Pharma-News Das Journal für die Offizin August/September 2011 Nummer 86 Themenübersicht Editorial: mit Biss! Neuheiten: ANTI BRUMM® Zecken-Test CONBRIZA® DUOPLAVIN® CICATRIDINA® einfach – aber auch sinnvoll? nicht besser für die Knochen was könnte das sein? noch eine Wundheilcreme Wissenswertes: Xerostomie Tierbisse Blasen an den Füssen das Wasser im Munde nicht zu unterschätzen! Tipps und Ratschläge In Kürze: MAGNESIUM DIASPORAL® ACTIV – GASTROPANT MEPHA® NIASPAN® - IRFEN® DOLO L Tests Bild des Monats: Wir wünschen allen erholsame Ferien und freuen uns auf Ihre schönsten Fotos! Editorial Tierische Freunde Gerade in der Ferienzeit stellen uns Begegnungen mit Tieren oft vor Herausforderungen: Hunde werden am Strassenrand ausgesetzt (passiert so etwas immer noch?), Haie beschnuppern unsere Zehen, und vom Waldspaziergang bringt man unbemerkt anhängliche Freunde mit nach Hause... aber die Sommerausgabe der Pharma-News lässt Sie nicht hilf- und informationslos. Alle, die in der Apotheke durchhalten während die anderen unterwegs sind, brauchen sich keine Sorgen zu machen: Dank dieser letzten Nummer vor den Ferien werden Sie nun genug Stoff haben, um ihre Kunden ausführlich zu beraten. Dabei fällt mir ein, dass wir noch nichts über Quallen geschrieben haben… Falls jemand unter Ihnen hierüber berichten möchte, erwarten wir sehr gerne Ihren Report - im September nach den Sommerferien. Denn ja, auch wir sind ab jetzt für einen Monat im Urlaub! Viel Spass beim Lesen und einen schönen Sommer! Jérôme Berger Pierre Bossert Séverine Huguenin Julia Farina Caroline Mir Marie-Thérèse Guanter Germanier Martine Ruggli Neuheiten ZECKEN-TEST ANTI BRUMM® Fast jede(r) hat schon Bekanntschaft gemacht mit dem kleinen Spinnentier, das für Panik sorgt, sobald es draussen wärmer wird. Die unscheinbaren, zu den Milben zählenden Zecken sitzen im Unterholz von Wäldern und Gärten und lauern auf eine Blutmahlzeit. Die Zecke kommt in der gesamten Schweiz vor, in gemässigten Klimazonen bis in Höhen von ca. 1500 Meter über Meer. Ihre Hauptaktivität liegt zwischen März und Oktober, d.h. die Gefahr, von ihr gebissen zu werden, ist dann am höchsten. Sie liebt die Feuchtigkeit, weshalb sie sich gern nahe dem Erdboden im Unterholz von Wäldern und auf niedrigen Sträuchern in Gärten und Parkanlagen aufhält. Zecken bewegen sich sehr gemächlich, sie können nicht springen, sondern warten auf eine Gelegenheit, um sich an einem vorbeiziehenden Wirtstier festzukrallen. Dann suchen sie sich einen geeigneten Ort zum Stechen. Zecken bevorzugen beim Menschen dünne, warme und feuchte Hautstellen - besonders die Kniekehlen, den Haaransatz und die Region zwischen den Beinen und unter den Armen. An sich ist ein Zeckenstich nicht bedrohlich, würden die Zecken mit ihrem Speichel nicht gefährliche Krankheitserreger übertragen. In der Schweiz sind dies die Erreger der Lyme-Borreliose (Borrelia burgdorferiBakterien) und der Frühsommer-MeningoEnzephalitis (FSME-Virus).1 2 1 CNRT, www2.unine.ch/cnrt © Pharma-News Seite 2 Nr. 86, August / September 2008 Für einen direkten Borrelien-Nachweis wird seit kurzem der ANTI BRUMM® ZECKENTEST angeboten. Dabei werden die Zecken mit einer Zeckenkarte entnommen und per Post an ein Labor geschickt, wo sie per PCR-Analyse auf Borrelien untersucht werden. Zwei Werktage nach Posteingang erhält der Patient sein Ergebnis. An sich nichts Neues, den Test gibt es schon seit einigen Jahren; allerdings wird das Vorgehen für den Patienten dadurch vereinfacht, dass er sich direkt an das Labor wendet und nicht indirekt über eine Praxis. Als Hauptvorteil des Tests wird vom Hersteller der schnelle Nachweis allfälliger Borrelien hervorgehoben, welcher eine frühzeitige und somit erfolgreichere Behandlung ermöglichen soll.3 Allerdings empfiehlt das nationale Referenzzentrum für zeckenübertragene Krankheiten (CNRT) keinen systematischen Nachweis der Borrelien, denn obgleich 30% der Zecken mit Borrelien befallen sind, erkranken nur drei bis vier Prozent der infizierten Personen an einer Borreliose oder Lyme-Krankheit.4 Man würde also 80% der Patienten unnötig behandeln. Ausserdem ist der Test nicht absolut zuverlässig.3 Aufgrund eines falsch-negativen Tests könnte somit ein Infekt verpasst werden. Dieses Problem der „falschen Sicherheit“ könnte auch dazu führen, dass eine FSME übersehen wird, weil der Patient sich nur auf die Borreliose, die er dank dem Test vermeintlich ausgeschlossen glaubt, konzentriert. Zu diskutieren ist in diesem Zusammenhang auch der Preis: Ein Test kostet 88 CHF (mehrere Zecken können in einem Probenröhrchen eingesendet werden), was eine systematische Analyse aller Zecken, die unsere Kunden stechen, ziemlich teuer macht – und dabei in vielen Fällen gar nicht wirklich nötig wäre. Sinnvoller für den Patienten ist sicherlich der Hinweis auf einfache Vorsichtsmassnahmen, wenn es um einen Waldaufenthalt geht. Wer mehr wissen möchte… Die Lyme-Erkrankung oder Borreliose:1 Die Borreliose wird durch Bakterien verursacht. Die von Borrelien befallene Zecke überträgt die Krankheit beim Saugen auf den Wirt. Die Krankheit verläuft in drei Stadien: - Für das Stadium 1, das eine bis vier Wochen nach der Ansteckung einsetzt, ist die sog. Wanderröte bezeichnend: eine ringförmige Rötung mit hellerem Zentrum, die anfangs die Grösse eines Handtellers besitzt und sich dann ausbreitet. Sie schmerzt und juckt nicht. Möglicherweise kommen grippeähnliche Symptome hinzu (Kopf- und Gliederschmerzen, Unwohlsein, Müdigkeit). - Die Krankheitsbilder des Stadiums 2 können sich bereits nach Tagen, aber auch erst nach mehreren Jahren entwickeln: zur Neuroborreliose gehören