Dynamik von infektiösen Krankheiten: Epidemiemodelle und AIDS

Werbung
Dynamik von infektiösen Krankheiten:
Epidemiemodelle und AIDS - Teil 3
Daniela Niedzwiedz
22. Januar 2013
Quelle: J. D. Murray: Mathematical Biology: I. An Introduction, Third Edition, Springer
Dynamik von infektiösen Krankheiten:
Epidemiemodelle und AIDS - Teil 3
1
Ziele des Vortrags
2
Fadenwürmer
3
Das Experiment
4
Zusammenfassung experimenteller Beobachtungen
Die Modelle
5
- Modell 1: proteinarme Nahrung
- Modell 2: proteinhaltige Nahrung
6
Die Epidemiemodelle
- altersabhängiges Modell
- altersunabhängiges Modell
7
Fazit
Ziele des Vortrags
• Modell, welches das Auftreten einer Immunreaktion des
Wirts gegen den gastrointestinalen Parasiten darstellt
a) Modell 1: proteinarme Nahrung (LPM)
b) Modell 2: proteinhaltige Nahrung (HPM)
• Altersabhängige Epidemiemodelle - Der Schwellwert
• Altersunabhängige Epidemiemodelle - Die
Schwellwertanalyse
Fadenwürmer
a) Vorkommen/Lebensweise
• Kleine, weiße bis farblose, fädige Würmchen, die in
feuchten Medien leben
• Kommen fst überall vor: Meer, Süßwasser und in
terrestrischen Biotopen
• Viele parasitische Arten, sowohl in Pflanzen, als auch in
Tieren, einschließlich des Menschen
• Spulwurm
• Hakenwurm
• Peitschenwurm
b) Infektion des Wirtes
• Durch die Nahrungsaufnahme von rohem Fleisch (Larven)
• Durch fäkal verunreinigte Lebensmittel (Wurmeier)
• Durch aktives Eindringen von Larven
Das Experiment
• 2 Gruppen à 120 Mäuse
a) 2 % Proteine
b) 8 % Proteine
• 2 Gruppen werden in jeweils 4 Gruppen 4 à 30 Mäuse
unterteilt und mit Larven infiziert
i)
ii)
iii)
iv)
Gruppe a): 5 Larven/Maus/2 Wochen
Gruppe b): 10 Larven/Maus/2 Wochen
Gruppe c): 20 Larven/Maus/2 Wochen
Gruppe d): 40 Larven/Maus/2 Wochen
⇒ 8 Gruppen à 30 Mäuse - unterschiedliche Infektionsrate,
unterschiedliche Proteindiät
Das Experiment
• Proteinentzug verschlechtert die Immunabwehr
• Vergleich unter unterschiedlichen Bedingungen
• interessant: zeitliche Veränderung der Wurmlast - Anzahl
der Würmer/Anzahl der Wirte
• Mäuse werden alle 2 Wochen untersucht
Erste Ergebnisse
Abbildung : Quelle: J. D. Murray (2002): Mathematical Biology: I. An
Introduction, Third Edition, Springer, S. 352
Erste Ergebnisse
Abbildung : Quelle: J. D. Murray (2002): Mathematical Biology: I. An
Introduction, Third Edition, Springer, S. 352
Erste Ergebnisse
Abbildung : Quelle: J. D. Murray (2002): Mathematical Biology: I. An
Introduction, Third Edition, Springer, S. 354
Zusammenfassung experimenteller Beobachtungen
A1 Parasiten gelangen über Nahrungsaufnahme in
den Wirt, wachsen im Verdauungskanal zu
Würmern heran
A2 Verzögerungen der Immunantwort auf Grund der
Erinnerungszeit müssen in den Modellen
enthalten sein
B1 Stärke der Immunabwehr ist abhängig von der
Ernährung
B2 Schwellwert des Immunsystems
B3 Immunreaktion steigt bis zu einem maximalen
Grad an, danach nicht mehr.
C Immunreaktionen durchlaufen unterschiedliche
Stadien
Das Modell
Schritt 1: Das Immunsystem
Z
t
E=
L t 0 dt 0
t−T
• L (t) =Anzahl der Larven beim Wirt zur Zeit t mit
Zeitspanne T (Erinnerungszeit).
• E ist also ein Maß dafür, wieviele Larven im Intervall
[t − T , t] vorhanden sind.
Das Modell
Schritt 2: Aktivität des Immunsystems
I ≡ Iαβ (E) =
αE 2
β + E2
• E wie zuvor
• α = maximale Aktivität des Immunsystems
• β = Maß der Empfindlichkeit des Immunsystems
Das Modell
Schritt 3: Vervollständigung der Gleichung
• Die Aktivität des Immunsystems führt zu einer Erhöhung
der Sterberate ((C))
• Somit muss ein Verlustterm für die Wurmlast M (t) in die
Gleichung eingefügt werden
−IM (t) < 0
wobei I die Stärke der Immunreaktion angibt.
