ERNI Erfahrungsberichte rund um Management-, Prozess

Werbung
ERNI Erfahrungsberichte rund um Management-, Prozess- und Technologiethemen
NR.65
JUNI 2015
DIE RICHTIGE STRATEGIE FÜR DIE SOFTWARE-ENTWICKLUNG
«Die beste Strategie ist eine Ökonomie der Ressourcen»
DEN REIFEGRAD DER INHOUSE-SOFTWARE-ENTWICKLUNG GEZIELT STEIGERN
Die Inhouse-Software-Entwicklung auf Fitness trimmen
AUF EIGENE KERNKOMPETENZEN KONZENTRIEREN
Win-win-Situationen schaffen
IN DIE CUSTOMER JOURNEY INVESTIEREN
Eine professionelle digitale Identität aufbauen
WETTBEWERBSKRAFT
DURCH EVOLUTION
Die digitale Transformation in Wirtschaft und Gesellschaft zwingt den Unternehmen ein höheres Tempo auf. Innovation nach aussen und nach innen
enables & delivers
heisst das Motto: Im Markt die Bedürfnisse der Kunden und zeitnah realisieren.
Im Unternehmen selbst die Prozesse und Technologien stetig optimieren, damit sie
innovations- und damit wettbewerbsfähig bleiben. In diesem Sinne ist die Wertschöpfungskette regelmässig zu hinterfragen: Welches Glied dieser Kette ist stark
und tragfähig genug für künftigen Erfolg? Was muss ich unternehmen, um noch
besser, schneller, produktiver zu sein? Und wo lohnt es sich nicht, dass ich eigene
Ressourcen aufwende, wenn ein spezialisierter Partner mich weit effizienter
voranbringen könnte?
Der erste Artikel widmet sich demzufolge der Strategie-Evaluation und der Frage,
wie sich ergründen lässt, ob ein Unternehmen in der Software-Entwicklung richtig
aufgestellt ist. Und zwar nicht nur im Hier und Jetzt, sondern vor allem auch mit
Blick auf die Zukunft.
MARTIN GRAF
[email protected]
Business Area Manager bei ERNI Schweiz
Hat sich ein Unternehmen darauf ausgerichtet, geschäftskritische Elemente der
Beratertätigkeit: IT-Strategieberatung, Near- und Offshore-Beratung, Projekt-Management
Software-Entwicklung inhouse zu behalten, muss die interne Entwicklungsorganisation dafür optimiert werden. Lesen Sie im zweiten Artikel, wie die gleiche Qualität
in kürzerer Zeit mit mehr Effizienz und geringeren Kosten erreicht werden kann.
Ein zuverlässiges Partnernetzwerk ergänzt die interne Software-Entwicklung bei
der Wertschöpfung. Was der ideale Partner mitbringen muss und warum Vertrauen
ein tragendes Element beim Aufbau dieses Netzwerks ist, verrät der dritte Artikel.
Apropos Netzwerk: Heutzutage, wo Menschen und Unternehmen sich mehr
und mehr virtuell vernetzen, kann die digitale «Visitenkarte» für den unter­
nehmerischen Erfolg entscheidend sein. Erfahren Sie mehr darüber bei
der Lektüre des vierten Textes.
Mit unseren besten Wünschen für eine anregende Lektüre,
Ihr Martin Graf
EDITORIAL | INHALT 2
DIE RICHTIGE STRATEGIE FÜR DIE SOFTWARE-ENTWICKLUNG «DIE BESTE STRATEGIE IST EINE ÖKONOMIE DER RESSOURCEN»
Steckt die Innovationskraft von Produkten in ihrem Software-Anteil,
muss deren Entwicklungsstrategie regelmässig überprüft werden.
VON JEAN-CHRISTOPHE DUMÉRIL UND MARTIN RAVIZZA
4
DEN REIFEGRAD DER INHOUSE-SOFTWARE-ENTWICKLUNG
GEZIELT STEIGERN
DIE INHOUSE-SOFTWARE-ENTWICKLUNG AUF FITNESS TRIMMEN
Inhouse-Software-Entwicklung, massgeschneidert auf Kundenbedürfnisse,
bedingt, dass sich ein Unternehmen im Klaren ist, wo seine Stärken liegen.
VON MARKUS GUGGISBERG, JEAN-CHRISTOPHE DUMÉRIL UND MATIAS FERNANDEZ 12
AUF EIGENE KERNKOMPETENZEN KONZENTRIEREN
WIN-WIN-SITUATIONEN SCHAFFEN
So individuell wie die Unternehmen ist auch deren Software-Anteil
in ihren Produkten. Der richtige Partner weiss um das richtige
Erfolgsmodell in der Entwicklung.
VON CARLO CRONAUER, MARKUS GUGGISBERG UND ADRIAN KÜNZLER
20
IN DIE CUSTOMER JOURNEY INVESTIEREN EINE PROFESSIONELLE DIGITALE IDENTITÄT AUFBAUEN
Die digitale Präsenz wird zum entscheidenden Erfolgsfaktor für das
Neukundengeschäft. Der virtuelle Dialog mit den Kunden lässt sich
automatisieren, damit der erste Eindruck im digitalen Zeitalter gelingt.
VON CARLO CRONAUER, ADRIAN MÜLLER UND TOBIAS ACKERMANN
Lesen Sie alle Artikel jetzt auch online!
Ihre offenen Fragen beantworten wir Ihnen gerne unter: [email protected]
28
|
3
«DIE BESTE STRATEGIE IST EINE
ÖKONOMIE DER RESSOURCEN»
Steckt die Innovationskraft von Produkten in ihrem
Software-Anteil, muss deren Entwicklungsstrategie
regelmässig überprüft werden.
Für Unternehmen aller Branchen, ausser natürlich der
VON JEAN-CHRISTOPHE DUMÉRIL
qualifizierten Software Engineers verfügbar,
UND MARTIN RAVIZZA
die für die Produkte-Entwicklung benötigt
werden. Oder das Unternehmen ist für solche
Software-Industrie selbst,
Märkte verändern sich. Manchmal wuchtig
Fachkräfte als Arbeitgeber schlicht zu wenig
ist Software-Entwicklung
und radikal. Beispielsweise, wenn eine dis-
attraktiv, wenn beispielsweise die Software-
zumeist keine Kernkompe-
ruptive Innovation fast wie aus dem Nichts
Abteilung viel zu klein ist oder eine gewisse
heraus die angestammten Anbieter bedrängt
kritische Grösse nicht erreicht wird.
tenz. Doch wenn die Wich-
und deren etablierte Geschäftsmodelle auf
tigkeit und der Anteil der
den Kopf stellt. Zumeist wandeln sich Bran-
Doch selbst wenn sich ein Unternehmen
Software in den Produkten
chen jedoch schleichend. Sie durchlaufen
bereits eine interne Software-Entwick-
eine Evolution in der Anpassung an neue
lungsabteilung aufgebaut hat, ist es gut
und Dienstleistungen stei-
Kundenbedürfnisse. Jedes neue Bedürfnis
beraten, diese regelmässig auf den Prüfstand
gen, ist eine adäquate Soft-
erwächst dabei aus bestehenden Angebo-
zu stellen: Wie stark ist meine Software-
ten, die Schritt für Schritt verfeinert und
Entwicklungsabteilung mit laufenden
ware-Entwicklungsstrategie
veredelt werden. Dies mit dem Ziel, dem
Produktentwicklungen ausgelastet? Wie
nötig. Meist stellt sich die
Kunden noch mehr Komfort, noch mehr
effizient arbeitet sie? Werden Synergien
Funktionalität, noch mehr Gegenwert für
zwischen den verschiedenen Projekten oder
Frage «Make-or-Buy», aber
seine Investition zu bieten. Wer die Wün-
Produkten genutzt? Wie viel Raum bleibt
auch Zwischenlösungen
sche seiner Kunden antizipiert und diese
ihr für notwendige Innovationen? Welche
sind möglich. Ein Strategie-
innovativ erfüllt, hat im Wettbewerb die
Neuerungen und welches Spezialwissen
Nase vorn. Kurz: Wer gut sein möchte, muss
braucht es, damit sich unsere Produkte wei-
Assessment aus neutraler
besser werden. Das bedeutet im Zeitalter der
terhin von der Konkurrenz abheben? Mit
Warte hilft, individuelle und
digitalen Transformation: Produkte werden
anderen Worten: Ist unsere Software-Abtei-
smart und Dienstleistungen zu E-Services.
lung überhaupt nahe genug am Business?
in der Praxis erprobte Partner-
Hinter allem, was einen digitalen Mehrwert
Haben wir die erforderlichen Skills, wenn
schaftsmodelle zu finden.
bringt, steckt Software. Doch die wenigsten
der Markt neben einer Embedded Software
Unternehmen haben ihre Kernkompetenz in
plötzlich auch nach einer Webapplikation
der Software-Entwicklung. Wenn plötzlich
verlangt? Verfügen wir über genügend Res-
die Innovationskraft von Produkten und
sourcen für umfassende Tests der zusätzli-
Dienstleistungen auf digitaler Intelligenz
chen Applikationen, bevor wir sie auf den
beruht, steht jeder Anbieter vor der Frage, ob
Markt bringen? Wie stellen wir die Wartung
er die dafür erforderliche Softwarekompe-
und das regelmässige Update sicher? Was
tenz selbst aufbauen oder zukaufen möchte.
können wir eventuell als Standardsoftware
Ist die Wertschöpfung bislang stark auf Hard-
günstiger und schneller einkaufen? Wie
ware ausgerichtet, stehen Hersteller vor meh-
stark können und wollen wir uns an die
reren Problemen: Sie haben oft begrenzte
Standardsoftware anpassen und wie flexi-
Erfahrungen in der Software-Entwicklung.
bel ist diese, falls sich unsere Bedürfnisse
Auf dem ausgetrockneten Fachkräftemarkt
ändern? Ist der Support in 10 Jahren noch
sind möglicherweise nicht die Ressourcen an
gewährleistet? Im Umkehrschluss: Welche
DIE RICHTIGE STR ATEGIE FÜR DIE SOFT WARE-ENT WICKLUNG 4
«Je stärker eine Software mit der Kernkompetenz
eines Unternehmens gekoppelt ist, desto strategisch entscheidender wird die Frage des
‹Make or Buy›.»
|
5
ABB. 1: METHODISCHER VORGEHENSPLAN
SETUP
PHASE 1:
SWOT-Analyse
PHASE 2:
Strategieentwicklung
PHASE 3:
Masterplan
UMSETZUNG
Interviews
KYBERNETISCHER
WORKSHOP
KYBERNETISCHER
WORKSHOP
WORKSHOP 1 – INHALT:
∙ Definition strategische
Erfolgsfaktoren
∙ Definition der IT-Kernkompetenz
WORKSHOP 2 – INHALT:
∙ Definition IT-Mission
∙ Definition IT-Vision
∙ Definition IT-Ziele mit KPI
∙ Definition strategische
Core Statements
KYBERNETISCHER
WORKSHOP
WORKSHOP 3 – INHALT:
∙ Definition Projekte mit
deren Zielen
∙ Definition Masterplan
NACHGELAGERTE
AUFGABEN:
∙ Umsetzung Controlling
(IT-Steering)
∙ IT-ProjektportfolioManagement (IT-Steering)
VORBEREITUNG:
∙ Definition strategische
Stossrichtungen
VERBINDLICHKEIT STEIGT
«Die Strategie, der ein Unternehmen in seiner SoftwareEntwicklung folgt, ist Kriterien wie Wettbewerbs- und Innovationskraft, Wirtschaftlichkeit, Skalierbarkeit von Know-how und
Ressourcen sowie Relevanz für das Kerngeschäft unterworfen.»