heftige Nervenschmerzen, Lähmungserscheinungen (oft die Gesichtsmuskulatur betreffend) bis hin zur Hirnhautentzündung. Bei einer Lyme-Arthritis schwellen wenige Gelenke an und schmerzen stark. - Wird die Borreliose nicht rechtzeitig behandelt, kann es im dritten Stadium zu einer Erregerpersistenz und damit zu einer chronischen Infektion kommen, d.h. die Krankheit flammt immer wieder auf oder verschlechtert sich zunehmend. Es gibt keine Impfung gegen Borreliose. Die Behandlung erfolgt mit Antibiotika (1. Wahl: Doxycyclin)2, sobald der Infekt erkannt wird, weshalb eine sorgfältige Beobachtung des Patienten nach einem Zeckenstich so wichtig ist. Die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME): 1 Bei der FSME handelt es sich um eine Viruserkrankung. Auch hier erfolgt die Übertragung nach einem Stich über den Zeckenspeichel. In der Schweiz treten das FSME-Virus und damit befallene Zecken nur in bestimmten Regionen auf, den sog. Naturherden oder Endemiegebieten, doch diese Gebiete neigen zur Ausbreitung. Auf der Webseite des BAG findet man eine laufend aktualisierte Karte der Risikogebiete. Ca. 90% der infizierten Personen erkranken nicht und machen eine sogenannte „stille Feiung“ durch. 2 - 28 Tage (um die zwei Wochen) nach einem Zeckenstich kann die betroffene Person aber auch eine Grippe-ähnliche Erkrankung entwickeln, mit Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen. Diese Symptome verschwinden nach wenigen Tagen. Bei nur wenigen der derartig Erkrankten (5 - 10%) kommt es nach weiteren 2 - 10 Tagen zu einer zweiten Krankheitsphase, die durch Entzündungen der Gehirnhäute oder sogar des Gehirns geprägt ist. Je älter der Patient und je schwerer die Erkrankung, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass Folgeschäden bleiben. Äusserst selten verläuft die Krankheit tödlich (0.01-0.05%). Es gibt keine Therapie gegen FSME, nur die Symptome können behandelt werden. Dafür gibt es aber eine Impfung (ENCEPUR N® oder FSME-IMMUN® CC). Diese wird laut BAG Erwachsenen und Kindern über sechs Jahren empfohlen, die sich von April bis Oktober in den Wäldern der Naturherde aufhalten – sei es aus beruflichen Gründen oder in der Freizeit – vor allem, wenn sie häufig von Zecken gestochen werden. 2 Revue Médicale Suisse, April 2006, p.931. Information fabricant ANTI BRUMM® 4 pharmManuel 2008, pp.231-234 3 © Pharma-News Seite 3 Nr. 86, August / September 2008 Vor und während des Waldaufenthaltes: - Helle Kleidung anlegen, da man Zecken darauf besser erkennen kann - Geschlossene Kleidung mit langen Ärmeln und langen Hosen tragen. Da Zecken hauptsächlich im Unterholz und an Gräsern sitzen, ist es sinnvoll, die Socken über die Hosenbeine zu ziehen. - Kleider, Schuhe und freiliegende Haut mit insektenabweisenden Mitteln wie z.B. ANTI BRUMM® besprühen Nach dem Waldaufenthalt: - Kleider nach krabbelnden Zecken absuchen - Körper systematisch nach Zecken absuchen, dabei sind Kniekehlen, Leistengegend, Bauchnabel, Achselhöhlen und Nacken sowie bei Kindern auch der Kopf besonders gründlich zu untersuchen. Die Kontrolle einen Tag später wiederholen. Findet man eine Zecke, sollte diese möglichst bald mit einer Pinzette bzw. einer Zeckenzange oder -karte (z.B. SAFECARD®) entfernt werden.5 Dazu wird eine Pinzette mit flacher Spitze am besten direkt über der Haut angesetzt und die Zecke mit gleichmässigem Zug entfernt. Erst danach wird die Stichstelle desinfiziert. Danach sollte man den Zeckenstich z.B. mit einem Kugelschreiber kennzeichnen, das Datum des Zeckenstichs notieren und den Fall bei seiner Unfallsversicherung melden, denn Zeckenstiche gelten als Unfall!6 In den folgenden vier Wochen sollte gut auf Rötungen um die Stichstelle sowie auf Grippesymptome geachtet und gegebenenfalls ein Arzt konsultiert werden. Verbreitungsgebiete der Borreliose in der Schweiz 5 6 http://www.zeckenkarte.ch/fr/index.html http://www.suva.ch/fr/startseite-suva/die-suva-suva/medien-suva/medienmitteilungen-suva/2007/die-suva-gibtpraeventionstipps-zu-zeckenstichen/medienmitteilung-detail-suva.htm © Pharma-News Seite 4 Nr. 86, August / September 2008 Verbreitungsgebiete der FSME in der Schweiz ZECKEN-TEST ANTI BRUMM® – wichtig für die Beratung: 9 9 9 9 9 Nachweistest, dient ausschliesslich zur Erkennung der Lyme-Krankheit (Borreliose). Das Ergebnis ist nicht absolut sicher. ein negatives Ergebnis schliesst eine aktive Borreliose nicht aus, eine sorgfältige Beobachtung bleibt nötig der systematische Nachweis der Borrelien wird nicht empfohlen (jeder Test kostet 88 CHF) übliche Vorbeugemassnahmen sind zu bevorzugen: helle, geschlossene Kleidung tragen, insektenabweisende Mittel anwenden, nach dem Aufenthalt im Wald und an den darauf folgenden Tagen Körper sorgfältig nach Zecken absuchen, gefundene Zecken so schnell wie möglich entfernen, Hautrötungen und Grippesymptome besonders beachten nicht vergessen: jeden Zeckenstich der Unfallversicherung melden! CONBRIZA® (Bazedoxifen) Mit Bazedoxifen (CONBRIZA®) wurde eine neue Substanz zur Behandlung der post-menopausalen Osteoporose bei Frauen mit erhöhtem Frakturrisiko zugelassen. In den PN vom April haben wir über PROLIA® - einen monoklonalen Antikörper, der die Aktivität der Osteoklasten hemmt - berichtet. Bazedozifen (CONBRIZA®) gehört wie Raloxifen (EVISTA®) zur Gruppe der selektiven ÖstrogenRezeptor-Modulatoren (SERMs). (EVISERMs wirken © Pharma-News Seite 5 Nr. 86, August / September 2008 gewebe-spezifisch auf die Östrogenrezeptoren und vermindern den Knochenabbau.7,8 Bazedoxifen wurde in drei klinischen Studien untersucht, zwei waren placebokontrolliert, in der dritten wurde Bazedoxifen mit