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28.11.2002 17:18 Uhr
Regionen
egionen | Dienstag, 11. Juni 2002
Überall Fenster
und Türen
Uraufführung
raufführung von
«Schlüsselwörtern
Schlüsselwörtern
und
nd Dingsätzen» in
der
er Theagovia in
Bürglen
ürglen
Uraufführung in Bürglen: Barbara
Bucher (links) und Verena
Bosshard in einem Stück nach
Susanna Tamaro.
Sich
ich im Vertrauen auf die
gene Kraft auf die Welt
eigene
einzulassen, darum geht es im Stück «Von
Schlüsselwörtern und Dingsätzen». Das Theater Bilitz hat
es in der Theagovia aufgeführt.
BRIGITTE ELSNER-HELLER
bürglen. «Papa, wie heisst das Theater?» «Von
Schlüsselwör- tern und Dingsätzen.» «Was?» «Dingsätzen!»
Mitten in die familiäre Theoriedebatte fielen die ersten Sätze
der beiden Erzählerinnen, die bald als Martina (Barbara
Bucher) und Grossvater Nono (Verena Bosshard) in die
zentralen Figuren des Stückes schlüpfen sollten. Und da war
jede Theorie sowieso hinfällig, denn das nach einer
Erzählung von Susanna Tamaro entworfene Stück, das vom
Theater Bilitz unter der Regie von Enzo Scanzi auf die Bühne
gebracht wurde, hatte sich von selbst zu erklären. Wobei
«Schlüsselwörter» und «Dingsätze» zu nebensächlichen
Monstern wurden.
Fantasiefördernd
Zwei aufgestellte Röhrenhälften werden zu Martinas Haus,
zu der Hochhaussiedlung; auf sie schreibt Martina aber auch
ihre mit Fragezeichen versehenen Aufgabenlösungen in der
Schule; die blauen Halbschalen bieten liegend den Schutz
des eigenen Bettes, können später, am äussersten Punkt
der Erzählung, aber auch zum Abfallcontainer mutieren. Die
fantasiefördernde Bildsprache der Inszenierung orientierte
sich an klaren Formen. Heil ist die Kinderwelt (wie die der
Erwachsenen) freilich bis heute nicht, auch wenn es weniger
Hexen und böse Wölfe geben mag als in früheren Zeiten.
Geblieben ist die Streiterei unter den Eltern, die nicht selten
Tochter Martina zum Gegenstand nimmt, die so anders ist.
Die sich mehr für Hunde und Bäume interessiert als für
Mathe. Auch Martina selbst will eigentlich nicht «anders»
sein, denn sie will ja auch den Thomas zum Freund. «Wer
anders ist, ist reicher», diese Weisheit ihres Nono will nicht
so selbstverständlich ins kindliche Bewusstsein einsickern,
und so muss die Heldin wie im Märchen schliesslich in die
Welt hinaus ziehen, um sich und ihr Zuhause wieder zu
finden. Ähnlich wie im Figuren- und Objekttheater spielt die
Inszenierung über die zahlreichen Verwandlungen der
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Personen und Gegenstände mit der Imagination dessen,
was erzählt wird. Was akademisch Perspektivenwechsel
genannt wird, das vermitteln Verena Bosshard und Barbara
Bucher mit Körpersprache, Stimme und dem Einsatz nur
weniger Requisiten. So hat etwa der Vater stets eine
Zigarette in den Mundwinkeln zu halten, während die Mutter
sich mit Haarspray in Form zu bringen versucht. Da die
Eltern sich zunächst wenig für die Sorgen und Nöte Martinas
interessieren (eine aktuelle Hexenvariante), können auch
beide Schauspielerinnen kurzfristig abwechselnd in deren
Rollen schlüpfen. Das freilich ist bei Martina nicht möglich, die
mit fragender Aufmüpfigkeit an Barbara Bucher mit ihren
wilden Locken und Ringelstrümpfen gebunden bleibt.
Trotzig, traurig, ängstlich kann sie sein und ihrem geliebten
Nono umgarnend Streiche spielen. Der ist mit Verena
Bosshard zu einem Supergrossvater geworden, der sein
lexikalisches Wissen mit Weisheit und Witz verbreitet und
der über den Tod seiner Frau so gar nicht verbittert ist. Im
Gegensatz zur Hauptperson sind die anderen Figuren der
Geschichte eindimensionaler angelegt, was viel mit
Pädagogik zu tun haben dürfte. Ebenso wie die auf
Integration verschiedener Kulturen angelegte gemischte
Bewohnerschaft des Hauses, in dem Martina wohnt. Was
freilich den beiden spielfreudigen Schauspielerinnen die
Gelegenheit bietet, zu einem multikulturellen Tanz
auszuschreiten, der bei der Uraufführung viel
Zwischenapplaus erhielt.
Trefflich serviert
Was dem klassischen Theater ein «deus ex machina» war,
die von aussen einwirkende konfliktlösende Kraft, ist nun
ein Schutzengel, der sich fledermausähnlich wie Mephisto
aus Rauchschwaden erhebt und Martina zu dem Stück
Selbstvertrauen verhelfen soll, um das es natürlich im Stück
geht. Viel Spass hatte das Publikum am trefflich servierten
Stück. Dennoch: hatte Mutmacher-Theater nicht etwas mit
dem Vertrauen auf die eigene Kraft zu tun? Ganz
konsequent ist dieser Gedanke im Stück nicht verfolgt. Oder
haben wir bereits eine andere Zeit, in der es wieder erlaubt
ist, sich Hilfe von aussen zu holen? Auch das könnte ja für
bestimmte Situationen eine Lösung sein.
Weitere Aufführung: heute, Dienstag, 11. Juni, 20.30 Uhr, in
der Theagovia in Bürglen. Nach Schulaufführungen bis Ende
Juni wird das Stück ab November wieder zu sehen sein.
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