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Die US-Wahlen und ihr Einfluss auf die Börse
Die Präsidentschaftswahlen finden in den Vereinigten Staaten von
Amerika am 6. November 2012 zum 57. Mal statt. Gemäss Umfragen zeichnet sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen ab. Gewinnt der Amtsinhaber Barack Obama oder sein republikanischer Herausforderer
Mitt Romney? Aus europäischer Perspektive ist nicht ohne Weiteres
nachvollziehbar, dass so viel Aufhebens um die Beziehung zwischen Wirtschaft, Finanzmärkten und Politik in den USA gemacht
wird. Beide grossen Parteien zeigen sich erfahrungsgemäss recht
wirtschaftsfreundlich. Es hat sich insgesamt auf die US-Börse jeweils
nicht auswirkt, ob die Republikaner oder die Demokraten Regierungspartei sind. Es lassen sich aber auf Branchen- und Titelebene je
nach Wahlausgang doch einige klare Verlierer und Gewinner ausmachen.
Die US-Wahlen und ihr Einfluss auf die Börsen
Wahlen und Börsen
Wirkung der Politik auf Wirtschaft und Börse
Wahlzyklen gehören zu den am besten untersuchten
Börsenzyklen. Man muss sich nicht unbedingt mit Parteiund Wirtschaftsprogrammen befassen, um zu erahnen,
was 2012 für die Investoren bereithält – ein Blick in den
Kalender genügt: 2012 ist das Jahr der Wahlen, und
Wahljahre sind tendenziell gute Börsenjahre, da mit einer Wahrscheinlichkeit von 75% ein Indexzuwachs
(S&P 500) zu erwarten ist. In Nichtwahljahren sind es
«nur» 63%. Allerdings: Seit 1928 fielen von den 21
Wahljahren fünf in eine Rezessionsphase, was in vier
Fällen mit einem Indexrückgang quittiert wurde. Das
Wahljahr 2012 hatte bisher einen Indexzuwachs zur
Folge (S&P 500 seit Jahresanfang +11%). Eine bessere
Performance dürfte v.a. durch den bremsenden Effekt
der Schuldenproblematik in Europa und der globalen
Wirtschaftsschwäche verhindert worden sein. Die USWirtschaftsentwicklung ist schleppend, im Quervergleich aber überdurchschnittlich gut. Wie sieht es nun
für 2013, dem ersten Jahr nach den Wahlen, aus? Seit
1928 legte der S&P-500-Index im ersten Jahr nach den
Präsidentschaftswahlen um durchschnittlich 4.9% zu, im
zweiten um 6.2%.
Die historische Erfahrung der Nachkriegszeit zeigt, dass
in den sechs Legislaturperioden unter demokratischer
Präsidentschaft im Durchschnitt ein höheres Wirtschaftswachstum (3.7%) resultierte als unter den neun
Legislaturperioden unter republikanischer Führung
(2.8%). Im Durchschnitt lag das Wirtschaftswachstum in
den letzten 15 Perioden bei 3.0%. Zu ähnlichen Ergebnissen kommt man, wenn man anstelle des Wirtschaftswachstums die jährliche Indexveränderung (S&P 500)
analysiert. In den letzten 15 Legislaturperioden betrug
der Jahresindexanstieg im Schnitt 8.3%, unter demokratischer Präsidentschaft 9.4% und unter republikanischer
Herrschaft 7.6%. Die Performanceunterschiede sind
damit aber nicht gross, und die beiden Parteien teilten
sich in der Vergangenheit Hausse- und Baissephasen an
der Wall Street. So startete der Bullenmarkt der Jahre
1950 bis 1966 unter dem Demokraten Truman. Von
1953 bis 1961 regierte dann der konservative Eisenhower. Danach hielten die Demokraten mit Kennedy
und Johnson Einzug. Durch die Phase der Stagnation
und Inflation bis 1982 lenkten Nixon und Ford (beide
Republikaner) sowie Carter (Demokrat). Die anschliessende Börsenhausse bis 2000 wurde sowohl von den
Konservativen Reagan und George H. W. Bush als
auch vom Demokraten Clinton begleitet. Unter dem Republikaner George W. Bush erlebte die Börse ein wildes Auf und Ab. Die schlechteste je registrierte Börsenperformance resultierte unter dem Demokraten Carter
(1977–1980), knapp gefolgt vom Republikaner Bush
(2001–2004). Grundsätzlich zeigen sich, wie erwähnt,
beide Parteien wirtschaftsfreundlich, und das Veränderungspotenzial der Wahlen ist deshalb eher beschränkt.
