauchbad
durchfeuchten,
um sie danach nass gebogen
auf die Lattung schrauben zu
können. Verspachtelt werden
konnten die Plattenstöße
und Schraubenlöcher allerdings erst, nachdem die
Gipsfaserplatten vollständig
trocken waren. „Die Mitarbeiter vom Holzbau Amann
haben diese Arbeiten wirklich sehr gut gemacht“, meint
Vic Cajacob vom Architekturbüro Küchel Architekten.
Bei den Rohdecken verwendeten die Zimmerleute wegen der großen Deckenstützweiten Furnierschichtholz für die Balken der beid11/2004
seitig mit Sperrholz beplankten Holztafeln (Kerto-Platten
von Finnforest in den Qualitäten Q und S, die auch
für die Innenwände Verwendung fanden). Da es für die
Zimmerleute beim Einbau
der Decken einen nicht unterstützten Höhenversprung
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zu bewältigen galt, die Balken
also rechtwinklig zur Balkenlage zweifach geknickt sind,
nagelten sie zur Stabilität an
beiden Innenseiten Lochbleche an. Mit sternförmig angeordneten BrettschichtholzSparren bildeten die Zimmereute schließlich das Trag-
A
A
Grundriss 1. Obergeschoss, Maßstab 1:250
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werk für die Dacheindeckung mit Metall, welche die
Spengler aus bis zu 13 m
langen, im Werk vorgefertigten konisch zulaufenden
Kupferbahnen als Doppelstehfalzdeckung mit Kompriband als Dichtung ausbildeten.
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Foto: Holzbau Amann
Fotos (2): Xella-Trockenbausysteme
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Wind- und
wasserdichtes Unterdach
Foto: Sarnafil
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Da die Fassade im Anschluss
mit Lärchenholzschindeln
bekleidet werden sollte, bedurfte es einer absolut windund wasserdichten Ebene
unterhalb dieser Bekleidung.
Bauherr und Planer entschieden sich für eine armierte
Unterdachbahn aus flexiblem Polyolefin (Sarnafil TU
122), welche die Zimmerleute
sowohl auf der Wand als auch
auf dem Dach verlegten.
Das bewitterbare und mechanisch belastbare Material
konnten die Handwerker hier
gut verarbeiten, da es sowohl
verschweißt als auch verklebt
werden kann. Diese verarbeitungsfreundlichen Eigenschaften machten sich besonders bei der Ausbildung der
speziell geformten Anschlüsse an die über 60 Dachflächenfenster (Velux) auf
der Nordseite des Hauses be-
merkbar. Insgesamt 2000 m2
verarbeiteten die Handwerker auf diese Art und Weise
zu einer fugenlos dichten
Haut unter der Fassade und
dem Dach.
Schindelfassade
aus Lärchenholz
Neben der Form ist es vor
allem diese Fassadenbekleidung mit Lärchenholzschindeln, die dem Gebäude seinen charakteristischen Ausdruck verleiht. 250 000 Schindeln mussten hierfür von
Hand gespalten werden. Eine
Besonderheit bei der handwerklichen
Schindeleindeckung bestand darin, dass
keine Schindelreihe „auf Null
auslaufen“ durfte. Auch hier
war es der Computer, der mit
Hilfe eines entsprechenden
CAD-Programms, die Vorgabe der Linien im Vorfeld ermöglichte: Die hierfür erforderlichen Punkte wurden
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Bilder auf gegenüberliegender
Seite: Die wind- und wasserdichte Haut unter der Fassade
und dem Dach bildeten die
Zimmerleute mit einer flexiblen Unterdachbahn aus Polyolefin (Sarnafil TU 122) aus
Um die Beplankung mit
Gipsfaserplatten der zweifach
gebogenen Form der Wände
innen anpassen zu können,
