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Kapitel 1
Logik, Mengen und
Abbildungen
Josef Leydold – Mathematik für VW – WS 2016/17
1 – Logik, Mengen und Abbildungen – 1 / 26
Aussage
Um Mathematik betreiben zu können, sind ein paar Grundkenntnisse
der mathematischen Logik erforderlich. Im Zentrum steht dabei die
Aussage.
Eine Aussage ist ein Satz der entweder wahr (W) oder
falsch (F) ist.
I
„Wien liegt an der Donau“ ist eine wahre Aussage.
I
„Bill Clinton war Präsident der Republik Österreich“ ist eine falsche
Aussage.
I
„19 ist eine Primzahl“ ist eine wahre Aussage.
I
„Dieser Satz ist falsch“ ist keine Aussage.
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1 – Logik, Mengen und Abbildungen – 2 / 26
Elementare Aussageverbindungen
Die Aussagenlogik verknüpft einfache zu komplexeren Aussagen und
gibt deren Wahrheitswert an.
Dies geschieht durch die aus der Alltagssprache bekannten Wörter
„und“, „oder“, „nicht“, „wenn . . . dann“, und „genau dann . . . wenn“.
Aussageverbindung
Symbol
Name
nicht P
¬P
P∧Q
P∨Q
P⇒Q
P⇔Q
Negation
P und Q
P oder Q
wenn P dann Q
P genau dann, wenn Q
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Konjunktion
Disjunktion
Implikation
Äquivalenz
1 – Logik, Mengen und Abbildungen – 3 / 26
Wahrheitswerte
Wahrheitswerte elementarer Aussageverbindungen.
P
Q
¬P
P∧Q
P∨Q
P⇒Q
P⇔Q
W
W
F
W
W
W
W
W
F
F
F
W
F
F
F
W
W
F
W
W
F
F
F
W
F
F
W
W
Aussagen P = „ x ist durch 2 teilbar“ und Q = „ x ist durch 3 teilbar“.
Die Aussage P ∧ Q ist genau dann wahr, wenn x durch 2 und 3 teilbar
ist.
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1 – Logik, Mengen und Abbildungen – 4 / 26
Negation und Disjunktion
I
Die Negation (Verneinung) ¬ P ist nicht das „Gegenteil“ der
Aussage P.
Die Verneinung von P = „Alle Katzen sind grau“
ist ¬ P = „Nicht alle Katze sind grau“
(Und keinesfalls „Alle Katzen sind nicht grau“!)
I
Die Disjunktion P ∨ Q ist im nicht-ausschließenden Sinn gemeint:
P ∨ Q ist genau dann wahr, wenn P wahr ist, oder wenn Q wahr
ist, oder wenn P und Q wahr sind.
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1 – Logik, Mengen und Abbildungen – 5 / 26
Implikation
Die Wahrheitswerte der Implikation P ⇒ Q erscheinen etwas
mysteriös.
Beachte aber, dass P ⇒ Q keine Aussage über den Wahrheitswert von
P oder Q macht!
Welche der beiden Aussagen ist wahr?
I
„Wenn Bill Clinton österreichischer Staatsbürger ist, dann kann er
zum Präsidenten der Republik Österreich gewählt werden.”
I
„Wenn Karl österreichischer Staatsbürger ist, dann kann er zum
Präsidenten der Republik Österreich gewählt werden.”
Die Implikation P ⇒ Q ist äquivalent zur Aussage ¬ P ∨ Q.
Symbolisch:
( P ⇒ Q) ⇔ (¬ P ∨ Q)
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1 – Logik, Mengen und Abbildungen – 6 / 26
Ein einfacher logischer Beweis
Wir können den Wahrheitswert der Aussage ( P ⇒ Q) ⇔ (¬ P ∨ Q)
mittels Wahrheitstabellen herleiten:
P
Q
¬P
(¬ P ∨ Q)
( P ⇒ Q)
( P ⇒ Q) ⇔ (¬ P ∨ Q)
W
W
F
W
W
W
W
F
F
F
F
W
F
W
W
W
W
W
F
F
W
W
W
W
Die Aussage ( P ⇒ Q) ⇔ (¬ P ∨ Q) ist also immer wahr, unabhängig
von den Wahrheitswerten für P und Q.
Wir sagen daher, dass die beiden Aussagen P ⇒ Q und ¬ P ∨ Q
äquivalent sind.
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1 – Logik, Mengen und Abbildungen – 7 / 26
Theoreme
Mathematics consists of propositions of the form: P implies Q,
but you never ask whether P is true.
(Bertrand Russell)
Ein mathematischer Satz (Theorem, Proposition, Lemma, Korollar ) ist
eine Aussage der Form P ⇒ Q.