Raloxifen verglichen. Vergleichsstudien von Bazedoxifen mit Bisphosphonaten, die zur Zeit die Referenzbehandlung darstellen, fehlen noch. Die Placebo-kontrollierten Studien zeigten eine signifikante Verminderung der Häufigkeit neuer Wirbelkörperfrakturen, aber keine Wirkung auf die Häufigkeit von Osteoporose-bedingten nicht-vertebralen Frakturen.9 Ausserdem wurde eine signifikante Erhöhung der Knochendichte beobachtet, allerdings nur im Lendenwirbelbereich. Im Vergleich mit Raloxifen zeigte sich Bazedoxifen nicht überlegen. Deshalb empfehlen die Autoren der Revue Prescrire, weiterhin mit Raloxifen zu therapieren. Sie betonen ausserdem, dass SERMs nur eine Alternative zu den Bisphosphonaten darstellen - als Sekundärprävention bei Frauen, die gleichzeitig ein erhöhtes Fraktur- und Brustkrebsrisiko haben.3 CONBRIZA® wird einmal täglich eingenommen. Die Patientinnen können die Tablette zu einer beliebigen Tageszeit mit oder ohne Mahlzeit schlucken. Die am häufigsten beobachteten Nebenwirkungen des neuen SERM waren Hitzewallungen und Muskelkrämpfe. Sofern die Versorgung über die Nahrung nicht ausreichend ist, wird wie bei allen Osteoporosebehandlungen eine Nahrungsergänzung mit Calcium und/oder Vitamin D empfohlen. Die Anwendung ist kontraindiziert bei Frauen mit bestehenden oder früheren venösen thromboembolischen Erkrankungen, mit nicht abgeklärten Uterusblutungen und bei Anzeichen eines Endometriumkarzinoms. Bei Patientinnen mit schweren Nierenproblemen sollte der Arzt Bazedoxifen nur mit Vorsicht einsetzen, bei Leberproblemen gar nicht. Aufgrund der Thromboembolie-assoziierten Risikofaktoren wird empfohlen, vor und während längerer Immobilisierung - etwa nach einer Operation oder bei längerer Bettruhe CONBRIZA® abzusetzen, und die Behandlung erst nach vollständiger Wiederherstellung der Mobilität fortzuführen. CONBRIZA® - wichtig für die Beratung: 9 9 9 9 9 neuer selektiver Östrogen-Rezeptor-Modulator (SERM), ähnlich Raloxifen (EVISTA®) zur Behandlung und Prävention der post-menopausalen Osteoporose bei Frauen mit erhöhtem Frakturrisiko Alternative zu Bisphosphonaten bei gleichzeitig erhöhtem Brustkrebs- und Frakturrisiko nicht empfohlen bei Patientinnen mit thromboembolischen Ereignissen in der Anamnese. Bei längerer Immobilisierung ist die Behandlung abzusetzen. häufigste unerwünschte Wirkungen: Hitzewallungen und Muskelkrämpfe DUOPLAVIN® (Clopidogrel / Acetylsalicylsäure) DUOPLAVIN® ist das erste Kombinationspräparat aus zwei bewährten Plättchenaggregationshemmern, Clopidogrel (PLAVIX®) zu 75 mg und niedrig dosierter Acetylsalicylsäure (ASS) (ASPIRIN CARDIO®) zu 100 mg. 7 ch.ODDB.org: Open Drug Database 2011 www.emea.europa.eu: European Medecines Agency 2011 9 La Revue Prescrire 2010; 30 (n°317): p. 174 8 © Pharma-News Seite 6 Nr. 86, August / September 2008 Man unterscheidet drei offizielle Indikationen für diese Arzneimittelkombination:13 • Akutes Koronarsyndrom ohne ST-Strecken-Hebung (instabile Angina Pectoris oder Non-Q-Wave-Myokardinfarktsyndrome) • Akutes Koronarsyndrom mit ST-Strecken-Hebung bei behandelten Patienten, für die eine thrombolytische Therapie in Frage kommt • Patienten, denen bei einer perkutanen Koronarintervention ein Stent implantiert wurde Versuchen wir diese Begriffe zu verstehen. Die Blutgefässwände können durch Fett- und Kalkablagerungen geschädigt werden; es entstehen so genannte Plaques. Diese Gefässschädigung führt zu einer Minderdurchblutung der von diesen Blutgefässen versorgten Organe, z.B. des Herzens, wenn Koronargefässe betroffen sind. Man spricht von einem akuten Koronarsyndrom, wenn durch Ausbildung eines lokalen Thrombus (der entstehen kann, wenn eine dieser Plaques aufreisst und die Blutgerinnung dadurch aktiviert wird) der Blutfluss stark vermindert wird. Als Folge entwickelt sich eine instabile Angina Pectoris oder ein Myokardinfarkt. Sie unterscheiden sich durch die im EKG erkennbare Anhebung der ST-Strecke: Bei Hebung der ST-Strecke spricht man von einem ST-Hebungsinfarkt. Bei Patienten ohne eine solche STHebung muss mit Hilfe von weiteren Laboruntersuchungen zwischen instabiler Angina Pectoris und Nicht-ST-Hebungsinfarkt unterschieden werden. Die Therapie besteht in der Auflösung des Blutpfropfens durch Lysetherapie und/oder einer Erweiterung der geschädigten Blutgefässe mittels Ballonkatheter. Um eine erneute Verengung zu verhindern, wird heutzutage oft ein Stent implantiert, in Einzelfällen werden auch mit Medikamenten beschichtete Ballone verwendet.10 In allen Fällen werden Clopidogrel und ASS verabreicht. Diese Kombination hat sich als Referenzbehandlung etabliert, und es wurden viele Studien durchgeführt, die dieses Vorgehen bestätigen.11 Diskutiert wird heute nur noch die Dauer der Kombinationstherapie, die je nach Indikation sehr unterschiedlich sein kann: von vier Wochen bis zu zwölf Monaten. Auch hier möchten wir nicht ins Detail gehen, denn unsere Rolle in der Apotheke ist hauptsächlich die Förderung der Therapie-Adhärenz unserer Patienten: die Medikamente müssen unbedingt täglich eingenommen werden, um neue HerzKreislauf Ereignisse zu vermeiden.12 Im Hinblick auf eine gute Adhärenz ist das Kombinationspräparat ein Vorteil gegenüber der Einnahme von zwei getrennten Arzneimitteln. Die Kosten für DUOPLAVIN® sind jedoch 10% höher als bei der Einnahme eines Clopidogrel-Generikums und eines niedrig dosierten Aspirinpräparates. Das Blutungsrisiko unter dieser Arzneimittelkombination ist erhöht und stellt die wichtigste unerwünschte Wirkung der Therapie dar. Das Interaktionsrisiko mit Heparinpräparaten, oralen Antikoagulantien und NSAR ist daher besonders gefährlich.13 Deswegen sollten wir, z.B. im Rahmen einer Schmerzberatung in der Apotheke, nicht vergessen: Paracetamol stellt für diese Patientengruppe die sicherste Option dar. Eine andere Interaktion, die häufig diskutiert wird, ist die gleichzeitige Anwendung von Protonenpumpenhemmern (PPI) und Clopidogrel. Für die europäischen Behörden besteht ein Interaktionsrisiko zwischen 10 http://www.swissheart.ch/d/herz/krankheiten/default.htm CHEST 2008; 133 (Suppl. 