Software-Entwicklungskompetenz ist für
nicht einfach wieder «abgespeckt» werden
uns so unverzichtbar, dass wir sie inhouse
und ist in der Folge möglicherweise nicht
pflegen oder aufbauen müssen? In welcher
mehr effizient genug.
Wertschöpfungstiefe muss dies geschehen?
Respektive: Was müssen wir uns mass-
Gerade in der verarbeitenden Industrie liegt
schneidern (lassen)? Und letztendlich stellt
die wertschöpfende Kernkompetenz in der
sich die Frage: Kann unsere Entwicklungs-
Konstruktion und Produktion physisch fass-
organisation diese vielfältigen Aufgaben
barer Produkte. Die Tatsache, dass Software
überhaupt stemmen – personell und fach-
eine zunehmend zentrale Rolle spielt, ist
lich? Darin liegt oftmals die Krux: Ist die
relativ neu und führt durch die heutigen
Organisation schlank, sind die Kapazitäten
technischen Möglichkeiten oftmals zu
mit laufenden Projekten «am Anschlag».
komplexen Herausforderungen innerhalb
Wird sie bei jedem Innovationsvorhaben
von Projekten. Und doch beeinflusst sie den
aufgestockt, kann sie im Normalbetrieb
Markterfolg mehr und mehr. Der Entscheid,
DIE RICHTIGE STR ATEGIE FÜR DIE SOFT WARE-ENT WICKLUNG 6
ob, ist für Unternehmen dieser Branchen
Geht dieser ergebnisoffen, aber gleichwohl
von strategischer Wichtigkeit. Aber auch in
strukturiert und methodisch in den Evalua-
Dienstleistungsunternehmen lohnt es sich
tionsprozess? Gibt er nur Empfehlungen ab
zu überlegen, ob es in jedem Fall verhältnis-
oder übernimmt er auch Verantwortung für
mässig und wirtschaftlich sinnvoll ist, für
deren Umsetzung? Sieht er sich lediglich auf
eine eigene Software-Entwicklungsabteilung
Augenhöhe mit dem Top-Management oder
über alle Disziplinen hinweg Spezialwissen
versteht er es, die Organisation als Ganzes
aufzubauen.
auf eine «Reise mit ungewissem Ausgang»
mitzunehmen? Und schlussendlich: Wie
Die Strategie, der ein Unternehmen in seiner
definiert er Erfolg – als seinen eigenen oder
Software-Entwicklung folgt, ist Kriterien
denjenigen seines Kunden?
wie Wettbewerbs- und Innovationskraft,
Wirtschaftlichkeit, Skalierbarkeit von Knowhow und Ressourcen sowie Relevanz für das
Kerngeschäft unterworfen. Ob aufgrund
historisch gewachsener Komplexität oder
Beispiel 1
DEN FAKTOR MENSCH AUF ALLEN
STUFEN BERÜCKSICHTIGEN
akut in einer kritischen Situation – plant ein
Unternehmen eine Standortbestimmung
Ein Bundesamt überarbeitet alle fünf Jahre
hinsichtlich seiner Software-Entwicklungs-
seine IT-Strategie. Es lädt aus gegebenem
strategie, so kann eine neutrale Aussensicht
Anlass externe Berater ein und wählt zum
sehr wertvoll sein. Ein externer Berater
Schluss denjenigen, der die Strategie nicht
nimmt unvoreingenommen alle Facetten
nur top-down weiterentwickeln will, son-
der Software-Entwicklung unter die Lupe
dern den Faktor Mensch auf allen Stufen
und beurteilt den Reifegrad der Organisa-
einbezieht. Mit Hilfe von strukturierten
tion in Bezug auf die Prozesse, Technolo-
Interviews und einem moderierten Work-
gien und Tools. Methodisch strukturiert
shop nach dem kybernetischen Ansatz wird
holt er alle involvierten Personen ins Boot
gemeinsam mit dem Technologieberater eine
und identifiziert Prozesse, die gut funktio-
SWOT-Analyse erstellt. Eine IT-Vision und
nieren und beibehalten werden sollen, und
eine IT-Mission werden definiert. In weiteren
solche, die nicht mehr gelebt, Werkzeuge,
kybernetischen Workshops werden IT-Ziele
die nicht mehr gebraucht, oder Strukturen,
und die IT-Strategie für die Zielerreichung
die neuen Aufgaben nicht mehr gewach-
sowie ein Masterplan mit den strategischen
sen sein werden. Mit detaillierten Analysen
Stossrichtungen für die nächsten fünf Jahre
werden Ist-Befunde den gewünschten Soll-
abgeleitet. Dabei wird die IT ganzheitlich
Zuständen gegenübergestellt. Dank Visua-
und interdisziplinär betrachtet.
lisierungsmethoden wird auch für «Laien»
schnell sichtbar, was gut klappt oder wo es
Rechtzeitig zum letzten Workshop wird die
allfällige Redundanzen und Lücken gibt.
Verantwortung für die Strategieumsetzung
Auf Basis dieser Auslegeordnung können
an den Kunden übergeben; der Berater zieht
dann Massnahmen ergriffen werden, wie das
sich auf das Strategieumsetzungs-Control-
Unternehmen sich flexibler aufstellen, Ver-
ling zurück, wirkt jedoch im Hintergrund
änderungen beschleunigen und sich generell
weiterhin als «Begleiter» bei der Umsetzung
«transformationsfähiger» ausrichten kann.
mit. Für das bessere Verständnis werden die
Letztendlich trennt sich hier die Spreu vom
Strategie und die Stossrichtungen anhand
Weizen, was den externen Berater angeht:
«Visual Facilitation» visualisiert und damit
|
7
ABB. 2: KYBERNETISCHER WORKSHOP − EINE EFFEKTIVE METHODE FÜR DIE STRATEGIE-ENTWICKLUNG
IDEENGENERIERUNG
0,50
55%
EIGENVALUE y
0,40
0,30
80%
0,20
ERKLÄRUNG DER METHODE
90%
0,10
96%
0
1
WISSEN IN GRUPPEN VERNETZEN
2
98%
3
4
5
ITERATIONS n
98%
6
4 ROLLEN:
WISSENSBASIS VISUALISIEREN UND
ZUGÄNGLICH MACHEN (UND TRILEN)
Moderator
Kritiker
Beobachter
Timekeeper
ABB. 3: EXTERNE VERGABE DER SW-ENTWICKLUNG
EXTERNE VERGABE DER SW-ENTWICKLUNG
SW-Spezialwissen aufbauen lohnt sich kaum (z.B. nur punktuell benötigt).
Interne SW-Abteilung nicht auf dem neusten Stand (technisch, methodisch …)
Reifegrad (bei interner SW-Entwicklungsabteilung) tief
Möglichkeiten nicht vorhanden (Budget, Strategie …), um in SW-Know-how
zu investieren und dieses zu pflegen
SW-Entwicklung ist nicht Kernbusiness der Firma
Benötigtes Spezialwissen sowie Erfahrung bezüglich Technologien
intern nicht vorhanden oder veraltet
Interne SW-Abteilung nicht auf dem neusten Stand
(technisch, methodisch …)
Domänenwissen darf/kann geteilt werden und mittels NDA geschützt
werden
Wiederkehrende Arbeiten (Wartung, Erweiterungen …) sind eine interne
operative Herausforderung
SW-Entwicklungsprozesse lückenhaft, schwerfällig oder wenig gelebt
Hoher Reifegrad vorhanden (bei interner SW-Entwicklungsabteilung)
Skalierung der Ressourcen unproblematisch
SW-Spezialwissen aufbauen lohnt sich (wird z.B. in mehreren Projekten
eingesetzt)
Möglichkeiten vorhanden (Budget …), um in spezifisches Know-how zu
investieren und dieses zu pflegen
Alles benötigte Spezialwissen sowie Erfahrung bezüglich Technologien
intern vorhanden
Domänenwissen darf nicht nach aussen gelangen
Interne SW-Abteilung auf dem neusten Stand (technisch, methodisch …)
Wiederkehrende Arbeiten (Wartung, Erweiterungen …) können einfach
erledigt werden
SW-Entwicklungsprozesse etabliert
INTERNE ENTWICKLUNG DER SW
DIE RICHTIGE STR ATEGIE FÜR DIE SOFT WARE-ENT WICKLUNG 8
METHODE KYBERNETISCHE WORKSHOPS
Diese Methode beschleunigt den Innovationsprozess von der Ideengenerierung bis zur Umsetzung um ein Vielfaches. Ansatz
der kybernetischen Herangehensweise in Workshops ist, das Wissen von grossen Gruppen (bis zu 50 Teilnehmende) intensiv
miteinander zu vernetzen und so insgesamt zu steigern.
Durch den Austausch und die Vernetzung werden – anstelle von Wochen und Monaten – innerhalb von nur drei Tagen
rund 90 Prozent des vorhandenen Wissens Einzelner auf die gesamte Gruppe übertragen. Dadurch steigt nicht nur das
«kollektive Wissen» der interdisziplinären Gruppe zu einem bestimmten Thema, sondern die neu geschaffene Wissensbasis
bzw. das höhere Wissensniveau führt, basierend auf einem robusten und tragfähigen Konsens, zu umfassenden und nachhaltigen Lösungen. Eine Fragestellung in kybernetischen Workshops ist beispielsweise: «Welche Innovationen benötigt das
Unternehmen, um innerhalb der nächsten fünf Jahre am Markt zu bestehen bzw. seine führende Position zu verteidigen?»
Das erreichte Niveau an Wissen und Informationen, das durch sehr intensive und auch bewusst kontrovers geführte Diskussionen erreicht wird, führt dazu, dass die letztendlich gemeinsam erarbeiteten Ideen auch schnell realisiert und Widerstände
abgebaut werden: Erfahrungsgemäss werden bis zu 80 Prozent der im Workshop entwickelten Ideen innerhalb der nächsten
zwölf Monate umgesetzt.
für alle Mitarbeitenden eingängig gestaltet.
