Lösungen zum Aufgabenblatt 2 Logik und modelltheoretische Semantik Universität München, CIS, SoSe 2016 Hans Leiß Abgabe: Do, 28.4.2016, 16.ct Uhr in der Übungsstunde Aufgabe 2.1 Sei A = (A, +, ·, , 0, 1) eine Boole’sche Algebra und ≤ die durch n a ≤ b : ⇐⇒ a + b = b für alle a, b ∈ A, definierte partielle Ordnung auf A. Zeige mit den Axiomen, daß + monoton und anti-monoton (“antiton”) im ersten Argument ist, d.h. für alle a, b ∈ A: a ≤ b =⇒ a + c ≤ b + c a ≤ b =⇒ b ≤ a. Wegen der Kommutativität ist + auch im zweiten Argument monoton. Hinweis: Benutze beim Komplement eine der DeMorgan’schen Regeln (s. Folien, mit 0 ≤ a ≤ 1). Lösung von Aufgabe 2.1 Monotonie von +: Sei a ≤ b. Dann ist a + b = b, also (a + c) + (b + c) = a + c + b + c = a+b+c+c = a+b+c = b + c, und das heißt a + c ≤ b + c. Für das Komplement ist mit a + b = b und einer DeMorgan-Regel b+a = a+b+a = a·b+a·1 = a(b + 1) = a·1 = a, also b ≤ a. Im vorletzten Schritt wurde b ≤ 1 benutzt (vgl. 0 ≤ a ≤ 1 auf den Folien). Aufgabe 2.2 In einer Boole’schen Algebra hat jedes Element a ein Gegenteil a. Das ist in der Algebra B der Wahrheitswerte der “gegenteilige Wahrheitswert”, also 0 = 1 und 1 = 0, und intuitiv unter den Sätzen zum Satz ϕ der “Gegensatz” ¬ϕ. Betrachte folgende Algebra A = (A, +, ·, , 0, 1), 1 '$ • 3• · a • 0 a&% • wo A die Menge der Punkte auf einem Kreis ist, 1 der (im Bild) oberste und 0 der unterste Punkt, und zu Punkten a und b sei a ≤ b genau dann der Fall, wenn a und b auf demselben Halbkreis von 0 nach 1 liegen und b oberhalb a liegt. (Im Bild: alle b zwischen a und 1 einschließlich sind die b ≥ a, die b zwischen a und 0 einschließlich sind die b ≤ a.) Weiter sei a + b := das bzgl. ≤ kleinste Element x, das a ≤ x und b ≤ x erfüllt a · b := das bzgl. ≤ größte Element x, das x ≤ a und x ≤ b erfüllt a := das dem a “gegenüberliegende” Element (d.h. das auf der Geraden durch a und den Kreismittelpunkt) Wir haben also hier ein anschauliches Beispiel für den Begriff des “Gegenteils”, oder für die Redeweise “x ist das Gegenteil von y”. Frage: Ist diese Algebra A eine Boole’sche Algebra? Überprüfe, welche der Axiome wahr sind und welche ggf. nicht wahr sind, und begründe Deine Meinung mit Hilfe der Definitionen! (Mache das mindestens für die Assoziativität, Kommutativität und Idempotenz von + oder ·, für den Zusammenhang von mit + oder ·, und für eines der Distributivgesetze.) Hinweis: Trifft die Proposition über die De Morgan’schen Regeln zu? (Vorlesungsfolie 24) Lösung von Aufgabe 2.2 + ist assoziativ: wenn a, b, c auf demselben Halbkreis von 0 nach 1 liegen, ist a + (b + c) das bzgl. ≤ größte der drei Elemente, und (a + b) + c auch, also gilt dann a + (b + c) = (a + b) + c. Wenn zwei der Elemente, etwa a und b auf verschiedenen Halbkreisen von 0 nach 1 liegen, und c etwa auf demselben Halbkreis wie a, so ist a + (b + c) = 1, weil schon b+c = 1 ist, und (a+b)+c = 1, weil schon a+b = 1 ist. Also ist auch hier a+(b+c) = (a+b)+c. + ist kommutativ: wenn a und b auf demselben Halbkreis von 0 nach 1 liegen, ist a + b das größere der beiden, und b + a ebenfalls; also gilt a + b = b + a. Wenn sie auf verschiedenen Halbkreisen von 0 nach 1 liegen, ist a + b = 0 = b + a. + ist idempotent: a liegt auf demselben Halbkreis wie a, also ist a + a das größere der beiden Elemente, also a, daher: a + a = a. 0 ist neutral bzgl. +: 0 liegt auf demselben Halbkreis von 0 nach 1 wie a, also ist a + 0 das größere der beiden Elemente, also a; daher gilt a + 0 = a. Gegenteile sind erschöpfend, a+a = 1: a und a liegen (zumindest für a ∈ / {0, 1}) auf verschiedenen Halbkreisen von 0 nach 1, also ist a + a = 1. Auch wenn eines der Elemente 0 ist, ist das kleinste Element x, das a ≤ x und a ≤ x erfüllt, das Element 1. Daher gilt in jedem Fall a + a = 1. 