durchfeuchteten die Handwerker sie für eine halbe
Stunde im Tauchbad, um sie
dann nass gebogen auf die
Lattung schrauben zu können
BSH 12/24
BSH 10/16
Wandaufbau:
30 mm
110 mm
12,5 mm
12 mm
500 mm
12 mm
25 mm
2 x 12,5 mm
Schindeln
Schindellattung
Konterlattung
Dichtungsbahn
Gipsfaserplatte (Brandschutz)
OSB-Platte
BSH-Stütze dazwischen
Dämmung
OSB-Platte
Dampfsperre
Lattung
Gipsfaserplatte
Sturzriegel
BSH 8/54
Fenster-Seitenholz
BSH
Sturz- und Brüstungsaufbau:
Schindeln
30 mm Schindellattung
30 mm Konterlattung (windschief)
Dichtungsbahn
12,5 mm Gipsfaserplatte (Brandschutz)
Brüstungsriegel
BSH 8/58
Schwelle
BSH 8/52
+ 10,80
Vertikalschnitt Fassade, Maßstab 1:20
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30
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Baubeteiligte
Bauherr:
SISA Immobilien AG,
St. Moritz
Fotos (3): Küchel Architekten
Planung:
Foster and Partners, London
Projektleiter: Dipl. Architekt
Matteo Fantoni
Mitarbeit:
Dipl.-Ing. Karolin Schaal
Bauleitung:
Küchel Architekten,
Dipl.-Ing. Vic Cajacob,
St. Moritz
Bauphysik und Statik:
Ove Arup and Partners,
London
Statik (Stahlbeton):
Edy Toscano AG, St. Moritz
Foto: Sarnafil
Statik (Holzbau):
Ivo Diethelm GmbH,
Gommiswald
Die Unterkonstruktion wurde
von den Zimmerleuten aufgebracht, auf welcher der
Schindelbauer Patrik Stäger
insgesamt 250 000 von Hand
gespaltene Lärchenholzschindeln verlegte
vom Geometer mit GPS- und
CAD-Daten auf die Gebäudehülle angetragen und die gebogene Unterkonstruktion
dann von den Mitarbeitern
von Holzbau Amann angebracht. „Zweifellos war die
Umsetzung vom Papier in
die Realität, ohne wirklich
von Hand einzumessende
Fluchtpunkte, eine echte
Meisterleistung des Schweizer Schindelbauers Patrik
Stäger und seiner Mitarbeiter“, lobt Zimmermeister
Martin Pfundt von Holzbau
Amann die Leistung seiner
Handwerkskollegen. Beeindruckend ist die handwerkliche Leistung des Schindelbauers auch deshalb, weil er
es geschafft hat, dass sich
jede Schindelschicht – vom
Bauch des Gebäudes aus verlegt – exakt der Wölbung des
Baukörpers anpasst.
Im Übergang vom Metalldach zur Schindelfassade
bauten die Handwerker
Rohbauarbeiten:
O. Christoffel AG, Hochund Tiefbau, St. Moritz
schließlich eine innen liegende, beheizbare Holzregenrinne ein und dichteten deren
Anschluss mit Flüssigkunststoff ab.
Holzbau- und
Zimmermannsarbeiten:
Holzbau Amann GmbH,
Martin Pfundt,
Weilheim-Bannholz
Fazit
Schindeldeckerarbeiten:
Patrik Stäger, Untervaz
Mit dem Entwurf für die Chesa Futura in St. Moritz hat
Lord Norman Foster das
ganze Können der Bauingenieure und Handwerker, insbesondere der Zimmerleute
in höchstem Maße gefordert
– und es ist auch gelungen,
eine hervorragende planerische Leistung mit einer ebenso perfekten handwerklichen
Ausführung in idealer Art
und Weise miteinander zu
verbinden. Aus der Kombination traditioneller Handwerkskunst mit moderner Bautechnik und Formfindung
entsteht auch die besondere
architektonische Qualität dieses Gebäudes. Eine Synthese
in vielerlei Hinsicht.
Spengler und
Dachdeckerarbeiten:
Dachtechnik AG,
Domat Ems
Malerarbeiten:
Doppelpunkt AG,
Kölliken
Abdichtungsarbeiten:
Isotech Bautenschutz und
Sanierungs AG, Thusis
Leichtbauund Putzarbeiten:
Palombo Stukkatur +
Gipsarbeiten, St. Moritz
Gerüstbauarbeiten:
Pamo Gerüste AG,
Zetzwil
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