Unternehmen mit einem neuen, sehr kom-
Dem Berater ist bewusst, dass eine Strategie
plexen Softwaresystem die eigene Geschäfts-
von jedem einzelnen Mitarbeiter mitgetra-
tätigkeit ausbauen, aber auch Kunden mit
gen werden muss und es nicht ausreicht,
neuen Funktionalitäten bedienen will. Die
wenn nur das Top-Management sie voran-
Software-Entwicklung wird teils inhouse,
treibt. Die Organisation ist gesamthaft auf
teils durch einen technischen Dienstleister
ein Ziel ausgerichtet, das sie nunmehr fokus-
verantwortet. Doch die Entwicklung selbst
siert anstrebt – mit dem klaren Bewusstsein,
wie auch die Entwicklungspartnerschaft
sich auf das Wesentliche zu konzentrieren
stellen die Organisation vor Herausfor-
und Unnötiges zu vermeiden, was gestei-
derungen. Durch das Software-Audit soll
gerte Effizienz, reduzierte Komplexität und
Verbesserungspotenzial ausgelotet werden.
Kostenersparnis zur Folge hat.
Ziel ist es, dass die Software im Einklang mit
den Bedürfnissen des Unternehmens und
dessen Kunden entwickelt werden kann. Der
Beispiel 2
METHODEN SCHRITTWEISE AN DIE
KUNDENBEDÜRFNISSE ANPASSEN
externe Berater startet mit einer CoverageAnalyse. Auf Basis eines auf den Kunden
zugeschnittenen Fragebogens führt er Interviews mit Involvierten beider Unternehmen
Ein Unternehmen, das auf die Fernüber-
durch. Wichtig ist ihm eine möglichst breite
wachung von Betrieben spezialisiert ist,
Abstützung auf Stakeholder mit Schlüssel-
beauftragt einen externen Berater mit einem
rollen. Er gewährt den Interviewpartnern
Software-Audit. Hintergrund war, dass das
Vertraulichkeit und Zeit, damit zum einen
|
9
«Steckt die Innovationskraft von Produkten mehr
und mehr in ihrer Software, muss die SoftwareEntwicklungsstrategie regelmässig auf den
Prüfstand gestellt werden.»
DIE RICHTIGE STR ATEGIE FÜR DIE SOFT WARE-ENT WICKLUNG 10
alle heiklen Punkte offen angesprochen
coacht und begleitet die Abarbeitung der
werden und zum anderen diese Zeit zum
Massnahmen, hält sich aber bewusst in der
ENTDECKEN SIE
Mitdenken finden. Rasch wird klar, dass
Ausführung zurück, damit die Lernkurve
ERNI Experience Digital
zwar einige technische Hürden vorhanden
beim Kunden selbst steigen kann. Die Emp-
sind. Doch als viel wesentlicher stellt sich
fehlungen des Beraters werden laufend in
heraus, dass auch die Organisationsstruk-
«verdaubaren Portionen» umgesetzt und
turen beider Unternehmen, die Prozesse,
aus den sichtbaren Erfolgen ergeben sich
Informationsflüsse, Entscheidungswege
neue Optionen für Optimierungen in der
und Rollenbesetzungen dem Projekt Steine
lernenden Organisation.
in den Weg legen. Der Ist-Zustand, aggre-
Lesen Sie unser Magazin
giert aus zahlreichen Gesprächen, Feld-
jetzt auch online!
und Dokumentstudien und Workshops,
wird mit typischen Best Practices aus dem
Erfahrungs­schatz der Beratungsfirma abgeglichen. Aus diesem Ist-Soll-Vergleich werden Stärken und Schwächen identifiziert.
Die Synthese sämtlicher Befunde wird mittels Visual Facilitation bildlich dargestellt.
In der Quintessenz stellt sich heraus, dass
das Unternehmen für ein komplexes Projekt dieser Grössenordnung nicht adäquat
aufgestellt ist. Es braucht zwischen strategischer Führung und operativer Umsetzung
Filterfunktionen zur Koordination, Abstraktion und Priorisierung von Informationen und Workflows. Darunter leiden
nicht nur interne Funktionen, sondern auch
die Zusammenarbeit mit dem technischen
Dienstleister. Dem Berater gelingt es, den
technischen Dienstleister davon zu überzeugen, dass Veränderungen auch seinen
Interessen dienen. Im Einverständnis beider
ERNI – Innovation in Process and Technology
Unternehmen und mit engem Einbezug
der Geschäftsleitung werden Massnahmen­
pakete geschnürt und nach den Parametern
Nutzen einerseits und Aufwand andererseits
klassifiziert. Um die definierten Massnahmen im Unternehmen zu verankern und
JEAN-CHRISTOPHE DUMÉRIL
[email protected]
Beratertätigkeit: Requirements Engineering,
Projekt-Management, Workshop-Moderation
und Training, Management Consulting
allfällig nötige Korrekturen frühzeitig zu
erkennen, werden mehrere Pilotprojekte
gestartet. Vom Berater in zeitlich überschaubaren Schritten und mit regelmässigen Feedbackschlaufen gesteuert, steigt
der Reifegrad in den Organisationen beider
Unternehmen kontinuierlich. Der Berater
MARTIN RAVIZZA
[email protected]
Beratertätigkeit: IT-Strategieberatung,
Kybernetische Workshop-Moderation, ProjektManagement, Performance Improvement
|
11
DIE INHOUSE-SOFTWARE-ENTWICKLUNG AUF FITNESS TRIMMEN
Inhouse-Software-Entwicklung, massgeschneidert auf
Kundenbedürfnisse, bedingt, dass sich ein Unternehmen
im Klaren ist, wo seine Stärken liegen.
Hat ein Unternehmen in
seiner Software-Entwicklungsstrategie die geschäftskritischen Elemente identifiziert,
so muss es die Organisation
auch befähigen, diese hochwertig und zukunftstauglich
VON MARKUS GUGGISBERG,
nicht behindern? Ist die Entwicklungsor-
JEAN-CHRISTOPHE DUMÉRIL
ganisation so schlank, dass sie auch wirk-
UND MATIAS FERNANDEZ
lich wirtschaftlich ist? Und dennoch agil
genug, um schnell auf Kundenbedürfnisse
Ist die Software-Entwicklungsstrategie
reagieren zu können?
überprüft und (neu-)definiert, so hat
das Unternehmen den ersten wichtigen
Noch heute entwickeln viele Unternehmen
Schritt erledigt. Es ist sich seiner Stärken
nach traditionellen Methoden im Wasser-
bewusst geworden und weiss um seine
fall-Modell. Ein Hauptgrund dafür: Die
Kernkompetenz. Es hat entschieden, die
Kon­s truktion physischer Produkte –
zu handhaben. Diese interne
Software-Entwicklung bei sich zu behal-
Bauteile, Geräte, Hardware – folgt in der
Befähigung kann durch
ten, denn diese liegt seiner Geschäftstätig-
Regel anderen Gesetzmässigkeiten als die
keit so nahe, dass es diese nicht vernachläs-
Entwicklung von Softwarekomponenten.
sigen darf. Geschäftskritisches Know-how
Entsprechend herausfordernd ist es für
darf nicht verloren gehen und geistiges
solche Hersteller, die richtige Denkweise
Eigentum verdient höchsten Schutz.
in einem Software-projekt zu erlangen. Die
Andernfalls leidet die Innovations­k raft
Innovations­z yklen haben sich zwar auch
und damit die Wettbewerbsfähigkeit. Ein
in der produzierenden Industrie beschleu-
anderer möglicher Beweggrund für die
nigt, doch der Endkunde erwartet heute
Inhouse-Software-Entwicklung ist ein
mehr als ein funktionierendes Produkt mit
hoher Spezialisierungsgrad. In jedem Fall
diesem oder jenem neuen Feature. Stich-
stellt sich in regelmässigen Zeitabständen
wort Industrie 4.0: Wenn Geräte künftig
die Frage, ob die Inhouse-Software-Ent-
mehr und mehr mitei­n ander vernetzt
wicklung auch wirklich zeitgemäss und
sind und kommunizieren, sind Webin-
vor allem zukunftstauglich aufgestellt
terfaces oder andere intelligente Schnitt-
ist. Unternehmen, die ihre Wettbewerbs-
stellen und Applikationen unabdingbar.
fähigkeit stärken wollen, tun gut daran,
Eine wachsende Anzahl an industrielle
sich – möglichst auch hier mit neutraler
Unternehmen beschäftigen bereits heute
Sicht – die folgenden Fragen immer wie-
Software-Entwicklungsteams. Allerdings
der zu stellen: Ist der Entwicklungsprozess
umfassen diese bei kleineren und mittleren
schnell, transparent, von den Kosten her
Betrieben allenfalls ein Dutzend Software
planbar und gleichwohl flexibel, wenn
Engineers und sind mit dieser geringen
unvorgesehen Anpassungen notwendig
Mitarbeiteranzahl nicht in der Lage, alle
werden? Werden Plattformen und Werk-
Disziplinen von Requirements Enginee-
zeuge genutzt, die zwar für die heute
ring über Entwicklung bis hin zu Testing
laufenden Projekte geeignet sind, für
und danach Wartung in verschiedenen
künftige Innovation aber nur beschränkt
Projekten abzudecken und können in zeit-
taugen? Sind die Prozesse so aufgesetzt,
kritischen Phasen rasch an ihre Kapazitäts-
dass sie Wertschöpfung generieren und
grenzen gelangen.
gezielte externe Unterstützung
höhere Qualität in kürzerer
Zeit, eine gesteigerte Effizienz
und damit eine Kostenersparnis bringen.
DEN REIFEGR AD DER INHOUSE-SOFT WARE-ENT WICKLUNG GEZIELT STEIGERN 12 | 13
«Ein realer Mehrwert bei der Verbesserung von
Prozessen ist, wenn messbare Erfolge in vorhandenen Organisationsstrukturen sichtbar werden,
ohne dass zusätzliche Ressourcen beansprucht
werden mussten.»
ABB. 4: METHODISCH STRUKTURIERTE TRAININGS
VORGEHENSWEISE IN 4 PHASEN:
1.VERMITTELN (TEACH): Ein Spezialist vermittelt den Teilnehmern den Schulungsinhalt.
2.TRAINIEREN (TRAIN): Die Teilnehmer erhalten für den jeweils vermittelten Schulungsblock die Gelegenheit, das Gelernte in der Testumgebung auszuprobieren. Der
Spezialist begleitet und unterstützt die Teilnehmer.
3.REFLEKTIEREN (REFLECT): Die Teilnehmer erhalten die Möglichkeit, Unklarheiten
anzusprechen und in einer Diskussion Antworten auf ihre offenen Fragen zu erhalten.
4.BEGLEITEN (CONDUCT & ENABLE): Der Spezialist steht den Teilnehmern für einen
bestimmten Zeitraum zur Verfügung, um bei offenen Fragen oder Problemen in der
täglichen Arbeit unterstützend Hilfe zu leisten.