Schwarz-Weiss-Denken ist in der US-Politik nicht angebracht. Demokraten sind nicht «links» im europäischen
Sinne, und eine republikanische Regierung ist nicht
zwingend besser für Wirtschaft und Börse. Von grosser
Bedeutung ist auch, wie die Mehrheitsverhältnisse im
Repräsentantenhaus und Senat nach den Wahlen sind.
Ein Präsident, der im Kongress nicht auf die nötige parteipolitische Unterstützung zählen kann, wird Schiffbruch erleiden, wenn er viele Veränderungen vornehmen will. Heisst das nun, dass es aus Sicht der Anleger
keine Rolle spielt, wie die politischen Machtverhältnisse
in den USA sind? Jein. In der Summe sind die politischen Einflüsse auf den Gesamtmarkt meist gering, aber
auf Branchen- und Titelebene sind Auswirkungen zu erkennen. Bezüglich Energiefragen, Regulierungen sowie
in der Fiskal- und Steuerpolitik positionieren sich die
beiden Parteien oft recht unterschiedlich, was einzelne
Wahlzyklen und Indexveränderung
Wahlzyklen
Durchschnittl.
Bandbreite
Zyklus
Indexzuwachs
(Höchst-/Tiefstwerte)
(2008–2011)
Wahljahr
6.5%
27.8%/–36.0%
–36.0%
1. Jahr nach Wahl
4.9%
46.6%/–38.6%
+23.4%
2. Jahr nach Wahl
6.2%
45.0%/–29.7%
+12.7%
Jahr vor der Wahl
16.0%
41.5%/–5.4%
+0.3%
seit 1928
Quelle: Lehman Brothers, Zürcher Kantonalbank
Im dritten und im vierten Jahr ging es jeweils kräftiger
nach oben. Im Schnitt stiegen die Kurse um 16.0%
bzw. 6.5%. Im Zyklus 2008 bis 2011 verlief die Indexentwicklung nicht nach Fahrplan. Das Hauptrezessionsjahr 2008 fiel ausgerechnet auf das Wahljahr und
brachte herbe Kurseinbussen. Die Wirtschaftserholung
sorgte dann v.a. in den Anschlussjahren für höhere
Kurszuwächse. Das in der Regel beste Börsenjahr, das
Jahr vor den Wahlen (2011), zeigte beinahe eine
Marktstagnation. Es zeigt sich, dass die Wahlzyklenregel von Durchschnittswerten ausgeht: Die Performancebandbreite ist für die einzelnen Jahre zudem sehr
gross. Im Jahr nach der Wahl z.B. reicht sie seit 1928
von –38.6% bis +46.6%. Die Wahlstatistik trägt damit
nur wenig zum Anlageerfolg bei. Wahlzyklen können
in Einschätzungen einbezogen werden, sind aber nicht
als verlässliche Marktbarometer anzusehen.
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Branchen stark positiv oder aber negativ tangieren
kann. Im Vorfeld der Wahlen und in den Monaten danach können deshalb oft heftige Kursreaktionen beobachtet werden. Dies ist insbesondere dann der Fall,
wenn sich die Machtverhältnisse im Kongress verschieben und ein neuer Präsident ins Weisse Haus einzieht.
Die Börse versucht, dies früh zu vorwegzunehmen, weshalb die zahlreichen Umfragen im Vorfeld der Wahlen
grosse Beachtung finden.
Wirtschaftslage spricht eher für einen Wechsel
Drei Monate vor den US-Präsidentschaftswahlen beträgt
der Vorsprung Barack Obamas auf Mitt Romney gemäss Umfragen lediglich 2.6 Prozentpunkte. Zu schaffen machen Obama die schleppende Wirtschaftsentwicklung und die grosse Arbeitslosigkeit. Das Erbe der
Bush-Regierung ist eine schwere Hypothek. Obama zog
beinahe auf dem Tiefpunkt der schlimmsten Rezession
seit den 1930er-Jahren ins Weisse Haus ein, und die
Staatsschulden bewegten sich bereits auf einem bedenklich hohen Niveau. Die Amtsbilanz von Barack Obama
fällt nun ernüchternd bis enttäuschend aus. So ist das
Haushaltsdefizit auf fast 11% der Wirtschaftsleistung
angestiegen, und die Häuserpreise sind um über 20%
eingebrochen. Das Wachstum der realen verfügbaren
Einkommen hat sich in den letzten Jahren deutlich abgeschwächt. Es liegt aber nicht alles im Argen. Der
Schuldenabbau der privaten Haushalte hat in den letzten Jahren erfreuliche Fortschritte gemacht, und viele
Unternehmen sind in guter Form, was sich unter anderem in soliden Bilanzrelationen zeigt. Die einst gebeutelten US-Banken stehen ebenfalls wieder gut da. Fakt
bleibt aber, dass sehr viele Wähler die aktuelle Wirtschaftslage als schlecht einschätzen. Die Vergangenheit
hat des Öfteren gezeigt, dass in wirtschaftlich schlechten Zeiten meist der Kandidat jener Partei gewählt wird,
die gerade nicht regiert.