Modell der Populationsdynamik - Analyse
Modell 1
• Gruppe von Mäusen, welche mit proteinarmer Nahrung
gefüttert wurde (LPG)
• 2 Kategorien
a) Larven in der Darmwand
b) ausgewachsene Würmer im Lumen
• Anzahl der Larven wird modelliert
dL
= λi − µDL
dt
• wobei λi = 1, 2, 3, 4 die Infektionsraten (5,10,20,40)
ausdrückt.
• D1 = CL Proportion der Larven, welche sich in einer
Verweilzeit tL hier ausgedrückt durch µ1 , hin zu
ausgewachsenen Würmern entwickeln.
Modell 1
Für den von uns untersuchten Parasiten ergibt sich
• tL = µ1 ≈ 8Tage
• CL = 0.64
• Verlustrate pro Wirt:
µD ≈ 0.195/Tag
• effektive Lebenszeit
1
≈ 5.12 Tage
(µD)
• natürliche Sterberate
µ0 = µ (D − 1) ≈ 0.07/Tag
Modell 1
Also kann die Wurmlast M der ausgewachsenen Würmer als
dM
= µL − δM
dt
modelliert werden. Man schätzt
δ = 5.6 · 10−3 /Tag
und es folgt, dass die Lebenszeit eines ausgewachsenen
Wurms ca 25 Wochen beträgt.
Modell 1
Mit den Anfangsbedingungen L (0) = M (0) = 0 ergibt sich
L (t) =
M (t) =
λi 1 − e−µDt
µD
λi −1 δ
1 − e−δ + (µD − δ)−1 e−µDt − e−δt
D
Modell 1
Abbildung : Quelle: J. D. Murray (2002): Mathematical Biology: I. An
Introduction, Third Edition, Springer, S. 365
Modell der Populationsdynamik - Analyse
Modell 2
Nun kommt das Immunsystem mit ins Spiel, also muss die
Gleichung angepasst werden.
dM
= µL − (δ + 1) M
dt
αE 2
I=
,
β + E2
Z
t
E=
L t 0 dt 0
t−T
• I drückt die Gesamtentwicklung der erhöhten Sterberate
der Würmer durch das Immunsystem aus.
• Die Gleichung für die Larven bleibt gleich, da das
Immunsystem die Dynamik der Larven prinzipiell nicht
ändert.
Modell 2
Das Infektionsmuster in der Laborsituation ist durch die
vorherige Gleichung gegeben, da
(
0
t <0
L (t) = λi
−µDt
t >0
µD 1 − e
wobei λi = 1, 2, 3, 4 die Larveninfektionsraten angibt. Dies
generiert die Funktion E des Immunsystems. Integration liefert
(
λi
1
−µDt }
t <0
µD {t − µD 1 − e
E (t) = λi
1 −µDt
µDt
1−e
t >T
µD {T − µD e
Modell 2
Wenn t → ∞, nähert sich E (t) der Konstante
λi T
µD
Für das Modell 2 müssen nun noch folgende Variablen
bestimmt werden:
• T = Erinnerungszeit
• α = max. Aktivität des Immunsystems
• β = Empfindlichkeit des Immunsystems (Wirtsspezifisch)
Modell 2
• Werte für T sind nicht verfügbar
• α kann berechnet werden. Hier geht man von der höchsten
Infektionsrate λ4 aus. Es ergibt sich für t → ∞
E=
λ4 T
µD
und letztendlich
I≈α
√
für T ≥
µD β
λ4 .
Nun nutzt man vorherige Gleichungen um
αM∞ = µL (∞) − δM∞
zu erhalten.
⇒α=
λ4
−δ
DM∞
Modell 2
Auf ähnliche Art und Weise kann auch β berechnen und es folgt
β=
E 2 (λM ∗ − µL + δM ∗ )
µL − δM ∗
• wobei M ∗ die maximale Anzahl der Wurmlast zum
Zeitpunkt t ∗ ausdrückt.
• Hierbei schätzt man M ∗ ≈ 50 Würmer und t ∗ ≈ 7 Wochen.