6): 1-968S 12 Rev Med Suisse 2006; 2: 2684-2687 13 Compendium suisse des médicaments 2011 11 © Pharma-News Seite 7 Nr. 86, August / September 2008 Clopidogrel und Omeprazol (ANTRA® und Generika) oder Esomeprazol (NEXIUM® und Generika), aber nicht mit den anderen PPI.14 Andere Behörden, wie etwa die amerikanische FDA, sind aber der Meinung, dass es sich um einen Klasseneffekt handelt könnte. Im Zweifel sollten wir deshalb bei solchen Patienten andere OTC-Präparate bevorzugen (z.B. ein Antazidum oder ein H2-Antihistaminikum wie ZANTIC® (oder Generika). DUOPLAVIN® - wichtig für die Beratung: 9 9 9 9 9 Kombinationspräparat aus Clopidogrel und Acetylsalicylsäure, einmal täglich einzunehmen Referenzbehandlung die Förderung einer guten Therapie-Adhärenz ist wichtig erhöhtes Blutungsrisiko: Achtung mit NSAR, Paracetamol bevorzugen! Interaktion mit PPI: Vorsicht walten lassen und andere Säurehemmer wählen CICATRIDINA® (Hyaluronsäure) CICATRIDINA® ist eine Creme mit Hyaluronsäure, einem Wirkstoff, der auch in IALUGEN® Creme, in vielen befeuchtenden Augentropfen oder in RHINOGEN® Nasencreme enthalten ist. CICATRIDINA® ist nicht bei Swissmedic registriert. Hyaluronsäure ist ein körpereigener Stoff, der in hoher Konzentration in der Lederhaut, in der Synovia (Gelenkflüssigkeit), in der Glaskörperflüssigkeit und im Knorpel enthalten ist. Sie besitzt antientzündliche Eigenschaften und begünstigt die Wundheilung. Sie ist hygroskopisch, d.h. sie erhöht das Wasserbindevermögen der Haut, was sich vorteilhaft auf die Wundheilung auswirkt.15 Wir haben kein Bild von der Firma erhalten, die Packung ist aber mit dieser wunderschönen Blüte geschmückt. Da CICATRIDINA® kein Desinfektionsmittel enthält, wird die Creme zur unterstützenden Behandlung des Heilungsprozesses von Wunden empfohlen.16 Zur Erinnerung: verdächtige oder eitrige tiefe Wunden (z.B. nach Tierbiss) gehören in die Hände eines Spezialisten. Zwar ist die Wirksamkeit von Hyaluronsäure zur Unterstützung des Heilungsprozesses belegt, betreffend CICATRIDINA® haben wir aber keine Studienresultate gefunden. Aus unserer Sicht reicht die Information nicht aus, um dieses Medizinprodukt mit undeutlich deklarierter Zusammensetzung zu empfehlen, auch wenn der Preis um 40% günstiger ist als IALUGEN® (Creme oder Gaze). IALUGEN® bleibt ein Referenzpräparat neben anderen wundheilungsfördernden Behandlungen wie Hydrokolloidpflaster vom Typ VARIHESIVE® oder IALUGEN HYDRO®, Hydrofiber Verbänden vom Typ AQUACEL® oder Hydrogelen wie VITA-MERFEN® Wundheilgel (siehe Pharma-News Nr. 65, Juli 2009) oder PURILON®. 14 EMA 17.03.2010; EMA/174948/2010: "Interaction between Clopidogrel and PPI" Compendium Suisse des médicaments, Documed SA, online 2011 16 www.cicatridina.com 15 © Pharma-News Seite 8 Nr. 86, August / September 2008 CICATRIDINA® - wichtig für die Beratung: 9 9 9 9 Hyaluroncreme, ist als Medizinprodukt zur unterstützenden Behandlung des Heilungsprozesses von Wunden erhältlich die genaue Zusammensetzung ist nicht bekannt. Auch liegen keine klinischen Studienresultate vor, die Wirksamkeit ist also nicht belegt. bei der Behandlung von oberflächlichen Wunden im Offizinalltag sollte man IALUGEN®, ® ® VITA-MERFEN Wundheilgel oder ganz einfach BEPANTHEN bevorzugen tiefe, infizierte oder eitrige Wunden müssen ärztlich abgeklärt werden Wissenswertes… XEROSTOMIE Xerostomie bedeutet Mundtrockenheit; es handelt sich im Allgemeinen um eine vorübergehende Beeinträchtigung, verursacht durch eine ungenügende (oder fehlende = Asialie) Speichelsekretion. Dies kann verschiedene Ursachen haben: • • • • • gewisse Medikamente wie Antidepressiva, Anticholinergika (z.B. DITROPAN®, AKINETON®, ATRO® VENT ), Antihistaminika und systemisch angewandte Wirkstoffe zum Abschwellen der Nasenschleimhaut Rauchen, Stress und Dehydratation eine Infektion der Speicheldrüsen Strahlentherapie im Mund-Rachenbereich das Sjögren-Syndrom, welches eine permanente Mundtrockenheit zur Folge hat, häufig bei betagten Personen auftritt (1% der über 60-Jährigen) und auch Trockenheit der Augen und anderer Schleimhäute bewirken kann. Eine andauernde Mundtrockenheit führt zu Schwierigkeiten beim Sprechen, Essen und Schlucken. Wird weniger Speichel gebildet, so wird Kauen und Schlucken mühsam; harte Lebensmittel können die Mundschleimhaut aufschürfen. Da die Geschmacksknospen nur auf gelöste Nahrungsstoffe reagieren, haben Personen mit trockener Mundschleimhaut Mühe, den Geschmack der Lebensmittel wahrzunehmen. Eine Xerostomie kann auch den Geruchssinn beeinträchtigen. Zudem kann die Mundtrockenheit auch negative Folgen für die Zähne und die Mundschleimhaut haben: Neben der Befeuchtung der Schleimhaut dient der Speichel auch dem Wegspülen von Nahrungspartikeln und Bakterien aus der Mundhöhle und übt dadurch eine antiseptische Wirkung aus. Ein eingeschränkter Speichelfluss begünstigt daher eine Anhäufung von Keimen und folglich das Auftreten von Karies oder von Affektionen des Zahnfleischs, z.B. Aphthen (s. letzte PN). Behandlung und Prophylaxe Eine temporäre Mundtrockenheit verschwindet im Allgemeinen dann, wenn die zugrunde liegende Infektion abgeheilt ist oder das verursachende Medikament abgesetzt