Zudem fehlen diesen Teams auch die Erfah-
die Erwartungen der Anwender direkt in die
rungen in der agilen Software-Entwick-
Produktweiterentwicklung zurück. Diesem
lung. Denn agil bedeutet nicht einfach nur
Thema widmete sich unser vorangegan-
schnell oder pragmatisch. Agile Methoden
genes EXPERIENCE Nr. 64 ausführlicher.
wie beispielsweise Scrum sind darauf aus-
Der grösste Nutzen liegt für den Hersteller
gerichtet, möglichst unmittelbar Wert zu
darin, dass er sich von Beginn weg auf das
schaffen. Dies ist nur dann möglich, wenn
Wesentliche konzentrieren und vorderhand
sie korrekt angewendet werden und die
weniger Marktrelevantes weglassen kann.
nötigen Kapazitäten zur Verfügung stehen.
Gleichwohl entsteht schlussendlich ein
Aufwand wird direkt in Output umgewan-
Endprodukt, das vollumfänglich an die
delt, indem in überschaubaren Intervallen
Anforderungen und Wünsche der Benutzer
(Sprints) von zwei bis drei Wochen funkti-
angepasst ist. Unter diesen Gesichtspunk-
onsfähige und getestete Software entwickelt
ten – Skills über die gesamte Wertschöp-
wird. Kurze Feedbackintervalle minimie-
fungskette der Software-Entwicklung,
ren Risiken, weil Fehlentwicklungen rasch
skalierbare Kapazitäten und Know-how
korrigiert werden können. Mit dem Kon-
in agilen Methoden – ist es oftmals ziel-
zept von Prototypen vertraut, laufen agile
führender, externe Partner beizuziehen,
Ansätze wie das Minimal Viable Product
als kurzfristig vor einer Messe oder einem
möglicherweise der traditionellen Philo-
vertraglichen Liefermeilenstein mit einem
sophie von produzierenden Industrieun-
funktionsuntüchtigen oder instabilen Pro-
ternehmen zuwider. Bei diesem Konzept
dukt dazustehen.
werden von einem Produkt nur die für
den Gebrauch mindestnotwendigen Fea-
Sich auf das Wesentliche zu konzentrieren
tures entwickelt und rasch auf den Markt
und dies dafür in hoher Qualität umzu-
gebracht. Aus den Rückmeldungen fliessen
setzen bedeutet auch zu entscheiden, wo
DEN REIFEGR AD DER INHOUSE-SOFT WARE-ENT WICKLUNG GEZIELT STEIGERN 14
massgeschneiderte Software wirtschaftlich
der Dienstleister ständig technologisch up to
und wettbewerbsentscheidend ist. Oder im
date sein, denn das ist sein Kerngeschäft. Er
Umkehrschluss: Wo gegebenenfalls Soft-
verfügt möglicherweise über Technologien,
ware «von der Stange» denselben, durch
die sich beim Kunden noch nicht bewährt
Kostenersparnis möglicherweise sogar noch
haben, und er hat Spezialisten, die Appli-
grösseren Nutzen stiftet. Individualsoft-
kationen in jeder Phase ihres Lebenszyklus
ware wird zum Alleinstellungsmerkmal,
spezifizieren, entwickeln und warten kön-
wenn sich das Unternehmen genau durch
nen. Unternehmen, die auf diese Aussensicht
die Software-Intelligenz von der Konkur-
und auf diese Expertise verzichten, werden
renz differenzieren kann. Auch wenn
nicht selten überrascht, wenn ein Mitbewer-
ständige Erweiterbarkeit und Wartbarkeit
ber mit einem Produkt am Markt auftritt,
gefordert ist, die Entwicklung der zukünf-
das in seinen Funktionalitäten attraktiver
tigen Kundenbedürfnisse unklar ist oder es
ist als das eigene.
keine kommerzielle Software für genau die
gefragte Anforderung gibt, muss individuell
Auch wenn inhouse entwickelt wird,
nach Mass entwickelt werden. Handels-
kann der externe Dienstleister gleichwohl
übliche Software hingegen ist meist aus-
Gutes hinterfragen und weitere Verbesse-
tauschbar und bietet wenig Differenzierung
rungspotenziale identifizieren: Wo muss
vom Wettbewerb. Auch wird der Aufwand,
sich die Organisation auf den besten Weg
der für die Anpassung der Organisation
fokussieren, und welche Prozesse, Orga-
oder des Produkts an die Gegebenheiten
nisationsstrukturen, Technologien und
und Grenzen der Standardsoftware erfor-
Methoden braucht es dazu? Darüber hin-
derlich ist, oft unterschätzt. Nicht zuletzt
aus bringt der Partner optimalerweise seine
wenn neue Releases oder Updates wiede-
Beratung zur Erhöhung des Reifegrads der
rum umfangreiche Adaptionen zur Folge
Inhouse-Organisation genauso ein wie seine
haben, welche rasch auch umfangreiche
«Doing»-Skills bei der Ausführung und seine
Änderungen in vernetzten, bestehenden
skalierbaren Ressourcen, wenn plötzlich
Systemen nach sich ziehen.
eine kunden- und bedienerfreundliche
Webapplikation die massgeschneiderte
Wird massgeschneidert inhouse entwi-
Komponentensoftware ergänzen soll.
ckelt, hat das den Vorteil, dass in der Regel
Domänenkompetenz vorhanden ist und die
Software Engineers mit den technologischen
Plattformen vertraut sind. Doch starre Technologievorgaben können auch hemmend
Beispiel 1
PROZESSE INHOUSE OPTIMIEREN
DANK EXTERNER SICHT
sein, denn Software ist einem steten Wandel
unterworfen. Und eine interne Organisation
Ein Kunde aus der Sicherheitstechnik­branche
ist um einiges veränderungsresistenter als
zog einen externen Partner für die Definition
ein externer, auf Software-Entwicklung
seiner Software-Entwicklungsstrategie bei.
spezialisierter Dienstleister. Dieser kann
Aus den Insights in das komplexe Projekt
sich aus einer Vielfalt ähnlich gelagerter
ergibt sich, dass der operative Betrieb eines
Projekte ebenfalls ein hohes Domänenwis-
neuen Systems in Problemen steckt: Das
sen erarbeiten und kennt die Trends der
Betriebsteam muss eine Softwareplattform
Branche aus seinen zahlreichen Einblicken
bereits operativ verantworten, obwohl es
in verschiedene Unternehmen. Zudem muss
dafür nur ungenügend geschult wurde und
|
15
ABB. 5: KNOW-HOW-TRANSFER
EIN KNOW-HOW-TRANSFER IST EINE ANDERE FORM VON SCHULUNG UND UNTERSCHEIDET SICH IM ABLAUF
IN EINIGEN PUNKTEN:
1.PLANEN (PLAN): Der Projektleiter plant und organisiert den jeweiligen Know-howTransfer.
2.INHALTE ERSTELLEN (CREATE): Der Know-how-Owner bereitet den Transfer inhaltlich
vor. Dazu werden Dokumente, Use Cases etc. beigezogen.
3.VERMITTELN & TRAINIEREN (TEACH & TRAIN): Der Owner vermittelt den Teilnehmern
den Inhalt, und diese können am System bzw. im Alltag üben.
4.UPDATE: Der Know-how-Owner stellt sicher, dass allfällige Dokumentenupdates beim
Dokumenten-Owner eingespeist werden, oder meldet den Bedarf weiterer Dokumentation beim Projektleiter (Einspeisung in das Dokumenten-Backlog) an.
nur eine spärliche Dokumentation vorhan-
einer früheren Analyse vom Nutzen seiner
den ist. Qualitätsprobleme des Systems auf
Expertise überzeugen können. Aus diesem
der einen Seite und Ressourcenknappheit
Vertrauen heraus vergibt der Kunde daher
auf der anderen verschärfen die Situation.
einen Folgeauftrag, damit die Ursachen
Der Kunde spürt die Schieflage des Projekts.
fundiert aufbereitet und basierend darauf
Der externe Berater hat ihn bereits mit
Lösungswege erarbeitet werden können.
DEN REIFEGR AD DER INHOUSE-SOFT WARE-ENT WICKLUNG GEZIELT STEIGERN 16
Eine vertraute Methode wird vom Berater
Know-how konsistent und reproduzierbar
auf den spezifischen Problemfall adaptiert.
abbildet – von der Architekturübersicht
Es werden die Key Stakeholder identifiziert,
über Systemdokumentationen bis hin zu
die Ziele und der Umfang des Vorhabens
den Handbüchern mit Handlungsschrit-
vereinbart. Eine Coverage-Analyse eignet
ten für die Abarbeitung einzelner Tasks.
sich genau für Situationen wie diese, wenn
Für die Schulung gilt es zwei Aspekte zu
implizite Annahmen explizit gemacht und
beachten: Was wird seitens des Systemlie-
fundiert gesamtheitliche Befunde erstellt
feranten gefordert? Und welches Wissen ist
werden müssen. Die Situation wird in Inter-
im Team schon vorhanden? Den Lieferan-
views, Teamgesprächen und Workshops
ten kann man in die Pflicht nehmen. Doch
aufgenommen. Dabei werden die direkt
was schon vorhanden ist, muss nicht extra
Betroffenen vertraulich und offen befragt.
extern nachgeschult werden. Meist ist das
Dem Berater ist bewusst, dass es zum Teil
interne Wissen enorm, allerdings implizit
um sehr persönliche Befindlichkeiten, um
oder fragmentiert und nicht konsolidiert.
Unsicherheiten oder gar Ängste geht. Die
Hier bringt der Berater seine Erfahrung und
gewonnenen Befunde werden thematisch
seine Methodenkenntnis ein, Wissen sys-
und nach ihrer Relevanz strukturiert und
tematisch zu erfassen: Welches Thema ist
bewertet und dem Kunden präsentiert. Die
wie und bei wem abgedeckt? Bis zu welchem
Kenntnis des Kunden einerseits, aber auch
Reifegrad muss es überhaupt abgedeckt sein?
die neutrale Aussensicht andererseits ergän-
In mehreren Know-how-Sessions werden
zen sich mit dem Fingerspitzengefühl, mit
die Themen strukturiert durchgearbeitet,
dem der Berater den Dialog führt. Denn
systematisiert und dokumentiert. Neben
Tatsache ist, dass der Kunde in Projekten
offensichtlichen Effizienzsteigerungen im
wie diesen mit unangenehmen Fakten zum
operativen Betrieb verbessert sich die Mit-
Zustand seiner Organisation konfrontiert
arbeiterzufriedenheit, die Fluktuationsrate
wird. Umso wichtiger ist es, die Befunde in
sinkt und die Prozessreife steigt.