P heißt dann eine hinreichende Bedingung für Q.
Eine hinreichende Bedingung P garantiert, dass die Aussage Q wahr
ist. Q kann aber auch dann wahr sein, wenn P falsch ist.
Q heißt dann eine notwendige Bedingung für P,
Q ⇐ P.
Eine notwendige Bedingung Q muss wahr sein, damit die Aussage P
wahr sein kann. Sie garantiert nicht, dass P wahr ist.
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Quantoren
Mathematische Texte verwenden öfters die Ausdrücke „für alle“ bzw.
„es existiert ein“.
In formaler Notation werden dafür folgende Symbole verwendet:
Quantor
Symbol
für alle
∀
∃
∃!
es existiert ein
es existiert genau ein
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1 – Logik, Mengen und Abbildungen – 9 / 26
Mengen∗
Der Begriff der Menge ist fundamental für die moderne Mathematik.
Wir begnügen uns mit einer höchst einfachen Definition.
Eine Menge ist eine Sammlung von unterscheidbaren Objekten.
Ein Objekt a einer Menge A heißt Element der Menge:
a∈A
Mengen werden durch Aufzählung oder Beschreibung ihrer Elemente
in geschwungenen Klammern {. . .} definiert.
A = {1,2,3,4,5,6}
B = { x | x ist eine natürliche Zahl und durch 2 teilbar}
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Wichtige Mengen∗
Symbol
Beschreibung
∅
N
Z
Q
R
[ a, b ]
( a, b )
[ a, b )
C
leere Menge (nur in der Schule: {})
natürliche Zahlen {1,2,3, . . .}
ganze Zahlen {. . . , −3, −2, −1,0,1,2,3, . . .}
rationale Zahlen, Bruchzahlen { nk | k, n ∈ Z, n 6= 0}
reelle Zahlen
abgeschlossenes Intervall { x ∈ R | a ≤ x ≤ b}
offenes Intervall { x ∈ R | a < x < b}
halboffenes Intervall { x ∈ R | a ≤ x < b}
komplexe Zahlen
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1 – Logik, Mengen und Abbildungen – 11 / 26
Venn-Diagramme∗
Beim Arbeiten mit Mengen nimmt man meist an, dass alle betrachteten
Mengen Teilmengen einer vorgegebenen Obermenge Ω sind.
Mengen können durch sogenannte Venn-Diagramme dargestellt
werden. Die Obermenge wird durch ein Rechteck, die einzelnen
Mengen durch Kreise oder Ovale dargestellt.
A
Ω
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1 – Logik, Mengen und Abbildungen – 12 / 26
Teilmenge∗
Eine Menge A heißt Teilmenge von B, A ⊆ B , falls jedes Element
von A auch Element von B ist, formal: x ∈ A ⇒ x ∈ B.
B
A⊆B
Ω
Eine Menge A heißt echte Teilmenge von B, A ⊂ B ,
falls A ⊆ B und A 6= B.
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1 – Logik, Mengen und Abbildungen – 13 / 26
Mengenverknüpfungen∗
Symbol
Definition
Bezeichnung
A∩B
A∪B
A\B
A
{ x | x ∈ A ∧ x ∈ B}
{ x | x ∈ A ∨ x ∈ B}
{ x | x ∈ A ∧ x 6∈ B}
Ω\A
Durchschnitt
A×B
{( x, y)| x ∈ A, y ∈ B}
Cartesisches Produkt
Vereinigung
Mengendifferenz
Komplement
Zwei Mengen A und B heißen disjunkt falls A ∩ B = ∅.
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1 – Logik, Mengen und Abbildungen – 14 / 26
Mengenverknüpfungen∗
B
A
B
A
A∩B
A∪B
Ω
A
B
A\B
Ω
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Ω
A
A
Ω
1 – Logik, Mengen und Abbildungen – 15 / 26
Cartesisches Produkt∗
Das Cartesische Produkt aus A = {0,1} und B = {2,3,4} ist
A × B = {(0,2), (0,3), (0,4), (1,2), (1,3), (1,4)}.
Das Cartesische Produkt aus A = [2,4] und B = [1,3] ist
A × B = {( x, y) | x ∈ [2,4] und y ∈ [1,3]}.
