Kreuz & Quer Der Podcast aus dem Bistum Trier Judith Rupp – 27. Februar 2016 altfried g. rempe Frag deinen Abgeordneten… Ich bin Judith Rupp von der Bischöflichen Pressestelle Trier. Neben vielen anderen ist mir eine Nachricht aus dem politischen Bereich, die ich neulich gehört habe, im Gedächtnis geblieben: In ganz Europa laufen den politischen Parteien die Mitglieder weg – und zwar massiv. Allein in Deutschland haben SPD und CDU seit 1990 gut die Hälfte ihrer Mitglieder verloren. Eine Politikwissenschaftlerin schreibt in einem Aufsatz für die London School of Economics, zu Beginn des 21. Jahrhunderts hätten die politischen Parteien Europas "die Fähigkeit verloren, die Bürger einzubinden". In den EU-Staaten seien 2009 im Schnitt nur 4,7 Prozent der Wahlberechtigten in einer Partei gewesen. Aktuell, so hieß es in der Meldung, sei auch in Deutschland der Anteil der Parteimitglieder an den Wahlberechtigten unter die Zwei-Prozent-Grenze gerutscht. Ist also die oft zitierte Politikverdrossenheit vielmehr eine Parteienverdrossenheit? Denn ein mangelndes Interesse an politischen Themen kann ich zumindest derzeit nicht ausmachen. Da gehen Leute auf die Straßen wegen der Flüchtlingspolitik, da engagieren sich Frauen, Männer und Verbände gegen Abkommen wie TTIP, und wenn der Bundestag über ein Gesetz zur Sterbehilfe abstimmt, gehen dem intensive öffentliche Debatten voraus. Woran also liegt es, dass die Menschen sich durch die politischen Parteien offenbar nicht mehr so richtig vertreten fühlen? Ich habe mir diese Frage mit Blick auf die Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz gestellt. Bei mir zumindest liegt es zum Teil daran, dass ich gar nicht so recht weiß, wofür denn die Parteien bei bestimmten Themen stehen. Klar, beim derzeit vorherrschenden Thema Flüchtlingspolitik sind die Positionen weitgehend bekannt. Aber wie sieht es mit der inneren Sicherheit aus, Netzpolitik, Umweltschutz, Wirtschafts- oder Entwicklungspolitik? Ich muss recherchieren, muss nachforschen, um für mich zu entscheiden, wem ich meine Stimme gebe. Ich kann das in den Medien tun oder ich kann die Parteiprogramme lesen. Und jetzt gibt es noch eine weitere Möglichkeit: Das Online-Portal abgeordnetenwatch.de ist freigeschaltet. Alle 341 Direktkandidatinnen und-kandidaten sind dort mit einer Profilseite veröffentlicht, und man kann ihnen Fragen zu allen möglichen Themen stellen. Die Fragen und die Antworten werden veröffentlicht. Ich finde, das ist eine gute „Kreuz & Quer“ – 27.02.2016 – Seite 2 Möglichkeit herauszufinden, wofür die Politikerinnen und Politiker stehen. Durch gezielte Fragen erfahre ich etwas über ihre Vorstellungen und Haltungen – und wenn sie auf Fragen gar nicht antworten, sagt das ja auch etwas aus. Ich hoffe, die offensichtliche Parteienverdrossenheit hat keine Auswirkungen auf die Beteiligung an der Landtagswahl. Es bleiben noch einige Tage, sich gut zu informieren – und dann wählen zu gehen. Übrigens: Abgeordnetenwatch.de hat nicht nur Rheinland-Pfalz im Blick, sondern auch viele andere Landesparlamente und die Bundestags- und Europaabgeordneten.