überschaubare Pakete zu «portionieren», um
der Situation ihre Komplexität zu nehmen
und ihre Bewältigung nicht als schier unlösbare Aufgabe erscheinen zu lassen. Zusammen mit dem Kunden wird das Soll-Bild
Beispiel 2
PROZESSE VERSTEHEN
UND SIE DANN OPTIMIEREN
gezeichnet und im Vergleich mit den gewonnenen Ergebnissen festgehalten, wo Lücken
In einem Medienunternehmen mit meh-
und welche Veränderungen vonnöten sind.
reren Tausend Mitarbeitenden an ver-
Die Erkenntnisse werden in Massnahmen
schiedenen Standorten und in mehreren
überführt. Dazu werden auch die Aufwände
Sprachen arbeitet jeder Mitarbeitende
abgeschätzt sowie der Zeithorizont für die
an einem Rechner mit allgemeiner und
Bereinigung der Situation abgesteckt. Der
aufgabenspezifischer Software. Der IT-
Berater gibt nicht nur seine Empfehlun-
Support war in der Vergangenheit ausge-
gen ab, er bleibt auch für die Umsetzung
lagert worden. Die Zusammenarbeit mit
an Bord, übernimmt Verantwortung für die
dem ursprünglich gewählten Partner hat
Umsetzung des Performance Improvements.
sich nicht bewährt. So fällt das Unterneh-
Für die fehlende Dokumentation wird im
men den Entscheid, diese Aufgaben wieder
konkreten Fall ein ganzheitliches Dokumen-
inzusourcen. Man steht vor der Herausfor-
tenmanagement aufgesetzt, das sämtliches
derung, die entsprechende Organisation
|
17
«Je höher der Grad der Standardisierung eines
Prozesses ist, desto leichter ist er outzusourcen.»
DEN REIFEGR AD DER INHOUSE-SOFT WARE-ENT WICKLUNG GEZIELT STEIGERN 18
intern wieder aufzubauen und die Prozesse
Software-Entwicklung und deren Betrieb
zu allgemeiner Zufriedenheit aufzusetzen.
zusammengeführt, damit Applikationen
ENTDECKEN SIE
Ein externer Berater, der in anderen Pro-
in besserer Qualität und schneller bereitge-
ERNI Experience Digital
jekten bei diesem Unternehmen bereits
stellt werden können. Dieser Methodenmix,
vertieft Einblick in die Situation gewonnen
massgeschneidert auf den Reifegrad der
hat, trägt Verbesserungsvorschläge an das
Organisation, stellt sich als Erfolgsfaktor
Management heran. Diese werden so positiv
heraus. Vor allem: Der Berater redet nicht
aufgenommen, dass der Berater interimis-
über Methoden, sondern wendet sie an,
tisch zum Teamleiter ernannt wird. Damit
unterbreitet konkrete Vorschläge, in die er
übernimmt er Verantwortung, seine Emp-
seinen Erfahrungsschatz einfliessen lässt
fehlungen auch konkret umzusetzen. Der
– und setzt sie um. Messbares Resultat: Die
Berater, erfahren in der Zerlegung komple-
Ticketzahlen im Support halbieren sich
xer Aufgaben in bewältigbare Teilschritte,
innerhalb kürzester Zeit; die Wartezeiten
nimmt sich in einem ersten Schritt der noch
bei der Fehlerbehebung verkürzen sich
sehr rudimentären Dokumentation an.
ebenfalls drastisch. Alle Kernprozesse
Denn dokumentiert man Prozesse so, wie
sind zudem mittels Checklisten doku-
sie gelebt werden, so werden sie im gleichen
mentiert, und die Dokumentation ist auf
Schritt standardisiert. Sind die Prozesse in
einer Wikiplattform allen Verantwortlichen
ihren Abläufen festgehalten, kann man
zugänglich, die aufgefordert, motiviert und
anschliessend in die Details gehen und
geschult sind, weiteres Verbesserungspo-
Verbesserungspotenzial identifizieren.
tenzial aufzuspüren und zu realisieren.
Diese Herangehensweise mag unspektakulär klingen. Doch die Erfahrung belegt,
dass grosse Change-Initiativen zunächst
meist zu Verschlechterungen führen. Zeigt
ERNI – Innovation in Process and Technology
die Leistungskurve für eine gewisse Zeit
nach unten, wird der Veränderungsprozess meist in Panik abgebrochen – mit dem
Resultat, dass sich der Prozess dauerhaft
verschlechtert hat. Daher favorisiert der
Berater «verdaubare» Umgestaltungen,
sodass das Risiko überschaubar bleibt
MARKUS GUGGISBERG
[email protected]
Beratertätigkeit: Projektsteuerung,
Controlling, Account Management
und Verbesserungen rasch sichtbar werden. Er kombiniert zudem eine Vielzahl
von Methoden, traditionelle wie ITIL oder
Kanban mit neuesten wie «DevOps». Der
Vorteil: Mit ITIL ist man vertraut; der Berater vermittelt nur zwischen der Abteilung,
die Prozesse definiert, und derjenigen, die
JEAN-CHRISTOPHE DUMÉRIL
[email protected]
Beratertätigkeit: Requirements Engineering,
Projekt-Management, Workshop-Moderation
und Training, Management Consulting
sie umsetzt. Mit Kanban wird die Aufgabenverteilung im Team neu organisiert.
«DevOps» hingegen ist noch eine neue Disziplin, praktisch noch nicht standardisiert,
sodass Raum zum Experimentieren bleibt.
Dabei werden Prozesse und Werkzeuge von
MATIAS FERNANDEZ
[email protected]
Beratertätigkeit: Team-Lead,
Business-Analyse, Training
Lesen Sie unser Magazin
jetzt auch online!
|
19
WIN-WIN-SITUATIONEN SCHAFFEN
So individuell wie die Unternehmen ist auch deren
Software-Anteil in ihren Produkten. Der richtige Partner
weiss um das richtige Erfolgsmodell in der Entwicklung.
Legt man hohe Massstäbe
an die eigene Organisation
VON CARLO CRONAUER, MARKUS GUGGISBERG
wird – mit dem Zeitunterschied senden die
UND ADRIAN KÜNZLER
Entwickler kurz vor Feierabend ihre Codes in
den Osten, und wenn sie am Morgen ins Büro
an, so sollte man dies auch bei
Die Software-Entwicklungsstrategie ist defi-
kommen, liegen die Testberichte bereits vor.
seinem Outsourcingpartner
niert, die interne Software-Entwicklung
Doch Stopp: Near- oder Offshoring bedeutet
optimiert. Doch auch bei den Arbeiten,
nicht, die Software-Entwicklung in fremde
für die externe Unterstützung in Anspruch
Hände zu geben, die kaum kontrolliert wer-
genommen wird, lässt sich häufig Verbes-
den können. Der perfekte Partner delegiert
serungspotenzial orten. Zunächst muss
nicht einfach die Software-Entwicklung
man den richtigen Partner finden. Die
an ausländische Gesellschaften – unter
Erwartungen an Effizienz und Qualität
Umständen mit zweifelhaften Ansichten
sind hoch, denn schliesslich könnte man
über den Schutz geistigen Eigentums –,
es andernfalls ja selber machen. Es klingt
sondern baut eigene Standorte auf, über die
banal, sollte aber doch gesagt sein: Lagert
hinweg er seine Qualitätsmassstäbe und
ein Unternehmen Prozesse aus, dann
Standards in Bezug auf Prozesse, Methoden
zumeist deshalb, weil sie nicht zu seinem
und Technologien durchsetzt. Damit kann
Kerngeschäft gehören – also liegt es nahe,
er auch Risiken minimieren und Entwick-
sie an einen Partner zu geben, für den sie
lungsarbeiten im Notfall vom einen zum
wiederum Kernkompetenz sind. Jeder
nächsten Standort ohne Qualitätseinbusse
behauptet sich am Markt mit dem, was er
transferieren.
tun. Vertrauen, Qualität,
Effizienz – mit weniger sollte
man sich nicht zufrieden
geben. Dann gelingt die
Zusammenarbeit, unabhängig
von der Art der Entwicklungspartnerschaft: ob als
sogenannte «verlängerte
Werkbank» oder als
«schlüsselfertige Lösung».
am besten beherrscht. Davon profitieren
beide. Womit kann nun der perfekte Partner
Apropos Notfall: Es empfiehlt sich, eine
für die Software-Entwicklung punkten?
Zusammenarbeit, die Near- oder OffshoreLeistungen beinhaltet, nicht erst dann in
Zunächst hat er genügend Ressourcen, um
Erwägung zu ziehen, wenn man zeitlich oder
Kapazitätsengpässe zu vermeiden. In der
von den Ressourcen und Kosten her bereits
Beratung hat er sie vor Ort beim Kunden;
unter Druck steht. Denn eine Zusammenar-
in der Umsetzung verteilt an verschiedenen
beit beruht auf Vertrauen, das sich nicht auf
geografischen Standorten. Letzteres bietet
Knopfdruck herstellen lässt. Natürlich wird
gleich mehrere Vorteile: Hochqualifizierte
ein jedes Unternehmen seine wichtigsten
Software Engineers sind in der Schweiz und
Geschäftsgeheimnisse zu schützen wissen.
in Deutschland rar; an Near- oder Offshore-
Doch ein Entwicklungspartner gewinnt per
Standorten können jedoch zumeist noch
Definition sehr tiefe Einblicke in das Busi-
genügend ausgebildete Fachkräfte mit den
ness. Bei der Wahl seines Vertrauenspartners
nötigen Skills mobilisiert werden. Zudem
tut ein Unternehmen demzufolge gut daran,
schafft eine breit abgestützte geografische
sich ein Bild von dessen Redlichkeit und
Verteilung Effizienz und Kostenreduktion
Glaubwürdigkeit zu machen: Wie transpa-
– dank attraktiver Kostenstrukturen und
rent informiert der Partner über die Zusam-
Zeitersparnis. Dies geschieht zum Beispiel,
mensetzung der Kosten? Kann er Referenzen
indem in der Schweiz die Anforderungen
aufweisen? Wie regelmässig sucht er den
aufgenommen werden, in Bratislava oder
Informationsaustausch? Welche Reaktions-
Barcelona entwickelt und in Manila getestet
zeiten hat er bei Anfragen? Wie beherrscht er
AUF EIGENE KERNKOMPETENZEN KONZENTRIEREN 20
«Die grösste Wertschöpfung wird erzielt durch
eine sinnvolle Aufteilung zwischen Aktivitäten
vor Ort und solchen an internationalen Nearund Offshore-Standorten.»
|
21
ABB. 6: PROJEKTUMFANG VS. ZEITPLAN (LIEFERTERMIN)
SKALIERUNG DER
ENTWICKLUNGS-RESSOURCEN
PROJEKTUMFANG
.