wird. © Pharma-News Seite 9 Nr. 86, August / September 2008 Xerostomie kann auch eine unerwünschte Wirkung zu Beginn einer Therapie sein und im Laufe der Behandlung abklingen. Ist sie krankheitsbedingt (z.B. Stress), so wird die Behandlung der Grundkrankheit die Symptome lindern. Empfohlen wird, regelmässig kleine Flüssigkeitsmengen zu trinken, zuckerfreie Bonbons, kleine Eiswürfel oder Trockenfrüchte zu lutschen oder eine Mundspülung anzuwenden. Auch die Befeuchtung der Mundschleimhaut mit einer Natriumbicarbonat- oder Natriumchloridlösung kann die Symptome mildern. Alkoholische Lösungen hingegen müssen wegen ihres Schleimhaut-austrocknenden Effekts gemieden werden. Der Einsatz eines Luftbefeuchters in der Nacht kann ebenfalls nützlich sein. Vom Rauchen und von sauren Getränken wird abgeraten. Personen mit Xerostomie müssen die Zähne regelmässig mit einer fluorhaltigen Zahnpasta reinigen und danach den Mund gut spülen, da auch Zahnpasta die Schleimhaut austrocknet. Sie können zur Kariesprophylaxe auch eine alkoholfreie, fluorierte Spüllösung wie ELMEX® oder MERIDOL® anwenden. Gegen geschwollene und schmerzende Speicheldrüsen helfen Analgetika. Lässt sich die Xerostomie mit nicht-medikamentösen Massnahmen nicht unter Kontrolle bringen, muss ein Arzt konsultiert werden (HNO- oder Zahnarzt). Die Anwendung von künstlichem Speichel in Sprayform lindert die Symptome: z.B. GLANDOSANE® Spray mit Mineralsalzen und Carboxymethylcellulose, der auch bei intubierten Patienten Verwendung findet. Auf dem Markt finden sich auch Medikamente, die die Speicheldrüsen systemisch anregen: SALAGEN® (Liste B, enthält Pilocarpin) und SULFARLEM S 25® (Liste C, enthält Anetholtrithion).17 XEROSTOMIE - wichtig für die Beratung: 9 9 9 9 9 9 medizinische Bezeichnung einer Mundtrockenheit durch ungenügende Speichelsekretion verursacht durch Medikamente, altersbedingte Krankheiten, Dysfunktion der Speicheldrüsen, Tabak, Dehydratation, Strahlentherapie kann Karies, Läsionen von Mundschleimhaut und Zahnfleisch und Schluckprobleme zur Folge haben Beratung: korrekte Mundhygiene, Lutschen von zuckerfreien Bonbons oder Eiswürfeln, oft trinken, nicht rauchen und saure Getränke (z.B. Fruchtsäfte, Cola) meiden keine alkoholischen Mundspülungen (HEXTRIL®, DROSSADIN®, BUCCO-TANTUM® etc.) Behandlung: Spray mit künstlichem Speichel (GLANDOSANE®) und Tabletten, die die Speichelproduktion steigern (SALAGEN® und SULFARLEM S 25®) TIERBISSE In der Schweiz beherbergen 26% der Haushalte eine Katze, 13% einen Hund, 8% ein kleines Nagetier, 7% Fische, 6% Kaninchen und 4% Vögel.18 Diese Haustiere können zahlreiche, eher seltene Krankheiten (sog. Zoonosen) übertragen, teilweise aber auch zubeissen. In diesem Artikel werden einzig die Tierbisse besprochen, die das Hauptrisiko für Infektionen durch Kontakt mit unseren tierischen Freunden darstellen. 17 Arzneimittel-Kompendium der Schweiz, Documed AG, online 2011 18 Rev Med Suisse 2009; 5: 1985-90 © Pharma-News Seite 10 Nr. 86, August / September 2008 Tierbisse machen in den USA ca. 1% der Notfallkonsultationen aus.19 Obwohl sie ein hohes Risiko für bakterielle Sekundärinfektionen aufweisen, werden sie oft auf die leichte Schulter genommen. Am häufigsten involviert sind Hunde (76%) und Katzen (14%), gefolgt von Schlangen, Ratten, Füchsen und Kälbern. Kinder sind besonders exponiert für Bisse im Gesicht und am Hals, während Erwachsene häufiger in die Gliedmassen, vor allem in die Hände gebissen werden.20 In der Schweiz wurden 2006 über 3000 Hundebisse an Menschen gezählt.21 Bakterielle Sekundärinfektionen Am häufigsten beteiligte Bakterien:21 Infektionen nach Tierbissen werden durch eine Pasteurella in über 50% der Katzen- und Hundebissen Keimübertragung aus dem Tierspeichel, selteStaphylo- und Streptokokken in 40% der Katzenner aus der Darmflora des Gebissenen verur- und Hundebissen 20.21 sacht. Capnocytophage canimorsus: Keim aus der Mundflora des Hundes und manchmal auch der Während bei Hundebissen meist Gewebe Katze, der fulminante, evt. tödliche Infektionen zerfetzt, zerquetscht oder gar nekrotisiert wird, verursachen kann. Infektionen mit diesem führen Katzenbisse im Allgemeinen zu punktBakterium treten vor allem bei Alkoholikern und förmigen, tiefen Wunden, die Knochen und Immun-supprimierten auf.21,22 20 Gelenkkapsel erreichen können. Obschon diese Bisse zunächst geringeren Schaden anrichten als die der Hunde, infizieren sie sich wegen ihrer Tiefe häufiger: ca. 80% Infektionen nach einem Katzen- gegenüber 5-20% nach einem Hundebiss.19,21,22 Die ersten Zeichen einer Infektion (Wärme, Schmerz, Rötung) sind durchschnittlich 24 Stunden nach einem Hunde- und 12 Stunden nach einem Katzenbiss erkennbar. 20.21 Die Infektion bleibt meist lokal, sie kann aber in seltenen Fällen systemisch werden und zu einer Sepsis, Meningitis, Endokarditis, etc. führen.20 Infektionen nach einer Bissverletzung treten häufiger auf bei Diabetes, vaskulärer Insuffizienz, Immunsuppression, Splenektomie (Milzentfernung) und bei Betagten.20,22 Mögliche Infektionen21 - 23 Die Katzenkratzkrankheit (benigne Inokulations-Lymphoretikulose) ist eine Infektion, die hauptsächlich mit dem Speichel der Katzen, manchmal auch der Hunde, übertragen wird. Sie äussert sich meist durch erythematöse Papeln am Ort der Inokulation innert 3-15 Tagen nach dem Biss, gefolgt von einer lokalen Entzündung der Lymphknoten, die mehrere Monate andauern kann.20 Auch Fieber, allgemeines Unwohlsein und Kopfschmerzen können auftreten. Die Infektion heilt meist spontan ab und erfordert in der Regel keine Antibiotikatherapie.20 - - - Mit der Leptospirose steckt man sich in