Romney: Weniger Steuern und Regulierungen
Mitt Romney tritt für die typisch konservativen Forderungen nach weniger Steuern und weniger Staat ein. Er
lehnt Konjunkturprogramme für den Arbeitsmarkt ab
und bevorzugt Anreize für die Unternehmen. Die Körperschaftssteuer soll von derzeit 35 auf 25% gesenkt
werden. Die Grenzsteuersätze sollen für alle Einkommen um 20% gesenkt werden, und die tiefen Steuersätze auf Dividenden, Zinsen und Kapitalerträge sollen
unangetastet bleiben. In der Finanzpolitik ist Romneys
Ziel ein ausgeglichener Haushalt, weshalb die Staatsausgaben auf 20% des Bruttoinlandsproduktes be-
schränkt werden sollen. Die Verteidigungsausgaben sollen gleich bleiben. Dagegen will er die Sozialhilfe und
staatliche Gesundheitshilfen reformieren. Diese seien
ausser Kontrolle geraten und würden mehr als die Hälfte der Bundesausgaben ausmachen. Die Zahl der
Staatsangestellten soll um 10% reduziert werden.
Obamas Gesundheitsreform will er rückgängig machen,
und die auf den Weg gebrachte Finanzmarktreform
Dodd-Frank will er abschaffen. Bei der Energiepolitik
will Romney die Umweltauflagen reduzieren und die
Kernenergie fördern. Der Öl- und Gasindustrie ist er
wohlgesinnt (mehr Bohrvorhaben und Bau neuer Pipelines). Klimaschutz steht bei Romney weit unten auf der
Agenda, was unter anderem auch die Automobilindustrie gern hört.
Diese Branchen/Bereiche profitieren
Barack Obama / Demokraten
Mitt Romney / Republikaner
Alternative Energien
Kernenergie (Bau, Zulieferer)
Billiganbieter im Konsumbereich
Erdöl/Kohle/Erdgas/Ölservice
Bau/Infrastruktur
Pharma
Energieeffiziente Technologien
Rüstung
(Gebäude, Automobile)
Luxusgüterindustrie
Bildungswesen
Banken
Stromversorger (Kernenergie)
Stromversorger (Kohle)
Newcomer im Telekombereich
Telekom (Grosskonzerne)
Spitalketten
Auto
(Titel mit hoher Dividendenrendite)
Quelle: Zürcher Kantonalbank
Obama: Konjunkturprogramme und höhere Steuern
Während Barack Obama vor vier Jahren auf die
Schlagworte «hope and change» (Hoffnung und Wandel) gesetzt hatte, wählte er für seine neue Kampagne
nun «forward» (vorwärts). Obama will auch weiterhin
auf staatliche Konjunkturprogramme setzen und ist gewillt, Milliarden in Infrastrukturprojekte (u.a. öffentliche
Gebäude, Strassen, Schienen) und den Ausbau der erneuerbaren Energien zu investieren. Forschungsvorhaben (z.B. IT) und das Bildungswesen sollen ebenfalls gefördert werden. Finanziert werden sollen die Investitionen in erster Linie mit Steuererhöhungen. Sparen will
Obama beim Militär. Die Reichen sollen vermehrt zur
Kasse gebeten werden. Obama will eine Mindeststeuer
von 30% für Millionäre und steigende Steuersätze für
Einkommen ab USD 250 000. Die Steuerlast auf Kapitalgewinnen und vor allem auf Dividenden würde somit
ebenfalls ansteigen. Ferner plädiert Obama für eine
Bankenabgabe, mit der über zehn Jahre insgesamt USD
60 Mrd eigenommen werden sollen. Die Steuervorteile
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für die Öl- und Gasindustrie sollen abgebaut werden.
Die einzige Steuerentlastung sieht Obama bei Unternehmen vor, die Arbeitsplätze aus dem Ausland ins Inland transferieren. Obamas Drang zur Regulierung zielt
ab auf eine Überwachung der Finanz- und Energiemärkte, aber auch des Gesundheitswesens (Krankenversicherung) und der Telekomwirtschaft. Die Umweltschutzvorschriften sollen weiter verschärft werden, und
Kernenergie ist kein zentrales Thema.