RESSOURCEN
FEST DEFINIERT
LIEFERTERMIN
MEHRWERTGETRIEBEN
PLANGETRIEBEN
AUFWANDSCHÄTZUNG
RESSOURCEN
PROJEKTUMFANG
LIEFERTERMIN
PRIORISIERUNG
MUSS
MUSS BEINHALTEN
• Feature 1
• Feature 2
• Feature 3
WAHRSCHEINLICHKEIT
DER UMSETZUNG
SICHER
Featureumfang
wird für jeden
Sprint priorisiert
SOLLTE BEINHALTEN
SOLLTE
• Feature 4
• Feature 5
• Feature 6
WAHRSCHEINLICH
KÖNNTE BEINHALTEN
KÖNNTE
• Feature 7
• Feature 8
• Feature 9
WENIGER
WAHRSCHEINLICH
ABB. 7: ERFOLGSMESSUNG VON INFORMATIONSSYSTEMEN
NACH DEM MODELL VON DELONE UND MCLEAN
INFORMATIONSQUALITÄT
BEABSICHTIGTER
VERWENDUNGSZWECK
ANWENDUNG
SYSTEMQUALITÄT
REALER
MEHRWERT
NUTZERZUFRIEDENHEIT
SERVICEQUALITÄT
AUF EIGENE KERNKOMPETENZEN KONZENTRIEREN 22
«Je nach Kundenbedürfnis, Art und Verwendungszweck der
Software oder Zeithorizont und Projektvolumen eignen sich
verschiedene Zusammenarbeitsformen mehr oder weniger.»
das Risikomanagement? Und ganz wichtig:
Doch meist formt sich das Gespür des
Wie geht er mit Fehlern um resp. wie löst
Kunden für Funktionalitäten, die er als
er Probleme? Gemäss dem allgemein aner-
wichtig erachtet, erst dann, wenn er sie
kannten Modell für die Erfolgsmessung von
ausprobieren kann. Und es kommt vor, dass
Informationssystemen nach DeLone und
seine Vorstellungen von den Bedürfnis-
McLean wirken die Faktoren Systemqualität,
sen seiner Kunden nicht deckungsgleich
Informationsqualität und Servicequalität
sind mit deren tatsächlichem Bedarf. Hier
auf die Zweckdienlichkeit des Systems wie
kommt wiederum der Faktor Vertrauen ins
auch auf die Nutzerzufriedenheit ein. Mit
Spiel. Viele Herausforderungen rund um
anderen Worten: Kommuniziert man gut
Software-Entwicklung sind für Kunden,
mit seinem Kunden, stimmt die Qualität
insbesondere im industriellen Bereich, ent-
des Produkts und ist man nah am Kunden
weder neu oder einmalig. Grund genug,
in puncto seiner Bedürfnisse, so dient die
auf einen Partner zu vertrauen, der mittels
entstandene Software den gesetzten Zielen
Best Practices seine Expertise nachweisen
und der Kunde ist zufrieden. Aus Letzterem
und aus diesem Erfahrungsschatz multi-
resultiert Nutzen und damit Wertschöpfung
plizierbare Erfolgsrezepte schöpfen kann.
für ihn.
Dies beginnt schon mit der Wahl des richDamit der Kunde aber den Wert, den der
tigen Partnerschaftsmodells. Je nach Kun-
Partner ihm bringt, überhaupt bemessen
denbedürfnis, Art und Verwendungszweck
kann, muss er verstehen, wie er von seiner
der Software oder Zeithorizont und Projekt-
Idee zur funktionsfähigen Software gelangt.
volumen eignen sich verschiedene Zusam-
Hardwaregetriebene Unternehmen gehen
menarbeitsformen mehr oder weniger. Will
mit einem völlig anderen Mindset an die
oder muss der Kunde stark involviert sein
Entwicklung von Innovation: Für sie muss
und/oder handelt es sich um kontinuierliche
von Beginn her das Endresultat im wahrs-
(Weiter-)Entwicklungen, wird der Berater
ten Sinne des Wortes «greifbar» sein. Soft-
ihm im Rahmen einer Entwicklungspart-
ware ist aber per se etwas schwer Fassbares
nerschaft seine Ressourcen und Skills zur
und in der agilen Software-Entwicklung zu
Verfügung stellen. Handelt es sich um relativ
Beginn noch völlig unkonkret. Entsprechend
gut abgrenzbare Projekte, kann der Kunde
zurückhaltend sind viele Kunden gegenüber
diese auch komplett auslagern und erhält
diesen Methoden, die ihrem Verständnis von
eine schlüsselfertige Lösung.
klassischer Projektplanung zuwiderlaufen.
Denn anstelle einer Spezifikation gibt es
Die Wertschöpfung definiert sich aus dem
eine Vision; anstelle eines fixen Teams gibt
Zusammenspiel der Parameter Termin,
es Rollen, und anstelle eines klar umgrenzten
Preis und Projektumfang («Scope of Work»).
Arbeitsprogramms wird der Projektumfang
Bestimmt der Kunde den Umfang und setzt
in jeder Feedbackschleife neu priorisiert und
einen Termin, kann der Dienstleister allenfalls
abgeglichen.
noch mit seinen Ressourcen «spielen» – diese
|
23
ABB. 8: PROJEKT-SETUP: ORGANISATION EINES ZUSAMMENARBEITMODELLS
KUNDE
HEIMATMARKT
STEUERUNGSAUSSCHUSS («STC»)
Business
Sponsor
NEARSHORE-STANDORT
OFFSHORE-STANDORT
Projektumfang
und Budget
DEVELOPMENT TEAM B
Zeitplan, QA,
Ressourcen, PO
PM
Sprint
Backlog
Stakeholder
PO
Product
Backlog
PL /
«PO Proxy»
DEVELOPMENT TEAM A
Req. Eng.
Sprint
Backlog
Features
RE
Solution
LEGENDE:
Koordination
Informationsfluss
skalieren und durch den Einbezug von Near-
Setup mit hochwertiger Beratung vor Ort und
oder Offshore-Kapazitäten in den Kosten opti-
einem Netzwerk skalierbarer, preislich attrak-
mieren. Wird der Projektumfang hingegen
tiver Entwicklungsressourcen im Near- oder
variabel an die Anforderungen angepasst,
Offshore-Modus beschleunigt den Entwick-
wie dies in der agilen Software-Entwicklung
lungsprozess und senkt die Gesamtkosten.
möglich ist, entsteht ein Produkt, das nach
fixem Preis- und Terminplan genau seinen
Bestimmungszweck erfüllt. Ein Kunde muss
sich darauf verlassen können, dass sein Partner das Zusammenarbeitsmodell flexibel auf
seine Wünsche hin massschneidert, denn
Beispiel 1
DEN KUNDEN AUS SEINER
TRADITIONELLEN IN DIE AGILE
PROJEKTWELT FÜHREN
vielfältige Mischformen mit fliessenden
Übergängen sind möglich. Ein erfahrener
Ein Hersteller von gebäudetechnischen
Berater spürt schnell, welche Rollen ein Kunde
Systemen steht unter Wettbewerbsdruck.
füllen kann und wie das Partnerschaftsmodell
Seine mechanischen Produkte sind tech-
darauf zurechtzuschneiden ist. Ein cleveres
nologisch noch sehr traditionell. Doch das
AUF EIGENE KERNKOMPETENZEN KONZENTRIEREN 24
Unternehmen spürt aus dem Markt heraus
Die grosse Herausforderung im Software­
das Bedürfnis nach Berücksichtigung neue-
projekt war, die traditionelle in eine agile
rer Technologien, die seine Produkte besser
Projektwelt zu überführen. Der Kunde über-
vernetzen, die Wartung erleichtern und
nimmt, geleitet vom Partner, die Product-
neue Einsatzmöglichkeiten schaffen. In der
Owner-Rolle und formuliert seine Bedürf-
Kernkompetenz des Unternehmens liegen
nisse, die vor Ort durch einen Requirements
seit jeher die mechanischen Komponenten;
Engineer des Beraters in die IT-Sprache
doch nun braucht es für diese eine Software
übersetzt werden. Der Berater wählt für die
zur Datenverwaltung. Zugleich sind interne
Ausführung ein Shoring-Setup, mit dem er
Ressourcen in mehreren parallelen Pro-
sowohl das umfangreiche Pflichtenheft des
jekten zur Integration von Drittsystemen
Kunden abdecken als auch einen attrakti-
gebunden, deren Schnittstellen ebenfalls in
ven Preis für die Software-Entwicklung und
der neuen Verwaltungssoftware abgebildet
gleichwohl hohe Qualität sicherstellen kann:
werden müssen. Ein externer Partner wird
Entwickelt wird in seinen Near- und Offshore
gesucht. Im Auswahlverfahren setzt sich ein
Solution Factories in Bratislava und Manila.
Berater für Software-Entwicklung durch,
Besonders kritische Entwicklungsleistungen
der eine realistische Aufwandschätzung mit
wie Architektur und Design finden in relati-
erprobter Methodik und einem attraktiven
ver Kundennähe in Bratislava statt, während
Preis-Leistungs-Verhältnis kombiniert. Er
in Manila weitere Features oder ergänzende
überzeugt seinen Kunden, dass die Qualität
Webinterfaces erarbeitet werden und getestet
des Requirements Engineerings vor Ort
wird. Als angenehmer Nebeneffekt zeigt sich
erfolgsentscheidend ist und die Software
die Zeitverschiebung, da jeweils Features aus
anschliessend in einem nach denselben
Bratislava zum Testen nach Manila gehen
Qualitätsstandards geführten Nearshore-
und gleich am darauffolgenden Tag weiter-
Center mit günstigeren Kostenstrukturen
entwickelt werden können. Ständige Retro-
entwickelt werden kann. Der Kunde schätzt
spektiven und ein dokumentiertes Process
die Preistransparenz und die Bereitschaft
Improvement erleichtern dem Kunden den
des Beratungsunternehmens, Kostenvor-
Weg in die agile Welt.
teile vollumfänglich weiterzugeben. Und
er weiss auch um die Schwierigkeiten,
Zum vorgegebenen Termin und im verein-
Software Engineers am Unternehmens-
barten Preisrahmen entsteht ein schlüs-
standort zu rekrutieren, resp. dass es sich
selfertiges Softwareprodukt, das einen
für sein Unternehmen nicht lohnt, diese
grossen Mehrwert für den Kunden und
Kompetenz inhouse aufzubauen.
dessen Markt liefert.
In seinem Kerngeschäft ist der Kunde
hochinnovativ. Doch aufgrund fehlender
Software-Erfahrung war es dem Unternehmen bislang nicht möglich, seine Inno-
Beispiel 2
DEN KUNDEN BEFÄHIGEN,
SEINE ROLLE AUSZUFÜLLEN
vationen adäquat bei seiner Klientel zu
platzieren. Mussten seine mechanischen
Ein weltweiter Marktführer für einen spe-
Komponenten früher beispielsweise bei
zifischen Bereich der Maschinenindus-
jeder Neuerung ersetzt werden, so muss
trie steht vor einem fixen Termin für die
neuerdings nur noch die Software ange-
Einführung eines verbesserten Produkts.
passt werden.
Bereits zum Zeitpunkt des Entscheids, das
|
25
«Der richtige Partner für die SoftwareEntwicklung ist bereit, Verantwortung dafür
zu übernehmen, dass diese ihren Zweck auch
wirklich erfüllt.»