direktem Kontakt mit Wild- oder Haustieren, in erster Linie Nagern an. Sie kann mit Urin, Blut oder Sekreten (Speichel) der infizierten Tiere übertragen werden. Das Bakterium dringt durch intakte Schleimhäute oder verwundete Haut ein und verbreitet sich über die Blutbahn. Die Erkrankung verläuft meist in zwei Phasen: Fieber, Kopfschmerzen, Myalgie Intensive Kopfschmerzen und Bauchschmerzen - In 10% der Fälle entwickelt sich die Krankheit zu einer schweren Form mit Nierenund Leberinsuffizienz.21 19 pharmaDigest, pharmaSuisse; Tier- und Menschenbisse: allgemeine Massnahmen, 16.5.2011 La Revue Prescrire 2011; 31 (329): 194-199 21 Rev Med Suisse 2008; 4: 2149-2155 22 www.cbip.be, folia, 2003: Prise en charge des morsures de chat ou de chien 23 http://www.doctissimo.fr 20 © Pharma-News Seite 11 Nr. 86, August / September 2008 - - Das Rattenbissfieber (rat-bite fever) wird meist, wie der Name sagt, durch Rattenbisse übertragen. Symptome wie fiebriger Zustand, Kopfschmerzen, Erbrechen, Muskel- und Gelenkschmerzen treten nach Abheilung der Wunde auf. Später kommt es zu Hauteruptionen auf den Handflächen und Fusssohlen. Das Fieber kann während Wochen oder sogar Monaten rezidivieren. Ohne Antibiotikatherapie kann es zu Komplikationen kommen (Pneumonie, Endokarditis, Pyelonephritis, etc.).21 Hündische Statistik…23 Die meisten Hundebisse sind gutartig, gewisse aber, vor allem wegen ästhetischer Folgen im Gesicht, äusserst schwerwiegend - und das Gesicht ist in 75-85% der Fälle beteiligt. Mehr als 50% aller Bisse betreffen Kinder und Jugendliche zwischen bis 18 Jahren; deutlich häufiger werden Knaben gebissen. In 39% der Fälle gehört der Hund dem Nachbarn, in 12% den Eltern, in 18% einem andern Familienmitglied und nur in 31% einem fremden Halter. Über 60% der Bisse betreffen Kinder, die das Tier und seine Gewohnheiten und Reaktionen nicht kennen. Gebissen wird meistens auf dem heimischen Territorium oder in dessen unmittelbarer Nähe. Die Pest ist immer noch stark verbreitet in Asien und Afrika. Sie wird übertragen durch Floh- oder Lausstiche, Bisse infizierter Wild- oder Haustiere oder durch Kontakt mit kranken Tieren oder deren Ausscheidungen.24 Der Kranke hat Fieber und geschwollene und schmerzhafte Lymphknoten. Die Infektion kann sich zu einer Pneumonie, einer Meningitis oder einer Sepsis entwickeln. Ohne Antibiotikatherapie beträgt die Mortalität 50%.21 Allgemeine Grundsätze bei der Behandlung von Tierbissen20,21 Bei der Behandlung von Bisswunden sollten die allgemeinen Grundsätze für verschmutzte Wunden eingehalten werden: - sofortiges, reichliches und lang andauerndes Auswaschen der Wunde und des benachbarten Gewebes mit viel Wasser und Seife; die sofortige Reinigung scheint das Infektionsrisiko zu senken. Manchmal ist eine chirurgische Reinigung der Wunde mit Ablösen des nekrotischen Gewebes nötig. - Applikation eines iodhaltigen Desinfektionsmittels - Untersuchung auf eventuelle Verletzungen von Nerven oder Sehnen - nähen, wenn nötig - Tetanus-Booster, wenn die letzte Auffrisch-Impfung mehr als fünf Jahre zurückliegt. Bei unvollständigem oder unbekanntem Tetanus-Schutz: Immunglobuline (Antikörper) und sobald als möglich (ohne Zeitlimite) Vervollständigung der Tetanusimpfung.20,21,22,25 - Tollwutimpfung bei Biss durch ein unbekanntes Tier oder durch eines, das sich in den letzten zwölf Monaten in einem tollwutverseuchten Gebiet aufgehalten hat, zudem bei Bissen von Fledermäusen oder deren Anwesenheit in einem Zimmer während des Schlafs. Der Hund ist ein Wirt und ein wichtiger Vektor für das Tollwutvirus. Obwohl die Tollwut seit 1996 in der Schweiz als ausgerottet gilt, kann sie durch Hunde, die aus endemischen Gebieten importiert wurden, übertragen werden. Wachsamkeit ist also weiterhin angebracht! 20,21,22 präventive oder kurative Antibiotikatherapie, wenn nötig.20,22 Antibiotikatherapie Eine systematische prophylaktische Antibiotikatherapie ist bei Biss- und Kratzwunden nicht indiziert. Die Durchführung einer Antibiotikatherapie hängt ab von der Art der Wunde (punktförmig), ihrer Lokalisation (Hände, Füsse, Gesicht) und vom Zeitpunkt des Behandlungsbeginns (nach über acht Stunden).20,22 Sie wird empfohlen bei Bisswunden im 24 25 www.bag.admin.ch www.infovac.ch © Pharma-News Seite 12 Nr. 86, August / September 2008 Bereich von Gelenken, Sehnen, Bändern, etc. und auch bei Risikopatienten. Über die Therapiedauer besteht kein Konsens.20 Die bei Bisswunden üblicherweise eingesetzten Antibiotika sind Amoxicillin + Clavulansäure (AUGMENTIN® und Generika), Ciprofloxacin (CIPROXIN® und Generika) und Doxycyclin (VIBRAMYCIN® und Generika).19 AUGMENTIN® und seine Generika sind Therapie der ersten Wahl. TIERBISSE - wichtig für die Beratung: 9 9 9 9 9 9 eine Infektion tritt ca. 24 h nach einem Hunde- und 12 h nach einem Katzenbiss auf das Infektionsrisiko ist erhöht bei Diabetes, Splenektomie, Leberzirrhose und Immunsupprimierung 80% Infektionen nach Katzen-, 5-20% nach Hundebiss die Behandlung einer Bisswunde besteht in einem sofortigen Auswaschen mit viel Wasser und Seife, gefolgt von einer Desinfektion für die Fortsetzung der Behandlung wird ein Arztbesuch empfohlen: Tetanusimpfung, möglicherweise Nähen und/oder Antibiotikatherapie AUGMENTIN® und Generika sind die Antibiotika der ersten Wahl BLASEN AN DEN FÜSSEN Die Freude am Gehen (siehe letzte PN)…wird leider manchmal durch Blasen an den Füssen getrübt. Wer hat nicht schon mal diese Erfahrung gemacht, bei der früher oder später immer die gleiche Frage auftaucht: soll die Blase aufgestochen werden oder nicht? Was spricht nun eigentlich dafür und was dagegen? Eine Hautblase oder