2 Die entsprechenden Aussagen für · und 1 sieht man mit analogen Argumenten. Aber A kann keine Boole’sche Algebra sein, denn auf den Folien wurde gezeigt, daß in einer Boole’schen Algebra aus a · b = 0 und a + b = 1 sich ergibt, daß a = b. Und das ist in unserem Beispiel nicht der Fall: wir finden ja leicht zwei Punkte a und b auf verschiedenen Halbkreisen von 0 nach 1, wo a 6= b ist. Also muß mindestens eines der Distributivitätsaxiome in A falsch sein. Gilt a · (b + c) = (a · b) + (a · c) ? Wähle b und c auf unterschiedlichen Halbkreisen von 0 nach 1. Dann ist b + c = 1, also a · (b + c) = a · 1 = a. Anderseits ist, wenn z.B. b ≤ a ≤ 1 ist, (a · b) + (a · c) = b + (a · c) = b + 0 = b. Aber sicher können wir solche Elemente mit a 6= b finden. Also ist das Distributivgesetz falsch. Konstruiere eine entsprechendes Beispiel, um zu zeigen, daß auch a + (b · c) = (a + b) · (a + c) i.a. falsch ist. (Welche möglichen Fälle, wie a, b, c auf dem Kreis relativ zu einander liegen, muß man betrachten?) Aufgabe 2.3 Sei A = (A, +, ·, , 0, 1) mit A = {a, b, c, d} und den durch folgende Tabellen definierten Operationen: + a b c d a a a a a b a b b a c a b c d · a b c d d a a d d a a b c d b b b c c c c c c c d d c c d a b c d c d a b Das ist (mit was als 0 und 1?) eine Boole’sche Algebra, z.B. gilt von der Distributivität u.a. (a +A d) ·A c = a ·A c = c = c +A c = (a ·A c) +A (d ·A c). • Bilde die Boolesche Algebra P(I) der Menge I = {x, y}. Gib einen Isomorphismus h zwischen A und P(I) an, also eine Bijektion, die mit den Operationen +, ·, , 0, 1 verträglich ist (ein Homomorphismus in beiden Richtungen). (Kurz gesagt: welches der Elemente a, b, c, d “entspricht” welcher der vier Teilmengen von {x, y} ?) Rechne für h : A → P(I) vor, daß h(b +A d) = h(b) +P(I) h(d), A h(b · d) = h(b) · A h(b ) = h(b) P(I) P(I) h(d), . (1) (2) (3) • Gib einen Homomorphismus von A in die Boole’sche Algebra B an. Lösung von Aufgabe 2.3 Zuerst sollte man sich überlegen, welches der Elemente a, . . . , d dem 0A und welches dem 1A entspricht. Für 0A muß 0A +A u = u für alle u ∈ A gelten, und an der Tabelle zu + sieht man, daß das nur für c gilt, also ist c = 0A . Für 1A muß analog 1A ·A u = u für alle u ∈ A gelten, was nach der Tabelle für · nur für a gilt, also ist a = 1A . 3 • Wenn es einen Homomorphismus h : A → P(I) für I = {x, y} gibt, muß also h(a) = h(1A ) = 1P(I) = I h(c) = h(0A ) = 0P(I) = ∅ und sein. Um eine Bijektion h zu bekommen, müssen die übrigen Elemente b, d von A auf die übrigen Elemente {x}, {y} von P(I) abgebildet werden, also können wir entweder insgesamt h(a) = I, h(b) = {x}, h(c) = ∅, h(d) = {y} (4) erhalten, oder umgekehrt, h(a) = I, h(b) = {y}, h(c) = ∅, h(d) = {x}. (5) Nehmen wir die Version (4). Dieses h ist eine Bijektion zwischen A und P(I). Damit es ein Homomorphismus ist, müssen einige Bedingungen gelten, von denen wir die drei Gleichungen der Aufgabe überprüfen: h(b +A d) = h(a) = I, h(b) +P(I) h(d) = {x} ∪ {y} = I, h(b ·A d) = h(c) = ∅, h(b) ·P(I) h(d) = {x} ∩ {y} = ∅, A h(b ) = h(d) = {y}, h(b) P(I) = I \ h(b) = I \ {x} = {y}. In allen drei Fällen stimmt die Gleichung also. Für alle anderen Argumente statt b und d rechnet man genauso nach, daß die Gleichungen stimmen. Also ist h ein Homomorphismus. Um zu sehen, daß es ein Isomorphismus ist, muß man entsprechend zeigen, daß die Umkehrabbildung h−1 (I) = a, h−1 ({x}) = b, h−1 (∅) = c, h−1 ({y}) = d ein Homomorphismus h−1 : P(I) → A ist; dazu z.B. h−1 (I +P(I) {x}) = h−1 (I ∪ {x}) = h−1 (I) = a, h−1 (I) +A h−1 ({x}) = a +A b = a. • Betrachte das f : A → B mit f (a) = 1B = f (b), f (c) = 0B = f (d). Für jedes u ∈ A ist B f (uA ) = f (u) , denn B B f (b ) = f (d) = 0B = 1 = f (b) , B B f (d ) = f (b) = 1B = 0 = f (d) . f (aA ) = f (c) = 0B = 1 = f (a) , f (cA ) = f (a) = 1B = 0 = f (c) , A B B A B B Entsprechend zeigt man für alle u, v ∈ A f (u +A v) = f (u) +B f (v), f (u ·A v) = f (u) ·B f (v). Und natürlich haben wir f (0A ) = f (c) = 0B und f (1A ) = f (a) = 1B . Also ist f ein Homomorphismus. 4