AUF EIGENE KERNKOMPETENZEN KONZENTRIEREN 26
|
Produkt zu erneuern, ist sich das Unter-
helfen messbare Serviceparameter: Wie lang
nehmen bewusst, dass die eigenen Res-
sind beispielsweise die Reaktionszeiten oder
ENTDECKEN SIE
sourcen dafür nicht ausreichen werden.
wie schnell werden die Scrum-Reports erstellt?
ERNI Experience Digital
Das Unternehmen hat dazu verschiedene
Diese Kriterien helfen dem Kunden, das Risiko
Szenarien evaluiert: interne Ressourcen
zu minimieren und zu kontrollieren, ob der
aufbauen, externe Ressourcen einkaufen
Partner seine Versprechungen einhält.
oder durch Shoring beziehen. Bis zu zwanzig verschiedene Anbieter werden geprüft.
Dieser wendet das agile Modell quasi nach
Der Entscheid für den Partner des Vertrau-
Lehrbuch an, alle drei Wochen ein Sprint-
ens fällt aufgrund eines ganzen Strausses
report, regelmässige Retrospektiven, in
an Vorteilen: der Anspruch an Qualität,
denen Punkte analysiert, behoben und
die Auswahl an Shoring-Standorten, die
Korrekturen implementiert werden. Das
Mentalität am nächstgelegenen Standort,
Improvement wird dokumentiert und
der Preis – kurz gesagt: Das Gesamtpaket
ist somit nachvollziehbar. Der Kunde ist
stimmt.
überrascht, wie schnell und reibungslos
sowohl Shoring als auch agile Software-
Unterstützt durch den Partner, wagt der
Entwicklung funktionieren. Innerhalb von
Kunde den antizipierten Schritt in die agile
nur zwei bis drei Monaten ist das Projekt
Software-Entwicklung und behält mit der
auf Kurs, insbesondere auch dadurch, dass
Product-Owner-Rolle die Kontrolle über den
der Berater den Kunden vor Ort eng beglei-
Entwicklungsprozess. Der Berater befähigt
tet, einheitliche Standards an all seinen
ihn, diese Rolle auszufüllen und die nötigen
Standorten lebt und die Zusammenarbeit
Informationen zeitgerecht zu liefern, damit
situativ an die Kundenbedürfnisse anpasst.
der äusserst ambitiöse Zeitplan eingehalten
werden kann. Im Rahmen des vordefinierten
ERNI – Innovation in Process and Technology
Budgets, das für lokale Ressourcen berechnet war, stockt der Partner seine ShoringRessourcen auf. Mit einem grösseren Team
kann der Prozess erheblich beschleunigt
werden. Der Berater ist erfahren darin, seine
Teams in komplexen Projekten wie diesem
zu koordinieren. Auch mit dem Kunden wird
CARLO CRONAUER
[email protected]
Beratertätigkeit: Projekt-Management,
Usability und Marketing-Automatisierung
eine klare Abstimmung getroffen, wer welche Software-Elemente verantwortet: Das
Unternehmen behält die Entwicklung von
Embedded Software bei sich im Haus; der
Partner ist für die komplette Software an der
Schnittstelle vom Gerät nach aussen zuständig. Im Zeitalter von Industrie 4.0 verlangt dies
MARKUS GUGGISBERG
[email protected]
Beratertätigkeit: Projektsteuerung,
Controlling, Account Management
eine hohe Kompetenz, physische und virtuelle
Komponenten aufeinander abzustimmen.
Neben dieser Expertise ist es dem Berater auch
wichtig, den Prozess und die Zusammenarbeit
immer wieder zu hinterfragen und Verbesserungspotenzial zu identifizieren. Zum einen
ADRIAN KÜNZLER
[email protected]
Beratertätigkeit: Projekt-Management
und Product Owner
Lesen Sie unser Magazin
jetzt auch online!
27
EINE PROFESSIONELLE DIGITALE
IDENTITÄT AUFBAUEN
Die digitale Präsenz wird zum entscheidenden Erfolgsfaktor für das Neukundengeschäft. Der virtuelle Dialog
mit den Kunden lässt sich automatisieren, damit der
erste Eindruck im digitalen Zeitalter gelingt.
Unternehmen sind heutzu-
VON CARLO CRONAUER, ADRIAN MÜLLER
Online-Ersatzteilbeschaffung helfen,
tage mit gut informierten und
UND TOBIAS ACKERMANN
Kunden ans Unternehmen zu binden.
digital vernetzten Entschei-
Vorbei sind die Zeiten, als man mit seinen
Die Kehrseite der Medaille: Kunden gehen
dungsträgern konfrontiert,
Kunden ausschliesslich an Messen oder bei
verloren oder wandern ab, wenn ein Unter-
die sich online über mögliche
Firmenbesuchen auf Tuchfühlung ging. Der
nehmen im Internet nicht gefunden wird,
physische Kundenkontakt hat sich mehr
es seinen Kunden dort keinen Mehrwert
Partner vorinformieren. Die
und mehr in die virtuelle Welt verlagert.
bietet oder diese sich vom digitalen Marken-
digitale Reputation ergänzt
Die digitale Transformation lässt IT und
erlebnis des Wettbewerbs emotionaler oder
Marketing ineinanderfliessen. Verliess
benutzerfreundlicher angesprochen fühlen.
oder ersetzt gar die herkömm-
man sich früher auf die Informationen in
liche Imagebroschüre. Soft-
einem Firmenprospekt oder Produkteflyer,
Es lohnt sich, in die digitale Präsenz über
ware hält mehr und mehr in
so informieren sich potenzielle Kunden
alle Plattformen hinweg zu investieren. Für
heute fast ausnahmslos im Internet über
Omnichannel-Interaktion ist bereits eine
der Marktbearbeitung Einzug.
den effektiven Mehrwert der angepriesenen
Vielzahl an Instrumenten auf dem Markt
Noch ist Experimentieren
Angebote. Online-Communitys, die eigene
verfügbar. Das Überangebot an Werkzeugen
Firmenwebsite oder ein E-Shop, Suchma-
für Online-, Social- oder digitale Plattfor-
erlaubt. Doch besser ist es,
schinenoptimierung, Social Media oder
men kann für Unternehmen – gerade aus
von bereits vorhandenen Best
Bannerwerbung – unzählige digitale Kanäle
der sehr langfristig ausgerichteten produ-
müssen geschickt orchestriert werden, um
zierenden Industrie – sehr verwirrend sein.
potenzielle Kunden anzusprechen. Digital
Wer in Dekaden für Produktentwicklung,
Brand Building und Customer Experience
Verkauf und Wartbarkeit rechnet, schreckt
Management werden heutzutage zuneh-
vor der Dynamik im schnelllebigen Internet
mend auch im Business-to-Business-Bereich
zunächst zurück. Es hilft, sich einem Partner
zu den wichtigsten Erfolgsfaktoren. Je
anzuvertrauen, der als «Steuermann» seinen
nachdem, wie strategisch und professio-
Kunden durch die Flut an Kanälen, Plattfor-
nell sich Unternehmen in dieser neuen
men oder Tools navigiert und ihm die für
digitalen Welt aufstellen, lassen sich über
sein Business zielführendsten empfiehlt.
Practices zu profitieren.
diese Kanäle plötzlich Kunden ansprechen,
die zuvor völlig ausser Reichweite lagen.
Spätestens wenn man auf einen bestin-
Mit intelligenten Webportalen und Apps
formierten Kunden trifft, der sein Wissen
lassen sich sogar technisch komplizierte
online zusammenrecherchiert hat, kann ein
Komponenten in alle Welt verkaufen.
Unternehmen von seiner digitalen Reputation
Bestehende Kunden können besser bedient
entweder profitieren oder unter ihr leiden.
werden – intelligente Produktkonfigura-
Eine digitale Strategie und ihre Umsetzung in
toren, digitalisierte Bedienungsanleitun-
konkrete Kommunikationskanäle sind daher
gen, animierte Installationshilfen oder
unabdingbar. Natürlich buhlen mittlerweile
IN DIE CUSTOMER JOURNEY INVESTIEREN 28
«Den Kunden die richtige Information zum
richtigen Zeitpunkt verfügbar zu machen,
ist ein Wettbewerbsvorteil. Diesen muss man
heutzutage auch online und digital
ausspielen können.»
|
29
ABB. 9: DEFINITION EINES «NACHFRAGE-TRICHTERS»
AUFNAHME IN
MARKETING-SYSTEM
ÜBERGABE
AN VERTRIEB
NEUE OPP. IN
CRM ERFASST
MARKETING QUALIFIED
LEAD (MQL)
SALES ACCEPTED
LEAD (SAL)
ANGEBOT
VERSCHICKT
KUNDE HAT
BESTELLT
Suspect
PROSPECT
SALES QUALIFIED
LEAD (SQL)
CUSTOMER
unzählige Marketing- und Onlineagenturen
Aufmerksamkeit erregen. Ähnlich einem
mit ihren Digital-Marketing-Angeboten um
Schaufenster in der realen Welt. Doch wenn
Kunden. Oft bleiben diese aber an der rei-
im nächsten Schritt die Navigation auf der
nen Oberfläche, die zwar ästhetisch wirkt,
Website nicht funktioniert oder Brüche beim
dem Kunden der Website oder des E-Shops
Übergang zum nächsten Channel, wie bei-
jedoch zu wenig Nutzen bietet. Zudem werden
spielsweise zum E-Shop, die «Customer Jour-
Marketing und Kommunikation mehr und
ney» unterbrechen, ist die Gefahr gross, dass
mehr technologielastig; viele entsprechende
ein ursprünglich interessierter potenzieller
Interaktionen lassen sich automatisieren –
Kunde in andere digitale Gefilde weitersurft
wie beispielsweise die Erfolgsmessung von
– schlimmstenfalls mit zwei, drei Klicks auf
Online-Marketingmassnahmen oder die
Nimmerwiedersehen zum Mitbewerber.
Personalisierung von Inhalten für die Schaffung individualisierter Kundenerlebnisse.
Reine Marketingaspekte wie Design, Bran-
Brand- resp. Angebotspersonalisierung, die
ding, Layout sind für ein ansprechendes
Informationen online gezielt auf Kunden-
Anwendererlebnis wichtig. Doch Funktio-
bedürfnisse aufbereitet sowie präsentiert,
nalitäten und Schnittstellen liefern dem
mag so in einem ersten Schritt vielleicht
Online-Kunden erst den realen Mehrwert.
IN DIE CUSTOMER JOURNEY INVESTIEREN 30
Ein Berater, der hinter den «schönen Schein»
der Software-Entwicklung sind aus ihrer
des Marketings blickt, stellt folgende Fragen:
Methodenkenntnis an der Schnittstelle von
Was bewirkt das schönste Online-Formular,
Prozessen und Technologien prädestiniert,
das von potenziellen Kunden sogar freiwillig
Unternehmen in dieser digitalen Transfor-
mit Informationen gefüttert wird, wenn die
mation zu begleiten. Denn die digitalen
Daten nicht unmittelbar im CRM ankommen?