• Nun kann die Gleichung, welche zu Beginn aufgestellt
wurde berechnet werden
dL
= λi − µDL, i = 1, 2, 3, 4
dt
dM
= µL − (δ + I) M
dt
Modell 2
Abbildung : Quelle: J. D. Murray (2002): Mathematical Biology: I. An
Introduction, Third Edition, Springer, S. 359
Die Modelle
• Möchte man den allg. Fall betrachten (willkürliche
Ernährung, unterschiedliche Stämme)
• folgende Faktoren:
a) Immunaktivität α, auf Grund der Ernährung des Wirtes
b) Beziehung zwischen β und den verschiedenen Stämmen
der Mäuse
c) Die Erinnerungszeit T (ist jeweils unterschiedlich)
Das Epidemiemodell
Infektiöse Krankheiten
• altersabhängig
• Beispiel: Pocken
→ Anfälligkeit und Sterblickeit gehen mit dem Alter bedeutend
zurück.
• Population wird unterteilt in S (t) = die Anfälligen und
I (a, t) = die Infizierten, wobei a das Alter des Individuums
angibt, wann dieses der Krankheit ausgesetzt wurde.
→ Es wird ein von S,I und dem Alter abhängiges Modell
betrachtet.
→ Die Anzahl der Anfälligen sinkt durch Exposition gegenüber
der Krankheit.
Infektiöse Krankheiten
Die Rückgangsrate der Anfälligen wird ausgedrückt durch
Z τ
0
dS
0
0
r a I a , t da S, S (0) = S0
=
dt
0
• r (a) ist eine altersabhängige Funktion, welche ein Maß für
die Ansteckungsfähigkeit der Infizierten darstellt.
• nur ansteckend bis zu einer gewissen Zeit τ
• Gleichung für die infizierte Population I (a, t) lautet
I (a + ∆, t + ∆) − I (a, t) = −λ (a) I (a, t) ∆
• ∆ = Zeit, in der sich Lebensalter und
Infektionsklassenalter von (t, a) zu (t + ∆, a + ∆)
verbessert haben.
• λ (a) = altersabhängiger Rückgangsfaktor.
Infektiöse Krankheiten
Für den Fall ∆ → 0 erhält man durch Taylorreihenentwicklung
die Differentialgleichung
dI
dI
+
= −λ (a) I
dt
da
• Zum Zeitpunkt t = 0 und a = 0 stellt man einen
Nachwuchs in der Klasse der Infizierten fest.
• Also wird damit die Geburtenrate mit I (0, t), was
äquivalent zu
−dS
dt
ist, bezeichnet.
• Folglich ergibt sich unter Berücksichtigung der
Randbedingungen
I (a, 0) = I0 (a) ,
I (0, t) = −
dS
, t >0
dt
Infektiöse Krankheiten
• S0 und und I0 (a) sind bekannt.
• Man nimmt an, dass r (a) und λ (a) ebenfalls bekannt und
können in kontrollierten Durchgängen manipuliert werden.
• Eine Infektion breitet sich nicht aus, wenn die Anzahl der
zu erwartenden Anfälligen, welche pro Infiziertem
angesteckt werden, unter 1 fällt. Übersteigt die Anzahl den
Wert 1, so breitet sich der Infekt aus und es kommt zu
einer Epidemie.
• Der Wert γ bezüglich der anfänglich Anfälligen, welche wie
zu erwartend infiziert werden ist
Z
Z τ
γ = S0
r (a) exp −
0
• γ = 1 wird Schwellwert genannt
0
a
0
λ a da
0
Infektiöse Krankheiten
Durch Lösen der vorherigen Gleichungen, anschließendes
Integrieren, Umordnen und Substituieren erhält man
S (t) =
o
n
Ra
Rt
S0 exp −m (t) + 0 r (a) exp − 0 λ (a0 ) da0 (S (t − a) − S0 ) da
Nun lässt sich der Schweregrad der Epidemie mit
F = e−m(∞)+γ(F −1) ,
berechnen.
F =
S (∞)
S0
Infektiöse Krankheiten
Abbildung : Quelle: J. D. Murray (2002): Mathematical Biology: I. An
Introduction, Third Edition, Springer, S. 364
Infektiöse Krankheiten
• Folglich muss γ > 1 also nicht sehr groß sein, damit eine
schwere Epidemie auftritt
• Den Schwellwert γ richtig festzulegen, ist also sehr kritisch
bei altersabhängigen Modellen
• Dies wird an einem sehr einfachen und primitiven Modell
bezüglich des Drogenkosums im Folgenden vorgenommen
Das Epidemiemodell
Drogenkonsum
• Drogen, welche illegal oder therapeutisch verwendet
werden können
• Modell (Hoppensteadt und Murray): wie bestimmt man den
Schwellwert γ
• Die hier untersuchten Epidemiemodelle zeigen die
individuelle Reaktion des Konsumenten auf die Droge.