Bulla ist eine kleine mit Flüssigkeit gefüllte Tasche in den oberen Hautschichten. An den Füssen entsteht die Läsion der Epidermis, die die Blase bildet, z.B. durch Reiben der Haut in den Schuhen. Die mechanische Reibung lässt einen Zwischenraum zwischen der obersten und den tieferen Hautschichten entstehen, der sich mit Serum füllt und die Epidermis unter Bildung einer Blase anhebt. Die Ansammlung von Flüssigkeit schützt das darunter liegende Gewebe und ermöglicht eine Abheilung der Läsion. Nach und nach resorbiert der Organismus diese Flüssigkeit, die oberste Hautschicht trocknet aus und fällt schliesslich ab. Bis zur vollständigen Abheilung muss mit drei bis sieben Tagen gerechnet werden.26 Die durch Reibung entstandene Blase ist in jeder Hinsicht mit einer Verbrennung zweiten Grades zu vergleichen.27 Die meisten Blasen sind mit Serum (klarer Flüssigkeit) gefüllt und kaum oder nicht schmerzhaft. Sie können aber auch Blut enthalten und schmerzen. Infiziert 26 27 CKS (clinical knowledge summary) «blister» Probst et al.: Wundmanagement, ein illustrierter Leitfaden für Ärzte und Apotheker, WVG, 2.Aufl. 2010 © Pharma-News Seite 13 Nr. 86, August / September 2008 sich die Blase, füllt sie sich mit Eiter von gelblicher bis grünlicher Färbung. Eine vereiterte Blase schmerzt bei Berührung. Der Schmerz kann gelindert werden durch Auflegen von Eis während 10-30 Minuten; wegen Erfrierungsgefahr muss darauf geachtet werden, dass das Eis nicht in direkten Kontakt mit der Haut kommt.26 Die Haut rund um eine infizierte Blase kann rot, heiss und schmerzend sein. Wenn sich auf der Haut eine rote, von der Wunde ausgehende Linie zeigt (rote Linie in Richtung eines Lymphknotens), so muss notfallmässig ein Arzt konsultiert werden, um mit einer sofort einsetzenden systemischen Antibiotikatherapie eine Sepsis zu verhindern.26 In den meisten Fällen heilen Blasen an den Füssen ohne spezifische Behandlung von selber ab. Eine intakte Blase bildet einen idealen natürlichen, sterilen und feuchten Verband, unter dem die Läsion in kürzester Zeit vernarbt.28 Die unverletzte Epidermis über der Blase stellt zudem eine natürliche Barriere gegen Infektionen dar: also Blase nie aufstechen, sondern spontan austrocknen und sich ablösen lassen, wenn die Haut darunter wieder heil ist. 26,28 In einem einzigen Fall wird empfohlen, die Blase mit einer sterilen Nadel aufzustechen: sehr grosse Blasen mit einer starken Spannung auf die Epidermis, die zu zerreissen droht.28 Im Normalfall genügt bei kleinen Blasen die Abdeckung mit einem üblichen Schnellverband, bei grösseren mit einer Gazekompresse oder einem andern, leicht zu fixierenden Wundverband.26 Eine wietere Behandlungsmöglichkeit ist das Aufkleben dünner Hydrokolloid-Pflaster wie COMPEED® oder DERMAPLAST® hydro, die wegen ihrer passenden Grösse und ihrer abgeflachten Ränder, die eine bessere Haftung ermöglichen, sehr praktisch sind. Der erste Wechsel eines Hydrokolloids erfolgt nach zwei bis drei Tagen; bei guter Haftung (kann verstärkt werden durch Erwärmen in der Hand vor dem Aufkleben) kann es bis zu sieben Tage auf der Haut belassen werden. Die Pflaster haften auch unter der Dusche und müssen daher nicht wasserdicht abgedeckt werden.28 Reissen Blasen von selber auf, darf die sie überziehende Haut auf keinen Fall abgetrennt werden. Nach dem Ausfliessen der Flüssigkeit wird die Blase und ihre Umgebung bis zur Abheilung zum Schutz gegen eine Infektion mit einer trockenen, wenn möglich sterilen Kompresse abgedeckt.26 Auch auf eine aufgerissene Blase darf ein Hydrokolloid geklebt werden.28 Der Farbstoff Eosin wurde früher häufig zum Austrocknen aufgerissener Blasen eingesetzt; dieses Vorgehen ist absolut obsolet.28 Die Behandlung mit Blut gefüllter Blasen ist identisch. Was kann zur Verhütung von Blasen an den Füssen unternommen werden? Bequeme, gut passende Schuhe und frische Socken tragen! Da sich Blasen leichter auf feuchter und warmer Haut bilden, kann durch das Tragen von Feuchtigkeits-absorbierenden Socken ein wenig verhindert werden, dass die Füsse schwitzen. Auch das Wechseln der Socken zweimal täglich kann für trockene Füsse sorgen.26 Bildet sich auf einer langen Wanderung trotz gut „eingelaufener“ Schuhe eine Blase, so muss bei den ersten Anzeichen reagiert werden: ein Polster als Schutz vor Reibung anbringen,26 oder ein dünnes Hydrokolloid resp. einen Schutzfilm (Typ OPSITE®, HYDROFILM®) aufkleben.28 © Pharma-News Seite 14 Nr. 86, August / September 2008 BLASEN AN DEN FÜSSEN - wichtig für die Beratung: 9 9 9 9 9 9 Blasen nie aufstechen! Vorsicht bei Rötung der Blasenumgebung und Auftreten einer roten Linie: SepsisRisiko, medizinischer Rat unabdingbar! schützen mit Kompresse (jeden Tag wechseln) oder feinem Hydrokolloid (bis sieben Tage kleben lassen) kein Eosin verwenden Prävention durch Tragen bequemer Schuhe und Socken, Schwitzen an den Füssen verhindern bei den ersten Druckanzeichen Schutz der Haut durch Pflaster, Hydrokolloid oder Folie In Kürze MAGNESIUM DIASPORAL ACTIV®: ein Placebo unter vielen! Ein „neues“ MAGNESIUM DIASPORAL® mit 250 oder 375 mg Magnesium pro Brausetablette oder Sachet ist im Handel. Zum Vergleich: die Version Liste B enthält 300 mg pro Sachet. Die neue Variante ist als Nahrungsergänzung registriert (Verkauf in allen Geschäften!), ohne Angabe einer Indikation. Da auf der Werbung Waden abgebildet sind, kann angenommen werden, dass das Produkt gegen Krämpfe, vor allem der Waden, empfohlen wird. Obwohl Magnesium gewöhnlich in dieser Indikation verwendet wird, wurde seine Wirksamkeit nie belegt. Einzig Chinin zeigt erwiesenermassen eine Wirkung in dieser Indikation, die übrigen eingesetzten Medikamente haben alle einen Placeboeffekt.29 Zur Erinnerung: Magnesiumsalze sind nicht frei von UAW (Durchfall und Bauchschmerzen).30 Zögern Sie daher nicht, ein anderes Placebo zu empfehlen! 