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Beifuß
VOLKSTÜMLICH: 'Besenkraut' , Mugwurz, Buckell, Jungfernkraut, Gänsekraut, Wilder
Wermut, Sonnwendgürtel, Fliegenkraut, Gewürzbeifuss, Johannesgürtelkraut,
Weiberkraut, Werzwisch, Wisch. Der Beifuß wurde früher auch als 'Mutter der
Pflanzen' bezeichnet. Sie war der griechischen Göttin Artemis (= röm. Diana) geweiht,
ebenso der Isis, später dann der Maria. Der deutsche Name wird vom
mittelhochdeutschen 'bivuoz' (siehe Kommentar unten) abgeleitet, was so viel heißt wie
stoßen oder schlagen. Er gehört zu den Korbblütengewächsen (Asteraceae).
AUSSEHEN: Der Beifuß ist eine Staude, deren derber, kantiger Stängel 30 cm bis
über 2 m hoch austreiben kann, im Winter aber abstirbt. Die 5 bis 10 cm langen
Laubblätter sind oben dunkelgrün und auf der Unterseite weißfilzig behaart. Die Blüten
sind grauweiß bis gelblich oder rotbraun und sind in Rispen angeordnet. In der
Blütezeit von August bis September verströmen sie einen aromatisch-würzigen
Geruch. VORKOMMEN: Auf sonnig warmen, nährstoffreichen, leicht feuchten Böden.
Teilweise gilt er als 'Unkraut'. VERBREITUNG: Die Pflanze ist in ganz Europa sowie
West- und Nordasien verbreitet. ABBRUCH: In der Volksmedizin wird der Beifuß vor
allem bei Menstruationsschmerzen verwendet. In hoher Dosierung hat die Pflanze
einen abortiven (abtreibenden) Effekt. Sie wirkt auch krampflösend und
gefäßverengend. GESCHICHTE: In griechischen und römischen Schriften aus dem 1.
Jahrhundert n. Chr. wird das Kraut häufig als Gewürz- und Heilkraut beschrieben. So
wandte der griechische Arzt Dioskurides Beifuß gegen Darmwürmer an. Sein
Zeitgenosse, Plinius der Ältere behauptete dagegen, Wanderer würden nicht ermüden,
wenn sie sich die Pflanze ans Bein bänden. Eine Vermutung, die sich auch in dem
deutschen Namen Beifuß widerspiegelt. In chinesischen Texten reicht seine
Erwähnung bis auf die Zeit um 500 n. Chr. zurück. INHALTSSTOFFE: Gerbstoffe,
Bitterstoffe, ätherisches Öl mit: Cineol, Thujon, Vitamine, Kieselsäure, Mineralien
WIRKUNG: beruhigend, durchblutungsfördernd, Galle treibend,
menstruationsfördernd, verdauungsfördernd, wehenfördernd ANWENDUNGEN:
Appetitlosigkeit, Blähungen, Blasenentzündung, chronische Eierstockentzündung,
Muskelkater, Gebärmutterkrämpfe, müde Beine, Nervenanspannung, Neuralgien,
Schlafstörungen, Wechseljahrbeschwerden.
Anmerkung:
Der Wortstamm 'Biboz' hängt auch mit dem Begriff 'Butz' zusammen. Butz ist ein
niederdeutsches Wort für Bett. Vom Butzemann heißt es in alten Kinderreimen: 'Als
wir von dem Tische kamen, gingen wir zu Bette, ich und du und´s Butzemännle,
zankten um die Decke. – Als wir um die Decke zankten, fing das Bett an krachen. Ich
und du und´s Butzmännle mußten herzlich lachen.' (ENZENSBERGER 1962). Der
Butzemann entspricht dem Rumpelstilzchen der Märchen.
Rummeln ist sich vergnügen, rammeln etwas fest einschlagen und rumpeln, Krach
machen. 'Bozzan' heißt in althochdeutsch stoßen. Der Name Beifuß ist also eine
Verfremdung, die unverständlich bleibt, wenn man nicht weiß, dass durch die
Lautverschiebungen aus dem 'bi' ein 'bei', aus dem 'o' ein 'u', aus dem 'b'(p) ein 'f' und
aus dem 'z' ein 'ß' wurde ('Biboz'). Beifuß heißt also so etwas wie 'Beibett' oder
'Beistoß'“ (Beckmann u. Beckmann 1998, S. 185).
'Artemisia vulgaris' (Beifuß) stand bei den Angelsachsen und den keltischen Druiden
hoch im Kurs. Es war eines der neun Kräuter, die Unheil und Gifte ab wehren sollten.
Beifuß galt als 'die Mutter der Kräuter'‚ und wurde mit Hexenkünsten sowie mit
Fruchtbarkeitsritualen in Verbindung gebracht. (BOWN, Deni, DuMont’s Große
Kräuterenzyklopädie. Köln 1998, S.243).
Der weibliche Körper wurde mit Beginn der Neuzeit einem Produktionsapparat
gleichgesetzt, der gesellschaftlichen Interessen zu dienen hatte. Ein Grund, warum alle
Kräuter, die Periode, Schwangerschaft, Geburt und Stillzeit beeinflussen, zu
Hexenkräutern gestempelt wurden. Zu diesen als Hexenkräutern 'verteufelten' Pflanzen
gehörte auch der Beifuß.
Literatur: Beckmann, Dieter, Beckmann, Barbara (1998): Das geheime Wissen der
Kräuterhexen. Alltagswissen vergangener Zeiten. 2. Auflage. München.
Inventarnummer: 2358
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