• Es handelt sich um keine spezielle Droge
Drogenkonsum
• d (t) bezeichnet die Dosis, welche dem Teilnehmer
verabreicht wird
• c (t) die Konzentration im Blut
• die Gleichung für die Konzentration im Blut lautet
dc
= d (t) − kc,
dt
wobei k > 0 eine Konstante.
c (0) = 0
• Die Lösung der obigen Gleichung ist
c (t) = e−kt
Z
0
t
0
ekt d t 0 dt 0
Drogenkonsum
• Es existieren spezielle Stellen, an denen die Droge
anbindet. Geschieht dies, zeigt der Teilnehmer eine
Reaktion.
• freie Stellen werden mit A (t) bezeichnet und aktiv oder
ungebunden genannt
• gebundene, also inaktive Stellen bezeichnet man mit B (t)
• Die komplette Anzahl dementsprechend mit
A (t) + B (t) = N
Drogenkonsum
Die oben beschriebene Situation wird wie folgt modelliert
dA
= αB − βcA,
dt
A (0) = N
dB
= βcA − αB, B (0) = 0
dt
wobei α, β und positive Konstanten sind.
• Man nimmt an, dass die Bindungsrate von aktiven Stellen
proportional zu der Konzentration c (t) und zu der Anzahl
der verfügbaren aktiven Stellen ist
• verfügbare aktive Stellen werden mit βc A/ bezeichnet
• Ebenso gibt es einen ständigen ‘Nachwuchs’ von aktiven
Stellen, proportional zu der Anzahl der gebundenen
Stellen: αB/
• Mit A + B = N ist die Gleichung für B durch die Obige
gegeben.
Drogenkonsum
Man nimmt an, dass sich die Reaktion r (t) auf die Droge
proportional zu der Konzentration im Blut und zu der Anzahl der
freien Stellen verhält
r (t) = Rc (t) A (t)
wobei R > 0 ein Maß für die individuelle Reaktion auf die
Droge.
• Das Gleichgewicht von freien und gebundenen Rezeptoren
wird mit
B=
βcA
α
⇒
A=
αN
,
α + βc
• und die individuelle Reaktion mit
r=
bezeichnet.
RαNc
α + βc
B=
βNc
α + βc
Drogenkonsum
• Auch hier gibt es eine Sättigung der Immunreaktion für
hohe Konzentrationen von c (t)
rmax = RαNβ/β
• Wenn d (t) bekannt ist, kann man durch Integration explizit
c (t) und A (t) bestimmen.
• Man setzt d (t) = d und nimmt an, dass die
Erholungsphase der aktiven Stellen sehr gering ist: α ≈ 0.
Dann ergibt sich nun für die Konzentration
d
c (t) =
1 − e−kt
k
Drogenkonsum
• und für die aktiven, ungebundenen Stellen
βd
1 −kt
A (t) = N exp −
t+
e
−1
k
k
• Für die Reaktion r (t) folgt die Gleichung
r (t) = RcA =
RNd βd
1 −kt
1 − e−kt exp −
e
−1
t+
k
k
k
Drogenkonsum
Abbildung : Quelle: J. D. Murray (2002): Mathematical Biology: I. An
Introduction, Third Edition, Springer, S. 367
Drogenkonsum
• Bevölkerung S0 bezeichnet die drogenfreie Population,
nach Einführung eines Konsumenten. Man nimmt an, dass
1
S0 ≤ 1
• F = S (∞) /S0 wobei F < 1 für entsprechende γ.
• Hier meint man mit dem Alter den Zeitpunkt, zu dem das
Individuum zum ersten Mal der Droge ausgesetzt wird.
Z
γ = S0
∞
(t) e−λ dt
0
• Nun kann γ für verschiedene Situationen und mit
unterschiedlichen Parametern α, β, γ und k ausgewertet
werden.
Drogenkonsum
Abbildung : Quelle: J. D. Murray (2002): Mathematical Biology: I. An
Introduction, Third Edition, Springer, S. 368
Die Wahrscheinlichkeit einer Epidemie ist abhängig von der
relativen Größenanordnung der einzelnen Parameter.
Fazit
• Einfache Modelle wie diese, können sehr wichtige Bezüge
zur realen Welt herstellen und Programme kontrollieren.
• Die Modelle stellen eine angemessene Beschreibung der
Verhältnisse dar und geben eine Grundlage für praktische
Vorhersagen.
• Es wurde ein einfaches aber realistisches mathematisches
Modell, welches eine quantitative Beschreibung der
Populationsdynamik in Anwesenheit der Immunreaktion
des Wirtes erlaubt, erstellt.
• Die Drogenkonsum-Modelle sind sehr hilfreich bei der
Anwendung von chronischem Alkoholmissbrauch und bei
der Verbesserung von Alkoholtestgeräten.
Herunterladen