29 30 Rev Med Suisse 2006; 2 (74): 1787-1791 Rev Prescrire 2011, 31 (331): 342 © Pharma-News Seite 15 Nr. 86, August / September 2008 GASTROPANT MEPHA®: wirkt tagsüber und nachts… wie alle PPI! Eine weitere OTC-Spezialität mit 20 mg Pantoprazol ist neben PANTOZOL CONTROL® auf dem Markt. Es handelt sich um die halbe Standarddosis dieses Protonenpumpenhemmers (PPI), indiziert zur kurzzeitigen Therapie gastro-ösophagealer Refluxsymptome beim Erwachsenen (s. PN Nr. 72, April 2010). Wie schon mehrmals erwähnt, zeigt kein PPI eine stärkere Wirksamkeit als die andern: GASTROPANT MEPHA® wirkt dementsprechend tagsüber und nachts, wie alle andern rezeptpflichtigen oder OTC-PPI: z.B. PANTOZOL CONTROL®, OMED® ANTACID oder ANTRAPRO® (Omeprazol). NIASPAN®: gibt es nicht mehr Die Firma Abbott hat kürzlich angekündigt, dass sie „auf Grund von Veränderungen in der Produktion“ auf den Vertrieb von NIASPAN® verzichtet. In der Schweiz ist demzufolge kein Nikotinsäure-Monopräparat mehr erhältlich. Der Wirkstoff wird bei Hypercholesterinämie eingesetzt und wirkt einzig über eine Erhöhung der HDL-Werte („gutes Cholesterin“). Eine der häufigsten UAW unter dieser Substanz ist ein Flush: gutartige, aber unangenehme Hautrötung bei 80% der Patienten. In der Schweiz ist Nikotinsäure nur noch in TREDAPTIVE® enthalten, neben Laropiprant, einer Substanz, die eben diese Flush-Reaktion hemmen soll (s. PN Nr. 68, November 2009). IRFEN DOLO L®: schneller (?) Nach ALGIFOR-L® nun IRFEN DOLO® L, das ebenfalls Ibuprofenlysinat enthält, ein Salz, mit dem die maximale Ibuprofen-Serumkonzentration schneller erreicht wird. Wie immer hätten wir lieber klinische als pharmakokinetische Daten: äussert sich dies wirklich in einer schneller eintretenden Schmerzlinderung? Wetten, dass diese neue Form trotzdem das „klassische“ IRFEN® oder IPROBEN® verdrängen wird, wie schon ALGIFOR-L® das ALGIFOR® ausgestochen hat? Anmerkung des Herausgebers Die Empfehlungen in Pharma-News geben die Meinung der Autoren auf Grund der bei Redaktionsschluss vorhandenen Daten wieder. Der CAP trägt dafür keinerlei Verantwortung. © Pharma-News Seite 16 Nr. 86, August / September 2008 Resultate des Lesetests der PN 82 - die Gewinnerinnen: Fehlerfrei! Froidevaux Chantal Schaller Elise Caroli Isabella Pharmacie du Tilleul Pharmacie du Tilleul Pharmacieplus de Bramois SA Einer oder zwei entschuldigte Fehler! Fioritto Priscille Pharmacie Schneeberger Humair Valérie Pharmacie Schneeberger Fournier Nathalie Pharmacie de Nendaz Zufferey Olivia Pharmacieplus de Bramois SA Pillonel Aline Pharmacieplus du Camus SA Pedretti Valérie Officine de Moillesulaz Schneider Evelyne Pharmacie du Tilleul Peguiron Nicole Pharmacie de la Vallombreuse Trepier Patricia Pharmacieplus Tobagi Nicoulaz Michelle Pharmacie des Montagnes Jaha Suzana Pharmacie Amavita Gare Bessire Laura Pharmacie Milliet Gare Straub Emilie Pharmacie Amavita Gland Jacot Valérie Pharmacie de Bière-Capitole Pierre Sandra Pharmacie D’Herborence Sàrl Modolo Sonia Pharmacie Plus Centrale Boson Gaëlle Pharmacie de Nendaz Lanthmann Lucie Alpha Pharmacie Borer Barbara Apotheke im Wydehof Delémont Delémont Bramois Tramelan Tramelan Nendaz Bramois Estavayer-le-Lac Thônex Delémont Prilly Colombier La Chaux-de-Fonds Lausanne Porrentruy Gland Bière Boudry Fleurier Nendaz Payerne Breitenbach Als Gewinnerin des Bons über 100.- (Ochsner Sport, Ikea, FNAC oder Manor) wurde Barbara Borer ausgelost. Ein grosses Bravo an sie und an alle, die den Test gemacht haben! © Pharma-News Seite 17 Nr. 86, August / September 2008 LESETEST Pharma-News Nr. 85 Horizontal 2. kleines Schalentier, Grundnahrungsmittel der Wale 5. Anzahl Minuten der täglich empfohlenen körperlichen Aktivität 8. Krankheit, die vor einer Empfehlung von ® PADMA DIGESTIN ausgeschlossen werden muss 10. unter ihrer Einwirkung bildet unsere Haut Vitamin D 11. Name des Konservans, das Benzalkonium in TRAVATAN® ersetzt 12. flüssige Form von Oxycodon, angewendet als Reservedosen 14. Opioid der Stufe III, teurer als und ohne Vorteile gegenüber Morphin 16. der Wirkstoff dieser Injektion ist Paliperidonpalmitat 18. sein Wirkmechanismus erklärt sich durch die Bildung eines Schutzfilms auf der Nasenschleimhaut 19. Spezialität, deren Zusammensetzung praktisch identisch ist mit der von ® TENDERDOL GEL 20. Ulzerationen in der Mundhöhle, die mit ® TENDERDOL Patch behandelt werden können © Pharma-News Vertikal 1. 400 g dieses Nahrungsmittels decken unseren täglichen Calciumbedarf 3. Besonderheit des TENDERDOL® Patch 4. Haupindikation in der Prävention der Calcium-Supplementierung 6. was mit der Flasche vor der Instillation von PREVALIN® gemacht werden muss 7. das Risiko für sein Auftreten wird unter anderem durch genügende physische Aktivität reduziert 9. nasales Kortikoid, jetzt in einer rezeptfreien Form verfügbar 13. Spezialität aus einer 2.3%-igen Salzlösung 15. eine des Omega-3-Fettsäuren, die im KrillÖl enthalten sind 17. Typ Aktivität, die als sehr intensive Anstrengung angeschaut wird Seite 18 Nr. 86, August / September 2008 ANAGRAMME: alle Wörter stammen aus Artikeln der PN Nr. 85 AVANTRAT POLINEX VAGINE DENIOPIO KRAVILLON STEDIGIN TROCASAN INJUSTAR MORTIER CICLUMA MORONYX CRONDIMIA REPLINVA DODLERENT NEPHATH Senden Sie einen Test pro Pharma-Assistentin per Fax an 022 363 00 85 vor dem 25.9.2011 Name Vorname Unterschrift Stempel der Apotheke © Pharma-News Seite 19 Nr. 86, August / September 2008