Werkzeuge und Plattformen mögen zwar
Wie verläuft der reale Kaufentscheidungspro-
sehr technisch sein. Doch zumeist liegt die
zess eines komplexen Industrieprodukts und
richtige Lösung nicht unmittelbar auf der
wie kann dieser am besten über die digitalen
Ebene der Technologie, sondern in der opti-
Kanäle abgebildet werden? Welche Entschei-
malen Methode, Bedürfnisse zu erheben und
dungshilfen können dem Kunden geboten
den Prozess ihrer Abdeckung zu definieren.
werden – vielleicht ein Konfigurator oder
Erst dann kann die richtige Technologie zur
Berechnungstools für technische oder wirt-
Abbildung dieses Prozesses bestimmt und
schaftliche Parameter?
implementiert werden. Im besten Fall geht
die Beratung zu Prozess und zu Technologie
Auch im B2B-Bereich ist das «Age of YOU»
mit der entsprechenden Umsetzung Hand
angebrochen. Die Kunden erwarten, indi-
in Hand.
viduell angesprochen zu werden, und zwar
am besten digital, per App – jederzeit und
überall auf Abruf. Die Messlatte an die Bedienerfreundlichkeit von Applikationen steigt
– die Frustrationsschwelle bei Fehlern sinkt.
Beispiel 1
PROZESSE ZUERST VERSTEHEN,
DANN DEFINIEREN UND ABBILDEN
Responsive und geräteunabhängig müssen
sie heute sein, immer up to date, am liebsten
Ein Marktführer für Sensortechnologie ist
kostenlos, dafür aber mit viel Zusatznutzen.
unzufrieden mit der Performance seiner
Website. Die Internetpräsenz war gerade erst
Der digitale Dialog mit den Kunden bietet
neu gelauncht worden, doch die Reaktions-
entscheidende Vorteile: Die Kunden hinter-
zeiten, die Benutzerfreundlichkeit und die
lassen auf ihrer «Customer Journey» wertvolle
Verfügbarkeit lagen unter den Erwartungen.
Spuren. Diese Informationen zu erfassen und
Es gilt, eine neue Website aufzusetzen. Der
zu analysieren, bedeutet, mehr über die Inte-
Kunde richtet seinen Fokus für das neue
ressen und Wünsche des einzelnen Kunden
Projekt auf das Projektmanagement, auf
zu erfahren. Im nächsten Schritt fliesst dieses
den Return on Investment der neuen Site
Wissen in die Produktentwicklung ein: Denn
und auf messbare Ziele: Die Website soll
viele Kunden produzieren viele Daten, die
dem Generieren von Leads dienen. Das
in ihrer Gesamtheit zu Big Data werden. Aus
Unternehmen will die verlorenen Visitors
diesen Datenmengen lassen sich neue Trends
zurückgewinnen und ihren Bedarf besser
ablesen, wenn sie strukturiert, ausgewertet
kennenlernen. Damit der ROI optimiert
und richtig interpretiert werden. Es entstehen
werden kann, soll das Marketing so weit
somit völlig neue Möglichkeiten, mithilfe
als möglich automatisiert werden. Der
von Algorithmen neue Anwendungen und
für das Projektmanagement beigezogene
Geschäftsmodelle, selbst für althergebrachte
Partner analysiert zunächst die bestehende
Industrien, zu entwickeln. Auch dafür muss
Website auf allen Ebenen: den Traffic, die
nicht jedes Unternehmen das sprichwört-
Konversionsrate (den Anteil an Website-
liche Rad neu erfinden – Spezialisten in
Besuchen, die zu einem definierten Ziel, z. B.
|
31
ABB. 10: BEWERTUNG DER QUALITÄT VON LEADS MITTELS «LEAD SCORING»
DEMOGRAFIE:
•Funktion
•Branche
•Umsatz
•etc.
IDEALES PROFIL
Demografie
A
B
ad
r Le
nde
e
h
rec
ersp
vielv
C
D
4
UNGEEIGNET
3
2
WENIG INTERESSE
VERHALTEN:
1
Verhalten
HOHES INTERESSE
• Anzahl Website-Besuche
• Anzahl Downloads
• Newsletter-Registrierung
• etc.
einer Bestellung, führen), Registrierungs- und
Hierzu müssen zunächst sämtliche internen
Bestellprozesse. Der Status ist ernüchternd.
Definitionen dokumentiert und standardi-
Der Berater empfiehlt, überhaupt erst einmal
siert werden: Ab wann wird ein Besucher
grundlegend den Kaufentscheidungsprozess
der Website zum Lead, wann zum Pros-
der Kundschaft zu analysieren. Die neue
pect und mit welcher Aktion lässt er sich
Website soll anschliessend diesen Prozess
schlussendlich zum Kunden «umwandeln»?
1:1 abbilden. Und gleichzeitig soll sie den
Aus der bestehenden CRM-Datenbank wer-
Interessenten so führen, dass die für den
den Kundentypologien geclustert. Jeder
Entscheidungsprozess relevanten Informa-
einzelnen Kundenzielgruppe wird zuge-
tionen optimal gefiltert werden. Aus den
ordnet, wofür sie sich interessiert, was sie
Analysen zur Definition der Anforderun-
braucht und worauf sie am ehesten reagiert.
gen an die neue Website resultiert, dass das
Zugleich wird jede Kundengruppe demo-
Unternehmen in einem ersten Schritt im
grafisch kategorisiert: Welche Funktion in
Marketing entsprechende «Buyer-Personas»
welcher Industrie nimmt sie ein; was ist
definieren muss. Erst wenn die Zielgruppe
ihr Jobprofil? Aus dieser Matrix wird die
und deren Informationsbedarf klar sind,
Zielgruppe extrahiert, die als Kunde am
können entsprechende Algorithmen für die
attraktivsten ist und mit der man dem-
Personalisierung entwickelt und implemen-
zufolge den Kontakt intensivieren will. Es
tiert werden.
kristallisiert sich der Ingenieur als wichtigste Kundengruppe heraus. Der Berater
Zusammen mit dem Partner wird ein ent-
setzt für diese Erhebung ein mehrdimen-
sprechender «Nachfrage-Trichter» entwi-
sionales «Lead Scoring Model» auf, das
ckelt, dokumentiert und implementiert.
die Qualitäten eines Prospects aufzeigt,
IN DIE CUSTOMER JOURNEY INVESTIEREN 32
der am ehesten zum Kunden wird. Dessen
seinen Kunden prägt, soll in die digitale Welt
Demografie auf der einen Achse wird um
überführt werden. Daten sowie Interessen,
sein «Behavior» auf der anderen ergänzt.
die der Kunde im persönlichen Gespräch oder
Dies sind beispielsweise sein Surfverhalten
im Netz teilt, sollen so genutzt werden, dass
und die Aktionen, auf die er anspricht oder
man die Informationsbedürfnisse des Kun-
die er selbst durchführt. Dank neutraler
den besser versteht und damit auch besser
und vor allem toolunabhängiger Beratung
erfüllen kann. Für das Projektsetup werden
wird der Kaufprozess simuliert, permanent
entsprechend Ressourcen alloziert, das Mar-
gemessen, analysiert, weiter «algorithmi-
kenerlebnis adäquat für die Online-Kanäle
siert» und schlussendlich automatisiert.
visualisiert und der Content erarbeitet. Ganz
Zugleich wird der Kundennutzen der Pro-
besonders wichtig war dem Dienstleister,
Lesen Sie unser Magazin
dukte und Services in allen Geschäftsberei-
dass die Digital Brand Experience responsive
jetzt auch online!
chen des Unternehmens im Hinblick auf die
gestaltet, das heisst gestalterisch und tech-
Zielkunden aufbereitet und strukturiert.
nisch auf unterschiedliche Ausgabeformen,
Der Kunde bestimmt, welche Inhalte er
z. B. auf mobilen Endgeräten, optimiert ist.
künftig auf der Website zur Verfügung stel-
Die Anforderungen an die Internetpräsenz
len will. Der Berater entscheidet, welche
werden vor Ort in der Schweiz und im wich-
Informationen für welche Kundengruppen
tigsten Zielmarkt Deutschland erhoben; die
zugänglich gemacht werden müssen. Mit
Website-Programmierung und Implemen-
diesem strukturierten Vorgehen begleitet
tation hingegen wird offshore in Manila
der Berater den Kunden von der Erhebung
durchgeführt.
der Anforderungen an die neue Website
bis zu deren Go-Live.
ERNI – Innovation in Process and Technology
Beispiel 2
EIGENE ERFAHRUNGEN IN FORM
VON BEST PRACTICES WEITERGEBEN
Ein Dienstleistungsunternehmen will seine
digitale Präsenz optimieren. Die bestehende
Website bot den Kunden zu wenig digita-
CARLO CRONAUER
[email protected]
Beratertätigkeit: Projekt-Management,
Usability und Marketing-Automatisierung
len Content. Viele Marketingunterlagen
waren nur analog verfügbar. Das Dienstleistungsunternehmen spürt in seinem Markt
zunehmend, dass Kontakte online geknüpft
und Geschäftskunden im Netz mögliche
strategische Partner recherchieren. OnlinePräsenz ist nötig und – im Einklang mit dem
ADRIAN MÜLLER
[email protected]
Beratertätigkeit: Business Analysis
und Requirements Engineering
Anspruch des Unternehmens – auch eine
qualitativ hochstehende Präsenz. Methodisch versiert setzt das Unternehmen ein
Projekt zum «Digital Brand Building» auf.
Das Markenerlebnis, das die Werte für den
Dialog zwischen dem Unternehmen und
TOBIAS ACKERMANN
[email protected]
Beratertätigkeit: Brand Management, Corporate
Communications, Demand Marketing und Marketing-Automatisierung.
ENTDECKEN SIE
ERNI Experience Digital
|
33
enables & delivers
http://erni-consultants.com/digital-publication/de
IMPRESSUM
EXPERIENCE
ERNI Erfahrungsberichte rund
um Management-, Prozess- und Technologiethemen
Herausgeber
ERNI Consulting AG,
Baar · Bern · Lausanne · Zürich
ERNI Consulting España S.L.U., Barcelona
ERNI (Deutschland) GmbH,
Frankfurt · München
ERNI Development Center Philippines Inc., Manila
ERNI Development Center Romania S.R.L., Klausenburg
ERNI Singapore Pte Ltd., Singapur
ERNI (Slovakia) s.r.o., Bratislava
Redaktion
James Shepperd
Tel. +421 2 3255 37 43
[email protected]
http://erni-consultants.com/digital-publication/de
Layout
Katarína Beinrohrová
Produktion
von Ah Druck AG, Sarnen
Auflage
5000 Exemplare deutsch, 2000 Exemplare englisch
ISSN 2235-7262
Copyright © 2015
by ERNI Consulting AG
Alle Rechte vorbehalten.
enables & delivers
www.erni-consultants.com
Herunterladen