Der Kandidat der Wall Street heisst Mitt Romney
Dass angesichts der immensen Staatsverschuldung an
Einsparungen kein Weg vorbeiführt, wissen sowohl
Obama als auch Romney. Ihre Vorstellungen gehen jedoch weit auseinander. Mitt Romney lehnt Steuererhöhungen kategorisch ab, was aber eher unrealistisch
scheint. Gleichwohl sind unter Mitt Romney respektive
den Republikanern geringere Steuerbelastungen für Dividenden und Kapitalgewinne zu erwarten. Aktien, die
eine hohe Dividendenrendite aufwiesen, werden damit
begünstigt. Weniger Staatseinfluss, sprich Regulierungen werden an der Wall Street ebenfalls begrüsst.
Obamas Ideen und Pläne scheinen aus Investorensicht
weniger verheissungsvoll als diejenigen Mitt Romneys.
Das Rennen um die kommende Präsidentschaft ist aus
heutiger Sicht weitgehend offen, sodass wohl vor allem
in der Zeit nach dem Wahlausgang Kursreaktionen zu
beobachten sein dürften; in einzelnen Titeln können diese auch stark sein. So wurden im Anschluss an den berühmten Wahlausgang 2000 (Nachprüfung der Wahlzettel in Florida) Umschichtungen von gut USD 100 Mrd
von «Al-Gore-Titeln» in «George-W.-Bush-Aktien» beobachtet. Bei einem Wahlsieg der Republikaner mit Mitt
Romney ist grundsätzlich mit einer stärkeren Börsenreaktion zu rechnen als bei einem Wahlsieg der Demokraten mit Barack Obama. Dies, weil der Wechsel grössere Veränderungen auslösen könnte. Der Politkurs der
regierenden Demokraten ist hingegen in den Kursen
schon wesentlich stärker eingepreist, sodass ein Wahlsieg weniger bewirken würde. Wir haben zwei Titellisten zusammengestellt: ein «Demokraten-Portfolio» und
ein «Republikaner-Portfolio», die stark vom Wahlausgang tangiert sein werden. Potenzielle Gewinnertitel
sind je nach Wahlausgang auf einen Blick ersichtlich:
Dabei sind die Gewinneraktien bei einem Wahlsieg
von Barack Obama die Verlierer bei einem Sieg von
Mitt Romney und umgekehrt.
Gewinner bei Wahlsieg Barack Obamas
Marktkap.
in Mrd USD
Unternehmen
Branche
First Solar
Solartechnik
GT Advanced Techn.*
Solartechnik
NextEra Energy*
u.a. Wind- und Solarenergie
Covanta*
Bioenergieanlagen
Johnson Controls
u.a. Gebäudeeffizienz
Family Dollar Stores*
Discounter
Waste Management
Abfallentsorgung
1.5
0.6
29.9
2.3
16.8
7.7
16.1
Excelon*
Versorger (Kernenergie)
32.8
Home Depot
Baumarktkette
80.0
HCA Holdings*
Spitalkette
11.7
WellCare Health Plans*
Gesundheitsdienstleister
2.4
DeVry*
Ausbildung (Technik)
1.2
Apollo Group*
Ausbildung (Wirtschaft)
Cummins*
Motoren/Filteranlagen
BorgWarner*
Automobilzulieferer
7.5
URS*
Bau- und Umweltsanierungsprojekte
2.7
*nicht im Anlageuniversum der Zürcher Kantonalbank
3.0
18.8
Quelle: Zürcher Kantonalbank
Gewinnerauswahl bei Wahlsieg Mitt Romneys
Unternehmen
Marktkap.
in Mrd USD
Branche
Boeing
Rüstung
54.7
Ralph Lauren*
Kleider
13.5
Saks*
Kleider/Schuhe/Handtaschen
Tiffany
Juwelier
UnitedHealth
Krankenversicherung
1.7
6.9
53.5
WellPoint*
Krankenversicherung
Merck
Pharma
134.3
17.9
Exxon Mobil
Öl/Gas
404.1
Patterson UTI*
Landbohrungen
Transocean
Offshore-Bohrungen
17.5
Ford*
Auto
34.7
Ameren*
Versorger (v.a. auf Kohlebasis)
8.3
Peabody Energy
Kohle
7.1
JP Morgan Chase
Bank
137.0
Goldman Sachs
Broker
AT&T
Telekom
Shaw Group*
Bau, Dienstl. Nuklear-/Ölindustrie
General Electric
u.a. Kernkraftwerke
US-Steel
Stahl (für Ölindustrie)
2.4
51.1
216.8
2.6
222.0
3.1
Allgemein: Aktien mit einer hohen Dividendenrendite
*nicht im Anlageuniversum der Zürcher Kantonalbank
Quelle: Zürcher Kantonalbank
Daniel Benz
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