3
B = [1,3]
A×B
2
1
0
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1
2
3
4
A = [2,4]
1 – Logik, Mengen und Abbildungen – 16 / 26
Rechenregeln für Mengenverknüpfungen∗
Regel
Bezeichnung
A∪A = A∩A = A
Idempotenz
A ∪ ∅ = A und A ∩ ∅ = ∅
Identität
( A ∪ B) ∪ C = A ∪ ( B ∪ C ) und
( A ∩ B) ∩ C = A ∩ ( B ∩ C )
Assoziativität
A ∪ B = B ∪ A und A ∩ B = B ∩ A
Kommutativität
A ∪ ( B ∩ C ) = ( A ∪ B) ∩ ( A ∪ C ) und
A ∩ ( B ∪ C ) = ( A ∩ B) ∪ ( A ∩ C )
Distributivität
A ∪ A = Ω und A ∩ A = ∅
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1 – Logik, Mengen und Abbildungen – 17 / 26
Gesetz von De Morgan∗
( A ∪ B) = A ∩ B
A
B
( A ∩ B) = A ∪ B
A
Ω
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und
B
Ω
1 – Logik, Mengen und Abbildungen – 18 / 26
Abbildung
Eine Abbildung f ist definiert durch
(i) eine Definitionsmenge D,
(ii) eine Wertemenge W und
(iii) eine Zuordnungsvorschrift,
die jedem Element von D f genau ein Element von W f zuordnet.
f : D f → Wf ,
x 7→ y = f ( x )
I
x heißt unabhängige Variable, y heißt abhängige Variable.
I
y ist das Bild von x, x ist das Urbild von y.
I
f ( x ) heißt Funktionsterm, x heißt Argument der Abbildung.
Andere Bezeichnungen: Funktion, Transformation
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1 – Logik, Mengen und Abbildungen – 19 / 26
Injektiv · surjektiv · bijektiv∗
Jedes Argument besitzt immer genau ein Bild. Die Anzahl der Urbilder
eines Elementes y ∈ W kann jedoch beliebig sein. Wir können daher
Funktionen nach der Anzahl der Urbilder einteilen.
I
Eine Abbildung f heißt injektiv, wenn jedes Element aus der
Wertemenge höchstens ein Urbild besitzt.
I
Sie heißt surjektiv, wenn jedes Element aus der Wertemenge
mindestens ein Urbild besitzt.
I
Sie heißt bijektiv, wenn sie sowohl injektiv als auch surjektiv ist.
Injektive Abbildungen haben die folgende wichtige Eigenschaft:
f ( x ) 6= f (y)
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⇔
x 6= y
1 – Logik, Mengen und Abbildungen – 20 / 26
Injektiv · surjektiv · bijektiv∗
Abbildungen können durch „Pfeildiagramme“ veranschaulicht werden.
Df
Wf
Df
Wf
injektiv
surjektiv
(nicht surjektiv)
(nicht injektiv)
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Df
Wf
bijektiv
1 – Logik, Mengen und Abbildungen – 21 / 26
Zusammengesetzte Funktion∗
Seien f : D f → W f und g : Dg → Wg Funktionen mit W f ⊆ Dg .
Dann heißt die Funktion
g ◦ f : D f → Wg , x 7→ ( g ◦ f )( x ) = g( f ( x ))
zusammengesetzte Funktion („ g zusammengesetzt f “ ).
Df
W f ⊆ Dg
f
Wg
g
g◦ f
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1 – Logik, Mengen und Abbildungen – 22 / 26
Inverse Abbildung∗
Bei einer bijektiven Abbildung f : D f → W f können wir jedem y ∈ W f
sein Urbild x ∈ D f zuordnen.
Wir erhalten dadurch wieder eine Abbildung f −1 mit der
Definitionsmenge W f und der Wertemenge D f :
f −1 : W f → D f , y 7 → x = f −1 ( y )
Diese Abbildung heißt Umkehrfunktion oder inverse Abbildung. Sie
hat die Eigenschaft, dass für alle Elemente x ∈ D f und y ∈ W f gilt:
f −1 ( f ( x )) = f −1 (y) = x und
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f ( f −1 (y)) = f ( x ) = y
1 – Logik, Mengen und Abbildungen – 23 / 26
Inverse Abbildung∗
f
Df
W f −1
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f −1
Wf
D f −1
1 – Logik, Mengen und Abbildungen – 24 / 26
Identische Abbildung∗
Die einfachste Funktion ist die Einheitsfunktion (oder identische
Abbildung id, die das Argument auf sich selbst abbildet, d.h.
id : D → W = D, x 7→ x
Die Einheitsfunktion bei zusammengesetzten Abbildungen die Rolle der
Zahl 1 bei der Multiplikation von Zahlen.
f ◦ id = f
und
id ◦ f = f
f −1 ◦ f = id : D f → D f
und
f ◦ f −1 = id : W f → W f
Insbesondere gilt:
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1 – Logik, Mengen und Abbildungen – 25 / 26
Zusammenfassung
I
Aussagenlogik
I
Theorem
I
Notwendige und hinreichende Bedingung
I
Mengen
I
Mengenverknüpfungen
I
Abbildung
I
Zusammengesetzte Funktion
I
Inverse Abbildung
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